4059/AB XXI.GP

Eingelangt am: 22.08.2002

Bundesminister für Finanzen

auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4095/J, vorn 4. Juli 2002,
der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Kollegen, betreffend "Gebühren-
studie", beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Zu 1. bis 9.:

Einleitend möchte ich zu Frage 28 der Anfrage Nr. 630/J (633/AB) folgendes

klarstellen:

Seinerzeit wurde vom Bundesminister für Finanzen keine Einzelstudie
hinsichtlich der Gebühren in Auftrag gegeben, sondern das IHS wurde
ersucht makroökonomische Betrachtungen über die "Schlüsselbereiche der
Budgetpolitik" anzustellen.

Ein Kapitel dieser Studie - nämlich das Kapitel 11 - befasst sich mit dem
Bereich Gebühren ("Kostenersätze als Alternative zu Steuern."). Da die


Überlegungen aus makroökonomischer Sicht erfolgten, haben sich daraus
keine konkreten Ansatzpunkte für eine Gebührenreform ergeben.

Zur gefälligen Information der anfragenden Abgeordneten lege ich meiner
Anfragebeantwortung eine Kopie des erwähnten Kapitel 11 bei.

Konkreter Auftragnehmer war das IHS. Die Vergabe erfolgte gemäß Punkt
4.2.2.3. der ÖNORM A 2050 im sogenannten "Nicht offenen Verfahren." Das
vertraglich vereinbarte und tatsächlich ausbezahlte Entgelt für die gesamte
Studie betrug 58.138,27 € und wurde nach der Fertigstellung der Studie im
September 2000 ausbezahlt.

Zu 10.:

Am 13. März 2001 hat der Ministerrat meine Punktation, betreffend die
Reform der Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben, zustimmend
zur Kenntnis genommen.

In dieser Punktation habe ich Folgendes angeführt:

"An Stelle der bisherigen unübersichtlichen gebührenpflichtigen Tatbestände
(Eingabengebühr, Beilagengebühr, Bundesverwaltungsabgaben) soll ein
taxativer Katalog aller gebührenpflichtigen Verwaltungshandlungen treten.
Die genauen Kosten jedes gebührenpflichtigen Verwaltungsaktes sollen für
den Bürger aus diesem Katalog ersichtlich sein. Um die bisher bestehenden
Doppelgleisigkeiten zu beseitigen, könnten die Gebühren für Schriften, die in
der unmittelbaren und mittelbaren Bundesverwaltung anfallen, auf die für
behördliche Erledigungen zu entrichtenden Bundesverwaltungsabgaben
aufgeschlagen werden. Dies erfordert einerseits eine Durchforstung bzw.
Überarbeitung der Bundesverwaltungsabgabenverordnung, die mehr als 450
(vielfach untergliederte) Tarifposten enthält, die zudem teilweise veraltete
Gesetzesbestimmungen zitiert, und andererseits, dass bei jeder einzelnen
Bestimmung der durchschnittlich anfallende Gebührenbetrag ermittelt wird,


damit dieser aufgeschlagen werden kann (eine generelle Erhöhung um einen
bestimmten Betrag oder Prozentsatz kann nicht in Betracht kommen, weil
etwa im Bereich der Zulassung von Arzneimittel bisher Beilagengebühren
von etwa S 50.000.- zu entrichten sind, während in anderen Verfahren
Beilagengebühren von lediglich S 50.- anfallen können). Im Zuge der
Neugestaltung des Tarifs der Bundesverwaltungsabgabenverordnung sollte
dieser darüber hinaus gestrafft werden, indem z. B. vermehrt
Generaltatbestände für die jeweiligen Materiengesetze geschaffen werden.

Nicht erfasst bzw. abgabenfrei blieben Schriften, die zu keiner behördlichen
Erledigung bzw. zu einer nicht der Bundesverwaltungsabgabe unter-
liegenden Erledigung führen sowie Schriften, die von Privatpersonen ausge-
stellt werden (z.B. Vollmachten, Zeugnisse).

Eine derartige Reformmaßnahme erfordert aber unbedingt die Mitwirkung
aller Ressorts sowie der Länder und Gemeinden. Dies deshalb, weil der
Umfang der Schriftengebühren, die bei behördlichen Erledigungen anfallen,
nur von der für die Sachmaterie zuständigen Behörde beurteilt werden
kann. Überdies ist es nur diesen Behörden möglich, Vorschläge für die
Anpassung der Bundesverwaltungsabgabenverordnung an geänderte
Sachmaterie zu erstellen. Im Hinblick darauf, dass die Bundesverwaltungs-
abgabenverordnung eine Verordnung der Bundesregierung ist, besteht eine
gemeinsam Verantwortung aller Ressorts für diesen Rechtsbereich.

