3855/AB XXI.GP
Eingelangt am: 12.07.2002
Der Bundesminister fürJustiz
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gabriela Moser,
Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend "Aktuelle Entwicklung
des VKI"
gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3, 6 und 9:
Im
Hinblick auf die Ausführungen in der Anfrage, dass der VKI
sozialpartnerschaft-
lich organisiert und finanziert sei, ist eingangs festzuhalten, dass der VKI in
den
sechziger Jahren (1961) von den Sozialpartnern gegründet wurde. Die
Republik
Österreich ist bereits
seit 1975 ao. Mitglied im Verein und leistet seitdem eine maß-
gebliche Mitfinanzierung des Vereins. Der Beitrag der Republik Österreich
ist kein
Mitgliedsbeitrag, sondern
gesondert vertraglich geregelt. Festgelegt ist, dass sich
der Beitrag der Republik auf die Summe des Betrages beläuft, den die
Sozialpartner
als ordentliche Mitglieder gemeinsam leisten. Bis 2001 hat die Republik
Öster-
reich Beitragsleistungen von insgesamt mehr als 500 Millionen Schilling bzw.
mehr
als 36 Millionen Euro an den
VKI erbracht.
Unmittelbar
nach Amtsübernahme habe ich feststellen müssen, dass im VKI sowohl
strukturelle als auch planerische Defizite bestehen. Bereits eine Studie aus
dem Jahr
1998 hatte ebenso wie die zuständige Abteilung Strukturreformen empfohlen,
die je-
doch nicht umgesetzt wurden. Ich habe wiederholt im Verein auf
Durchführung der
notwendigen Reformen und Vorlage von Planungsunterlagen gedrungen und wie-
derholt Konzepte für die erforderlichen wirtschaftlichen und strukturellen
Reformen
gefordert. Die vom VKI vorgelegten Konzepte wurden jedoch von
unabhängigen, von
mir beigezogenen Untemehmensberatem als mangelhaft
eingestuft. Daher habe ich
die ordentlichen Mitglieder des VKI zur Erstellung professioneller,
betriebswirtschaft-
licher Konzepte unter Beiziehung externer Beratungskapazitäten
aufgefordert.
Bei meinen Bemühungen ging es mir darum
sicherzustellen, dass im VKI, der maß-
geblich aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, nach den
Grundsätzen der Wirtschaft-
lichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit vorgegangen wird. Die
Sicherstellung ei-
nes solchen Umganges mit
öffentlichen Mitteln halte ich schon aufgrund der verfas-
sungsgesetzlichen und haushaltsrechtlichen Vorgaben für unabdingbar
geboten.
Die Wirtschaftskammer Österreich hat in der Folge
erklärt, den Syndikatsvertrag
aufzukündigen (Schreiben
vom 24.9.01). Die Darstellung in der Anfrage, dass die
Kündigung des Syndikatsvertrages aufgrund eines von mir exzessiv genutzten
Veto-
rechtes erfolgt sei, weise ich mit Nachdruck zurück. Ich habe weder ein
Veto einge-
legt noch je damit gedroht.
In weiterer Folge wurde von der Bundesarbeiterkammer und
der Präsidentenkonfe-
renz der Landwirtschaftskammern Österreichs erklärt, den
Syndikatsvertrag aufzu-
kündigen
(Schreiben vom 18.12.01).
Die Leistung eines finanziellen Beitrags durch die Republik
Österreich kann jedoch
ohne entsprechende Mitsprachemöglichkeit beim VKI nicht erfolgen.
In
diesem Zusammenhang sind die Ereignisse zu berücksichtigen, die zum Ab-
schluss des Syndikatsvertrags 1995 geführt haben. Bereits 1991 waren auf
Grund
schlechter wirtschaftlicher Situation laufend Gespräche über
erforderliche Reformen
und die Mitsprache der Republik Österreich geführt worden. Diese
Gespräche fan-
den unter anderem zwischen
dem Bundesminister für Finanzen, dem damals für
Gesundheit, Soziales und Konsumentenschutz zuständigen Bundesminister und
den
Sozialpartnern statt. Im Beisein der Sozialpartner wurde damals vom
Finanzminister
ausführlich dargelegt, dass eine weitere Beitragsleistung der Republik
Österreich an
den VKI nur möglich ist, wenn ihr eine adäquate
Mitsprachemöglichkeit eingeräumt
wird. Der Republik müsse diese Möglichkeit beim Verein gegeben sein,
um über die
Verwendung der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Beitragsleistung im
Sinne der
verfassungsgesetzlich vorgegebenen und im Bundeshaushaltsgesetz konkretisierten
Kriterien der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
mitzubestimmen.
Bei den abgegebenen Erklärungen, den Syndikatsvertrag
aufzukündigen, musste
den Beteiligten daher klar sein, dass damit auch die Grundlage für eine
Beitrags-
leistung beseitigt wurde. Der Entfall der Beitragsleistungen wurde offenbar in
Kauf
genommen.
