3912/AB XXI.GP
Eingelangt am: 19.07.2002
BM für Land- und Forstwirtschaft, Unwelt und Wasserwirtschaft
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulli
Sima, Kolleginnen und Kollegen vom
23.05.2002, Nr. 3958/J,
betreffend Privatisierung der Bundesforste und Ausverkauf der hei-
mischen Wälder, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Einleitend
möchte ich festhalten, dass zwischen der Bundesregierung und der
Österreichi-
schen Bundesforste AG
(ÖBf AG) zu keinem Zeitpunkt Vereinbarungen hinsichtlich eines
Verkaufs von 50.000 ha Fläche bestanden haben. Dies ist zudem auch
aufgrund der Be-
stimmung des § 1 Abs. 1 Bundesforstegesetz 1996 ausgeschlossen, wonach
für die von der
ÖBf AG verwalteten Flächen der Republik Österreich eine
Substanzerhaltungsverpflichtung
besteht, also Erlöse aus Veräußerungen zum Ankauf neuer
Liegenschaften oder zur sonsti-
gen Verbesserung der Vermögenssubstanz zu verwenden sind.
Hinsichtlich des Seenerwerbs wird darauf hingewiesen, dass
für die Fläche von rund
98 Mio. m2 (in der Anfrage fälschlich 98 m2!)
eine Gegenleistung von ATS 800 Mio. von der
ÖBf AG erbracht wurde.
Zu den einzelnen Fragen:
Zu den Fragen 1. 2. 3 und
8:
Vom Aufsichtsrat der ÖBf AG wurde bis dato der Verkauf
von rund 9.100 ha und der Ankauf
von rund 550 ha (ohne Seen gemäß § 17a Bundesforstegesetz)
Flächen, die im Eigentum
der Republik Österreich (ÖBf AG) stehen, genehmigt, sodass sich ein
Saldo von rund 8.550
ha
ergibt.
Die Flächen liegen in den nachstehend angeführten
Bundesländern und weisen folgende
prozentuelle
Aufteilung auf:
Kärnten: 4 %
Niederösterreich: 6 %
Oberösterreich: 13%
Salzburg: 17%
Steiermark: 49 %
Tirol: 11 %
Auf Basis der von der ÖBf AG sehr sorgfältig
erstellten Liste von zum Verkauf geeignet er-
scheinender Flächen werden vor allem kleine landwirtschaftliche
Flächen, Grundstücke in
Randlagen, Streubesitz und wirtschaftlich wenig interessante Flächen
veräußert. Weit über
80% der Transaktionen betreffen Flächen unter 10 ha. Vom Verkauf
ausgeschlossen waren
und sind Seen und Seeufer,
Gletscherflächen, Nationalparks, strategische Wasserressour-
cen oder besondere
Naturschönheiten. Die Namen einzelner Vertragspartner kann ich aus
Datenschutzgründen nicht
nennen.
Zu Frage 4:
Nein.
Zu Frage 5:
Die Aufbringung der Mittel wird Gegenstand der Budgetverhandlungen sein.
Zu Frage 6:
§ 1 Abs. 1 Bundesforstegesetz 1996 sieht die
verfassungsgesetzlich sichergestellte Sub-
stanzerhaltungsverpflichtung für die Flächen der Republik
Österreich (ÖBf AG) vor. Erlöse
aus Verkäufen müssen wieder in Ankäufe investiert werden.
Zu Frage 7:
Waldverkäufe der ÖBf AG erfolgen einerseits zur
Sicherstellung der Mittel für allfällige An-
käufe, andererseits zur Finanzierung der im Vorjahr erfolgten
Übertragung von 11 Seen. In
allen Fällen ist aufgrund des § 1 Abs. 1 Bundesforstegesetz 1996 die
Erhaltung der Sub-
stanz sichergestellt. Die ÖBf AG geht davon aus, dass es bereits im Jahr
2002 zum Ab-
schluss des Sonderverkauf-Programms für den Erwerb der Seen kommen wird.
Zu Frage 9:
Mit dem Verkauf von Waldflächen der ÖBf AG ist
keinerlei Gefährdung der nachhaltigen
Waldbewirtschaftung
verbunden. Aufgrund der Bestimmungen des Bundesforstegesetzes
1996 ist die Erhaltung der Substanz der von der ÖBf AG betreuten
Flächen sichergestellt.
Der Besitzstand der ÖBf
AG hat in den letzten Jahren durch Zukaufe um rund 30.000 ha
zugenommen und jede Befürchtung in Richtung eines Ausverkaufs ist daher
vollkommen
unbegründet. Darüber hinaus hat Österreich ein sehr modernes und
in besonderer Weise
dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung verpflichtetes Forstgesetz,
das kürzlich
novelliert wurde und für alle Waldflächen gilt, unabhängig vom
Waldeigentümer und -bewirt-
schafter. Eines der Ziele des Forstgesetzes ist die Sicherstellung einer
nachhaltigen Wald-
bewirtschaftung
(§ 1 Abs. 2 Forstgesetz 1975 i.d.g.F.).
Rund 80 % aller österreichischen Wälder sind in
Privatbesitz. Die Österreichische Waldin-
ventur und andere Untersuchungen und Erhebungen belegen eindrucksvoll, dass der
heimi-
sche Wald, ob öffentlich oder privat, nachhaltig bewirtschaftet wird.
Nachzulesen ist dies
unter anderem im Österreichischen Waldbericht 2001, der dem Nationalrat
übermittelt wurde
und im Internet unter www.lebensministerium.at in der Rubrik Publikationen/Forst zur Verfü-
gung steht.
