3936/AB XXI.GP
Eingelangt am: 25.07.2002
BUNDESMINISTERIUM für
WIRTSCHAFT und ARBEIT
In
Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4025/J betreffend
Verhandlungen der Welthandelsorganisation zu
Gesundheitsdienstleistungen, wel-
che die Abgeordneten Mag. Maria Kubitschek,
Kolleginnen und Kollegen am 12. Juni
2002 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Das
GATS ist in Bezug auf die erfassten Dienstleistungen bzw. Dienstleistungsakti-
vitäten umfassend angelegt. Wenn man von den öffentlichen
Dienstleistungen und
bestimmten Luftverkehrsdienstleistungen (Verkehrsrechte und mit der
Ausübung
dieser im Zusammenhang stehende Dienstleistungen) absieht, ist keine
Dienstleis-
tung a priori vom Anwendungsbereich des GATS ausgenommen. Eine gute Orientie-
rung bietet die sektorielle WTO-Dienstleistungsklassifikationsliste (MTN.GNS/W/
120
vom 10. Juli 1991).
In der
WTO-Klassifikation wird in weiterer Folge auf die korrespondierenden Be-
schreibungen der “Provisional Central Product Classification" der
Vereinten Natio-
nen/CPC (VN-CPC, Series M No.77, 1991) verwiesen, welche die Dienstleistungs-
aktivitäten näher definieren. Begriff und Umfang der
Finanzdienstleistungen finden
sich wiederum im “Anhang über Finanzdienstleistungen".
Sämtliche im GATS verwendeten Definitionen und
Klassifikationen sind rechtlich un-
verbindlich. Sie dienen nur als Orientierungshilfe und werden permanent weiter-
entwickelt. Jedem Mitglied
steht es grundsätzlich frei, jene Aktivitäten auszuwählen
oder zu definieren, für die es ausländischen Dienstleistungserbringern
freien oder
bedingten Marktzugang gewährt.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Die erwähnten Dienstleistungsaktivitäten sind vom
GATS erfasst. Die spezielle Ar-
chitektur des GATS (“bottom-up approach") erlaubt es den
WTO-Mitgliedern jedoch,
autonom (individuell) eine Auswahl jener Sektoren zu treffen, bei denen sie
Ver-
pflichtungen (Bindungen) bezüglich Marktzugang und/oder
Inländerbehandlung ein-
zugehen
beabsichtigen.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat
keine spezifische Studie erar-
beitet, welche die bisherigen Folgen des GATS-Abkommens bewertet. Derzeit
läuft
auf EU-Ebene ein umfassendes “sustainability impact assessement
(SIA)" Projekt,
durchgeführt von unabhängigen Experten, welches die Auswirkungen der
Handelsli-
beralisierung auf die Nachhaltigkeit analysieren soll. Die Dienstleistungen
sind in der
Studie
mitumfasst.
Verwiesen
wird auch auf diverse Publikationen der WTO und der OECD, jeweils ab-
rufbar auf deren Homepage. Hervorgehoben sei der “Review of statistics on
trade
flows in services" (S/C/W/27 Add.1, 30. Oktober 2000) des
WTO-Sekretariates und
die Publikation der OECD mit
dem Titel “GATS: The Case for Open Services Ma-
kets". Letztere enthält neben einem Überblick über die
empirische Evidenz der Vor-
teile offener Dienstleistungsmärkte auch eine Bibliografie von zahlreichen
allgemei-
nen und sektorspezifischen Studien/Untersuchungen rund um die Dienstleistungen
und den Dienstleistungshandel.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Die Gesundheitsdienstleistungen bilden eine eigene
Kategorie im Rahmen der
GATS-Dienstleistungsklassifikation. Diese umfasst “Hospital
Services", “Other Hu-
man Health Services", “Social Services" sowie die Restkategorie
“Other", Die ange-
führten Aktivitäten werden in der VN-CPC unter den Nummern 9311, 9319
und 933
näher erläutert und beschrieben; für die Restkategorie
“Other" besteht keine korres-
pondierende
CPC-Definition.
