3927/AB XXI.GP
Eingelangt am: 23.07.2002
BM für soziale Sicherheit und Generationen
Ich beantworte die an mich
gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr.
3942/J der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen wie folgt:
Fragen 1 und 3:
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Bezeichnung
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Zulassungsnummer
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Zulassungsinhaber
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Zulassungsdatum
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Cerebokan-
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1-23768
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SCHWABE-D
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11 .09.2000
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Ceremin 40 mg -
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1-20124
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AUSTROPLANT
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27.07.1993
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Ceremin 4%
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1-20125
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AUSTROPLANT
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27.07.1993
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Gingol 40 mg -
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1-23138
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KWIZDA
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14.07.1999
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Gingol 40 mg/ml
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1-23132
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KWIZDA
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12.07.1999
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Ginkgohexal
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1-23139
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HEXAL
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14.07.1999
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Ginkgohexal
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1-23131
|
HEXAL
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12.07.1999
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Memoria -
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3-00118
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BITTNER
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16.08.2000
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Naviga - Tropfen
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3-00127
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BITTNER
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17.08.2000
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Tebofortan 40 mg
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1-18674
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AUSTROPLANT
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10.05.1989
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Tebofortan 4 % -
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1-18671
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AUSTROPLANT
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10.05.1989
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Tebonin retard -
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15560
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AUSTROPLANT
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12.08.1974
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Anwendungsgebiete:
Zerebrale Mangeldurchblutung und
Mangelernährung bzw. Hirnleistungsstörungen
mit den Symptomen der nachlassenden intellektuellen Leistungsfähigkeit und
Vigi-
lanz wie Schwindel, Ohrensausen,
Kopfschmerz, Sehstörungen, Gedächtnisschwä-
che, Ängstlichkeit und depressive Verstimmung. Periphere arterielle
Durchblutungs-
störungen mit erhaltener
Durchblutungsreserve (Claudicatio intermittens). Als unter-
stützende Behandlung eines infolge Zervikalsyndroms beeinträchtigten
Hörvermö-
gens.
Frage 2:
Ich habe mit dieser Frage den Hauptverband
der österreichischen Sozialversiche-
rungsträger befasst, der
folgende Auskunft erteilte:
“Die
Arzneimittelspezialitäten Tebonin retard, Tebofortan Filmtabletten,
Tebofortan
Tropfen und Ceremin retard wurden per 1.1.2002 aus dem Heilmittelverzeichnis
ge-
strichen. Das Heilmittelverzeichnis ist ein Verzeichnis der
Arzneispezialitäten, welche
ohne chef(kontroll)ärztliche
Bewilligung für Rechnung der Krankenversicherungsträ-
ger abgegeben werden können. Die Kosten für
Arzneispezialitäten, welche nicht im
Heilmittelverzeichnis angeführt sind,
werden seitens der sozialen Krankenversiche-
rungsträger nach vorheriger chef(kontroll)ärztlicher
Bewilligung vorgenommen.
Anlass für die Streichung war der Ablauf der Frist mit
31.12.2000, innerhalb welcher
die pharmazeutischen Unternehmen aufgefordert worden waren, neue klinische Stu-
dien über den tatsächlichen Patientinnennutzen von Ginkgo zu
erbringen.
Diese Frist wurde unter anderem auf Grund
der ermutigenden Ergebnisse einer in
den USA durchgeführten Studie1 Anfang 1998 gesetzt. Allerdings
wurden in dieser
Zeit keine neuen, überzeugenden Studien vorgelegt, aus denen ein
relevanter Nut-
zen für Patientinnen mit Demenz mit ausreichender Sicherheit abgeleitet
werden
könnte. Vielmehr wurden seit 1998 Studien veröffentlicht, die den
Nutzen von Gink-
go-Präparaten in Frage stellen2,3. Weiters wurden in dieser
Zeit neue Medikamente
für Patienten mit M. Alzheimer auf den Markt gebracht."
