384/AB XXI.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Gartlehner und Genossen haben an den

Bundesminister für Justiz eine schriftliche Anfrage betreffend „Unterhaltszahlungen

und subsidiäre Verpflichtungen“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

Nach § 140 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz ABGB hat der das Kind nicht betreuende

Elternteil - bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit - dem Kind Unterhalt zu leisten.

In einem solchen Fall ist § 12a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 von Bedeu -

tung. Diese Bestimmung ordnet an, dass die - für das betreffende Kind bezogene -

Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und nicht dessen Un -

terhaltsanspruch mindert. Das bedeutet, dass derjenige, der Unterhalt für ein Kind

schuldet und das Kind nicht betreut, dem Kind gegenüber nicht einwenden kann

dass derjenige, der das Kind betreut, für das Kind Familienbeihilfe bezieht.

 

Ist der Unterhalt eines Kindes nicht durch jenen Beitrag zu decken, den der nicht be -

treuende Elternteil schuldet, so kommt die Unterhaltspflicht des betreuenden Eltern -

teils nach § 140 Abs. 2 zweiter Satz ABGB zum Tragen. Demnach hat der das Kind

betreuende Elternteil zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere El -

ternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht im Stande ist oder mehr

leisten müsste als es seinen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Auch in die -

sem Fall ist § 12a Familienlastenausgleichsgesetz von Bedeutung, jedoch dahin,

dass der Elternteil, der das Kind betreut und damit die Familienbeihilfe bezieht -

dem Kind, das von ihm Unterhalt begehrt, nicht einwenden kann, dass für die Be -

messung des Unterhalts des Kindes die von ihm bezogene Familienbeihilfe nicht zu

berücksichtigen wäre, weil dies zu einer Verringerung des Unterhaltsanspruchs des

Kindes führte.

 

Die Auswirkungen lassen sich somit zusammenfassend wie folgt darstellen: Wird ein

Kind vom Elternteil A betreut, der auch die Familienbeihilfe bezieht, so führt der Be -

zug der Familienbeihilfe für das Kind nicht zu einer Minderung des Unterhaltsan -

spruchs des Kindes gegen den nicht betreuenden Elternteil B, jedoch der Bezug der

Familienbeihilfe durch den betreuenden Elternteil A zu einer Erhöhung des Unter -

haltsanspruchs des Kindes gegen diesen betreuenden und die Familienbeihilfe be -

ziehenden Elternteil.

 

Die in § 141 ABGB vorgesehene subsidiäre Unterhaltspflicht der Großeltern kommt

erst dann zum Tragen, wenn beide Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unter -

halts nicht im Stande sind. Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs, den das

Kind gegen einen Großelternteil hat, ist daher einerseits die Unterhaltspflicht des

Kindes gegen den nicht betreuenden Elternteil (wobei die vom betreuenden Elternteil

bezogene Familienbeihilfe sich nicht unterhaltsmindernd auswirkt) und andererseits

der vom betreuenden Elternteil zu leistende Unterhaltsbeitrag (wobei die vom betreu -

enden Elternteil bezogene Familienbeihilfe sich in Bezug auf diesen unterhaltserhö -

hend auswirkt) in Anschlag zu bringen. Dabei kommt es, auch wenn die Unterhalts -

pflicht des betreuenden Elternteils aus praktischen Gründen - dieser wird als gesetz -

licher Vertreter des Kindes gegen sich keinen Unterhaltsantrag stellen - nur fiktiv

ausgemessen wird, zu einer unterschiedlichen Berücksichtigung des Bezuges der

Familienbeihilfe. Die Unterhaltspflicht des eben bloß subsidiär unterhaltspflichtigen

Großelternteils verringert sich im Hinblick auf die Berücksichtigung des Bezuges der

Familienbeihilfe beim Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem betreuenden

Elternteil. Insgesamt wird aber durch diese Berechnungsmethode der Unterhaltsan -

spruch des Kindes nicht verringert, wodurch § 12a Familienlastenausgleichsgesetz

1967 Genüge getan ist.

 

Zu 2 und 3:

