3805/AB XXI.GP

Eingelangt am: 02.07.2002

DER BUNDESMINISTER

      FÜR JUSTIZ

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen     haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “Deutscher Ärzte-  Bestechungsskandal - GlaxoSmith Kline (SmithKlineBeecham)" gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

§ 10 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb normiert den Straftat-bestand der Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten. Mit Freiheitsstrafen         bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen ist nach dessen              Abs. 1 zu bestrafen, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes   dem Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, um durch unlauteres Verhalten des Be-diensteten oder Beauftragten bei dem Bezug von Waren oder Leistungen eine Be-vorzugung für sich oder einen Dritten zu erlangen. Die gleiche Strafe trifft nach Abs.        2 den Bediensteten, der solche Geschenke oder Vorteile fordert, sich versprechen    lässt oder annimmt. Bei dem genannten Delikt handelt es sich um ein Privatanklage-delikt. Anklageberechtigt sind Personen, denen nach § 14 erster Satz UWG Unter-lassungsansprüche zustehen, also vor allem die Mitbewerber.

§ 10 UWG richtet sich gegen jenes unlautere Verhalten im Wettbewerb, das Be-  dienstete eines anderen Unternehmens durch Versprechung oder Gewährung von Geschenken oder anderer Vorteile für eine bevorzugte Behandlung zu gewinnen     sucht. Zur Verwirklichung des Tatbestands des § 10 Abs. 1 UWG reicht es aus, dass  vom Begünstigten eine Bevorzugung angestrebt wird; ob der Begünstigte die Ware


tatsächlich bevorzugt oder ob er dies deswegen tut, weil er es ohnehin für das beste Angebot ansieht, ist unerheblich. Die Zuwendung muss bestimmt und auch geeignet  sein, den Begünstigten zu beeinflussen. Eine solche Eignung wäre etwa bei Zuwen-dungen zu verneinen, die nach der in den beteiligten Kreisen vorherrschenden An-schauung das Ausmaß üblicher Geschenke nicht überschreiten.

Das in der Anfrage geschilderte Verhalten könnte daher nach österreichischem       Recht nach § 10 UWG strafbar sein, insoweit die Zuwendungen den Bereich von harmlosen Geschenken (zB Kalender, Kugelschreiber, Notizblöcke) verlassen. Fe-    rien- und Unterhaltungsreisen, Computer oder andere größere Geschenke wären zweifellos nicht mehr als vertretbar anzusehen.

Darüber hinaus können in Österreich im Zusammenhang mit der Annahme von Gra-tifikationen, Provisionen oder Ähnlichem auch die §§ 153 (“Untreue"; wenn es sich       um einen versteckten Preisnachlass handelt) oder 153a StGB (“Geschenkannahme durch Machthaber") zum Tragen kommen. (Der OGH hat auch bereits die Hingabe       von Geschenken etc unter dem Aspekt des § 153 StGB geprüft. Nach den dabei entwickelten Grundsätzen würde eine Ahndung im vorliegenden Zusammenhang        wohl eher nicht in Betracht kommen.) Schließlich wäre, wenn es sich um beamtete           Ärzte handelt - je nach Sachverhaltskonstellation - die Verwirklichung eines   Amtsdeliktes zu prüfen. Bei Sachverhalten wie den in der Einleitung geschilderten     wäre wohl am ehesten an die §§ 304 (“Geschenkannahme durch Beamte") bzw. 307 StGB (“Bestechung") zu denken, die allerdings grundsätzlich einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Vorteil und einem bestimmten Amtsgeschäft      verlangen (der jedoch wiederum durch das Fehlen jeglicher anderer Motivation     indiziert sein kann).

Zu 3. 7 und 8:

Laut den den Oberstaatsanwaltschaften vorliegenden Informationen haben die deut-schen Justizbehörden im genannten Zusammenhang bisher keine Rechtshilfeersu-    chen gestellt. Das Bundesministerium für Justiz wäre mit einem derartigen Vorgang    nicht befasst, weil im Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland für Rechtshil-feersuchen der direkte Geschäftsweg zwischen den Gerichten bzw. Staatsanwalt-schaften vorgesehen ist.

Zu 4:

Die Begehung strafbarer Handlungen kann generell niemals gänzlich ausgeschlos       sen werden.


Zu 5 und 6:

Dem Bundesministerium für Justiz sind zwei derartige Verfahren bekannt.

1995 brachte die Staatsanwaltschaft Wien zunächst einen Strafantrag gegen einen Klinikvorstand wegen des Verdachtes des Vergehens der Geschenkannahme in Hö-    he von 260.000 S ein, weil der Beschuldigte im Verdacht stand, im Jahre 1990 eine Lieferfirma bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugt behandelt zu haben. Dieser Strafantrag wurde im Dezember 1996 nach zwischenzeitig erfolgter rechtskräftiger Verurteilung des Beschuldigten wegen eines Verbrechenstatbestandes mit der Be-gründung, eine Zusatzstrafe sei nicht zu erwarten, zurückgezogen.

Auf Grund einer Anzeige im Jahre 1996 gegen Organe eines medizintechnischen Unternehmens wegen des Verdachtes der Untreue und der Bestimmung zur Ge-schenkannahme leitete die Staatsanwaltschaft Wien umfangreiche Erhebungen ein. Nach Abschluss dieser Erhebungen, in welche auch das Kontrollamt der Stadt Wien eingebunden war, wurde dieses Verfahren mit Zustimmung des Bundesministeriums    für Justiz im Sommer 1997 zur Einstellung gebracht, weil einerseits der Nachweis     eines Vermögensschadens nicht möglich war und andererseits ein ursächlicher Zu-sammenhang zwischen Zuwendungen an Ärzte und Pflegepersonal und konkreten Warenbestellungen nicht hergestellt werden konnte.

Ich ersuche um Verständnis, dass ich aus Gründen der Amtsverschwiegenheit wei-terreichende Informationen zu diesen beiden Verfahren nicht erteilen kann.