4025/AB XXI.GP

Eingelangt am: 13.08.2002

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4028/J-NR/2002 betreffend die Vergabe des Auftrages
für den Um- und Neubau des Linzer Hauptbahnhofes, die die Abgeordneten Achatz und Kolleginnen
am 13. Juni 2002 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Grundsätzlich muss vorweg festgestellt werden, dass die Österreichischen Bundesbahnen seit
Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes 1992 ein eigenständiges Unternehmen mit eigener
Rechtspersönlichkeit sind, welches seine Geschäfte nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit,
Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit eigenverantwortlich zu tätigen hat. Mit der Prüfung der
Einhaltung dieser Grundsätze ist die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft m.b.H.
betraut, die ex lege die Mittelverwendungskontrolle unter anderem bei den Österreichischen
Bundesbahnen zu vollziehen hat. Aufgrund dieser gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen
wurden sowohl die österreichischen Bundesbahnen als auch die Schieneninfrastruktur-
finanzierungsgesellschaft m.b.H. seitens des bmvit mit der gegenständlichen parlamentarischen
Anfrage befasst und um Beantwortung der selbigen ersucht.

Fragen 1 und 2:

Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass die ÖBB das Nicht-Vorliegen eines Denkmalschutzes für
den alten Bahnhof Linz erst nach Durchführung der Ausschreibung des Bahnhofneubaus haben
feststellen lassen?

Liegt darin nicht eine Nachlässigkeit des damaligen Vorstandes der ÖBB, der trotz der offenen
Frage des Denkmalschutzes eine Ausschreibung hat durchführen lassen, deren Resultate dann
auf falschen Voraussetzungen beruhten - nämlich auf der irrigen Annahme eines aufrechten
Denkmalschutzes für das alte Bahnhofsgebäude?

Antwort:

In Beantwortung dieser Fragen stellen die Österreichischen Bundesbahnen folgendes fest:

Im Juli 1997 wurde auf Initiative der Stadt Linz, der Raiffeisenlandesbank OÖ und der ÖBB ein
städtebaulicher Ideenwettbewerb für das gesamte Areal rund um den Hauptbahnhof Linz
durchgeführt. Auf dessen Grundlage wurden die Größenordnung, die Bebauungsdichte und die


Baumassen für alle geplanten Objekte festgelegt. Das Schwergewicht lag in der Planung eines
neuen Landesdienstleistungszentrums für das Land OÖ unter Einbeziehung des vorhandenen
Bahnhofes. Das Projekt sah vor, das vorhandene alte Bahnhofsgebäude zum Großteil zu erhalten
und mit einem modernen Vorbau in Richtung Vorplatz zu ergänzen. Die vorhandene Struktur der
Gänge und die Lage der Abfahrtshalle sollten unverändert bleiben. Die Erhaltung des alten
Hauptbahnhofes war keine Frage des Denkmalschutzes, sondern eine Vorgabe aus der
Ausschreibung.

Erst im Juli 1999, zu einem Zeitpunkt, als die Finanzierung einer Modernisierung des Haupt-
bahnhofes aus dem Topf "Bahnhofsoffensive" spruchreif wurde, ergab eine Plausibilitätsprüfung
der Vorentwurfsplanung, dass eine Optimierung des Projektes aus technischer und wirtschaftlicher
Sicht sinnvoll wäre, um die Höhe der Investitionsmittel einhalten zu können. Zu diesem Zeitpunkt
wurde klar, dass ein Adaptieren der vorhandenen Bausubstanz ohne wesentliche Verbesserungen
für den Kunden nicht sinnvoll erscheint. Daher wurde der Bau einer zentralen Bahnhofshalle auf
Niveau der Zugänge zu den Bahnsteigen (also im 1. Untergeschoss) angedacht. Die Realisierung
dieses Vorhabens hätte dieses Investitionsvolumen wesentlich erhöht, zumal das Aushöhlen des
bestehenden Bahnhofes technisch besonders anspruchsvoll und kostenintensiv geworden wäre,
denn der Bahnhof wurde nach dem zweiten Weltkrieg nur auf Schutt und möglichen
Fliegerbomben errichtet.

Die ÖBB beschlossen daher, die billigere Variante zu realisieren und zwar den Hauptbahnhof neu
zu bauen.