Da die Bundesverwaltungsabgaben nur in Angelegenheiten der Bundes-
verwaltung zu entrichten sind, entfällt für den Bund das Aufkommen aus
den vor den Landes- oder Gemeindeverwaltungsbehörden zu entrichtenden
Schriftengebühren. Eine konsequente Umsetzung des dargestellten Konzepts
soll zur Folge haben, dass die Landes- und Gemeindeverwaltungsabgaben
ebenfalls die Schriftgebühren betraglich miteinbeziehen. Der Bund würde
den bei ihm eintretenden Entfall an Schriftgebühren im Bereich der Landes-


und Gemeindeverwaltung im Wege des Finanzausgleiches berücksichtigen.
Bei betraglichem Einbeziehen in die Landes- und Gemeindeverwaltungs-
abgaben ergäbe sich für Länder und Gemeinden kein Aufkommensentfall.
Überdies würde dabei eine gleichmäßige Gebührenbelastung behördlicher
Erledigungen erreicht und damit keine Änderung der Belastung für den
Bürger eintreten.

Die angestrebte Reform soll mit 1.1.2002 in Kraft treten. Die Mitglieder der
Bundesregierung werden daher dem Bundesminister für Finanzen bis
15.9.2001 je einen Ressortentwurf eines Tarifs zur Bundes-
verwaltungsabgabenverordnung im Bereich der jeweiligen Sachmaterien
(einschließlich der in der mittelbaren Bundesverwaltung anfallenden
Bundesverwaltungsabgaben) im obigen Sinn unterbreiten. Der
Bundesminister für Finanzen wird mit der Landeshauptleutekonferenz, mit
dem Städtebund und dem Gemeindebund hinsichtlich des Ausmaßes der
derzeit im Bereich der Landes- und Gemeindeverwaltung anfallenden
Schriftengebühren Kontakt aufnehmen. Dieses Ausmaß wäre die Grundlage
für eine Änderung des Finanzausgleiches und für eine betragliche Einbezie-
hung der Schriftengebühren in die Landes- und
Gemeindeverwaltungsabgaben."

Dieses Reformvorhaben scheiterte im Wesentlichen am Widerstand der
Länder, sodass in Folge der Abschaffung der Stempelmarken nur eine
Änderung der Entrichtungsform erfolgen konnte.

Zu 11. und 12.:

Aus derzeitiger Sicht ist eine Gebührenerhöhung - soweit für diese die
Zuständigkeit beim Bundesministeriurn für Finanzen liegt - nicht vorge-
sehen.


11.  Kostenersätze als Alternative zu Steuern
Gerhard Lehner (WIFO)

11.1     Kostenersätze versus Steuern

Die Finanzierung öffentlicher Aufgaben (Ausgaben) erfolgt gegenwärtig großteils durch Steuern. Sie
bringen einschließlich der steuerähnlichen Einnahmen (Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenaus-
gleichsfonds, Arbeitslosenversicherungsbeitrag) rund 80% der gesamten öffentlichen Einnahmen.
(Auf die Steuern im engeren Sinne entfallen rund zwei Drittel der laufenden Einnahmen.)

Der Staat wird bisher überwiegend als Hoheitsverwaltung betrachtet und weniger als Dienstleis-
tungsunternehmen. Das spiegelt sich auch in der Finanzierung. Die Finanzierung durch Steuern
beruht großteils auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip (Blankart, 1991). Jeder (Staatsbürger) soll nach
seiner (wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der öffentlichen Ausgaben beitragen. Es
besteht dadurch jedoch kein Zusammenhang mit der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen
(Novvorny, 1991). Das lässt sich auch aus der Definition der Steuern erkennen, nach der Steuern
"Zwangsabgaben ohne Anspruch auf Gegenleistung darstellen" (Neumark, 1970). Das heißt, mit
der Bezahlung der Steuern wird kein Anspruch auf eine (öffentliche) Gegenleistung erworben.