Österreich hat sich bereits in der Uruguay-Runde in
den Bereichen Krankenanstal-
ten, sonstige Gesundheitsdienstleistungen durch örtliche
Gesundheitseinrichtungen
wie Kurhotels und
Heilbäder sowie bei den sozialen Diensten verpflichtet. Mode 1
(grenzüberschreitender
Dienstleistungshandel) ist aufgrund technischer Unverein-
barkeit generell von der Verpflichtung ausgenommen. Bei mode 3 (Niederlassung)
besteht hinsichtlich der Krankenanstalten eine Einschränkung in Form einer
Be-
darfsprüfung, bei den
beiden anderen Kategorien wird voller Marktzugang und Inlän-
derbehandlung gewährt.
Bei mode 4 (Personenbewegung zum Zweck der Dienst-
leistungserbringung) erstreckt sich die österreichische GATS-Bindung auf
den im
horizontalen Teil der Verpflichtungsliste definierten begünstigten Personenkreis.
Erwähnenswert ist, dass sich die österreichischen
Verpflichtungen nur auf das kom-
merzielle Segment der Gesundheitsdienstleistungen beziehen. Jene
öffentlichen
Dienstleistungen, die auf einer nicht kommerziellen Basis bereitgestellt
werden, sind
von den Verpflichtungen und den laufenden GATS-Verhandlungen ausgenommen.
Dieser Grundsatz ist für alle WTO-Mitglieder von großer Bedeutung
und es gibt auch
keinerlei Anzeichen, dass er künftig in Frage gestellt werden wird.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Grundsätzlich
sind sowohl bestehende - in der österreichischen Länderliste bereits
eingetragene - Beschränkungen des Marktzuganges und der
Inländerbehandlung
als auch solche in Sektoren, bei denen sich Österreich in der Uruguay-Runde
nicht
verpflichtet hat, Gegenstand der laufenden GATS-Verhandlungen.
Jede der bestehenden und potentiellen Beschränkungen
ist getrennt zu beurteilen.
Derzeit läuft im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gerade
eine Erhebung
über das österreichische Liberalisierungspotential für die
GATS-Verhandlungen.
Diese Erhebung ist noch unvollständig. Erste Ergebnisse zeigen jedoch,
dass in ein-
zelnen sensiblen Bereichen GATS-Bindungen/Liberalisierungen kaum oder nur unter
bestimmten Auflagen möglich erscheinen. Beispielhaft erwähnt seien
Dienstleistun-
gen, bei deren Bereitstellung
in Österreich die öffentliche Hand eine zentrale Rolle
einnimmt, obwohl Wettbewerb
grundsätzlich erlaubt ist (Gesundheit, Bildung),
Dienstleistungen von Ärzten, Dentisten und Apotheken, Überlassung von
Arbeits-
kräften, Straßentransport oder der beim Dienstleistungshandel
mitumfasste Bereich
der vorübergehenden Personenbewegung.
Die österreichische Verhandlungsposition hängt
außerdem von der Formulierung
und vom konkreten Inhalt der von den WTO-Partnern an die EU und ihre Mitglied-
staaten gerichteten Forderungen ab.
Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:
Die Folgen eines Wegfalls dieser Eintragung werden als
gering eingeschätzt und
zwar deshalb, da
Maßnahmen, die eine Störung oder Beeinflussung von Arbeits-
kämpfen oder Tarifpartnerverhandlungen verhindern sollen, nach Auffassung
des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit unter den generellen
Ausnahmetatbe-
stand des GATS subsumiert werden können.
Nichtsdestotrotz besteht momentan nicht die Absicht,
österreichischerseits auf diese
Eintragung zu verzichten. Es liegen derzeit auch keine konkreten Forderungen
von
WTO-Mitgliedern in diese Richtung vor.
Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:
Diese
Eintragung stellt keine Beschränkung des Marktzuganges dar, wie es der
zweite Teil der Fragestellung suggeriert. Die zitierte Anmerkung findet sich in
der
österreichischen GATS-Liste in der Spalte
“Beschränkungen der Inländerbehand-
lung".
