3743/AB XXI.GP

Eingelangt am: 17.06.2002

BUNDESMINISTER FÜR LAND- UND FORSTWIRSCHAFT,

UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Keppelmüller, Kolleginnen und
Kollegen vom 18. April 2002, Nr. 3767/J, betreffend den Entwurf einer Verordnung über Ver-
bote und Beschränkungen teilfluorierter und vollfluorierter Kohlenwasserstoffe sowie von
Schwefelhexafluorid (HFKW-, FKW-SF6-V) im Hinblick auf österreichische Aspekte, beehre
ich mich Folgendes mitzuteilen:

Zu Frage 1:


Sofern es sich bei den angesprochenen Expertenmeinungen um solche auch meinem
Ressort bekannten handelt, nehmen diese einen Vergleich von Trigon und seinen
Alternativen - meist nur mit einigen wenigen Alternativen - zu einem großen Teil auf Basis
der vom Anfrager übermittelten Unterlagen vor. Mit Ausnahme der medizinischen
Stellungnahmen wird als maßgebliches Argument angeführt, dass bei der Produktion von
HFCKW 22 auch HFKW 23 anfällt. Hierzu wäre auszuführen, dass im Rahmen des
European Climate Change Programe (ECCP) die Reduktion von HFKW 23-Emissionen als
eine der kostengünstigsten Optionen zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes erkannt
wurden. Als Maßnahme hierfür wurde die weitere Optimierung des Produktionsprozesses
von HFCKW 22 in Richtung Vermeidung der Bildung eines Nebenprodukts oder die


thermische Oxidation (=Verbrennung) des gebildeten HFKW 23 vorgeschlagen. Die
Zerstörung von HFKW 23 durch thermische Oxidation wird bereits in sechs der zehn in der
EU existierenden Produktionsanlagen für HFCKW 22 durchgeführt.

Die medizinischen Einwände wurden sehr ernst genommen und genau geprüft. Diesen Argu-
menten wurde auch bei der Überarbeitung des Verordnungsentwurfes Rechnung getragen
und entsprechende Ausnahmetatbestände vorgesehen. Zu betonen ist in diesem Zusam-
menhang, dass von namhaften Fachexperten in der EU der österreichische VO-Entwurf aus-
drücklich als eine vorbildhafte und notwendige Initiative begrüßt wurde, um den Kyoto-Pro-
zess weiter voranzutreiben.

Zu den Fragen 2 bis 4:

Die im Verordnungsentwurf vorgeschlagenen Beschränkungen für den Einsatz von
Industriegasen begründen sich sachlich darin, dass diese unzweifelhaft ein
Gefahrenpotential für die Umwelt (Treibhauspotential!) aufweisen und umweltfreundlichere
Alternativen, die weder ozonschichtschädigend noch treibhausfördernd sind, in den in der
Verordnung angeführten Anwendungsbereichen (Kältemittel, Schaumstofferzeugung,
Feuerlöschmittel, Lösungsmittelanwendungen) grundsätzlich verfügbar sind. Nur in
einzelnen speziellen Anwendungen werden HFKW als Substitute mangels derzeit noch nicht
ausgereifter Alternativen noch einige Jahre aus technischen Gründen nicht gänzlich
vermeidbar sein. Im Fall von Löschanlagen wurden entsprechende Vorkehrungen zu dem
von Ihnen angesprochenen Schutz von Leben und Gesundheit getroffen, indem der Einsatz
von HFKW zugelassen wird, wenn dieser Zweck nach dem Stand der Technik nicht durch
die Verwendung anderer Löschmittel oder anderer Technologien erreicht werden kann.

In allen betroffenen Einsatzbereichen der Industriegase wurde durch ein differenziertes
Vorgehen darauf geachtet, jeweils die geeignetsten Maßnahmen unter Einbeziehung des
Standes der Technik zu treffen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die spezielle Situation einzelner Branchen und die Ver-
hältnismäßigkeit einzelner Maßnahmen besonders berücksichtigt wurden. Dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit wurde insofern Rechnung getragen, als auf verschiedene Branchen
und Verwendungen abgestimmte Maßnahmen vorgesehen sind. Bei den geplanten


Regelungen wurde auch besonders darauf geachtet, dass keine Benachteiligung einzelner
Betriebe oder Branchen in Österreich oder außerhalb Österreichs stattfindet.

Zu Frage 5:

Wer eine Ausnahme gemäß § 8 Abs. 4 des gegenständlichen Entwurfes in Anspruch
nehmen will, hat ein Gutachten von einer nach dem hierfür in Betracht kommenden Person
oder Stelle (Sachverständigengutachten!) erstellen zu lassen. Dieses Gutachten soll
entsprechend den Anforderungen der Verordnung eine fachliche Bewertung des jeweiligen
zur Beurteilung anstehenden Sachverhaltes (Löschanlage) vornehmen und begründen,
warum im konkreten Fall der Einsatz von HFKW nach dem Stand der Technik erforderlich ist,
und von keinem anderen Löschmittel oder keiner anderen Technologie der von der
Verordnung bezweckte Schutz des Lebens und der Gesundheit erreicht werden kann. Das
Gutachten ist dem Landeshauptmann zu übermitteln, bei dem eine Bewertung durch die
zuständigen Fachexperten des jeweiligen Amtes der Landesregierung zu erfolgen hat.