Der fehlende Zusammenhang zwischen Inanspruchnahme und Finanzierung öffentlicher Leistungen
führt häufig zu einer "Fiskalillusion" (Zimmermann -Henke, 1982; Blankart, 1991). Dieses Phäno-
men, das bereits zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in der Literatur ausführlich beschrieben
wurde (Puviani, l 960) führt dazu, dass die Illusion entsteht, die Nutzung öffentlicher Leistungen sei
kostenlos, weil der Zusammenhang mit der Finanzierung fehlt. Möglicherweise ist die Fiskalillusion
auch der Grund dafür, weshalb sich Kürzungen von öffentlichen Ausgaben (Leistungen) oft schwe-
rer durchsetzen lassen als Einnahmenerhöhungen.

Daraus folgt, dass öffentliche Leistungen häufig in größerem Ausmaß beansprucht (nochgefragt)
werden, als es ohne Fiskalillusion der Fall wäre. Abweichungen zwischen Aufgabenerfüllung und
Finanzierung können zu einer verstärkten Nachfrage nach öffentlichen Leistungen und damit auch
zu höheren Ausgaben führen, als bei einem engeren Zusammenhang zwischen Ausgaben und ihrer
Finanzierung. Eine zu hohe Nachfrage kann jedoch Wohlfahrtseinbussen bewirken (Stiglilz -
Schönfe/der, 1996).

Die neuen Tendenzen, die den Staat immer stärker (zumindest in der Erstellung der Leistungen) als
Diensileistungsunternehmen betrachten (New Public Management) werden auch eine geänderte
Finanzierung der Leistungen bewirken (ßuc/äus, 1998; Suschor, 1996). Wenn die öffentlichen
Leistungen als Dienstleistung angesehen werden, dann ist es auch sinnvoll, sie stärker durch Koste-
nersätze (Preise) zu finanzieren, um einen unmittelbareren Zusammenhang zwischen Aufgabener-


Stellung und ihrer Finanzierung herzustellen. Eine Verlagerung der Finanzierung zu Kostenersätzen
würde ferner bedeuten, dass die Entscheidungen über die Nachfrage stärker individuell getroffen
werden und weniger kollektiv wie bei den Steuern.

Es wäre damit auch der Vorteil verbunden, dass die Fiskalillusionen abgebaut werden. Eine Um-
schichtung in der Finanzierung von Steuern zu Kostenersätzen ist hier unter zwei Gesichtspunkten
zu diskutieren.

Erstens, bewirken diese Umstellungen in der Finanzierung Einsparungseffekte bei den Ausgaben
und welche Voraussetzungen sind dafür notwendig?

Zweitens, erhöhen die Umstellungen in der Finanzierung den Spielraum für die (künftige) Steuerpo-
litik?

Ausgabeneinsparungen könnten vor allem aus zwei Gründen entstehen:

Erstens, ist zu erwarten, dass durch den verstärkten Einsatz von Kostenersätzen die Nachfrage nach
öffentlichen Leistungen besser an den tatsächlichen Bedarf angepasst wird, dass Leistungen nicht
nachgefragt werden, die eigentlich nicht benötigt werden bzw. nicht im bisherigen Ausmaß.

Zweitens brächte der vermehrte Einsatz von Kostenersätzen eine stärkere Verankerung des
Preis/Leistungsverhältnisses und eine gewisse Verlagerung vom Leistungsfähigkeitsprinzip zum
Äquivalenzprinzip in der Finanzierung öffentlicher Leistungen. Gegen das Äquivalenzprinzip werden
in der Literatur häufig verteilungspolitische Einwände erhoben (Nowotny, l 991). Diesem Einwand
steht jedoch entgegen, dass (vielfach) öffentliche Leistungen von Beziehern höherer Einkommen
überdurchschnittlich genutzt werden (Guger, 1996). Dadurch entsteht eine Art "Quersubventionie-
rung", die die effektive Verteilungswirkung schwächt. Kostenersätze könnten diese Probleme verrin-
gern.

Ferner entstünde in der Öffentlichkeit durch die Kostenersätze ein stärkerer Druck nach mehr Effi-
zienz in der Erstellung der Leistungen, weil davon auch die Höhe der Kostenersätze (mitbestimmt
wird. Je kostengünstiger (ausgabensparender) die Leistungen erstellt werden, desto geringer kön-
nen die Kostenersätze sein. Das könnte einen dämpfenden Effekt auf die Ausgabenentwicklung
ausüben.