Nach Auffassung des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Arbeit handelt es sich
bei dieser Eintragung nicht um eine Beschränkung, sondern um eine
Klarstellung
hinsichtlich des Geltungsbereiches der Verpflichtungen betreffend die
Personenbe-
wegung. Da das GATS implizit davon ausgeht, dass die begünstigten
Dienstleis-
tungserbringer Arbeitsvorschriften, Sozialversicherungsvorschriften sowie
Mindest-
löhne in der selben Weise zu befolgen haben wie Inländer, ist der
Mehrwert dieser
Eintragung begrenzt. Von einem Wegfall wären keinerlei negative
Konsequenzen zu
erwarten.
Ungeachtet der obigen Ausführung besteht nicht die
Absicht, auf diese Klarstellung in der
österreichischen Liste zu verzichten.
Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:
Einleitend ist festzuhalten, dass - wie schon erwähnt
- sowohl die GATS-
Klassifikation als auch die VN-CPC nur approximative Anhaltspunkte und
Orientie-
rungshilfen für die Einordnung von Gesundheitsdienstleistungen darstellen.
Jedes
WTO-Mitglied kann die Aktivitäten, die es in seine Verpflichtungsliste
aufnimmt,
grundsätzlich auch selbst definieren. Von dieser Methode wird vorzugsweise
dann
Gebrauch gemacht, wenn die vorgegebenen Klassifikationsschemata nicht geeignet
sind, die tatsächliche Situation in einem Land unmissverständlich
abzubilden.
In
der Beilage 1 wird für die drei Bereiche (Krankenanstalten, sonstige
Gesundheits-
dienstleistungen und soziale Dienstleistungen) die Beschreibung der VN-CPC in
Form einer Arbeitsübersetzung wiedergegeben.
Hinsichtlich des aktuellen österreichischen
Verpflichtungsniveaus bei den Gesund-
heitsdienstleistungen wird auf die Ausführungen zu Frage 4 verwiesen.
Die verpflichtende und freiwillige Krankenversicherung
gehört zum Sektor der Fi-
nanzdienstleistungen (Versicherungen). Der Anhang über
Finanzdienstleistungen,
integrierender Bestandteil des GATS, nimmt die verpflichtenden (gesetzlichen)
Sozi-
alversicherungssysteme (einschließlich Krankenversicherung) jedoch
generell vom
Anwendungsbereich des GATS aus. Für die freiwillige Krankenversicherung
gelten
im Handel die Marktzugangs- und Inländerbehandlungsbedingungen für
kommer-
zielle Versicherungsgeschäfte. Diese sehen bei der Niederlassung von
ausländi-
schen Versicherern keine nennenswerten Beschränkungen vor; hingegen ist
der
grenzüberschreitende Handel ohne Einschränkungen nur mit bestimmten
Versiche-
rungsrisken (Rückversicherung, Rezession) erlaubt.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Die EU hat zwischenzeitig Forderungen im Dienstleistungsbereich
an 109 WTO-
Mitglieder eingebracht. Die Anträge werden im Namen der Europäischen
Gemein-
schaften und ihrer Mitgliedstaaten gestellt.
Die
Forderungen sind quantitativ und qualitativ umfassend. Auf den Entwicklungs-
stand der Zielländer wird entsprechend Rücksicht genommen. Die
Forderungen
erstrecken sich sektoriell auf die Freien Berufe (außer
Gesundheitsberufe), Ge-
schäftsdienstleistungen,
Telekommunikation, Post und Kurierdienste, Baudienst-
leistungen, Distributionsdienstleistungen, Umweltdienstleistungen,
Finanzdienstleis-
tungen, Energiedienstleistungen, Tourismus- und reisebezogene Dienstleistungen
sowie auf Verkehr/Transport.