1 A placebo-controlled, double-blind, randomized trial of
an extract of Ginkgo biloba for dementia. North
American EGb Study Group, JAMA. 1997 Oct. 22-29; 278 (16): 1327-32
2 The efficacy of
ginkgo for elderly people with dementia and age-associated memory impairment:
new results
of a
randomized clinical trial. van Dongen MC, van Rossum E. Kessels AG, Sielhorst
HJ, Knipschild PG, J
Am.
Geriatr. Soc. 2000 Oct; 48 (10): 1183-94
3 Drew S, Davies E.
Effectiveness of Ginkgo biloba in treating tinnitus: double blind, placebo
controlled trial.
BMJ 2001;
322:73
Frage 4:
Der Hauptverband der
österreichischen Sozialversicherungsträger teilte dazu Fol-
gendes mit: “Die ABDA-Datenbank4 führt ginkgohältige
Arzneispezialitäten in Portu-
gal, Großbritannien, Österreich, Frankreich, Griechenland, Spanien
und den Nieder-
landen als Fertigarzneimittel
an. Laut Angabe des pharmazeutischen Unternehmens
Austroplant5 waren Präparate, die Ginkgospezialextrakte
enthalten, in Deutschland,
Holland, Frankreich und Spanien kassenerstattungsfähig."
Weitere Angaben liegen meinem Ressort nicht vor.
Frage 5:
Die Frage des Verkaufs von
Produkten durch Ärzte sehe ich im Lichte der Er-
werbsausübungsfreiheit
und der bestehenden einfachgesetzlichen Regelungen. So
ist die berufsrechtliche Vorschrift, den Patienten nach bestem Wissen und
Gewissen
zu betreuen, auch im gegebenen Zusammenhang zu beachten. Darüber hinaus
sind
auch die Vorschriften des Gewerberechts, des Steuerrechts und des Handelsrechts
zu
beachten.
Frage 6:
Der Unterschied zwischen zugelassenen
Arzneispezialitäten und nichtuntersagten
Verzehrprodukten, die Ginkgo enthalten, liegt vor allem darin, dass
Arzneispezialitä-
ten eine Fach- und Gebrauchsinformation sowie Kennzeichnung haben, welche auf
Grund der im Zulassungsverfahren vorgelegten Dokumentation (insbesondere nicht-
klinische, klinische und pharmazeutische Daten) behördlich genehmigt
worden ist.
Eine Auslobung von Indikationen wie bei
Arzneispezialitäten ist bei Verzehrproduk-
ten nicht zulässig. Eine Einstufung als Arzneimittel erfolgt jedenfalls, wenn
bei be-
stimmungsgemäßer Anwendung mehr als 160 mg Ginkgo täglich
eingenommen
werden.
Frage 7:
Der Hauptverband der österreichischen
Sozialversicherungsträger gab dazu befragt
folgende Stellungnahme ab:
“Die 60-Stück-Packung von
Lucovit der Fa. Madaus hat laut Warenverzeichnis des
Apothekerverlages einen Privatverkaufspreis von € 17,39. Ein
Kassenverkaufspreis
liegt nicht vor. 50 Stück Tebofortan 40 mg Filmtabletten haben einen
Kassenver-
kaufspreis (ohne MwSt) von € 11,85 und einen Privatverkaufspreis von
€ 16,35.
Ein Unterschied im Kostenbereich zwischen
Kassenverkaufspreis und Privatver-
kaufspreis besteht insofern, als dass die Apotheken gemäß der
Österreichischen
Arzneitaxe beim Verkauf an Private berechtigt sind, einen 15%igen Zuschlag auf
den
Kassenverkaufspreis zu verlangen (dies erhöht auch die Basis für die
Umsatzsteu-
4 Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH ABDATA - 2002-06-21 09: 29. Internationale
Arzneimittelinformationen für Fachkreise - 'S) DACON GmbH. Bad Vilbel
5 Schreiben der Rechtsanwälte Schönherr Barfuss Torggler & Partner vom 4.12.2000
er). Ferner erhalten die
berechtigten Bezieher laut Österreichischer Arzneitaxe einen
Nachlass."
