38/AB XXI.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Haupt und Kollegen haben am 18. November

1999 unter der Nr. 35/J - NR/1 999 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage

betreffend Tierschutz in den EU - Beitrittswerberländern gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Als Maßstab eines europäischen Standards in Angelegenheiten des Tierschutzes sind

die einschlägigen Übereinkommen des Europarates und die entsprechenden Vor -

schriften in der Europäischen Union heranzuziehen.

 

a) Für den Schutz der Braunbären gilt das Europaratsübereinkommen über den Schutz

    europäischer wildlebender Tier und Pflanzenarten und natürlicher Lebensräume

    (Berner Übereinkommen), dessen Vertragspartei auch die Europäische Gemein -

    schaft ist. Es ist daher Bestandteil des acquis communautaire. Das Übereinkommen

    ist für Slowenien am 1. Jänner 2000 in Kraft getreten.

 

    Für die Umsetzung dieses Übereinkommens gilt in der Europäischen Union u.a. die

    Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie

    der wildlebenden Tiere und Pflanzen (sog. Flora -, Fauna -, HabitatRL).

    Beide Rechtsinstrumente geben dem Braunbären einen besonderen Schutzstatus.

    Beide Rechtsinstrumente kennen allerdings auch die Möglichkeit von Ausnahmen

    vom Abschussverbot zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und

    in der Tierhaltung, an Wäldern, Fischgründen und Gewässern etc. sowie im Interes -

    se der öffentlichen Sicherheit, u.a. wenn die Populationen der betroffenen Art in ih -

    rem natürlichen Verbreitungsgebiet ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Er -

    haltungszustand verweilen.

 

    Nach vorliegenden Meldungen wurden aufgrund des Beschlusses des slowenischen

    Landwirtschaftsministeriums bisher 34 Bären abgeschossen. Da seither Beschwer -

    den gegen diesen Beschluß beim slowenischen Verwaltungsgerichtshof eingebracht

    wurden, sind bis zu einer gerichtlichen Entscheidung keine weiteren Abschüsse zu -

    lässig.

 

b) Hinsichtlich des Abschusses von streunenden Hunden läßt das Europaratsüberein -

    kommen über den Schutz von Heimtieren ausdrücklich Ausnahmen von den im

    Übereinkommen niedergelegten Grundsätzen für das Fangen, Halten und Töten

    streunender Tiere zu, wenn dies im Rahmen staatlicher Programme zur Bekämpfung

    von Krankheiten unvermeidbar ist.

 

    Nach den vorliegenden Informationen bezieht sich der Artikel im Vecer vom

    7. August 1999 auf eine Pressekonferenz des "Helsinki Monitor Slowenien" von An -

    fang August v.J., in der nicht die Tötung von 211 Hunden, sondern die Mißachtung

    der Rechte der Roma in der Gegend von Novo Mesto durch den slowenischen Vete -

    rinärrat, die Polizei und den slowenischen Jagdverband angeprangert wurde.

    "Helsinki Monitor" warf der Polizei und dem slowenischen Jagdverband vor, dass die

    Aktion in keinem Verhältnis zu einer tatsächlichen Gefährdung durch die Hunde ge -

    standen sei. Vielmehr sei die Polizei gesetzwidrig mit Gewehren in Roma -

    Siedlungen eingedrungen, die Hunde seien vor den Augen von Kindern umgebracht

    worden, ein Roma habe eine Schußverletzung erlitten; auch habe man vor der Akti -

    on die Roma im Hinblick auf die erforderliche Impfung der Hunde bedroht. Die ganze

    Aktion sei als Einschüchterung der Roma zu werten.

    Dem slowenischen Veterinärrat zufolge sei die Aktion eine von mehreren in ganz

    Slowenien gewesen und die Roma - Bevölkerung sei zuvor mehrmals aufgefordert

    worden, die Hunde gratis impfen zu lassen, dieser Aufforderung aber nicht nachge -

    kommen bzw. habe eine Inspektion verunmöglicht. Die Aktion sei nicht nur aus hy -

    gienischen Gründen, sondern auch dadurch notwendig geworden, dass die in großer

    Zahl streunenden Hunde Schaden angerichtet, Verkehrsunfälle verursacht und als

    potentielle Tollwutträger eine Gefahr für die Bevölkerung dargestellt hätten. Der Ve -

    terinärrat sei bemüht, in all diesen Fällen die Gratisimpfung durchzusetzen; nur dort,

    wo dies nicht möglich sei, müsse man die Tötung der Hunde anordnen. Die von

    ‚Helsinki Monitor‘ bei der Pressekonferenz angedrohte Klage gegen die zuständigen

    Organe in Slowenien sei nicht eingebracht worden. Der slowenische Jagdrat habe

    eine Zusicherung gegeben, dass man weiterhin versuchen werde, die Impfung von

    Hunden durchzusetzen.

 

    Das angeführte Europaratsübereinkommen wurde bisher weder von Slowenien noch

    von der Europäischen Gemeinschaft ratifiziert und ist somit bislang nicht Bestandteil

    des gemeinsamen Rechtsbestands (acquis).

 

Zu Frage 2:

Wie auch in allen anderen Bereichen werden die österreichischen Vorstellungen im

Rahmen des acquis screening und der Beitrittsverhandlungen auf der Ebene der Rats -

arbeitsgruppen und des Ausschusses der Ständigen Vertreter aufgrund koordinierter

Weisungen von der Österreichischen Vertretung in Brüssel vertreten; auf der Ebene

der Räte nimmt die österreichischen Interessen das an der jeweiligen Ratstagung teil -

nehmende Regierungsmitglied oder dessen Vertreter wahr.

 

Zu den Fragen 3 und 4:

Wie in allen anderen Rechtsbereichen ist auch zum Tierschutz das bestehende Ge -

meinschaftsrecht die Grundlage für die Prüfung der Beitrittsvoraussetzungen der Bei -

trittswerber, einschließlich Sloweniens. Die Kommission prüft während des acquis

screening - Prozesses die Gesetzgebung wie auch ihre Durchführung auf ihre Kompati -

bilität mit bestehendem EU - Recht. Im Rahmen der Ratsgremien ist die Vorgangsweise

der Kommission durch die Vertreter der Mitgliedsstaaten zu prüfen. Österreich setzt

sich auch in diesem Zusammenhang für eine vollständige und möglichst baldige Ver -

wirklichung des EU - Rechtsbestandes in den Kandidatenländern ein.