Die Abgaben(steuer)quote wird vielfach als ein wichtiger Indikator im internationalen Standortwett-
bewerb herangezogen. Eine Umschichtung in der Finanzierung könnte dazu beitragen, diese
Quote zu senken.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Kostenersätze im Vergleich zur Steuerfinanzierung den Ent-
scheidungsspielraum für die privaten Haushalte und Unternehmungen tendenziell vergrößern.
Steuern als Zwangsabgaben sind zu entrichten, wenn der Tatbestand verwirklicht ist, an den die
Besteuerung anknüpft (Einkommenserzielung, Konsum etc.). Es besteht, wie erwähnt, kein Zusam-
menhang mit der öffentlichen Leistung. Bei den Kostenersätzen kann der Einzelne (vielfach) ent-


scheiden, ob und in welchem Ausmaß er Leistungen beansprucht und damit auch die Höhe der
Kostenersätze, die er zu zahlen hat, bestimmen.

Es geht bei einer verstärkten Finanzierung durch Kostenersätze längerfristig nicht darum, zusätzliche
Einnahmen für den Staat zu erzielen, sondern um mehr Spielraum für die Steuerpolitik. Das heißt,
es geht Jängerfristig um eine Substitution in der Finanzierung öffentlicher Leistungen (durch
Kostenersätze anstelle von Steuern). Das schließt nicht aus, dass kurzfristig zur Budgetkonsolidie-
rung mehr Kostenersätze als zusätzliche Einnahmen herangezogen werden (können), als Ersatz für
höhere Steuern.

Der einzelne Nutzer von öffentlichen Leistungen soll also nicht stärker belostet werden (mit Steuern
einerseits und zusätzlichen Kostenersätzen andererseits), sondern es geht um eine Umschichtung.
Das bedeutet, dass längerfristig der Spielraum für die Steuerpolitik (für strukturelle Maßnahmen in
der Steuerpolitik) größer wird.

Die Steuerfinanzierung hat den Nachteil (bringt das Problem), dass sie möglicherweise häufig zu
unerwünschten Quersubventionen führt bzw. dass es zu einer Modifikation in der effektiven Vertei-
lung kommt. In der Steuerfinanzierung gewinnen jene, die öffentliche Leistungen überproportional
nutzen (solange sie kostenlos sind). Sie holen sich einen Teil der Steuerleistung durch eine ver-
stärkte Nutzung öffentlicher Leistungen wieder zurück. Aus einer Verteilungsstudie des WIFO geht
hervor, dass in einigen öffentlichen Leistungen die Bezieher höherer Einkommen eine überdurch-
schnittlich hohe Nutzung von Gütern aufweisen.

11.2     Voraussetzungen für Kostenersätze

Die Einführung (stärkere Betonung) der Kostenersätze ist allerdings mit einigen Anforderungen ver-
knüpft.

•     Erstens, Anwendbarkeit des Ausschlussprinzips.

•     Zweitens, Einführung von Kostenrechnungen, um die Höhe der Kostenersätze transparent zu
machen und zu begründen.

11.2. l    Ausschlussprinzip

Das (Nicht)Ausschlussprinzip wird neben der Nicht Rivalität in der Literatur als Unterscheidungs-
merkmal zwischen öffentlichen und privaten Gütern herangezogen (Z/mmermann-HenJce, l 982;
Blankart, 1991). Das Nicht Ausschlussprinzip besagt, dass es entweder technisch nicht möglich
oder aus ökonomischen (und politischen) Gründen (wegen des Verlustes an positiven externen Ef-
fekten) nicht zweckmäßig wäre, Personen von der Nutzung der (öffentlichen) Leistung über Preise
auszuschließen. Das Nicht Rivalitätsprinzip hängt zwar mit dem Nicht Ausschlussprinzip zusammen,
allerdings gibt es Leistungen (ß/ankarf, 1991; Nowofny, 1991), für die zwar das Nicht Rivalitäts-


prinzip (bis zur Kapazitätsgrenze) gilt, aber dennoch das Ausschlussprinzip angewendet wird (Sport-
veranstaltungen, Theater, aber auch Schulen, etc.).