Keine Forderungen gibt es in den Bereichen audiovi-
suelle und kulturelle Dienstleistungen, Gesundheit sowie Erziehung und Bildung,
wenn man von Forderungen an die USA im privat finanzierten Bildungssektor ab-
sieht. Inhaltlich zielen die Forderungen primär auf die Abschaffung
bestehender Na-
tionalitätsvorbehalte und die Beseitigung von
Niederlassungsbeschränkungen ab
(z. B. Beschränkungen der Rechtsform oder Deckelung für
ausländisches Eigen-
tum). Gefordert werden auch
kohärente GATS-Verpflichtungen dort, wo der elektro-
nische Handel als Erbringungsmodus tatsächlich oder potentiell eine
wichtige Rolle
spielt.
Der Forderungskatalog greift auch offensichtliche
Diskriminierungen in Form natio-
naler Präferenzen, beispielsweise im Steuer- und Subventionsbereich, auf.
Im Sinne
von “good governance" werden außerdem undurchsichtige
Genehmigungs- und Be-
willigungspraktiken unter die Lupe genommen. Die betreffenden Anträge
beschrän-
ken sich mehrheitlich jedoch auf Klarstellungen und zielen nicht automatisch
auf de-
ren Eliminierung ab.
Bei der Bewegung von Personen zum Zweck der Dienstleistungserbringung
konzent-
rieren sich die
Bemühungen darauf, die Verpflichtungen für Schlüsselpersonal,
für
Personen, die Geschäfte anbahnen sowie für “contractual service
suppliers" (Perso-
nen, die sich zur Erfüllung eines Auftrages vorübergehend im Gastland
aufhalten)
auf ein WTO-einheitliches Niveau zu heben, das die wirtschaftlichen und
arbeitsteili-
gen Realitäten angemessen reflektiert.
Die Forderungslisten wurden am 18.6.2002 an das
österreichische Parlament über-
mittelt. Am 26. Juli 2002 fand im EU-Unterausschuss eine Aussprache zu den
Dienstleistungsverhandlungen im Rahmen des GATS statt, bei der die Forderungen
der EU einen Schwerpunkt bildeten. Im Rahmen des EU-Informationsverfahrens
gemäß Art. 23e B-VG werden dem Parlament laufend sämtliche
Berichte der rele-
vanten EU-Gremien (Art. 133-Ausschüsse) zugeleitet.
Bis dato wurden von Japan, der Schweiz, Neuseeland,
Singapur, Uruguay, Brasilien,
Kanada, Taiwan, Mauritius, Australien, China, Korea und den USA Forderungen an
die EU und ihre Mitgliedstaaten gerichtet. Die Forderungen werden im Bundesmi-
nisterium für Wirtschaft und Arbeit gesammelt und anschließend den
zuständigen
Stellen (Bundesministerien, Interessenvertretungen, Bundesländer) zur
Stellung-
nahme weitergeleitet. Eine Kopie der Forderungen wird auch dem
österreichischen
Parlament zugänglich gemacht werden.
Eine
vollständige Auflistung der Forderungen (in deutscher Sprache) ist
momentan
nicht möglich. Erstens
liegen noch nicht alle Forderungen vor, zweitens sind die an
die gesamte EU und an Österreich gerichteten Forderungen oft nicht klar
trennbar.
Nachstehend werden exemplarisch einige Forderungen Japans
und der Schweiz an
Österreich angeführt:
Japan:
¨ Dauer der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen
¨ Bewilligung des Grunderwerbs durch Ausländer
¨ volle Verpflichtung bei Rechtsberatung
über Heimatstaatrecht (ähnliches wird
auch von der Schweiz gefordert)
¨ Verpflichtung bei der Erwachsenenbildung
¨ Öffnung des grenzüberschreitenden
Handels für Versicherungen in den Berei-
chen See- und Luftverkehr sowie Transport
Schweiz:
¨ Abbau der bestehenden Beschränkungen
bei Wirtschaftstreuhanddienstleistun-
gen
¨ Überprüfung der erhöhten Versicherungssteuer im grenzüberschreitenden Dienstleistungshandel
¨ Volle Verpflichtung beim Personentransport
Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:
Umfang, Inhalt und Zeitpunkt des Angebots der
Europäischen Gemeinschaften und
ihrer Mitgliedstaaten (EU-Angebot) im Rahmen der GATS-Verhandlungen sind mo-
mentan nicht abschätzbar. Das Angebot hängt wesentlich von den bis
dato nicht
vollständig eingetroffenen Forderungen der WTO-Partner und den darauf
folgenden
bilateralen Verhandlungen ab.