In der Folge wurden intensive Verhandlungen geführt,
in denen ich ein konkretes
Konzept über die Sicherung einer angemessenen Mitsprachemöglichkeit
der Repu-
blik Österreich sowie Reformvorschläge für die Struktur und
wirtschaftliche Führung
des VKI vorgelegt habe. Dabei habe ich stets auf die Dringlichkeit im Hinblick
auf die
Sicherstellung der Finanzierung des VKI hingewiesen.
Eine bloß nachträgliche Kontrollmöglichkeit
über die Mittelverwendung durch die
Rechnungsprüfung, wie sie von manchen in der Öffentlichkeit ins
Treffen geführt
wurde, erscheint mir nicht ausreichend. Es muss bereits im Vorhinein
möglich sein,
über die gesetzkonforme und effiziente Mittelverwendung mitzubestimmen.
Bun-
desminister Dr. Karl-Heinz Grasser hat in einem Schreiben an mich darauf hinge-
wiesen, dass auch nach seiner Rechtsauffassung eine Beitragsleistung an den
Ver-
ein an entsprechende Mitsprachemöglichkeiten gebunden werden sollte.
Dabei erscheint mir auch erwähnenswert, dass beim
Bundesverband der Verbrau-
cherzentralen und Verbraucherverbände (Verbraucherzentrale Bundesverband
e.V. - vzbv), einer vergleichbaren Konsumentenorganisationen in Deutschland,
die
Finanzierung vorweg von der Einhaltung gewisser Auflagen im Finanzierungsbe-
scheid (wie der Überprüfung der Organisationsstruktur in Bezug auf
Aufbau- und Ab-
lauforganisation sowie Aufgaben, der vorherigen schriftlichen Erklärung
des Einver-
ständnisses bei Änderungen im Stellenplan, rechtzeitiger Vorlage von
geplanten
Satzungsänderungen, etc...) abhängig gemacht wird. Auch hier kann
also keines-
wegs von einer vorbehaltslosen Finanzierung durch die öffentliche Hand die
Rede
sein.
Am
25. Juni 2002 fand auf meine Einladung eine Besprechung mit den ordentlichen
Mitgliedern des VKI, dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes Dr. Franz
Fiedler
sowie Vertretern des Finanzressorts und der Finanzprokuratur im
Bundesministeri-
um für Justiz statt. Der funktionelle Zusammenhang zwischen dem
Syndikatsvertrag
(der entsprechende Mitwirkungsrechte für die Republik Österreich
garantiert) und
dem Beitrag der Republik Österreich an den VKI (mit welchem die Summe
aller Bei-
träge der vier Sozialpartner verdoppelt werden) kam in dieser Besprechung
klar zu
Tage. Dabei konnte eine Einigung erzielt werden, dass der
Syndikatsvertrag aus
dem Jahr 1995 mit sofortiger Wirkung wieder aufleben soll. Damit sind die
Rahmen-
bedingungen geschaffen, dass die Beitragsleistung des Bundesministeriums
für
Justiz für das Jahr 2002 erfolgen kann. Die Finanzierung des VKI ist somit
für das
Jahr 2002 gesichert. Zugleich ist man übereingekommen, dass über die
Zielsetzung
des Vereins, seine Tätigkeitsbereiche und die Einbindung der Republik
Österreich
intensive Verhandlungen geführt werden sollen. Dabei soll bis Ende
September
2002 eine grundsätzliche Einigung herbeigeführt werden. Die in die
Diskussion ein-
gebrachte Rechtsform einer Stiftung wird auch zu diskutieren sein.
Zu 4:
Es ist meines Erachtens zuwenig, dass betroffene Gruppen in
der Sache und mit ih-
ren Anliegen lediglich nach Belieben angehört werden, vielmehr wäre
eine intensive-
re Mitwirkung dieser Gruppen wünschenswert. Zum Beispiel werden die
Senioren
(zwei Millionen
Bürgerinnen und Bürger) mit einer Kaufkraft von 130 Millionen Euro
von der Mitwirkung
ausgeschlossen. So sind etwa im deutschen Bundesverband der
Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (Verbraucherzentrale
Bundesver-
band e.V. - vzbv) Repräsentanten unterschiedlicher sozialer Gruppen
vertreten, wie
zB die Aktion Bildungsinformation e.V., der Bund der Energieverbraucher e.V., der
deutsche Familienverband e.V., der deutsche Mieterbund e.V. und der Berufsver-
band der katholischen Frauengemeinschaft Deutschland e.V. Insgesamt sind neben
den 16 Verbraucherzentralen in den deutschen Bundesländern 18 sozial- und
verbraucherpolitische Organisationen vertreten, die ihr spezifisches Wissen und
ihre
Erfahrung bei der Vereinstätigkeit einbringen und mitbestimmen
können.