Jedenfalls sind eine Reihe von öffentlichen Leistungen für Kostenersätze ungeeignet. Das gilt neben
der äußeren Sicherheit (Landesverteidigung) großteils auch für die innere Sicherheit und Leistungen
des Außenamtes. Allerdings sind in der inneren Sicherheit spezielle Aufgaben von Poli-
zei/Gendarmerie für Kostenersätze durchaus geeignet (z. B. die Sicherheitsaufgaben bei Sportver-
anstaltungen). Es wurde auch bereits versucht, im Rahmen der Verkehrssicherheit Kostenersätze
einzuheben, wenn Polizei/Gendarmerie zu Unfällen mit ausschließlichem Sachschaden gerufen
werden.

Schließlich lassen sich auch im Bereiche der allgemeinen Verwaltung Kostenersätze festlegen. Die
Besonderheiten der öffentlichen Leistungen schränken die Anwendung der Kostenersätze zwar ein,
dennoch ergibt sich ein weiter Anwendungsbereich. Im Vergleich zu früher haben sich außerdem
die Anwendungsmöglichkeiten nunmehr durch technische Maßnahmen deutlich erweitert (etwa im
Bereich der Straßen durch das Road Pricing).

11.2.2    Die Kostenrechnung a/s Grundlage für Kostenersätze

Der zweite wichtige Aspekt im Zusammenhang mit den Kostenersätzen ist die Einführung einer
Kostenrechnung. Sie ist zwar keine unabdingbare Voraussetzung, aber längerfristig ist es zweckmä-
ßig, dass sich die Kostenersätze auf eine Kostenrechnung stützen. Sie hat zwei Aufgaben:

•     Erstens, ist sie notwendig, um die Höhe der (möglichen) Kostenersätze festzulegen und sie für
die Bevölkerung transparent zu machen.

•     Zweitens, kann die Kostenrechnung dazu beitragen, die Aufgaben effizienter zu erfüllen und
damit Ausgaben einzusparen.

Die Kostenrechnung im öffentlichen Sektor ist zunächst grundsätzlich mit ähnlichen Problemen
konfrontiert wie in den privaten Unternehmungen. Dort müssen die Daten aus dem betrieblichen
Rechnungswesen (der Buchhaltung) entnommen und die Aufwendungen in Kosten transformiert
werden (Rechner - Egger -Schauer, 1992). Im öffentlichen Sektor werden die Daten den öffentli-
chen Haushalten (Ausgaben/Einnahmen) entnommen und die Ausgaben in Kosten umgewandelt.

In beiden Fällen bedarf es bestimmter Modifikationen. Im öffentlichen Sektor kommt noch dazu,
dass in den Ausgaben etwa Abschreibungen überhaupt nicht enthalten sind. Sie müssen daher
vollständig hinzugerechnet werden, wogegen sie im privaten Bereich bloß von den buchhalteri-
schen Abschreibungen in kalkulatorische modifiziert werden müssen. Durch die unterschiedliche
Nutzungs(Lebens)dauer und durch die abweichenden Abschreibungsbasen (die buchhalterische
Abschreibung beruht auf den Anschaffungs- und Herstellungskosten, die kalkulatorische Abschrei-
bung auf den Wiederbeschaffungskosten) entstehen zwischen Buchhaltung und Kostenrechnung


erhebliche Unterschiede. Das gilt verstärkt für Kostenrechnungen im öffentlichen Sektor.  Ebenso
müssen die Zinsen entsprechend modifiziert werden.

Das öffentliche Rechnungswesen, das in der Gliederung (Zuordnung) der Ausgaben weitgehend
dem früheren österreichischen Einheitskontenrahmen nachgebildet ist und damit- zumindest früher
- hohe Übereinstimmung mit dem betrieblichen Rechnungswesen aufwies, erlaubt es grundsätzlich,
die Zuordnung der Ausgaben (in den öffentlichen Hausholten) mit den betrieblichen Aufwendun-
gen gleich zu setzen. Die Personalausgaben und die laufenden Sochausgaben für die Käufe von
Gütern und Leistungen des Staates müssen allerdings in Kosten transformiert werden.

Natürlich bestehen einige Besonderheiten im öffentlichen Sektor, etwa dass im öffentlichen Perso-
nalaufwand (für die pragmatisierten Bediensteten) eine Reihe von Kosten nicht anfällt, wie etwa
Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung, Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichs-
fonds, Kommunalsteuer etc.