Das
österreichische Parlament wird im Rahmen des EU-Informationsverfahrens
(Art.
23e B-VG)
regelmäßig über den Fortgang bei der Erstellung des
EU-Angebotes in-
formiert.
Wie der österreichische Verhandlungsplan nach
Einbringung der Liberalisierungsan-
gebote aussieht, ist derzeit nicht vorhersehbar. Die Zeit bis zur
Übermittlung des EU-
Angebotes wird für die Informationsbeschaffung genutzt, um im Wege der
Europäi-
schen Kommission auf die Forderungen der WTO-Mitglieder sachgerecht reagieren
zu
können.
Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:
a) Bisher wurden noch keine
Streitfälle vor das “Dispute Settlement Body" (DSB)
gebracht, die als reine GATS-Materie zu betrachten sind. Allerdings gibt es
drei
Fälle aus dem Güterbereich, bei welchen die Dienstleistungskomponente
eine
bedeutende Rolle gespielt hat. Der bekannteste Fall betraf das EU-Regime
für
den Import von Bananen, bei dem unter anderem der “Vertrieb"
(Distribution) von
Bananen untersucht wurde. In Folge dieses jahrelangen Streites musste die EU
ihre Importregeln schließlich WTO-konform gestalten.
b) - e) Generell zielt das
Streitbeilegungsverfahren der WTO auf die Wiederherstel-
lung eines WTO-konformen Zustandes ab. Dies würde bedeuten, dass die be-
troffene Rechtsvorschrift (österreichisches Gesetz, österreichisches
Verfas-
sungsgesetz, primäres oder sekundäres Gemeinschaftsrecht) so
geändert wer-
den sollte, dass sie WTO-konform ist. Ein absoluter Zwang zu einer solchen
Rechtsänderung besteht jedoch nicht. Ist es nämlich der unterlegenen
Streit-
partei aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen unmöglich,
innerhalb einer
bestimmten Frist die Erkenntnisse des Panels in dieser Form umzusetzen, so
steht es ihr frei, Kompensationen anzubieten. Im Idealfall werden die Kompen-
sationen zwischen den Streitparteien konsensual ausverhandelt. Sollte keine Ei-
nigung gelingen, so kann es zur Aussetzung von Konzessionen auf Antrag einer
Streitpartei kommen. Auch diese Möglichkeit unterliegt aber der
Überprüfung des
Streitschlichtungsorgans und kann bei Dissens zu einer schiedsrichterlichen
Festlegung der Aussetzung von Kompensationen führen (sogenannte
“Arbitrati-
on").
f) Die Auslegung der
Vertragsbestimmungen erfolgt ausschließlich durch die Mi-
nisterkonferenz und den Allgemeinen Rat der WTO. Hinsichtlich der Klassifikati-
on von Dienstleistungen wird auf die Frage 1 verwiesen. Klassifikationsfragen
werden im “GATS-Komitee für spezifische Verpflichtungen"
erörtert. Allfällige
Änderungen und Anpassungen an die wirtschaftliche Realität dienen
rein der O-
rientierung und sind daher unverbindlich. Formelle Beschlüsse sind nicht
erfor-
derlich.
g) Die Frage, ob eine konkrete
Bestimmung eines WTO-Mitgliedes den Bestim-
mungen des WTO-Übereinkommens entspricht, kann nur in einem WTO-
Panelverfahren entschieden werden. Panelanträge können
grundsätzlich nur
durch WTO-Mitglieder bzw. deren Regierungen gestellt werden. Dies entspricht
dem zwischenstaatlichen Charakter der WTO.
Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:
Ein genauer Zeitpunkt für die Beratung der Ergebnisse
der WTO-Entwicklungsrunde
durch das
österreichische Parlament und deren Ratifizierung ist momentan nicht
vorhersehbar. In der
Uruguay-Runde wurde das Datum des Inkrafttretens der Ver-
handlungsergebnisse in der sog. “Schlussakte" (Marrakesch, 15. April
1994) festge-
legt: “Die Vertreter halten es übereinstimmend für
wünschenswert, dass das WTO-
Abkommen von allen Teilnehmern an den Multilateralen Handelsverhandlungen der
Uruguay-Runde angenommen wird, damit es am 1. Jänner 1995 oder so
früh wie
möglich danach in Kraft tritt".
Die Annahme war aber auch während eines Zeitraumes von
zwei Jahren nach dem
1. Jänner 1995
möglich.
Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:
Die
endgültige Kompetenzordnung nach Abschluss des EU-Konvents ist derzeit
nicht
abschätzbar. Sollte im Rahmen der Kompetenzreform für
Dienstleistungsverträge
eine ähnliche Regelung Platz greifen wie für
Außenhandelsverträge im Warenbe-
reich,
werden auch erstere in Hinkunft nur mehr von der EU bzw. den Europäischen
Gemeinschaften abgeschlossen werden.
Es gibt aber auch Ideen ua. für die
Personenfreizügigkeit - beim Dienstleistungs-
handel häufig
mitberührt - und für den Dienstleistungshandel die gemeinsame (ge-
mischte) Zuständigkeit im Rahmen der im Vertrag von Nizza getroffenen
Regelungen
aufrecht
zu erhalten.
Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass die EU zwar
einerseits in ihrer erweiterten und
vertieften Form handelspolitisch handlungsfähig bleiben muss. Andererseits
muss
sichergestellt bleiben, dass auch in Zukunft wichtige nationale Interessen,
zumindest
in den im Vertrag von Nizza explizit genannten Dienstleistungsbereichen,
nachdrück-
lich und mit Erfolg vertreten
werden können.
Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:
Die Bemühungen werden kontinuierlich im bisherigen
Sinn fortgesetzt und konzent-
rieren sich derzeit, nachdem es sich um ein sehr sensibles, kontroversiell
diskutiertes
und daher bisher in der WTO von wenig Erfolg gekröntes Thema handelt,
darauf, die
Diskussion am Laufen zu halten und damit eine Bewusstseinsbildung und in der
Fol-
ge mehr Aufgeschlossenheit
dem Thema gegenüber zu bewirken. In diesem Zu-
sammenhang wird die Arbeit der ILO-Weltkommission über die soziale
Dimension
der Globalisierung sehr begrüßt und unterstützt. Große
Erwartungen, auch hinsicht-
lich einer möglichen
Neubelebung der Diskussion im Rahmen der WTO, stützen sich
auf den Ergebnisbericht der
Weltkommission, der für November 2003 erwartet wird.
Solange
der WTO keine Kompetenz in der Frage der ILO-Kernarbeitsnormen zu-
kommt, muss versucht werden, China sowie alle kritisch eingestellten
Entwicklungs-
länder in der WTO durch fortgesetzte Überzeugungsarbeit in
bilateralen Kontakten
auf nationaler und europäischer Ebene von den Vorteilen einer Diskussion
über
Handel und soziale Dimension
zu überzeugen. In den Kontakten muss aber immer
klar zum Ausdruck kommen,
dass Protektionismus in jedweder Form im Zusammen-
hang mit diesem Thema abgelehnt wird.
Antwort zu Punkt 15 der Anfrage:
Die Bundesregierung vertritt in den Koordinierungssitzungen
des Ausschusses
Art. 133 hinsichtlich des Gesundheitswesens eine vorsichtige und
zurückhaltende
Position. Es wurden keinerlei Signale in Richtung weiterer bzw. über das
bestehende
Bindungsniveau hinausgehende Öffnungen ausgesandt. Es liegen bis jetzt
auch kei-
ne auf diesen Bereich bezogene Forderungen an Österreich von anderen
Ländern
vor.