Zu 5:
Beim Vergleich mit Deutschland ist zunächst folgende Unterscheidung zu treffen:
Die
Aufgaben des VKI werden in Deutschland vor allem von der bereits erwähnten
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.. (vzbv) und der Stiftung Warentest wahr-
genommen. Während der vzbv die von seinen drei
Vorgängerorganisationen über-
nommenen schwerpunktmäßigen Aufgaben der Verbraucherpolitik, der
Verbrau-
cherberatungs- und -bildungsarbeit und der Durchsetzung von Konsumenteninteres-
sen (insbesondere durch Klagstätigkeit) wahrnimmt, besteht die Aufgabe der
Stiftung
Warentest in der Durchführung von Waren- und Dienstleistungstests sowie der
Verbraucherinformation
darüber.
Aus dem Vergleich mit diesen Organisationen sind durchaus
Anregungen für eine
Neuorganisation des Konsumentenschutzes in Österreich zu gewinnen. So hat
der
vzbv eine schlankere Organisationsstruktur (Mitgliederversammlung,
Verwaltungsrat,
Vorstand) als der VKI (Mitgliederversammlung, Vorstand, Obleutekonferenz, Ge-
schäftsführung). Wie bereits ausgeführt hat der vzbv auch eine
größere Anzahl von
Mitgliedern. Der Kreis der Mitglieder umfasst ein weites Feld von
verbraucherpoli-
tisch relevanten Gruppierungen. Erklärtes Ziel des vzbv ist die Vertretung
von
Verbraucherinteressen gegenüber der Gesetzgebung, der Verwaltung, Justiz
und
gegenüber Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, also auch die
Konsumentenpo-
litik. Diese Zielsetzung wurde beim VKI mehrmals bestritten. Weiters ist Zweck
des
vzbv die Bekämpfung von Gesetzesverstößen, erforderlichenfalls
durch die Einlei-
tung gerichtlicher Maßnahmen. Auch dies ist eine Zielsetzung, die in
ihrer derzeiti-
gen Intensität beim VKI
in Frage gestellt wurde.
Auch für die Mitglieder des vzbv gilt - wie für
die des VKI - eine Konkurrenzklausel,
wonach sie sich dem Vereinszweck zuwiderlaufender Tätigkeiten zu enthalten
ha-
ben.
Weiters kann aus der Vereinssatzung des vzbv das Prinzip
einer Art “Gegnerfrei-
heit", wie aus dem Arbeitsrecht bekannt, abgeleitet werden. (Voraussetzung
für die
Zuerkennung der
Kollektivvertragsfähigkeit an eine Organisation auf Seite der Ar-
beitgeber oder der Arbeitnehmer ist, dass die Organisation von der jeweiligen
Ge-
genseite unabhängig ist.
Interessen sollen also jeweils auf einer Seite gebündelt un-
abhängig von der Gegenseite vertreten werden). Im vzbv ist kein
Wirtschaftsverband
Mitglied, der vzbv soll vielmehr Verbraucherinteressen gegenüber
Unternehmen und
Wirtschaftsverbänden
vertreten.
Erklärtes Ziel des vzbv ist auch die bundesweit
flächendeckende Beratung. Diese ist
derzeit in Österreich nicht gegeben. Landesstellen des VKI bestehen in sehr
unter-
schiedlicher organisatorischer und inhaltlicher Ausformung in Wien, Eisenstadt,
Graz, Linz und Innsbruck.
Die
Konstruktion der Stiftung Warentest kann insofern ein Vorbild sein, als sie die
Unabhängigkeit beim Test von Waren und Dienstleistungen
gewährleistet, damit der
Verbraucher objektive Informationen erhält, die ihm die Marktteilnahme
erleichtern.
Zu 7:
Das Bundesministerium für Justiz hat dem Verein “Mein Recht auf Kontrolle - Verein
für
Abrechnungskontrolle" eine Subvention in Höhe von 218.019 Euro
für die Jahre
2002 und 2003 gewährt.
Zu 8:
Der Verein für Abrechnungskontrolle führt keine
Rechtsberatung durch. Das ist Auf-
gabe der rechtsberatenden Berufe. In persönlichen Gesprächen mit Bürgerinnen
und
Bürgern, die die Hilfe des Vereins in Anspruch nehmen, wird durch
Mitarbeiter des
Vereins selbstverständlich auf das Klagsrisiko hingewiesen. Der Verein
kann
Rechtsanwälte bekannt geben, die spezielle Kenntnisse bei der Durchsetzung
der
Rechtsansprüche hinsichtlich zuviel bezahlter Zinsen aufweisen. Diese
Rechtsan-
wälte wurden in einem von der Rechtsanwaltskammer Wien in Zusammenarbeit
mit
dem Verein für Abrechnungskontrolle durchgeführten
Fortbildungsseminar speziell in
der Rechtsthematik Zinsanpassung/Zinsgleitklausel geschult.