Es wird daher für die Vergleichbarkeit der Personalkosten notwendig sein, wie auch in der Volks-
wirtschaftlichen Gesamtrechnung üblich, Imputationen vorzunehmen. Es stellt sich jedoch grund-
sätzlich die Frage, wie die Pensionszahlungen der Beamten in eine solche Kostenrechnung einzu-
binden sind. Jedenfalls muss sichergestellt werden, dass vom Konzept her in der Ermittlung der Per-
sonalkosten keine Abweichungen zwischen Beamten und Vertragsbediensteten, aber auch zwischen
dem öffentlichen und dem privaten Sektor entstehen.

Ein schwieriger Faktor für die Kostenrechnung im öffentlichen Bereich sind die Abschreibungen. Für
viele Investitionen (im öffentlichen Bereich mit schon sehr langer Nutzungsdauer) fehlen oft ent-
sprechende Unterlagen, um die Anschaffungs- und Herstellungskosten und auch die Nutzungs-
dauer ermitteln zu können. Man wird sich daher wahrscheinlich in vielen Fällen mit groben An-
nahmen und Imputationen begnügen müssen. Diese Hinweise sind nicht zuletzt deshalb wichtig,
weil die Abschreibungen für die Kalkulation der Kostenersätze und der Legitimation in der Öffent-
lichkeit ein wichtiger Faktor sind.

Während die Kostenartenrechnung im öffentlichen Sektor trotz aller Unterschiede noch sehr große
Ähnlichkeit mit der betrieblichen Kostenrechnung aufweist, werden die Abweichungen bei den
Kostenstellen und insbesondere den Kostenträgern noch viel deutlicher. Kostenstellen sind im Ver-
waltungsbereich oft schwer abzugrenzen. Das hängt damit zusammen, dass sie sich in lange ge-
wachsene (hierarchische) Strukturen einfügen müssen, mit denen sie oft nicht zusammenpassen,
weil etwa Hauptkostenstellen eher am unteren Ende der Hierarchien angesiedelt sind, während die
Führungsfunktionen im öffentlichen Bereich oft als Hilfs- oder Nebenkostenstellen zu definieren
sind. Das kann insbesondere zu psychologischen Schwierigkeiten führen.

Ebenso problematisch ist die Abgrenzung der Kostenträger. Im öffentlichen Bereich ist dies sicher-
lich schwieriger als für Kostenträger im Unternehmensbereich. Die Kostenträgerrechnung ist aber


deshalb wichtig, weil sie eigentlich der wichtigste Schritt zu einer outputorientierten Betrachtung der
öffentlichen Leistungen ist.

Kostenträger sind letztlich die erbrachten Leistungen (je Einheit). Natürlich ist es oft schwierig, diese
Leistungen entsprechend klar abzugrenzen. Damit die Kosten den Kostenträgern möglichst genau
zugerechnet werden können, müssen die Träger entsprechend definiert werden. Die Trägerkosten-
rechnung ist jedoch ein entscheidender Faktor für eine aussagekräftige Kostenrechnung insgesamt.

Die Kostenrechnung erfordert, dass nicht nur die Kosten für jene Leistungen, die nach außen (für
Dritte) erbracht werden, sondern auch die internen Leistungen kalkuliert und verrechnet werden,
damit Verzerrungen vermieden werden, die sich ergeben, wenn die internen Leistungen, sofern sie
als Vorleistung angesetzt werden, unberücksichtigt bleiben (Lehner - Oberma/r, 1999).

Ein wichtiger Faktor sind die (angerechneten) Mieten. In vielen Fällen sind die Dienststellen in eige-
nen Gebäuden untergebracht (die dem Bund, den Ländern oder Gemeinden gehören). Bisher
wurden in diesen Fällen keine (angerechneten) Mieten angesetzt, weil auch keine Ausgaben anfie-
len.

Es ist jedoch aus zwei Gründen notwendig, solche angerechneten Mieten anzusetzen.

Erstens, um feststellen zu können, ob angemietete Räumlichkeiten nicht kostengünstiger wären als
eigene Gebäude. Ohne angerechnete Mieten hätten eigene Gebäude immer einen Kostenvorteil.

Zweitens, um eine sparsame Raumbewirtschaftung zu erreichen. Das hätte mehrere Vorteile, die
auch unmittelbar budgetwirksam werden könnten. Zum einen ist zu erwarten, dass mit den Räum-
lichkeiten sparsamer umgegangen wird, wodurch Räume frei werden und angemietete Räumlich-
keiten eingespart werden können. Zum anderen ist es denkbar, dass die Gebietskörperschaften
Räume, die nicht mehr benötigt werden, an Dritte vermieten, woraus sich entweder Ausgabenein-
sparungen oder zusätzliche Einnahmen ergeben könnten. Kostenrechnungen können daher auch
dazu dienen, die Raumkosten zu senken.