Antwort zu Punkt 16 der Anfrage:
Die Sozialpartner sind in den request/offer-Prozess voll
eingebunden. Sämtliche re-
levanten Dokumente werden ihnen vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit
zur Verfügung gestellt bzw. besteht für sie die Möglichkeit in
die Dokumente Einsicht
zu nehmen, soferne diese vertraulichen Charakter haben. Außerdem werden
regel-
mäßig Koordinationssitzungen (ab Herbst 2002 vermehrt) unter
Teilnahme der Sozi-
alpartner
abgehalten.
In regelmäßigen Abständen werden sowohl
für die Parlamentsklubs als auch für
Vertreter von NROs vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
Informations-
veranstaltungen durchgeführt. Am 26. Juni 2002 fand im EU-Unterausschuss
eine
Aussprache zu den Dienstleistungsverhandlungen statt. Das österreichische
Parla-
ment erhält im Rahmen des EU-Informationsverfahrens sämtliche
relevante - auch
vertrauliche - EU-Dokumente und Berichte der einschlägigen EU-Gremien.
Antwort zu Punkt 17 der Anfrage:
Der
Entschließung des Europäischen Parlaments wurde bei der Erstellung
der
GATS-Forderungen entsprochen, indem im Deckblatt zu diesen ausdrücklich
fest-
gehalten ist, dass die Bedeutung der staatlichen Regulierung zur Erreichung
öffentli-
cher Zielsetzungen bei der Liberalisierung des Handels anerkannt wird.
Weitere Klarstellungen sind nach Auffassung des
Bundesministeriums für Wirtschaft
und Arbeit momentan nicht notwendig, da das GATS aufgrund der Ausnahmetatbe-
stände und seiner flexiblen Struktur den Mitgliedern zahlreiche
Möglichkeiten bietet,
ihre öffentlichen Dienstleistungen (Leistungen der Daseinsvorsorge) zu
schützen.
Beilage
Beilage 1
9311 Krankenanstalten
Dienstleistungen erbracht unter der Aufsicht eines Arztes
an stationären Patienten
mit dem Ziel der Heilung, Reaktivierung und/oder Beibehaltung des
Gesundheitszu-
standes des Patienten. Dienstleistungen in Krankenanstalten umfassen medizini-
sche und paramedizinische Dienste, Krankenpflege, Dienstleistungen
medizinischer
und medizinischtechnischer Labors einschließlich radiologischer und
anästhetischer
Dienstleistungen etc.
Ausnahmen: Dienstleistungen erbracht von
Spitälern an ambulanten Patienten sind
in der Untergruppe 93121 (Allgemeine medizinische Dienstleistungen) oder 93122
(Spezielle medizinische Dienstleistungen) klassifiziert.
Dienstleistungen von Zahnärzten sind
in der Untergruppe 93123 klassifiziert.
Ambulanzdienste sind in der Untergruppe 93192 klassifiziert.
9319 Sonstige Gesundheitsdienstleistungen
93192 Ambulanzdienst
Allgemeine und spezielle medizinische Dienstleistungen erbracht in der Ambulanz.
93193 Niedergelassene
Gesundheitseinrichtungen andere als Krankenanstal-
ten
Unterbringung kombiniert mit medizinischen
Dienstleistungen, die nicht unter Auf-
sicht eines vor Ort anwesenden Arztes erbracht werden.
93199 Andere gesundheitsbezogene Dienstleistungen
(sofern nicht anderswo
klassifiziert)
Dienstleistungen
auf dem Gebiet der: morphologischen und chemischen Pathologie,
Bakteriologie, Virologie, Immunologie etc., und nicht anderswo klassifizierte
Dienst-
leistungen wie zum Beispiel Blutspenden.
