4003/AB XXI.GP
Eingelangt am: 09.08.2002
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generation
Ich beantworte die
an mich gerichtete parlamentarische Anfrage Nr. 4067/J
der
Abgeordneten Mag. Ulli Sima und Genossinnen wie folgt:
Frage 1 bis 3:
Am 4.6. 2002 erging
mit Fax vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
(BMVEL) in Deutschland eine Information erstmals mit dem Hinweis auf ein
Inverkehrbringen
von Geflügelerzeugnissen in Österreich, wonach das betroffene
Schlachtgeflügel
möglicherweise mit dem Pflanzenschutzmittel Nitrofen verunreinigtes Futter
aufgenommen
hat. Mein Ressort hat daraufhin unverzüglich die zuständige
Lebensmittel-
aufsicht
um Nachschau und weitere Veranlassung ersucht. Auf Grund einer
Direktinformation
der Lieferfirma war die Ware zu diesem Zeitpunkt in Deutschland nicht mehr in
Verkehr.
Die
ersten Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher wurden von meinem Ressort
allerdings
bereit
vor dem Einlangen dieser Information, nämlich am Montag den 27. Mai 2002
nach
Bekanntwerden der Verunreinigung von Futterweizen mit Nitrofen in Deutschland
gesetzt.
Hinweise darauf
erfolgten von der Lebensmittelaufsicht in Salzburg, einer Mitteilung des
BMVEL in Deutschland, aus dem Bereich der biologischen Landwirtschaft, diversen
Pressemeldungen
und letztenendes nachmittags durch die offizielle Information über das
Schnellwarnsystem der EU. Am selben Tag wurden die zuständigen
Behörden für die
biologische
Landwirtschaft und die Kontrollstellen im Bereich der biologischen
Landwirtschaft
informiert und um Nachschau und eventuelle weitere Veranlassung ersucht.
Am nächsten Tag wurde eine Schwerpunktaktion zur Überprüfung von
Schädlings-
bekämpfungsmittelrückständen
(Nitrofen) in Geflügelerzeugnissen aus biologischer
Landwirtschaft
aus Deutschland veranlasst.
Frage 4:
Eine Warnung nach
dem Lebensmittelgesetz 1975 (§ 25a) ist nur dann möglich, wenn die
gesetzlichen
Voraussetzungen insbesondere ein Gutachten über
gesundheitsschädliches
Lebensmittel
und Gemeingefährdung vorliegen. Diese Voraussetzungen waren nicht gegeben.
Da die letzte
Lieferung der entsprechenden Ware bereits zu Beginn Februar 2002 erfolgte, war
die
Ware nicht mehr in Verkehr.
Die Öffentlichkeit wurde
über die Untersuchungsergebnisse und das Gefährdungspotential
von
Nitrofen in allgemeiner Form von der dafür zuständigen Österreichischen
Agentur für
Gesundheit
und Ernährungssicherheit GmbH informiert.
Frage 5:
Nein; eine gezielte
“Information" ist aber nur möglich, wenn über bekannte
Tatsachen
informiert werden kann und diese Information auch rechtzeitig an die
Betroffenen gelangt.
Eine allgemeine Sensibilisierung der Verbraucher in Hinblick auf
Geflügelerzeugnisse aus
biologischer
Landwirtschaft aus Deutschland war bereits in den Tagen davor auf Grund
diverser
einschlägiger Informationen erfolgt.
Frage 6:
Nach dem derzeitigen Informationsstand und
den derzeit vorliegenden
Untersuchungsergebnissen von Erzeugnissen, die in Österreich in Verkehr
sind, ist eine
Gesundheitsgefahrdung der heimischen Konsumenten in Zusammenhang mit Nitrofen
nicht
gegeben.
Fragen 7 und 8):
Die Aufgaben der
Agentur hinsichtlich ihrer Informationstätigkeit sind in § 8 (3) des
Gesundheits-
und Ernährungssicherheitsgesetzes, BGBL.I Nr.63/2002, festgelegt. Die
Aufgabe
der Agentur im vorliegenden speziellen Fall besteht insbesondere in der
Schaffung
von
Informationsmitteln über Nitrofen sowie der Veröffentlichung von
Arbeitsergebnissen
(Bericht
über die erfolgten Untersuchungen und deren Ergebnisse). Diese Aufgabe hat
die
Agentur,
wie auf der einschlägigen Internetseite und den erfolgten Interviews
nachvollziehbar,
wahrgenommen.
Frage 9):
Das Bundesministerium
für soziale Sicherheit und Generationen als zuständiges Ministerium
hat
gesetzlich auferlegte Informationspflichten im § 25a Lebensmittelgesetz
(LMG) sowie
Informationspflichten, die sich aus der Allgemeinverantwortung für die
Ernährungssicherheit
ergeben.
