3706/AB XXI.GP

Eingelangt am: 12.06.2002

BM für Inneres

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol, Ing. Westenthaler und Kollegenlnnen
haben am 17. April 2002 unter der Nr. 3756/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend "Aktionen gewaltbereiter linker Chaoten bei den Demonstrationen am 13.
April 2002" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

Zu Frage 1:

Für den  13.04.2002 wurden folgende Versammlungen  im Sinne des Versammlungs-
gesetzes bei der Bundespolizeidirektion Wien als Versammlungsbehörde angemeldet:
Pro Wehrmachtsausstellungen

Standkundgebung vor dem Semper Depot 1060 Wien, Leharg. 6-8 (08.00 - 20.00 Uhr
angemeldet am: 11.03.2002

Demonstration von Westbahnhof bis Semper Depot (12.00 - ca. 20.00 Uhr) angemeldet am:
18.03.2002

Standkundgebungen am Stephansplatz, Schwedenplatz, Karlsplatz, Westbahnhof (10.00 -
20.00 Uhr) angemeldet am: 18.03.2002

Standkundgebung Albertgasse 1080 Wien (11.15 -12.15 Uhr) angemeldet am: 05.04.2002
Stephansplatz bis Semper Depot (12.00 - 20.00 Uhr) angemeldet am: 18.03.2002
Karlsplatz bis U-Bahnhof Landstraße (12.30 -18.00 Uhr) angemeldet am: 08.04.2002
Karlsplatz bis Heldenplatz (12.30 -18.00 Uhr) angemeldet am: 10.04.2002
Weiskirchnerstraße/Am Stadtpark bis Oper (13.00 -17.00 Uhr) angemeldet am: 06.04.2002
Albertgasse bis Westbahnhof (12.15 -14.00 Uhr) angemeldet am: 09.04.2002


Contra Wehrmachtsausstellung

Bahnhof Wien Mitte bis Heldenplatz (14.00 -15.00 Uhr) angemeldet am: 03.04.2002

Stephansplatz bis Lehargasse (16.00 -19.00 Uhr) angemeldet am: 14.03.2002

Zu Frage 2:

Bei “gegeneinander gerichteten Demonstrationen" findet deren bescheidmäßige Unter-
sagung alleine aus der Tatsache der divergierenden politischen bzw. weltanschaulichen
Gesinnungen keine rechtliche Deckung. Die Untersagung einer Versammlung durch die
Behörde ist dann geboten, wenn der Zweck der Versammlung den Strafgesetzen zuwider
läuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet.
Aus den Versammlungsanzeigen hinsichtlich des Versammlungsortes “Heldenplatz" sowie
bezüglich der übrigen Standkundgebungen waren unter Einbeziehung des Ergebnisses des
Ermittlungsverfahrens keine Anhaltspunkte ableitbar, aus denen eine Gefährdung des
öffentlichen Wohls oder der öffentlichen Sicherheit zu erwarten gewesen wäre.

Zu Frage 3:

Die Versammlungen der “Pro Wehrmachtsausstellung" mit dem Demonstrationszügen vom
Stephansplatz zum Semperdepot sowie vom Karlsplatz zum Heldenplatz war bescheid-
mäßig zu untersagen, da die Routenführung zu einem Aufeinandertreffen mit
Demonstrationsteilnehmern der “Contra Wehrmachtsausstellung", deren Demonstrationsort
bei der Behörde bereits bekannt gegeben war, geführt hätte. Seitens der Behörde wurde
zwar versucht, einen Konsens zwischen den beiden Versammlungsanzeigern herzustellen,
hat jedoch der Anmelder “Pro Wehrmachstausstellung" der Einladung zu dem Gespräch
ohne Angabe von Gründen nicht Folge geleistet.

Zu Frage 4:

Wie bereits unter Punkt 3 ausgeführt, wurden die Versammlungen der “Pro Wehrmachts-
ausstellung" mit der Marschroute Karlsplatz - Heldenplatz sowie Stephansplatz-
Semperdepot behördlich untersagt.