Zu Frage 10:
Artikel 3 § 1 Abs. 3a Bundesforstegesetz normiert ein
konkretes Verkaufsverbot nicht nur für
Gletscher- und Nationalparkflächen, sondern vor allem auch für
Flächen, auf denen sich
strategisch wichtige Wasserressourcen befinden. Eine
“Privatisierung" derartiger Grundstü-
cke ist somit nicht möglich.
Das österreichische Wasserrechtsgesetz enthält
umfassende Schutzbestimmungen, welche
die öffentlichen Interessen an dem der jeweiligen Liegenschaft
zugehörigen Wasserressour-
cen optimal absichert. Diesbezüglich kann auf die §§ 34 und 35
WRG verwiesen werden,
wonach Schutz- und Schongebiete zur Sicherung der künftigen
Wasserversorgung vorgese-
hen werden können.
Im Falle des Verkaufes von Waldflächen, auf denen sich
Quellen befinden, die beispiels-
weise aufgrund ihrer geringen Schüttung nicht strategisch wichtige
Wasserressourcen dar-
stellen, wäre auch der neue Grundeigentümer den Bestimmungen des
Wasserrechtsgeset-
zes 1959 i.d.g.F.
(insbesondere dem Bewilligungsregime der §§ 9 Abs. 2, 11, 13, 32 Abs.
2
und 105 WRG 1959) unterworfen
und somit ein entsprechender quantitativer und qualitativer
Schutz gewährleistet. Weiters darf ich darauf hinweisen, dass die strengen
gesetzlichen
Bestimmungen des
Wasserrechtsgesetzes für jeden Waldeigentümer gelten.
Überdies
werden die österreichischen Wasserressourcen derzeit im Umfang von
lediglich
3 % ihres Ausmaßes
genutzt. Auch aus diesem Grund ist eine “Gefährdung des Quell-
wassers"
auszuschließen.
Zu Frage 11:
Mit
der Überführung der Seen in die Betreuung der ÖBf AG werden diese
nach modernsten
ökologischen Maßstäben betreut und es wird eine Fülle von
Aktivitäten im Sinne der Natur
und im Sinne der
Öffentlichkeit geben, vom Ankauf von ökologisch bedeutsamen Seeufern
bis zur Wiederherstellung von Schilf- und Röhrichtzonen. Darüber
hinaus wird durch die
Betreuung und Pflege von vielen Kilometern Naturufer der freie See-Zugang
für alle Öster-
reicherinnen und
Österreicher ermöglicht.
Die
notwendigen Mittel, um diese Investitionen in die österreichische Wasserlandschaft
zu
gewährleisten, können im Zuge einer marktorientierten Verpachtung im
Bereich der Seen
bereitgestellt werden. Diese Marktorientiertheit gilt für private und
kommerzielle Nutzer und
deren exklusive Nutzung von Seeufern und Seeflächen. Für öffentliche
Nutzung sind um-
fangreiche und langfristige Ermäßigungen vorgesehen. So erhalten
Hilfsorganisationen Er-
mäßigungen bis zu 100% für Einrichtungen, die der unmittelbaren
Erfüllung ihrer Aufgaben
dienen. Die Verträge mit Gemeinden bleiben bis Ende 2021 unangetastet.
Für die exklusive Nutzung des Sees durch
Private bzw. durch kommerzielle Verwerter gibt
es marktkonforme Tarifwerte, die sich an den Grundstückswerten, deren
Wertrahmen von
unabhängigen Gutachtern
erhoben wurden, orientieren. Als Ausgangsziffer wurden in Anleh-
nung an die Bewertungsgrundsätze 4% des Verkehrswertes entsprechender
Grundflächen
festgelegt, wobei Abschläge aufgrund der eingeschränkten
Verkehrsfähigkeit von über 50%
vorgenommen wurden. Zusätzlich wird es im Sinne einer kontinuierlichen
Tarifanpassung
eine langfristige Einschleif-Phase über einen Zeitraum von 10 Jahren
geben. Um punktuelle
Belastungen zu vermeiden, beträgt in diesem Einschleifzeitraum die reale
Erhöhung pro Jahr
maximal 8%. Die Tarife
für Bojen werden nicht angehoben.
Zu den Fragen 12 und 13:
Als erfahrenster Seenbewirtschafter Österreichs legen
die ÖBf AG auch bei den im Vorjahr
übertragenen 11 Seen Wert auf verantwortungsvollen Umgang mit
Naturressourcen und
ökologisch verträgliche Bewirtschaftung. Kernaufgabe ist dabei die
qualitative und quantita-
tive Weiterentwicklung der natürlichen Ressourcen unter
Berücksichtigung von ökologischen,
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen. Bei dem von der ÖBf AG
erarbeiteten
Seeuferkonzept zählen der Schutz natürlicher Seeufer und anderer
sensibler Gebiete und
die Ermöglichung des freien Zugangs zu den Seen für die
Bevölkerung zu zentralen Aufga-
ben. Auch das Bundesforstegesetz weist auf dieses Anliegen explizit hin.
Bereits in den ver-
gangenen Jahrzehnten haben die ÖBf AG zahlreiche freie Seezugänge
unter Einsatz erheb-
licher
finanzieller Mittel geschaffen. Die ÖBf AG sind daher auch in Zukunft
für alle von ihr
betreuten Seen ein Garant für die Fortführung der dargelegten
bürgerfreundlichen
Seeuferpolitik.