3938/AB XXI.GP
Eingelangt am: 30.07.2002
BUNDESMINISTER für
WIRTSCHAFT und ARBEIT
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage
Nr. 3969/J betreffend
emissionsseitige Luftreinhaltungsvorschriften, welche die Abgeordneten Dr. Eva
Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen am 10. Juni 2002 an mich richteten,
stelle ich
fest:
Antwort zu den Punkten 1 bis 5 der Anfrage:
Die
derzeit noch geltende Großfeuerungsanlagenrichtlinie 88/609/EWG, die sich
auf
die Rahmenrichtlinie 84/360/EWG stützt, ist unter Bedachtnahme auf die
generelle
Umsetzungsverpflichtung, wie sie in Art. 249 des Amsterdamer Vertrages
formuliert
wurde, durch die geltenden Bestimmungen des Luftreinhaltegesetzes für
Kesselan-
lagen (LRG-K), BGBI. Nr. 380/1989 igF. in österreichisches Recht
umgesetzt. Die
von der Europäischen Kommission behaupteten Umsetzungsmängel sind nur
for- maler Natur. Die
neue Großfeuerungsanlagenrichtlinie 2001/ 80/EG stützt sich auf
die Rahmenrichtlinie 96/61/EG
(IPPC-Richtlinie) und soll bezüglich Kesselanlagen im
Zuge einer Novelle zum LRG-K ehestmöglich in das österreichische
Luftreinhal-
terecht übernommen werden. Das allgemeine Begutachtungsverfahren wird
voraus-
sichtlich im Herbst dieses Jahres eingeleitet. Die erforderliche Anpassung der
zuge-
hörigen Luftreinhalteverordnung für Kesselanlagen (LRV-K 1989 igF.)
soll sodann
aufgrund des novellierten LRG-K und unter Beachtung des Standes der Technik
unmittelbar im
Anschluss an die LRG-K-Novelle erfolgen. Im
Detail hängt der Inhalt
der LRV-K vom endgültigen Inhalt des
LRG-K ab und kann deshalb erst nach des-
sen Festlegung diskutiert
werden.
Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:
Mit Entschließung des Nationalrates vom 2. April
1992, Nr. E 46 - NR/XVIII. GP,
wurde der seinerzeitige Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten
ua. er-
sucht, “mit Verordnung nach §82
Gewerbeordnung (GewO) 1994 dem Stand der
Technik entsprechende Emissionsgrenzwerte (unter besonderer
Berücksichtigung
von VOCs und NOX)
bei Neu- und Altanlagen" für bestimmte Anlagenarten" festzu-
legen."
In der Folge wurden Emissionsbegrenzungsverordnungen
für Erzeugungsanlagen
von Zement, Ziegel, Gips, Glas, Eisen und Stahl (ergänzt durch eine
Verordnung für
Sinteranlagen) und Nichteisenmetallen sowie für Gießereien, Lackier-
und Feue-
rungsanlagen erlassen. Vorgesehen waren noch Verordnungen für Raffinerien,
Er-
zeugung von Papier und Zellstoff, Spanplattenerzeugung und Druckereien.
Von einer Verordnung für Raffinerien (Verordnung
über die Begrenzung der Emissi-
on von luftverunreinigenden Stoffen aus Anlagen zur Verarbeitung von
Rohöl) wurde
abgesehen, zumal durch die Verordnung über die Ausstattung gewerblicher
Be-
triebsanlagen mit Gaspendelleitungen für ortsfeste
Kraftstoffbehälter, BGBI.
Nr. 558/1991, in der Fassung der Verordnung BGBI. Nr. 904/1995, sowie durch die
Feuerungsanlagen-Verordnung, BGBI. II Nr.
331/1997, bereits wesentliche Bereiche
abgedeckt sind und in
Österreich nur eine einzige einschlägige Anlage betrieben
wird.
Bei
Anlagen zur Herstellung von Papier und Zellstoff liegt das Schwergewicht in um-
weltrelevanter Hinsicht bei der Beschränkung von Abwasseremissionen,
sodass
mangels diesbezüglicher Regelungszuständigkeit des Bundesministers
für Wirtschaft
und Arbeit auch die diesbezüglichen Arbeiten zur Schaffung einer
betriebsanlagen-
rechtlichen Emissionsbegrenzungsverordnung eingestellt wurden.