Zu Frage 5:

Die    Entscheidungen   der   Behörde   stützen   sich    im   Wesentlichen    auf   folgende

Rechtsgrundlagen:

Das Versammlungsgesetz 1953 BGBI. Nr. 98/1953 idgF. bildet die einfach gesetzliche

Regelung   zur   Administration   des   Versammlungswesens.   Das   verfassungsgesetzlich

gewährleistete Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist insbesondere durch Art. 12 des

Staatsgrundgesetztes   vom   21.   Dezember   1867,   RGBI.   Nr.   142   und   Art.   11   der

Europäischen Menschenrechtskommission (EMRK),  BGBI. 210/1958, gewährleistet und

durch das Versammlungsgesetz näher determiniert.

Zu Frage 6:

Insgesamt waren ca. 800 Beamte im Einsatz.

Zu Frage 7:

Insgesamt wurden 34 Sicherheitswachebeamte verletzt.

Zu Frage 8:

Bei den Verletzungen handelt es sich im wesentlichen um Prellungen und Abschürfungen

und sind diese grundsätzlich als leichte Verletzungen zu bezeichnen.


Zu Frage 9;

Die   Verletzungen   der   eingesetzten   Sicherheitswachebeamten   wurden   im   Bereich

Ringstraße/Böhmtor verursacht, als die Demonstranten versuchten, das Tor gewaltsam

aufzudrücken um in den Bereich des Heldenplatzes zu gelangen. Dieses Vorhaben konnte

letztendlich durch eine Abdrängaktion  unter Anwendung  von  Körperkraft  unterbunden

werden.

Zu Frage 10:

Nach den bisherigen Ermittlungen wurden vermutlich 18 Versammlungsteilnehmer verletzt.

Zu Frage 11:

Der Behörde sind lediglich die Nationale von zwei verletzten Personen bekannt. Weitere
verletzte Personen haben sich bei der Behörde nicht gemeldet. Es ist daher derzeit nicht
feststellbar, bei welchen Auseinandersetzungen es zu den angeblichen Verletzungen kam.

Zu Frage 12:

Der Demonstrationszug der “Linken" wurde von der Exekutive begleitet.

Zu Frage 13:

Der Demonstrationszug ist von der angezeigten Route abgewichen.

Zu Frage 14:

Die gegenständliche Baustelle befindet sich auf Höhe der Bellaria und ist sie bei den
polizeilichen Vorbereitungen unbeachtet geblieben, da sie nicht im unmittelbaren
Aktionsradius des erwarteten Brennpunktes des Geschehens - Äußeres Burgtor - lag. Die
Geschehnisse haben sich jedoch in der Folge zum Brennpunkt “Böhmtor" verlagert.

Zu Frage 15:

Im Zuge der Demonstration wurden strafbare Handlungen nach dem Strafgesetz im Sinne
von Sachbeschädigungen, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Landfriedensbruch und
schwere Körperverletzung, nach dem Sicherheitspolizeigesetz im Sinne des aggressiven
Verhaltens gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht sowie nach dem Pyrotechnik- und
Versammlungsgesetz begangen.

Zu Frage 16:

Im   Zuge   der   Demonstration   wurden   die   Abgeordneten   zum   Nationalrat   JAROLIM

und ÖLLINGER wahrgenommen.

Zu Frage 17:

Bei den linksgerichteten Demonstrationen wurden 3 Personen festgenommen,  bei der

rechtsgerichteten Demonstration erfolgte keine Festnahme.

Zu Frage 18:

Bei sämtlichen 3 Festgenommenen wurde Anzeige wegen Verdachtes des Widerstandes
gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 StGB, so wie in einem Falle wegen schwerer
Körperverletzung gemäß § 84 StGB erstattet.

Zu Frage 19:

Hinsichtlich der linksgerichteten Demonstrationen wurde gegen 17 Personen Anzeige
erstattet. Bezüglich der rechtsgerichteten Demonstration am Heldenplatz wurde gegen
keinen der Teilnehmer eine Anzeige gelegt. Allerdings wurde nach Abschluss der


Kundgebung am Heldenplatz eine Gruppe von 28 rechtsradikalen Personen ausgeforscht
und angezeigt, da sie unter Begehung strafbarer Handlungen lautstark durch die Kärntner
Straße zogen.

