3920/AB XXI.GP

Eingelangt am: 19.07.2002

BM für Finanzen

 

auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3938/J vom 23. Mai 2002
der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Kollegen, betreffend Zustim-
mung Österreichs zu wettbewerbsverzerrenden und verkehrssteigernden
Steuerbegünstigungen für LKW-Diesel in Transit-Quellstaaten, beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:

Eingangs möchte ich festhalten, dass sich in einem Vergleich der Höhe der
Mineralölsteuer auf Treibstoffe in den EU-Mitgliedstaaten die
österreichischen Mineralölsteuersätze wie jene Spaniens, Portugals,
Griechenlands und Luxemburgs im unteren Drittel finden. Nach den von der
Europäischen Kommmission verlautbarten Steuersatztabellen liegen die
Dieselsteuersätze Frankreichs (373,5 €/1.000 l), Italiens (381,7 €/1.000 l)
und der Niederlande (325,5 €1.000 l) maßgeblich über jenen Österreichs
(282 €1.000 l). Den aktuellst vorliegenden Daten zufolge liegt die Mineralöl-
steuerbelastung für den gewerblichen Güterkraftverkehr in den drei Staaten
auch nach Anwendung der Begünstigung über dem österreichischen
Steuersatz. Laut den Angaben der drei Mitgliedstaaten im Beihilfenverfahren


wurden die Steuerbegünstigungen im Jahre 2001 jeweils wesentlich
reduziert.

Durch Ratsentscheidung 2001/224/EG vom 12. März 2001 wurde eine
Vielzahl von Mineralölsteuersonderregelungen sämtlicher EU-Mitgliedstaaten
vom Rat der Europäischen Union angenommen. In diesem Junktim enthalten
waren neben österreichischen Sonderregelungen, wie beispielsweise jener für
Flüssiggas im öffentlichen Nahverkehr, auch die Verlängerung der
Sonderregelungen zur Steuersatzdifferenzierung zugunsten des gewerblichen
Verkehrs für Italien, Frankreich und die Niederlande. Hintergrund der
Sonderregelungen war, dass diese drei Mitgliedstaaten ihre Mineralölsteuersätze
auf Dieselöl angehoben hatten und von dieser Anhebung den gewerblichen
Güterverkehr ausnehmen wollten.

Laut der genannten Entscheidung dürfen Italien, Frankreich und die
Niederlande im Falle der Gewährung der Begünstigung den Mindestsatz in
Höhe von 245 €/1.000 l keinesfalls unterschreiten. Zusätzliche Begrenzungen
der Begünstigungsmöglichkeiten wurden politisch fixiert. Eine der wesentlichen
Voraussetzungen für die Gewährung der Begünstigungsmöglichkeit war, dass
sich Italien, Frankreich und die Niederlande verpflichteten, ausländische
und inländische Unternehmen gleich zu behandeln. Sollte ausländischen
Frachtern oder Transportunternehmern der Zugang zur Begünstigung
erschwert werden, wäre dies EG-rechtlich nicht zulässig.

Im Lichte dieser Situation kann daher die von Ihnen vorgenommene
Beurteilung der Sonderregelungen als grob wetttbewerbsverzerrend nicht
geteilt werden. Dies gilt umso mehr, als Frankreich und die Niederlande
keine Nachbarstaaten Österreichs sind. Weiters wird bemerkt, dass sich
auch im Falle einer Aufhebung der Begünstigung für Österreich in
wettbewerblicher Hinsicht faktisch keine Auswirkungen ergeben dürften, da
eher nicht davon ausgegangen werden kann, dass die ausländischen
Frachter und Transportunternehmer ihr Tankverhalten gegenüber
Österreich ändern würden.


Bei den gegenständlichen Steuerbegünstigungen handelt es sich um
ausländische Rechtsnormen auf der Basis einer EG-rechtlichen
Ermächtigung, nicht um innerösterreichisches Recht. Zu welchen
verfassungsrechtlichen Bedenken diese Anlass geben sollen, ist daher nicht
nachvollziehbar.

Zu 1. und 2.:

Die Republik Österreich hat keinen "grob wettbewerbsverzerrenden und
verfassungsrechtlich bedenklichen Steuerbegünstigungen auf Diesel für
italienische, französiche und niederländische Frachter und Transport-
unternehmer" zugestimmt. Österreich hat jedoch die Ratsentscheidung
2001/224/EG vom 12. März 2001 mit angenommen, in der eine Vielzahl von
Mineralölsteuersonderregelungen sämtlicher EU-Mitgliedstaaten, auch
Österreichs, enthalten sind, auch die Sonderregelungen zur Steuersatz-
differenzierung zugunsten gewerblich genutzter Fahrzeuge für Italien,
Frankreich und die Niederlande.

Zu 3. und 4.:

Die Annahme der erwähnten Entscheidung 2001/224/EG erfolgte im Rat
der Finanzminister vom 12. März 2001. Die diesbezügliche Federführung
oblag dem Bundesministerium für Finanzen.