Frage 3:

Wie beurteilen Sie den Umstand, dass nach Feststehen der Tatsache des Nicht-Denkmalschutzes
für das Objekt die ÖBB die Ausschreibungsteilnehmer zunächst um eine Umarbeitung ihrer
Projektentwürfe im Sinne einer nicht mehr notwendigen Berücksichtigung des Altbaus ersucht
haben um dann nach Vorliegen der Überarbeitungen trotz eindeutiger Empfehlungen im
Vorprüfbericht vom 9.12.1999 im Rahmen des "Strukturkonzepts Architektur" der ÖBB mit einer
Reihung

1. Platz Projekt Neumann futuristisch

2. Platz Projekt Neumann konservativ

3. Platz Projekt Holzbauer

dem Drittgereihten den Zuschlag erteilten?

Antwort:

In Beantwortung dieser Frage stellen die Österreichischen Bundesbahnen folgendes fest:

Die Beurteilung einer Vorprüfung ist für ein Gutachtergremium nicht bindend. Die Entscheidung
erfolgte am 10. Dezember 1999 durch ÖBB-Generaldirektor Dr. Draxler nach eingehender
Begutachtung und Präsentation des Projektes im Gestaltungsbeirat der ÖBB. Dieser sprach die
Empfehlung aus, das Projekt des Architekten Holzbauer weiter zu betreiben. Dieses Projekt wurde
den weiteren Planungen sowie den Verhandlungen mit der Stadt Linz und den anderen Projekt-
beteiligten zugrundegelegt.


Frage 4:

Wie beurteilen sie die Tatsache, dass die Firma Neumann als Gewinner der ersten Ausschreibung
sowie als Erst- und Zweitgereihte der Überarbeitung nach Feststehen des Nicht-Denkmalschutzes
aufgrund der bereits geleisteten Vorarbeiten eine Abstandszahlung erhalten hat, die wohl aus
Mitteln der ÖBB gekommen sein muss, was das Verkehrsministerium als Eigentümer der ÖBB zu
vertreten hatte?

Antwort:

In Beantwortung dieser Frage stellt die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft m.b.H.
folgendes fest:

Bei den Architektenleistungen ist es zu einem verlorenen Aufwand gekommen, der von den
Österreichischen Bundesbahnen in der Höhe von Euro 0,44 Mio anerkannt worden ist.

Die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft m.b.H. hat diesen Betrag von den
Österreichischen Bundesbahnen eingefordert. Seitens der Österreichischen Bundesbahnen wurde
dazu gegenüber der Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft erklärt, dass die betroffene
Abfindungszahlung an die Architekten Neumann/Steiner/Kaufmann aus dem Buchungskreis
Infrastruktur storniert und in den Buchungskreislauf Absatz übertragen worden ist.

Frage 5:

Wie hoch war die damalige Abstandszahlung an Architekten Neumann, die von den ÖBB in
fahrlässiger Weise durch den Architektenwechsel provoziert wurde?

Antwort:

In Beantwortung dieser Frage stellen die Österreichischen Bundesbahnen folgendes fest:

Nachdem eine weitere Beteiligung der Büros Neumann/Steiner am Bahnhofsprojekt nicht zustande
kam, wurde die Auflösung des Vertrages mit der Architekten-ARGE Neumann/Steiner/Kaufmann
betrieben.

Die Verhandlungen führten schlussendlich zum Ergebnis, dass für die bereits zugeschlagenen
Architektenleistungen in der Höhe von 1,23 Mio Euro und die optionierte Beauftragung der ÖBA-
Leistungen mit ca. 0,94 Mio Euro die Architekten Neumann/Steiner/Kaufmann bei Zahlung einer
Entschädigung in der Höhe von 0,44 Mio Euro auf sämtliche weitere Forderungen aus der
ursprünglichen Beauftragung verzichten.

Die Kosten aus der Entschädigung der Architekten-ARGE Neumann/Steiner/Kaufmann in der
Höhe von 0,44 Mio Euro wurden aus dem Absatzbereich der ÖBB im Hinblick auf den Mehrerlös
aus der neugeschaffenen Verwertungsmöglichkeit für ein Bürohaus bedeckt.