Zu den Fragen 6 und 7:

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben sich auf Grundlage des Kyoto-Proto-
kolls zu einer Reduktion der Treibhausgase um 8 % verpflichtet. Da in den Mitgliedstaaten
zum Teil sehr unterschiedliche Voraussetzungen für die Reduktion von Emissionen beste-
hen, wurden die Beiträge der einzelnen Mitgliedstaaten der EU durch die Schlussfolgerun-
gen des Rates vom 19. Juni 1998 über die “Gemeinschaftsstrategie im Bereich der Klimaän-
derungen" (DOC 9702/98) festgelegt (sog. “bürden sharing agreement")- Das Reduktionsziel
Österreichs wurde dabei mit 13 % (bis 2008 gegenüber 1990 (CO2, CH4, N2O) bzw. 1995
(HFKW, FKW, SF6)) festgelegt. Die beabsichtige Verordnung soll diese EU-Anforderungen
betreffend die Reduktionsverpflichtung von Industriegasemissionen durch entsprechende
Maßnahmen erfüllen.

Bei der Festlegung der Regelungen hinsichtlich des Einsatzes von HFKW, FKW und SF6 in
den jeweils festgelegten Anwendungsbereichen wurde jede Regelung im Hinblick auf ihre
Vereinbarkeit mit Art. 28ff EGV geprüft und entsprechend konzipiert. So wurde bei den ein-
zelnen Maßnahmen stets geprüft, ob sie als verhältnismäßig, zwingend erforderlich und nicht
als diskriminierende Handelsbeschränkung zu qualifizieren sind.


Besondere Berücksichtigung erfuhr die Ermittlung des jeweiligen Standes der Technik in den
einzelnen Einsatzbereichen. In jenen Bereichen, wo aufgrund der zu erwarteten Fortschrei-
bung des Standes der Technik, der in einer Vielzahl an Gesprächen mit der betroffenen In-
dustrie ermittelt wurde, derzeit noch nicht ausreichende Alternativen in allen Bereichen vor-
handen sind, wurden angemessene Übergangsfristen bzw. die Inanspruchnahme von Aus-
nahmemöglichkeiten durch Vorlage entsprechender Gutachten festgelegt.

Zusätzlich zu diesen Kriterien wurde ein bis jetzt in Österreich einzigartiges “Reviewsystem"
zu den einzelnen Beschränkungsmaßnahmen installiert, wonach jeweils spätestens ein Jahr
vor dem Inkrafttreten des diesbezüglichen Ausstiegsdatums der für die Umweltbelange zu-
ständige Bundesminister die technischen Voraussetzungen für die Beibehaltung oder Ver-
längerung einer Übergangsfrist zu prüfen hat.

Aus diesen Ausführungen und in Anbetracht der oben angeführten Prämissen ergibt sich,
dass hier keineswegs ein Fall einer grundlosen Übererfüllung von EU-Standards vorliegt.

Zu Frage 8:

Zur Erstellung des FKW-Verordnungsentwurfes wurden internationale Studien herangezo-
gen, insbesondere die in den Erläuterungen zum Entwurf genannten Berichte des Halon
Technical Options Committee und des Technology and Economic Assessment Panels, sowie
die in diesen Berichten zitierten Quellen.

Die zitierte Studie des Umweltbundesamtes “Abschätzung der tatsächlichen und potentiellen
treibhauswirksamen Emissionen von HFKW, FKW und SF6" erhebt, wie der Titel schon
beschreibt, die österreichischen Treibhausgasemissionen in der dort angegebenen Periode.
Eine Diskussion von Alternativen und alternativen Technologien bildet nicht Gegenstand
dieser Studie, sondern es werden lediglich in einzelnen Teilbereichen Alternativen genannt
und auch auf weiterführende Literatur bezüglich Alternativen verwiesen. Die in der
vorliegenden Anfrage angesprochene Übermittlung der UBA-Studie im Rahmen des
Notifikationsverfahrens erfolgte, um der Europäischen Kommission eine angemessene
Zusatzinformation zu geben.


Die angesprochene Verteilung der FKW-Löschgasstudie erfolgte im Anschluss an die
angeführte Informationsveranstaltung “Löschen nach dem Halonausstieg und Präsentation
des Konzeptes einer Halonbank" im Dezember 1999. Bei dieser Veranstaltung handelte es
sich um eine Veranstaltung des damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und
Familie (BMUJF). In diesem Sinne besteht hier auch kein weiterer Handlungsbedarf.