Die Festlegung der nominellen Höhe des Unterhaltsanspruches wurde nicht vom Ge -

setzgeber vorgenommen, sondern obliegt den unabhängigen Gerichten, welche bei

der Berechnung die unterschiedlichsten Umstände (z.B. Leistungsfähigkeit und wei -

tere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners) zu berücksichtigen haben. Gene -

rell ist darauf hinzuweisen, dass für eine betragsmäßige, gerichtliche Unterhaltsfest -

setzung kein Anlass besteht, solange der Unterhaltspflichtige seine Unterhaltspflicht

in ausreichendem Maß erfüllt. Eine (Natural)Unterhaltspflicht des Mannes für eine

Ehegattin, die den Haushalt führt und daher einkommenslos ist, wird von der Recht -

sprechung in der Weise berücksichtigt, dass ein Abzug von 3 Prozentpunkten von

dem für den Beteiligten allgemein angewandten Unterhaltsprozentsatz vorgenom -

men wird (vgl EFSlg 80.619; 80.622; SZ 64/135).

 

Weiters ist festzuhalten, dass auf Gund des im österreichischen Unterhaltsrecht gel -

tenden Gleichbehandlungsgrundsatzes bei konkurrierenden Unterhaltsansprüchen

für alle beteiligten Unterhaltsberechtigten ein gleiches Maß an Bedürfnisbefriedigung

sichergestellt ist. Reicht das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten nicht aus, um

sämtliche Unterhaltsansprüche zu befreidigen, so müssen sich alle Berechtigte ei -

nen Abzug zu gleichen Teilen gefallen lassen.

Im Hinblick auf die Rechtsprechung der unabhängigen Gerichte zur Frage des Natu -

ralunterhalts des haushaltführenden Ehegatten bzw. der Berücksichtigung der Natu -

ralunterhaltspflicht gegenüber diesem bei der Berechnung weiterer Alimentationsver -

pflichtungen sind derzeit legislative Maßnahmen nicht erforderlich. Vielmehr ist durch

die gewählte weite Formulierung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und

die ausgewogene Judikatur eine angemessene Entscheidung im Einzelfall sicherge -

stellt.

 

Zu 4:

Wurden in einer gerichtlichen Entscheidung nicht sämtliche von der Partei gestellte

Sachanträge erledigt, so steht es ihr frei, ein entsprechendes Rechtsmittel zu erhe -

ben, über welches das im Instanzenzug übergeordnete Gericht zu entscheiden hat.

Rechtskraft im Sinne von Unanfechtbarkeit und Unabänderlichkeit der Entscheidung

tritt erst mit der Entscheidung der letzten Instanz, dem ungenützten Ablauf der

Rechtsmittelfrist, durch Abgabe eines Rechtsmittelverzichts oder Rücknahme eines

bereits eingebrachten Rechtsmittels ein.

 

Zu 5:

Das Unterhaltsrecht enthält keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen über die

Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Dementsprechend gibt es auch nur

Rechtsprechung der Gerichte zur Frage der Abzugsfähigkeit von Ausgaben des Un -

terhaltsschuldners. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erscheint auch nicht

sinnvoll. Die vom Gesetzgeber gewählte Anknüpfung an die Leistungsfähigkeit er -

möglicht es den Gerichten eine dem Einzelfall entsprechende Lösung zu finden. So

hat sich eine umfassende Judikatur zur Frage der abzugsfähigen lebens - und exi -

stenznotwendigen Ausgaben entwickelt. Demnach sind für die Frage der Abzugsfä -

higkeit von Beträgen zur Tilgung von Krediten und sonstiger Schulden vor allem Zeit -

punkt und Art der Entstehung der Schulden, Zweck und Dringlichkeit ihrer Aufnah -

me, Dringlichkeit und Notwendigkeit der dadurch gedeckten Bedürfnisse, Interesse

an Schuldentilgung sowie Einverständnis des Ehepartners bei der Schuldenaufnah -

me zu berücksichtigen. Insbesondere kommen demnach Rückzahlungen von Schul -

den wegen unvermeidbarer, nicht anders finanzierbarer Anschaffungen für Beruf und

notwendige Lebensführung sowie zur Erhaltung von Arbeitskraft und wirtschaftlicher

Existenz des Unterhaltspflichtigen sowie Anschaffung existenznotwendigen Wohn -

raums als abzugsfähig in Betracht. Auf Grund der von den unabhängigen Gerichten

vorzunehmenden umfassenden Abwägung der im konkreten Fall konkurrierenden In -

teressen des Unterhaltsberechtigten und - verpflichteten ist eine angemessene Lö -

sung für den Einzelfall sichergestellt.