3711/AB XXI.GP
Eingelangt am: 12.06.2002
BM für Justiz
Die Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard REHEIS,
Kolleginnen und Kollegen ha-
ben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “die strafrechtliche
Beurteilung des
Exorzismus"
gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu1:
Wie dem der Anfrage beigeschlossenen Artikel entnommen werden kann, besteht
der Exorzismus aus Gesten wie dem Handauflegen, dem
Besprengen mit Weihwas-
ser und dem Sprechen von Gebeten. Durch derartige Handlungen wird per se nor-
malerweise kein Straftatbestand erfüllt. Es müssen also, um
allenfalls einen gericht-
lich strafbaren Tatbestand zu erfüllen, die von dem jeweiligen Tatbestand
vorausge-
setzten Tatbestandselemente vorliegen.
So verlangt etwa der Tatbestand der Kurpfuscherei, dass
jemand ohne die zur Aus-
übung des ärztlichen Berufes erforderliche Ausbildung erhalten zu
haben, eine Tä-
tigkeit, die Ärzten vorbehalten ist, das sind im Wesentlichen die
Untersuchung auf
das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Krankheiten bzw. die Behandlung solcher
Zu-
stände, in Bezug auf eine größere Zahl von Menschen, das sind
etwa zehn Men-
schen, gewerbsmäßig ausübt, das heißt in der Absicht
handelt, sich durch die wie-
derkehrende Begehung derartiger Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu ver-
schaffen.
Auf
die Art und Weise, wie die Ärzten vorbehaltene Tätigkeit vom
Täter ausgeübt
wird, kommt es dabei grundsätzlich nicht an; so hat der Oberste
Gerichtshof im Zu-
sammenhang mit Handauflegung das mögliche Vorliegen
des Tatbestands der Kur-
pfuscherei bejaht. In diesem Sinn ist es bei Vorliegen der genannten
Voraussetzun-
gen theoretisch denkbar, dass man bei Ausübung des Exorzismus den
Tatbestand
der
Kurpfuscherei verwirklicht.
Denkbar wäre etwa auch, dass jemand durch Gewalt oder
gefährliche Drohung dazu
verhalten würde, einen Exorzismus über sich ergehen zu lassen.
Dadurch könnte
der Tatbestand der Nötigung vorliegen. Der Tatbestand der
Körperverletzung könnte
beispielsweise dann verwirklicht sein, wenn jemand, obwohl er dazu verpflichtet
ist,
dem Betroffenen eine entsprechende medizinische Behandlung zukommen bzw. an-
gedeihen zu lassen, dies unterlässt (und statt dessen einen Exorzismus
durchführt
oder durchführen lässt) und durch diese Unterlassung eine
Körperverletzung oder
Gesundheitsschädigung bei dem Betroffenen bewirkt.
Zu 1a:
Von absurden Fallkonstellationen abgesehen, wie etwa, dass die Besprengung mit
Weihwasser
auf eine Art und Weise erfolgt, dass dadurch eine Körperverletzung o-
der Gesundheitsschädigung hervorgerufen würde, wird man - wie gesagt
- davon
ausgehen können, dass die Vornahme eines Exorzismus per se keine
Körperverlet-
zungen hervorruft. Die Frage der Einwilligung nach § 90 StGB wird sich
daher inso-
fern kaum stellen. Am ehesten realistisch erscheinen - wenn überhaupt
(siehe auch
dazu den der Anfrage beigeschlossenen Artikel) - Fallkonstellationen, in denen
je-
mandem die nötige medizinische Behandlung vorenthalten wird. Wenn nun ein
ein-
sichtsfähiger Mensch Derartigem zustimmt, d.h. dass er oder sie eine
Behandlung
nicht wünscht, so wäre ein derartiger Wunsch grundsätzlich nicht
nur beachtlich,
sondern könnte ein Verstoß dagegen sogar den Tatbestand der
eigenmächtigen
Heilbehandlung nach § 110 StGB verwirklichen.
Zu 2 und 2a:
Weder
dem Bundesministerium für Justiz noch den staatsanwaltschaftlichen
Behör-
den sind Strafverfahren bekannt, die Fälle von Exorzismus zum Gegenstand
hatten.
Zu 3:
Über die Ausübung des Exorzismus gibt es im Bundesministerium für Justiz keine
statistischen Aufzeichnungen.
Zu3b:
Der Exorzismus stellt grundsätzlich kein strafrechtliches Phänomen dar. Im Übrigen
führt das Bundesministerium für
Justiz nur in ganz wenigen Ausnahmefällen - etwa
in Bezug auf Umweltdelikte - eigene Statistiken hinsichtlich strafbarer Taten.