Zu Frage 20:

Gegen die an der linksgerichteten Demonstration beteiligten und ausgeforschten Personen
liegt der Verdacht der Begehung strafbarer Handlungen nach den Bestimmungen der §§
125, 126, 269, 274 und 84 StGB vor. Gegen die am Marsch durch die Kärntner Straße
beteiligten Personen wird über Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien wegen Verdachtes nach
§ 3 Verbotsgesetz ermittelt.

Zu Frage 21:

Ja, es gibt eine Anzeige gegen einen an der Demonstration beteiligten Politiker.

Zu Frage 22:

Gegen  den  Abgeordneten  zum   Nationalrat,   Karl  ÖLLINGER  wurde  Anzeige wegen

Verdachtes nach § 15 und § 269 StGB bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet.

Zu Frage 23:

Durch die Beteiligung an der rechtsgerichteten Demonstration wurde kein Schaden
verursacht. Durch die linksgerichtete Demonstration wurde Sachschaden an abgestellten
Fahrzeugen, an Ausrüstungsgegenständen und Uniformen der Exekutive, an
Baustellenutensilien und im Bereich der polizeilichen Absperrungen an Eisentoren zur
Böhmstraße verursacht.

Zu Frage 24:
Ja

Zu Frage 25:

Aufnahmen wurden von der Dokumentationsgruppe der Bundespolizeidirektion Wien, von
Medienvertretern - insbesondere vom ORF - sowie auch durch bisher unbekannte
Privatpersonen gemacht.

Zu Frage 26:

Hinsichtlich des vom ORF ausgestrahlten Bildmaterials liegt ein gerichtlicher
Beschlagnahmebeschluss vor. Das Bildmaterial wurde bereits durch die Sicherheitsbehörde
eingeholt und die Ermittlungen sind noch im Gang. Weitere Videoaufzeichnungen wurden
von den Nationalratsabgeordneten Dr. PILZ und PARNIGONI den Sicherheitsbehörden zur
weiteren Veranlassung übergeben.

Zu Frage 27:

Mit der Auswertung der Aufnahmen ist die Bundespolizeidirektion Wien betraut. Bis zum
derzeitigen Ermittlungszeitpunkt wurden 28 Personen auf dem vorliegenden Bildmaterial
identifiziert und im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien als Verdächtige einvernommen.

Zu Frage 28:

Gegen eine der ausgeforschten Personen ist ein Gerichtsverfahren nach § 3 Verbotsgesetz

anhängig. Nähere Auskünfte sind aus Datenschutzgründen nicht möglich.


Zu Frage 29:

An der linksgerichteten Demonstration nahm u.a. eine Reihe von Aktivisten aus dem
linksextremistischen Lager teil. An den Ausschreitungen waren allerdings auch Personen
beteiligt, die nicht der radikalen linken Szene angehören. Es handelt sich dabei um
sogenannte “Freie Radikale". Dieser Personenkreis, der in erster Linie aus Jugendlichen
besteht, die zum Teil nicht älter als 14-15 Jahre sind, dürfte nach bisherigen Erkenntnissen
politisch weder aktiv noch interessiert sein. Ermittlungen in diesem Zusammenhang sind
noch nicht abgeschlossen.

Zu Frage 30:

Es wird  auf die Ausführungen  in  den  Fragen  28.  (Datenschutz)  und  29.  (laufende

Ermittlungen) verwiesen.

Zu Frage 31:

Die Kosten des Einsatzes der Exekutive belaufen sich auf rund € 110.000,--.

Zu Frage 32:

Im Bereiche der Sicherheitswache wurde nach derzeitigen Wissenstand folgender Schaden

an Ausrüstungsgegenständen verursacht:

77 Uniformsorten beschmutzt/beschädigt
1 Wasserwerfer leicht beschädigt
1 Videokamera eines DOKU-Teams beschädigt
1 Holster beschädigt

Eine Ziffernmäßige Bewertung des Schadens ist derzeit nicht möglich.