Die Information, auch die für die Verbraucher und die Presse, erfolgte von
den
deutschen
zuständigen Stellen über diesen doch in erster Linie deutschen
“Lebensmittel-
skandal"
in ausführlicher Weise. Auf Anfrage hat mein Ressort hinsichtlich der
Situation in
Österreich
die Presse und damit die österreichische Öffentlichkeit informiert
Frage 10);
Die Agentur wird auch
in Zukunft entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag ihre Informations-
pflichten
zu erfüllen haben.
Frage 11):
Für
die Information der Öffentlichkeit über Risiken durch Schadstoffe in
Lebensmittel ist die
Agentur
nach den Bestimmungen des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes
zuständig
und verantwortlich. Für Informationen über gesundheitsschädliche
Lebensmittel
gemäß § 25 a LMG 1975 bleibt weiterhin mein Ressort
zuständig.
Fragen 12 und 13):
Aus dem
Zusammenhang gerissen, mag wohl die Feststellung von Geschäftsführer
Univ.Prof.
Dr.
Walter Schuller unangebracht erscheinen. Es ist jedoch eine in Interviews
häufig geübte
Praxis,
Fachinformationen, die oftmals nicht als allgemein verständlich empfunden
werden,
durch
schlagwortartig gebündelte und vereinfachte Zusammenfassungen
darzustellen.
Fragen 14 bis 16);
Es existiert kein
offensichtliches “Kompetenz-Wirr-Warr". Die Kompetenzen sind klar
geregelt.
Sollte dieser Eindruck entstanden sein, so ist dies sicher auf die soeben erst
errichtete
Agentur
und ihre noch nicht bekannten Rolle in der Öffentlichkeit
zurückzuführen.
Frage 17):
Mit Stand 26.06.2002
wurden bisher bereits 180 Proben in Österreich gezogen und
untersucht. In keiner dieser Proben war Nitrofen nachweisbar.
Frage 18:
Mein Ressort hat im Zuge des Rückstandskontrollprogramms lebende Tiere (Probenahme
erfolgt im Bestand) und Tierkörper anlässlich der Schlachtung untersucht. Das
Kontrollprogramm beruht auf den Vorgaben der Richtlinie 96/23/EG und wird alljährlich von
der EU-Kommission kontrolliert, diskutiert und wenn der Programmverschlag entspricht,
auch genehmigt.
Diese Kontrollen umfassen all jene Stoffgruppen, die von der Richtlinie vorgegeben sind,
wobei die Auswahl der Stoffe den einzelnen Mitgliedstaaten freigestellt ist.
Ergibt sich auf Grund eines Anlassfalles die Notwendigkeit bestimmte Substanzen/Stoffe
vorübergehend oder für immer in allen Mitgliedstaaten verpflichtend zu untersuchen, so wird
dies durch eine Entscheidung der Kommission in Absprache mit den Mitgliedstaaten
festgelegt.
Das
österreichische Rückstandsprogramm wird alljährlich den
Erkenntnissen, die aus
Untersuchungen
des vorangegangenen Jahres gewonnen wurden, angepasst und optimiert.
Frage 19:
Der Nitrofen Skandal
in Deutschland, war letztendlich - entsprechend den letzten Berichten
zur Folge - ein “Altlastenproblem" und damit ein abgrenzbares
Problem. Es ist primär die
Aufgabe
Deutschlands, alle Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass belastete
Lebensmittel
oder Futtermittel Inverkehr gebracht werden. Es ist die Aufgabe der
Kommission in erster Linie einzugreifen, wenn diese Maßnahmen nicht
zufriedenstellend
durchgeführt
werden.
Die
weitere Entwicklung wird von österreichischer Seite sehr genau verfolgt.
Frage 20:
Selbstverständlich
werden in Österreich bei lebenden Tieren und tierischen Produkten
Untersuchungen auf verbotene Stoffe durchgeführt. Diese Kontrollen
umfassen zum Beispiel
das
gesamte Spektrum der Substanzen der Gruppe A des Anhanges I der Richtlinie
96/23/EG.
Das
sind Substanzen, die bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nicht
angewendet werden dürfen. Auch in der Stoffgruppe der organischen
Chlorverbindungen ist
die
Anwendung für die Mehrzahl der Substanzen, die in Österreich
kontrolliert werden,
verboten.
Fragen 21 bis 23:
Ob Nitrofen in das
Rückstandsprogramm 2003 aufgenommen wird oder nicht, kann erst nach
Vorliegen aller Erkenntnisse, die von Seiten Deutschlands vorgelegt werden,
beurteilt werden.
Dies wird unter anderem auch im Rahmen der Arbeitsgruppensitzungen
“Rückstände" mit der
Kommission
zu besprechen sein.