Zur Spanplattenverordnung darf auf die sehr detaillierte
und eingehend begründete
Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 5178/J der
Abgeord-
neten Van der Bellen, Freundinnen und Freunde betreffend Spanplattenverordnung
verwiesen
werden (Parlamentarische Materialien, 4869/AB XX.GP).
Die Druckerei-Verordnung wurde wegen der sich abzeichnenden
EU-Regelung
(VOC-Richtlinie; Richtlinie
1999/13/EG des Rates vom 11. März 1999 über die Be-
grenzung von Emissionen
flüchtiger organischer Verbindungen, die bei bestimmten
Tätigkeiten und in bestimmten Anlagen bei der Verwendung organischer
Lösungs-
mittel entstehen) nicht mehr fertiggestellt. Im gegebenen Zusammenhang ist
jedoch
darauf hinzuweisen, dass in Kürze mit der Kundmachung der der Umsetzung
der
VOC-Richtlinie dienenden VOC-Anlagen-Verordnung - VAV im Bundesgesetzblatt
zu rechnen ist.
Die angesprochenen emissionsrelevanten Anlagen sind in
Deutschland durch die 4.
Verordnung zum
Bundes-lmmissionsschutzgesetz definiert. Für die meisten dort ge-
nannten Betriebstypen gibt es
in Österreich Regelungen nach § 82 Abs. 1 GewO
1994, zT neuesten Datums. Etliche der in Deutschland durch die oa. Verordnung
und die TA Luft speziell geregelten Anlagentypen gibt es in Österreich
nicht oder nur
in so kleiner Anzahl, dass eine bundesweite Regelung keinen Vorteil bringen
würde.
Ähnliches gilt für
die in Anhang 2 der Schweizer Luftreinhalteverordnung aufgezähl-
ten Anlagen, für die ergänzende Anforderungen in Hinblick auf
Emissionen gestellt
werden.
Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:
Ein
Vergleich der nach Verordnungen gemäß § 82 Abs. 1 GewO 1994
bestehenden
Emissionsgrenzwerte mit empfohlenen Werten nach BAT-Dokumenten zeigt, dass in
Teilbereichen unterschiedliche Grenzwerte vorgesehen sind. In diesem Zusammen-
hang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die angesprochenen Regelungen der TA
Luft und der Schweizer Luftreinhalteverordnung hinsichtlich der Auslegung des
Standes der Technik Einschränkungen enthalten.
So existiert im deutschen Bundes-
Immissionsschutzrecht ein
“Verhältnismäßigkeitsgebot", die Schweizer
Grenzwerte
sind auf “einen wirtschaftlich gesunden Betrieb mittlerer
Größe" abzustimmen. Fer-
ner sind bestimmte Werte der TA Luft “Zielwerte", die
“anzustreben" sind, also nicht
in jedem Fall zur Anwendung kommen. Nichts desto weniger orientieren sich man-
che der österreichischen
Emissionsbegrenzungsverordnungen an der TA Luft
1986.
Ein Beispiel dafür, dass
Emissionsbegrenzungsverordnungen nach § 82 Abs. 1 Ge-
wO 1994 neueren Datums durchaus den aktuellen Stand der Technik wiedergeben,
ist die Feuerungsanlagen-Verordnung (FAV), BGBI. II Nr. 331/1997; so ergibt ein
Vergleich für ölbefeuerte Feuerungsanlagen zB. für den
Leistungsbereich > 50 MW,
dass die österreichische
Regelung strenger als die TA Luft ist: Staub nach FAV 30 -
35 mg/m3 (50), NOX
100 mg/m3 (80 - 350), Schwefeloxide 350 mg/m3 (850) und
Kohlenmonoxid 80 mg/m3
(80); die jeweiligen TA Luft - Werte stehen in Klammer.
BREF (“BAT-Reference") - Dokumente existieren für diesen
Bereich noch nicht.
Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:
Einige der genannten Anlagentypen sind in Österreich
in nur geringer Anzahl vor-
handen, sodass keine Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung gesehen
wurde, da in diesen Fällen die Einzelfallentscheidung die
verwaltungsökonomischere
Variante
ist.
Im Übrigen darf darauf hingewiesen werden, dass die
BAT-Dokumente relativ neu
und daher erst in geringer Anzahl verfügbar sind und als Anhaltspunkt bei
der Fest-
legung des Standes der Technik dienen.
Im
Lichte der BAT-Dokumente wird geprüft werden, ob Änderungen der auf
den § 82
Abs. 1 GewO 1994 gestützten Verordnungen erforderlich sein werden.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Die BAT-Dokumente sind nicht verbindlich anzuwenden,
sondern sind eine Informa-
tionsquelle für die Beurteilung. Zumeist geben sie eine Bandbreite von
unter be-
stimmten Bedingungen erreichbaren Emissionswerten an. Diese Dokumente sind als
Sachverständigengutachten zu qualifizieren und werden - wie bereits vorhin
erwähnt
- als eine Informationsquelle im Rahmen von Individualverfahren herangezogen.
Im Gegensatz zu den BAT-Dokumenten sind die
Emissionsbegrenzungsverordnun-
gen jedoch geltendes Recht und somit verbindlich.
Nach derzeitigem Kenntnisstand sind noch keine
einschlägigen Probleme an das
Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit herangetragen worden, sodass auch
noch keine diesbezüglichen Erlässe oder Informationen formuliert
wurden.
Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:
Zur Heranführung bestehender IPPC-Anlagen an den Stand
der Technik darf auf
den mit der ua. der Umsetzung
der IPPC-Richtlinie für den Bereich des gewerblichen
Betriebsanlagenrechts dienenden Novelle BGBI. l Nr. 88/2000 zur GewO 1994 neu
geschaffenen
§ 81 b hingewiesen werden.
§
81 b Abs. 1 leg. cit. sieht vor, dass der Inhaber einer in der Anlage 3 zur
GewO
1994 angeführten Betriebsanlage jeweils innerhalb einer Frist von zehn
Jahren zu
überprüfen hat, ob sich der seine Betriebsanlage betreffende Stand
der Technik we-
sentlich geändert hat und gegebenenfalls unverzüglich die
erforderlichen wirtschaftli-
chen verhältnismäßigen Anpassungsmaßnahmen zu treffen
hat. Der Anlageninhaber
hat der Behörde
unverzüglich eine Darstellung der Entwicklung des Standes der
Technik und eine Darstellung der getroffenen Anpassungsmaßnahmen zu
übermit-
teln. Hat der Anlageninhaber
keine ausreichenden Maßnahmen getroffen, so hat die
Behörde entsprechende Maßnahmen mit Bescheid anzuordnen. In
bestimmten im
Gesetz genannten Fällen hat die
Behörde auch vor Ablauf der
Zehnjahresfrist ent-
sprechende
Anpassungsmaßnahmen mit Bescheid anzuordnen (§ 81b Abs. 2 leg.
cit.).
Bei dem in dieser Bestimmung normierten Zusammenspiel von
Anlageninhaber und
Verwaltung (Behörde), das derart konzipiert ist, dass die Initiative beim
Anlagen-
inhaber liegt, kann nicht von einem erhöhten Verwaltungsaufwand
ausgegangen
werden.
Die Erlassung von Verordnungen scheint in diesem
Zusammenhang nicht zweckmä-
ßig.
Abschließend darf auch noch darauf hingewiesen
werden, dass in der Vergangen-
heit wiederholt technische Arbeitskreise zur Diskussion und einheitlichen
Klärung
technischer Fragen, so auch Fragen betreffend den Stand der Technik,
eingerichtet
wurden (und hinkünftig auch eingerichtet werden), an denen
Gewerbetechniker der
Länder teilnahmen. Die von allen Teilnehmern (Bund und Länder)
gemeinsam erar-
beiteten Lösungen und Ergebnisse dienen letztendlich einer
bundeseinheitlichen
Vollziehung (so auch die jährlich stattfindenden
Gewerbetechnikertagungen).
