3966/AB XXI.GP

Eingelangt am: 08.08.2002

BM für soziale Sicherheit und Generationen

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete parlamentarische Anfrage Nr. 4061/J
des Abgeordneten Dr. Udo Grollitsch und Kollegen wie folgt:

Frage 1:

Es ist richtig, dass in der Putenmast noch eine Substanz aus der Gruppe der Nitrofurane einge-
setzt werden darf, wobei es sich um Nifursol handelt.

Nach einer aktuellen Stellungnahme des Scientific Committee on Animal Nutrition SCAN vom
11. Oktober 2001 (“on the safety of use of Nifursol in feedingstuffs for turkeys") lassen die ver-
fügbaren Unterlagen zu Nifursol keine eindeutigen Schlüsse auf ein etwaiges Tumor- oder Carci-
nogenitätspotential und auch nicht auf eine erbgutverändernde (mutagene) Wirkung (So waren in
vitro Tests positiv, in vivo Tests an lebenden Gewebe- oder Organsystemen ergaben fragliche
Resultate) zu. Daher war es unmöglich, eine duldbare tägliche Tagesdosis (ADI) für Nifursol zu
installieren.

Daher war auch im Falle von Nifursol als Veterinärarzneimittel von einer Aufnahme in einen der
Anhänge 1 bis 3 der Ratsverordnung 2377/90 abzusehen (d.h., der Stoff darf bei Nutztieren nicht
angewendet werden).


Anders liegt der Fall, wenn bereits eine Zulassung ausgesprochen worden ist (wie bei Nifursol
als Futterzusatzstoff). Hier muss mehr oder weniger von der Behörde (Bundesanstalt für Ernäh-
rungssicherheit im Rahmen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicher-
heit) bewiesen werden, dass die Weiterverwendung eine Allgemeingefahrdung darstellt, um in-
kriminierte Produkte vom Markt zu nehmen bzw. deren Verwendung zu verbieten.

In Beachtung des Vorsorgeprinzips hat sich mein Ressort im Rahmen seiner Mitwirkung in di-
versen Entscheidungsgremien der Europäischen Union dafür eingesetzt, die Zulassungen für
Nifursol als Futterzusatzstoff aufzuheben oder nicht zu erneuern.
Dabei wurde die ableh-
nende Stellungnahme meines Ressorts durch die oben zitierte Meinung des SCAN bestätigt.

Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass Nifursol das einzige noch verbleibende Mittel gegen
die gravierende Schwarzkopfkrankheit der Puten darstellt. Ein Ausbruch dieser Erkrankung in
einem Tierkollektiv würde nicht nur zu wesentlichen kommerziellen Schäden für die Züchter,
sondern auch zu beträchtlichem Leid für die erkrankten Tiere führen.

Frage 2:

Die Einfuhr von Geflügelfleisch und damit auch Putenfleisch aus Drittländern wie Ungarn,
Tschechien oder Brasilien ist in den einschlägigen Rechtsvorschriften der Europäischen Union
vollständig geregelt und damit harmonisiert.

Geflügelfleisch aus Drittstaaten unterliegt bei der Einfuhr in die Europäische Union der grenz-
tierärztlichen Kontrolle, solche Sendungen dürfen nur aus von der Gemeinschaft speziell dafür
überprüften und zugelassenen Drittländern gemäß der sogenannten Drittlandliste (Entscheidung
der Kommission 94/85/EG) in der geltenden Fassung) und weiters nur aus von der Gemeinschaft
speziell dafür überprüften und zugelassenen Betrieben importiert werden. Darüber hinaus darf
auch nur aus solchen Ländern importiert werden, die gemäß Entscheidung der Kommission
2001/487/EG einen von der Kommission überprüften und genehmigten Rückstandskontrollplan
vorgelegt haben.


Anzumerken ist, dass die genannten Länder Ungarn, Tschechien und Brasilien sowohl gemäß
Drittlandliste als auch gemäß Rückstandskontrollpläne von der Gemeinschaft zugelassen sind
und dass über österreichische Grenzkontrollstellen ausschließlich aus zugelassenen Betrieben
importiert wurde.

Anzumerken ist auch, dass nur solche Sendungen zur Einfuhr zugelassen werden, die von den
amtlichen Tierärzten des Ursprungslandes entsprechend überprüft und zertifizert wurden.

Gemäß Entscheidung der Kommission 94/360/EWG werden neben einer 100%igen Dokumen-
ten- und Identitätskontrolle 50% der Sendungen von Geflügelfleisch auch physisch untersucht,
wobei stichprobenartig insgesamt zumindest 1% der Sendungen auch beprobt und labortechnisch
auf Rückstände aller Art überprüft werden.