Zu 5. und 6.:

Zur Frage der Wettbewerbsverzerrung ist einerseits zu berücksichtigen, dass
das Gemeinschaftsrecht bei der Besteuerung von Diesel nur Mindeststeuer-
sätze vorschreibt und Mitgliedstaaten somit höhere Steuersätze anwenden
können und dies auch tun. Diese Mindeststeuersätze werden nach den mir
vorliegenden Informationen in den drei Mitgliedstaaten auch eingehalten.
Andererseits liegen - soweit mir bekannt ist - die Steuersätze, die sich nach
den Vegütungen an das Transportgewerbe in den drei Mitgliedstaaten
ergeben, in der Regel signifikant über dem österreichische Steuersatz für
Diesel. Ein Wettbewerbsnachteil für die österreichischen Transportwirtschaft
ist daher für mich nicht ersichtlich und es wären schon aus diesem Grund


ähnliche Steuerbegünstigungen oder Kompensationserleichterungen
sachlich nicht gerechtfertigt.

Zu 7.:

Da nicht anzunehmen ist, dass im Falle der Nichtgewährung der
Begünstigungen sämtliche derzeit begünstigten Transporte per Bahn
vorgenommen worden würden, ist der schwere wirtschaftliche und
wettbewerbsmäßige Schaden für die Eisenbahn nicht ersichtlich.

Zu 8. und 9.:

Die Einführung der Steuerbegünstigung war eine Entscheidung Frankreichs,
Italiens und der Niederlande. Österreich gewährt dem Transportgewerbe
keine derartige Steuerbegünstigung. Auch eine Benachteiligung
österreichischer Pendler ist für mich nicht erkennbar. Ich möchte in diesem
Zusammenhang auch auf den im europäischen Vergleich niedrigen
Minieralölsteuersatz für Diesel hinweisen, von dem auch österreichische
Pendler profitieren.

Zu 10. bis 13.:

Ich möchte hier nochmals darauf hinweisen, dass die Entscheidung über die
Gewährung derartiger Steuerbegünstigungen nicht von Österreich getroffen
wurde, sondern von Frankreich, Italien und den Niederlanden.

Zu 14.:

Selbstverständlich muss auch im Bereich der für Österreich so wichtigen
Ökopunkteregelung versucht werden, auf politischer Ebene mit den anderen
Mitglied Staaten der EU eine Lösung zu finden. Da aber gerade in dieser
Frage vitale wirtschaftliche Interessen anderer Mitgliedstaaten angesprochen
sind, ist es für Österreich sehr schwer eine Zustimmung zu erlangen.


Zu 15.:

Durch Ratsentscheidung 2001/224/EG vom 12. März 2001 wurden auch
die österreichischen Sonderregelungen, wie beispielsweise jene für Flüssiggas
im öffentlichen Nahverkehr, verlängert.

Zu 16.:

Laut den Entscheidungen des Rates gemäß Artikel 88 Abs. 2 Unterabsatz 3
EG-Vertrag betreffend die Niederlande, Frankreich und Italien liegen die
"außergewöhnlichen Umstände" darin, dass diese Mitgliedstaaten die - weit
über dem EG-Mindestniveau liegenden - Dieselölsteuersätze angehoben
hatten. Die Steuererhöhung sowie die bedeutende Kostensteigerung
aufgrund der Verteuerung des internationalen Rohölpreises wirkten sich
stark negativ auf die Tätigkeiten des Straßengüterverkehrs aus. Zur
Abwendung schwerwiegender wirtschaftlicher und sozialer Schwierigkeiten
im Straßenverkehrssektor erwies sich die Einführung von Ausgleichs-
maßnahmen als erforderlich.

Zu Frage 17.:

Fragen im Zusammenhang mit dem Straßengüterverkehr fallen primär in
den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation
und Technologie.

Zu 18. und 19.:

Kompensationsleistungen an die Transportunternehmer für die LKW-Maut
kann ich nicht erkennen. Aus der LKW-Maut folgt, dass die Benützungs-
gebühr (Straßenbenützungsabgabe) abgeschafft wird. Weiters wurde bereits
im Zuge der Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer (BGBl I
2000/142) gesetzlich
normiert, dass die temporäre Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer dann auf
das vorherige Niveau zurückgeführt wird, wenn eine fahrleistungsabhängige
Maut eingeführt wird.


Zu 20.:

Die Annahme der Ratsentscheidung 2001/224/EG vom 12. März 2001
erfolgte auf Basis einer politischen Einigung, die in Form von Schluss-
folgerungen vom Rat (Wirtschaft und Finanzen) vom 12. Februar 2001
angenommen wurden. Teil dieser politischen Einigung ist eine vom Rat zur
Kenntnis genommene Erklärung der Kommission, keine weiteren
Verlängerungen der gegenständlichen Sonderregelungen vorzuschlagen. Eine
Ratsentscheidung ist ohne Kommissionsvorschlag EG-rechtlich nicht
möglich.