Antwort zu den Punkten 11 und 12 der Anfrage:
Der österreichische Weg über § 82 Abs. 1
GewO 1994 - Verordnungen weist ge-
genüber dem deutschen Modell der TA Luft sowohl
verwaltungsökonomische (Ver-
waltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung durch die Festlegung bun-
des-einheitlicher Anforderungsstandards) als auch pekuniäre Vorteile
(Kosteneinspa-
rungen) auf und gewährleistet eine bundeseinheitliche Vollziehung sowie -
daraus
resultierend - Rechtssicherheit.
Die
Übernahme anderer (“nichtösterreichischer") Modelle birgt,
wie die bisherigen
Erfahrungen insbesondere im Rahmen der Umsetzung einschlägigen EU-Rechts
gezeigt haben, mitunter erhebliche Schwierigkeiten in sich, die ua. auf die
Unter-
schiedlichkeit der Rechtssysteme bzw. -strukturen
zurückzuführen sind. Im Falle der
Schaffung einer der TA Luft vergleichbaren
österreichischen Regelung wäre unab-
dingbare Voraussetzung die Kenntnis der österreichischen Betriebsstruktur;
zu die-
sem Zweck laufen im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Vorarbeiten
zur
Installierung eines österreichischen Anlagenregisters. In der
Vergangenheit hat sich
nämlich gezeigt, dass die Orientierung an den in der TA Luft
aufgezählten Betriebs-
kapazitäten (welche zwangsläufig auf die deutschen Verhältnisse
abgestimmt sind)
kein gangbarer Weg ist. Auf Basis der Kenntnis der Betriebsstruktur in
Österreich
könnte allenfalls über die Schaffung einer der TA Luft ähnlichen
Regelung nachge-
dacht werden. Allerdings wäre bei einem derart umfassenden Regelwerk neben
den
oben aufgezeigten Schwierigkeiten auch mit langfristigen Vorbereitungsarbeiten
und
entsprechenden Diskussionen mit den befassten Kreisen zu rechnen.
Die in Frage 12 der gegenständlichen parlamentarischen
Anfrage enthaltene Aussa-
ge, die Schweizer Luftreinhalteverordnung regle auch Kleinanlagen, lässt
nicht den
Schluss zu, dass die auf den § 82
Abs. 1 GewO 1994 gestützten Verordnungen
Kleinanlagen nicht regeln würden. Wie der Verordnungsermächtigung des
§ 82
Abs. 1 GewO 1994 zu entnehmen ist, hat der Bundesminister für Wirtschaft
und Ar-
beit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt
und Wasserwirtschaft für genehmigungspflichtige Arten von Anlagen
einschlägige
Verordnungen zu erlassen. Systemischer Anknüpfungspunkt ist dabei in
erster Linie
die Genehmigungspflicht gem. § 74 Abs. 2 GewO 1994 und damit die abstrakte
Ge-
fährdung der betriebsanlagenrechtlich zu schützenden Interessen. Dass
im Rahmen
einschlägiger Verordnungen auf die Größe der vom
Anwendungsbereich dieser Ver-
ordnung erfassten genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlagen
erforder-
lichenfalls und zweckmäßigerweise Bedacht genommen werden kann,
indem diffe-
renzierende auf die Betriebsgröße abstellende Regelungen normiert
sind, wird da-
durch jedoch nicht ausgeschlossen. Somit können mit diesem
betriebsanlagen-
rechtlichen Verordnungsmodell auf die österreichischen Betriebsstrukturen
(über-
wiegend klein- und mittelständische Betriebsstrukturen) Bedacht nehmende
Rege-
lungen geschaffen werden.
Die
auf den § 82 Abs. 1 GewO 1994 gestützten Verordnungen mit ihren oben
bereits
aufgezeigten Vorteilen dienen der Entlastung
der Behörden und leisten schließlich
auch
einen wesentlichen Beitrag zur Schonung der immer knapper bemessenen
Personalressourcen. Wie die betriebsanlagenrechtlichen Novellen der letzten
Jahre
zur GewO 1994 dokumentieren, wurden insbesondere zahlreiche Schritte in Rich-
tung Steigerung der Effizienz von Genehmigungsverfahren gesetzt, die
letztendlich
auch der Behördenentlastung dienen.