Zusätzlich zu den genannten Sicherungsverfahren werden auch weitere Maßnahmen in Anwen-
dung des europaweiten “RAPID ALERT SYSTEM for SAFETY in FOOD - RASFF getroffen.
Werden also bei den laufenden Überprüfungen an den Grenzkontrollstellen und im Inland Män-
gel festgestellt, so erfolgt über dieses System eine generelle Warnung hinsichtlich des verant-
wortlichen Ursprungsbetriebes im Drittland. Sendungen aus solchen Betrieben werden dann an
den österreichischen Veterinärgrenzkontrollstellen anweisungsgemäß angehalten und erst bei
Vorliegen negativer Laborbefunde zur Einfuhr in die Gemeinschaft zugelassen. Vollständigkeits-
halber sei daraufhingewiesen, dass einige Betriebe aus den genannten Drittstaaten derzeit von
solchen Restriktionsmaßnahmen betroffen sind.

Die derart kontrollierten Sendungen unterliegen darüber hinaus stichprobenartig und in nicht dis-
kriminierender Weise weiteren Überprüfungen und Kontrollen durch die örtlichen Veterinär- und
Lebensmittelkontrollbehörden.

Durch dieses mehrlagige Netz an Kontrollsystemen ist ein höchstmögliches Ausmaß an Sicher-
heit für den Konsumenten gewährleistet.

Darüber hinaus hat mein Ressort nach Bekanntwerden der ersten positiven Befunde aus Brasilien
die Kommission im Ständigen Veterinärausschuss ausdrücklich zu geeigneten Maßnahmen auf-
gefordert. Nach Mitteilung der Kommission liegen nunmehr besondere Garantien der brasiliani-
schen Behörden vor.


Frage 3:

Es liegt zwar im Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Um-
welt und Wasserwirtschaft neue Qualitätssicherungssysteme aufzubauen und zu realisieren, doch

 

ist es auch Anliegen meines Ressorts für hohe Qualität zu sorgen. Hier sind es unter anderem die
ständigen Verbesserungen der Hygienevorschriften für Produktionsbetriebe insbesondere für den
Bereich der Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung. Werden in diesen Bereichen die entspre-
chenden Qualitätskriterien erfüllt, so kann sich das österreichische Produkt von der Pute jederzeit
der ausländischen Konkurrenz stellen, vom Verbraucherschutz ganz abgesehen.
Ergänzend sei noch zu erwähnen, dass durch Festlegen bundesweit einheitlicher Vorgaben, de-
nen Tiergesundheitsdienste in Zukunft entsprechen müssen, ein weiterer wichtiger Baustein zur
Qualitätssicherung gesetzt wird.

Frage 4:

Eine optimale Haltung von Puten muss unter Einhaltung aller Tierschutz- und Tierhaltungsbe-
dingungen erfolgen, aber auch gewährleisten, dass die Haltung in entsprechend hygienischer
Weise erfolgt. Die vorrangige Intention meines Ressorts muss aber sein, zu gewährleisten, dass
ein Produkt auf dem Markt kommt, dass den Erwartungen der Konsumenten entspricht. Mein
Ressort wird sich auch weiterhin für eine optimale, also auch alternative Tierhaltung einsetzen.
Bei jeder Form der Tierhaltung muss neben dem Kriterium des Wohlbefindens der Tiere aber be-
achtet werden, dass die Tiere nicht vermehrten Belastungen durch Salmonellen oder auch Cam-
pylobacter ausgesetzt sind. Denn jede verstärkte Belastung mit diesen Keimen, die zu den Erre-
gern von Zoonosen zählen, könnte zu einer Kontamination des Produktes und in weiterer Folge
zu Erkrankungen von Menschen führen.

Frage 5:

Mein Ressort stimmt vollkommen mit ihrer Meinung überein, dass es nicht unwesentlich ist,
vermehrt Informationen über Tierhaltung und Tierzucht von der Bundesanstalt Statistik Austria
zu erhalten. Federführend ist jedoch in Angelegenheiten der Tierzucht und Tierhaltung das Bun-
desministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft beziehungsweise
die Länder.


Alle Schlachtbetriebe, auch jene, die zur Schlachtung von Puten zugelassen sind, werden von den
Landesregierungen meinem Ressort gemeldet und in den Amtlichen Veterinärnachrichten veröf-
fentlicht. Diese Betriebslisten unterliegen einer ständigen Aktualisierung.

Mein Ressort hat aber Vorgespräche mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft und der Bundesanstalt Statistik Austria geführt, um zu sichern,
dass bestimmte Informationen, wie Daten über die Putenhaltung beziehungsweise die Produktion
von Geflügelfleisch (Hühner- und Putenfleisch) auch in Zukunft vorliegen werden. Ein endgülti-
ges Ergebnis liegt derzeit noch nicht vor.