3924/AB XXI.GP
Eingelangt am: 22.07.2002
BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Die schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr. 3936/J-NR/2002 betreffend Zustimmung Österreichs zu
wettbewerbsverzerrenden und verkehrssteigernden Steuerbegünstigungen
für LKW-Diesel in Transit-
Quellstaaten, die die Abgeordneten Lichtenberger und Freundinnen am 23. Mai
2002 an mich
gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 bis 20:
Ist es richtig, dass die
Republik Österreich auf EU-Ebene der Aufrechterhaltung der grob wettbe-
werbsverzerrenden und verfassungsrechtlich bedenklichen Steuerbegünstigungen
auf Diesel für
italienische, französische und niederländische Frachter und
Transportunternehmer zugestimmt
hat, und wann genau erfolgte diese Zustimmung durch wen und mit welchem
Wortlaut?
Wenn nein, gibt es eine mediale Korrektur zu den zahlreichen Medienberichten?
Auf welcher Basis erfolgte die Zustimmung,
lag insbesondere ein entsprechender Parlamentsbe-
schluss, Ministerratsbeschluss, eine Weisung der Außenministerin oder
eines anderen Regie-
rungsmitglieds oder ähnliches vor?
Wenn ja, bitte um genau Angabe und um wörtliche Wiedergabe.
Welches Ressort bzw. welche Ressorts bzw.
welche/r Ressortleiter/in war/en mit dieser Entschei-
dung a)federführend, b)mitverantwortlich befasst?
Ist Ihnen bewusst, dass derartige
"Steuerbegünstigungen" grob wettbewerbsverzerrend zum Nach-
teil der österreichischen Transportwirtschaft sind?
Gibt es für
österreichische Transportunternehmer
"Kompensationserleichterungen" oder ähnliche
"Steuerbegünstigungen", oder sind solche in unmittelbarer oder
mittelbarer Folge des gegenständ-
lichen Ratsbeschlusses vorgesehen, und wenn ja, welche und ab wann?
Ist Ihnen bewusst, dass derartige
"Steuerbegünstigungen" einen schweren wirtschaftlichen und
wettbewerbsmäßigen Schaden für die Eisenbahn darstellen?
Wie begründen Sie derartige
"Steuerbegünstigungen" gegenüber der Bevölkerung, die
heute
schon durch den LKW-Transit
im Inntal und in anderen Tal- und Beckenlagen in der Sensiblen
Zone Alpen und darüberhinaus vergiftet und verlärmt wird, wo doch
durch derartige Maßnahmen
der LKW-Transit
zusätzlich künstlich erhöht und forciert wird, dies gerade auch
im Hinblick darauf,
dass Italien und die
Niederlande 2001 für 43% der LKW-Transitfahrten durch Österreich
verant-
wortlich
waren (707.000 von 1,640.000 Fahrten)?
Wie
begründen Sie derartige "Steuerbegünstigungen" für LKW
gegenüber gewöhnlichen Pendle-
rinnen, die auf dem Weg zur
Arbeit mangels öffentlicher Verkehrsmittel mit dem eigenen Diesel-
PKW die "volle
Steuer" zu bezahlen haben?
Wie begründen Sie derartige
"Steuerbegünstigungen" grundsätzlich, nachdem der Rat von
Göte-
borg (14. Juni 2001) die Kommission aufgefordert hat, der Entkoppelung des
Verkehrs von der
Wirtschaft Einhalt zu
gebieten, wobei mit derartigen "Steuerbegünstigungen" dieser
Entkoppelung
geradezu fahrlässig Vorschub geleistet wird, da durch die Verbilligung des
Betriebsmittels Diesel
für dasselbe wirtschaftliche Ergebnis noch mehr gefahren werden kann und
somit die Effizienz
verschlechtert statt verbessert wird?
Wie begründen Sie derartige
"Steuerbegünstigungen" gegenüber der/dem Steuerzahlerin,
die/der
Milliarden Euro in die
Eisenbahn investieren soll, während Sie real den internationalen LKW-
Transit durch die aktive Unterstützung derartiger Praktiken fördern
und damit den Betrieb auf den
teuer errichteten neuen Eisenbahnstrecken zum Dauersubventionsfall machen?
Wie bringen Sie derartige
"Steuerbegünstigungen" mit dem europäischen Ziel der
'Verlagerung
von Straßengüterverkehr auf die Schiene" in Einklang, wie soll
diese Verlagerung insbesondere
realisiert werden, wenn Sie durch die Zustimmung zu Treibstoffsubventionen
für Frachter den
Transport auf der Straße weiter gegenüber dem Schienenverkehr
verbilligen?
Wie lassen sich derartige
"Steuerbegünstigungen" im "Internationalen Jahr der Berge
2002" mit
den Vorgaben der Alpenkonvention nach "Reduktion der Belastungen und
Risiken des alpenque-
renden Straßengütertransitverkehrs" vereinbaren?