Es ist aber
hinzuweisen, dass schon im Rahmen des Überwachungsplanes zum Beispiel auf
chlorierte
organische Schädlingsbekämpfungsmittel untersucht wird, deren
Anwendung
verboten
ist (zum Beispiel DDT).
Das Rückstandsüberwachungsprogramm ist ein flexibles Programm, das, wie bereits
dargestellt, ständig evaluiert wird. So muss auch der Plan der Kommission alljährlich mit den
entsprechenden Erläuterungen hinsichtlich der Entwicklungen der Rückstandssituation erneut
vorgelegt werden. Den Erkenntnissen des vorangegangenen Jahres ist jedenfalls Rechnung zu
tragen.
Daher ist es auch nicht zielführend, bei der Rückstandskontrolle die Untersuchung nur auf
zugelassene Substanzen zu beschränken.
Fragen 24 und 25:
Im
Innergemeinschaftlichen Handel wird Geflügelfleisch im Rahmen der
Kontroll-
untersuchung
wie österreichisches Fleisch untersucht.
Darüber
hinausgehende Untersuchungen wären diskriminierend und sind daher
unzulässig.
Die
Einfuhr- und Binnenmarktverordnung schreibt vor, dass die Ankunft von Sendungen
aus
anderen
Mitgliedstaaten der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden sind. Der
Amtstierarzt
oder der
Fleischuntersuchungstierarzt führt entsprechende Stichproben durch.
Frage 26:
Auf Grund der genauen
Prozesskontrolle in der biologischen Landwirtschaft ist eine
Erhöhung
der Kontrollintensität nicht vorrangig notwendig.
Frage 27 und 28:
Mein Ressort hat im Zuge des Rückstandskontrollprogramms Tierkörper anläßlich der
Schlachtung auf Pestizid-Rückstände wie organische Chlorverbindungen und seit 2000 auch
organische Phosphorverbindungen untersucht.
Ergebnisse liegen in Tabellenform bei. Daraus sind die Tierarten, die untersuchten
Substanzen, die Anzahl der Proben und die Ergebnisse ersichtlich.
Folgende Proben wurden im angesprochenen Zeitraum untersucht:
1999
Substanzen: Dieldrin, Aldrin, pp-DDE, pp-DDD, op-DDT, pp-DDT, Endrin, ß-Hepta-
chlorepoxid, Hexachlorbenzol, a-Hexachlorcyclohexan, ß-Hexachlorcyclohexan g-
Hexachlorcyclohexan-Lindan

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Gesetzliche Grenzwerte: |
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Schädlingsbekämpfungsmittel Höchstwerteverordnung 1995,idgF:
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Rückstandsdefinition:
pflanzliche
Summe aus p,p'-DDT, o,p'-DDT, p,p'- DDE und p,p'-TDE (DDD), berechnet als DDT
1
mg/kg Gewürze, Kakaokeme, 0,2 mg/kg Tee 0,05 mg/kg
sonstige Lebensmittel |
Der
gesetzliche Grenzwert wurde in keiner der untersuchten Proben
überschritten.
Maßnahmen waren daher auch nicht erforderlich.
Auf Grund des
umfangreich vorliegenden Datenmaterials sind die Rückstände von DDT
in
Lebensmitteln als ein nur geringes Risiko für die
Ernährungssicherheit einzustufen.
Fragen 36 und 37):
Nein ; eine zusätzliche Schwerpunktaktion ist auf Grund der Datenlage und des Umfangs der
jährlich untersuchten Proben nicht notwendig.
Frage 38):
Ein Thema ,das im
Interesse der Öffentlichkeit steht, kann kein “Pseudothema"
sein.
Berechtigten
aber auch forcierten Befürchtungen der Verbraucher oder einzelner
Interessensvertretungen ist durch eine objektive Information über das
Thema zu erwidern.
Durch diese Informationen soll der Einzelne selbst entscheiden können ob
ein Thema oder ein
Pseudothema besteht. Im übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Fragen
29 bis 35 zu
DDT.
Frage 39):
Beschwichtigungsversuche
in diesen beiden Fällen sind für den heimischen Konsumenten
nicht
hilfreich. Die im Internet seitens der Agentur verfügbar gemachten
Informationen
bezüglich
Nitrofen und DDT stellen jedoch mit Sicherheit keine Beschwichtigungsversuche
dar,
sondern bieten eine ausführliche, transparente und objektive Information
über die Stoffe
selbst,
deren Eigenschaften, Anwendungsgebiete, Risken und über die Untersuchungen
von
Lebensmitteln
auf diese Rückstände. Diese Informationen sprechen für sich und
bedürfen
auch
keiner Beschwichtigungsversuche, um den Verbraucher von der Sicherheit der in
Österreich
in Verkehr befindlichen Lebensmittel zu überzeugen.