Fragen 8 und 9:
Arzneispezialitäten sind nach den
strengen GMP (Good Manufacturing Practice)
Richtlinien der EU herzustellen (RL 91/356/EWG). Eine vergleichbare Richtlinie
für
Nahrungsergänzungsmittel (Verzehrprodukte) gibt es nicht. Die Herstellung
von Arz-
neimitteln hat grundsätzlich in vom Bundesminister für soziale
Sicherheit und Gene-
rationen bewilligten Betrieben zu erfolgen. Bei der Herstellung sind die
Bestimmun-
gen der
Betriebsordnung, BGBI. Nr. 518/1986, einzuhalten. Legislativer Handlungs-
bedarf im Bereich des Arzneimittelrechts
besteht nicht.
Bei Verzehrprodukten handelt es sich um
Waren, die den Bestimmungen des Le-
bensmittelgesetzes unterliegen. Für
die Herstellung von Verzehrprodukten sind da-
her jene Bestimmungen anzuwenden, die auch für die Erzeugung von Lebensmitteln
gelten. Eine EU-Richtlinie, die das Inverkehrbringen von
Nahrungsergänzungsmittel
europaweit regelt, wurde vom Rat beschlossen und wird demnächst
veröffentlicht
werden.
Frage 10:
Wesentlich ist, dass zur Herstellung von
Ginkgopräparaten verwendete Extrakte ei-
nen Gehalt an der unerwünschten Substanz Ginkgolsäure von
höchstens 5 ppm ha-
ben. Eine konkrete Zulassung bestimmter Ausgangsmaterialien ist nicht
vorgesehen.
Fragen 11 und 12:
Arzneimittel und Verzehrprodukte
unterliegen unterschiedlichen einfachgesetzlichen
Bestimmungen, nämlich dem Arzneimittelgesetz bzw. dem Lebensmittelgesetz,
die
auch entsprechende Qualitätskriterien der jeweiligen Produkte vorsehen.
Gemäß
§ 18 des Lebensmittelgesetzes 1975 sind Verzehrprodukte vor dem
Inverkehrbrin-
gen beim Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
anzumelden. Im
Zuge des Verfahrens wird geprüft, ob
ein Arzneimittel vorliegt bzw. sind von den Fir-
men entsprechende Unterlagen über Spezifikationen der verwendeten
Rohstoffe,
Herstellungsverfahren etc. vorzulegen. Weitere Maßnahmen sind daher nicht
erfor-
derlich.
Fragen 13 und 14:
Aus der Sicht des Ärztegesetzes 1998,
BGBI. l Nr. 169, kommt eine Beurteilung ins-
besondere unter dem Aspekt in Betracht, ob eine Verletzung des Standesansehens
erfolgt. Gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 leg. cit. machen sich
Ärztinnen eines Disziplinarver-
gehens schuldig, wenn sie das Ansehen der in Österreich tätigen
Ärzteschaft durch
ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patientinnen oder den Kolleginnen gegenüber
beeinträchtigen.
Dies kann aber nicht pauschal, sondern nur
an Hand konkreter Sachverhalte beur-
teilt
werden.
Frage 15:
Grundsätzlich ist
festzuhalten, dass es Ärzten ebenso wie anderen Berufsgruppen
im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Erwerbsausübungsfreiheit
möglich sein
muss, neben dem ärztlichen Beruf auch einen anderen Beruf auszuüben.
Beispiele
dafür sind etwa Arzt und Psychotherapeut oder Arzt und Lebens- und
Sozialberater.
Entscheidend ist, dass das Ärztegesetz 1998 und die sonst jeweils
einschlägigen
Rechtsvorschriften
eingehalten werden.
Frage 16:
Ich sehe keinen legislativen Handlungsbedarf.