933 Soziale Dienstleistungen
9331 Stationäre soziale Dienstleistungen
93311 Gesundheitsbezogene Dienstleistungen
erbracht von niedergelassenen
Institutionen an alten
Menschen sowie an Behinderten
Soziale Fürsorgedienstleistungen einschließlich
24 Stunden Betreuung durch nie-
dergelassene Institutionen für Ältere und physisch oder mental
Behinderte, auch
Blinde, Stumme und Taube.
Ausnahmen: Bildungsbezogene Dienstleistungen sind in
Teil 92 klassifiziert. Unter-
bringungskombiniert mit
medizinischen Dienstleistungen sind in der Untergruppe
93110 (Krankenanstalten) klassifiziert, wenn sie unter Aufsicht eines Arztes
erbracht
werden, wenn nicht, in der Untergruppe 93193 (Niedergelassene Gesundheitsein-
richtungen andere als Krankenanstalten).
93312 Gesundheitsbezogene
Dienstleistungen erbracht von niedergelassenen
Institutionen an Kindern
und anderen Klienten
Soziale
Fürsorgedienstleistungen einschließlich 24 Stunden Betreuung
niedergelas-
sener Institutionen für Kinder und andere Klienten, z. B.
Waisenhäuser, Einrichtun-
gen für schutzbedürftige Kinder, Einrichtungen für
verhaltensauffällige Kinder, Ein-
richtungen für alleinerziehende Mütter und andere Rehabilitationszentren.
93319 Andere stationäre soziale Dienstleistungen
Soziale Fürsorgedienstleistungen einschließlich
24 Stunden Betreuung durch nie-
dergelassene Institutionen für Kinder und andere Klienten, z. B.
Sozialarbeit von
Betreuungsanstalten für Jugendliche und
Rehabilitationszentren (ohne medizinische
Behandlung) für Drogen und/oder alkoholabhängige Personen.
9332 Ambulante soziale Dienstleistungen
93321 Ganztagsbetreuung von Kindern
einschließlich Betreuung von Behin-
derten
Soziale
Dienstleistungen von nicht-niedergelassenen Institutionen, die Ganztags-
betreuung und Unterricht auf Vorschulniveau an kleinen Kindern in
Kindergärten
erbringen, einschließlich Ganztagsbetreuung für Behinderte.
93322 Orientierungs-
und Beratungsdienstleistungen für Kinder (sofern nicht
anderswo klassifiziert)
Orientierungs-
und Beratungsdienstleistungen erbracht an Einzelpersonen und Fa-
milien, üblicherweise an den Eltern der Kinder, in deren Haushalt oder
anderswo.
Solche Dienstleistungen befassen sich mit verhaltens- und/oder
erziehungsbeding-
ten und anderen Problemen von Kindern, zum Beispiel Scheidungsprobleme,
Schulprobleme,
Entwicklungsprobleme, Kindesmisshandiung, Mediation, Adopti-
onsdienstleistungen etc.
93323 Fürsorgedienstleistungen
nicht von niedergelassenen Institutionen er-
bracht
Ambulante
Fürsorgedienstleistungen, z. B. Prüfung des Anspruchs im Zusammen-
hang mit Sozialfürsorge, Mietzuschüssen und Essensmarken, mobile
Altenpflege,
Beratung über Haushaltseinkommen und andere gemeinschaftliche und nachbar-
schaftliche
Dienstleistungen.
93324 Job-coaching-Dienstleistungen
Job-coaching-Dienstleistungen
an behinderten oder arbeitslosen Personen, wobei
der soziale Fürsorgeaspekt überwiegt.
Ausnahmen:
Job-coaching-Dienstleistungen, bei welchen der Bildungsaspekt über-
wiegt, sind im Teil 92
(Bildungsdienstleistungen) klassifiziert.
93329 Andere ambulante soziale Dienstleistungen
Andere
ambulante soziale Dienstleistungen, z. B. Eheberatung, Dienstleistungen
von Bewährungsberatern, soziale Betreuung von Katastrophenopfern,
Flüchtlingen
und von Immigranten einschließlich Beherbergungsdienstleistungen.