Haben Sie sich als Kompensation für
diese Zustimmung von den anderen Mitgliedstaaten die Zu-
stimmung zur
Verlängerung des Ökopunktesystems mit beiden Säulen
(Ökopunkte mit mengen-
mäßiger Begrenzung) ausgehandelt, so wie auch andere EU-Staaten ihre
Zustimmung nur gegen
massive, explizit gewährte und nicht etwa nur nebulos versprochene Gegenleistungen
gegeben
haben - wenn ja, bitte um Wiedergabe der schriftlichen Zusicherungen aus
Amsterdam, Paris und
insbesondere Rom -, oder wurde diese Gelegenheit dilettantisch vergeben?
Welche sonstigen Gegenleistungen wurden
Österreich für die Zustimmung zum europäischen
Steuerdumping beim LKW-Diesel nachvollziehbar schriftlich zugesichert?
Welche "außergewöhnlichen
Umstände" in Sinne des EG-Vertrags rechtfertigen die
Unterstützung
der Position der drei LKW-Subventionsstaaten gegen die wettbewerbsrechtlich
einwandfreie Posi-
tion der EU-Kommission?
Welche Maßnahmen im einzelnen haben Sie wann wo
innerstaatlich wie auf EU-Ebene zum Ab-
bau von Subventionen und Verbilligungen des Straßengüterverkehrs aus
öffentlichen Mitteln ge-
setzt?
Halten Sie die angekündigten
Kompensationen der Transportunternehmer für die LKW-Maut, unter
anderem auch im steuerlichen
Bereich, für europarechtlich unproblematisch, verkehrspolitisch
sinnvoll und wirtschafts- und standortpolitisch zielführend, und wenn ja,
aufgrund welcher Befunde
im einzelnen?
Welchen Beitrag leistet die Zustimmung
Österreichs zur beihilfenrechtswidrigen Treibstoffsubven-
tionierung in einzelnen EU-Staaten zur "Abwicklung zusätzlicher
Güterverkehrsaufkommen auf
umweltfreundlichen Verkehrsträgern" und zum "ökologischen
Transport von Gütern durch Öster-
reich" im Sinne des
Regierungsübereinkommens von FPÖ und ÖVP?
Werden Sie zum Ende des
Jahres 2002 eine erneute Fortsetzung des Subventionsunwesens im
Straßengüterverkehr unterstützen, und wenn ja, warum?
Antwort:
In Bezug auf
Verbrauchssteuerermäßigungen und -befreiungen für
Mineralöle, die zu bestimmten
Zwecken verwendet werden möchte ich grundsätzlich darauf hinweisen,
dass die federführende
Zuständigkeit in diesem Dossier beim Bundesminister für Finanzen
liegt.
Fragen betreffend die
Position Österreichs, insbesondere auch was eine allfällige
Zusicherung von
Gegenleistungen für die Zustimmung Österreichs zum diesbezüglichen
Ratsbeschluss betrifft, wä-
ren daher an den Bundesminister für Finanzen zu richten. In diesem
Zusammenhang erlaube ich
mir darüber hinaus, auf die im Rahmen des schriftlichen Verfahrens zur
Annahme des Ratsbe-
schlusses abgegebene einseitige Erklärung Österreichs hinzuweisen,
die folgenden Wortlaut hat:
“Österreich unterstützt vollinhaltlich die Erklärung Schwedens.
Darüber hinaus
möchte Österreich nachdrücklich darauf hinweisen, dass die
Zustimmung aus-
schließlich im Lichte der besonderen Sachlage und Wichtigkeit in den
betroffenen Mitgliedstaaten
erfolgt. Österreich geht davon aus, dass in für Österreich
ähnlich sensiblen und wichtigen Fragen
(z.B. Übergangsregelung für den Transitverkehr) ebenfalls im Sinne
der verstärkten Vertrauensbil-
dung bei der Entscheidungsfindung vorgegangen wird."
Die von Österreich vollinhaltlich unterstützte Erklärung Schwedens lautet wie folgt:
“Schweden betont, dass
das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des Vertrags nur in Ausnahmefäl-
len anzuwenden ist.
Schweden erinnert an die in Göteborg
und Barcelona gefassten Beschlüsse. Gemäß den Be-
schlüssen von Göteborg beruht "die EU-Strategie für
nachhaltige Entwicklung auf dem Grundsatz,
dass die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen aller
Politikbereiche in koordi-
nierter Weise geprüft und bei der Beschlussfassung berücksichtigt
werden sollten". Ferner weist
der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen von Göteborg auf die
Bedeutung einer "korrek-
ten Preisgestaltung" hin, bei der die Preise die tatsächlichen Kosten
verschiedener Tätigkeiten für
die Gesellschaft besser widerspiegeln und die somit ein besserer Anreiz
für Verbraucher und Her-
steller bei den täglichen Entscheidungen darüber wäre, welche
Erzeugnisse und Dienstleistungen
angeboten oder gekauft werden sollen.
In Barcelona hat der Europäische Rat
außerdem zur Kenntnis genommen, dass die Kommission
einen Rahmen vorschlagen wird, mit dem sichergestellt werden soll, dass ab 2004
den gesamtge-
sellschaftlichen Kosten der einzelnen Verkehrsmittel besser Rechnung getragen
wird."