11.3     Kostenersätze und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung

Die Tendenz zu einer verstärkten Finanzierung öffentlicher Leistungen (Aufgaben) durch Kostener-
sätze wird durch die Regelungen im Europäischen System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrech-
nung (ESVG 1995) unterstützt. Sie sehen vor, dass eine Ausgliederung von Aktivitäten aus dem öf-
fentlichen Sektor bzw. eine Zurechnung zu marktwirtschaftlichen Leistungen nur dann zulässig ist,
wenn neben anderen Kriterien (Eigenverantwortung, Selbständigkeit, eigenes Rechnungswesen)
mindestens 50% der Aufwendungen durch marktwirtschaftlich bestimmte Entgelte gedeckt werden
(können).

Diese Bestimmung stützt nicht nur eine verstärkte Finanzierung durch Kostenersätze, sie gibt auch
gewisse Anhaltspunkte über die Höhe (Deckungsgrade) der Kostenersätze, auch für jene Aufgaben,


die nicht ausgegliedert werden (können), etwa weil sie die beiden anderen Voraussetzungen nicht
erfüllen.

Der Deckungsgrad von 50% kann daher in jedem Fall als "benchmark" dienen. Diese Grenze kann
jedoch als Untergrenze angesehen werden. Die Kostenersätze (Deckung) könnten sich daher zwi-
schen 50% und der vollen Deckung bewegen. Eine wichtige Fragestellung könnte sein, wie hoch
Kostenersätze sein müssen, um die 50%-Deckung zu erreichen und welchen Einfluss diese (höhe-
ren) Kostenersätze auf die Nachfrage nach den öffentlichen Leistungen hätten.

Das Europäische System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG l 995) bringt eine Tren-
nung des öffentlichen Konsums in (öffentliche) Konsumausgaben für den Kollektivverbrauch und
jene für den Individualverbrauch. Zum Kollektivkonsum zählen jene Dienstleistungen, die der ge-
samten Bevölkerung oder allen Angehörigen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe gleichzeitig zur
Verfügung gestellt werden. Sie umfassen daher auch mit Verteidigung, innerer Sicherheit, allge-
meiner Verwaltung und Umweltschutz jene Aufgabenbereiche, die von der Definition weitgehend
den sogenannten "reinen öffentlichen Gütern" entsprechen (Nowofny,   1991). Allerdings rechnet
das ESVG l 995 auch den Wohnungsbereich dem Kollektivkonsum zum, der wohl besser zu den
"meritorischen" Gütern gehörte.

Zum Individualverbrauch gehören jene Güter (Leistungen), die unmittelbar der Befriedigung der
Bedürfnisse der (inländischen) privaten Haushalte dienen. Dazu gehören Bildung, Gesundheit, so-
ziale Sicherheit, Freizeiteinrichtungen.

Für Kostenersätze eignet sich der Individualverbrauch sicher besser als der Kollektiwerbrauch, bei
dem Kostenersätze nur sehr beschränkt möglich sein werden.

Für eine erste Abschätzung der Potentiale für Kostenersätze bietet sich daher ein grober Vergleich
zwischen Kollektiv- und Individualkonsum sowohl international als auch zwischen den österreichi-
schen Gebietskörperschoffen an.

Abbildung l:       Struktur der Konsumausgaben des Staates

In allen EU-Staaten ist der Individualverbrauch höher als der Kollektivkonsum. Die Anteile weichen
jedoch zwischen den einzelnen Ländern erheblich voneinander ab (Abbildung l). In Österreich
entfielen l 998 62% des öffentlichen Konsums auf den Individualverbrauch. Damit liegt Österreich
über dem EU-Durchschnitt. Das lässt sich vor allem mit dem geringen Anteil der Landesverteidi-
gung erklären.

Abbildung 2:       Anteil des Individualverbrauchs am Bruttoinlandsprodukt

Gemessen am (nominellen) Bruttoinlondsprodukt betrug der Individualkonsum in Österreich l 998
12,3% (Abbildung 2). Das entspricht etwa dem EU-Durchschnitt. In den skandinavischen Ländern,
Belgien und Frankreich ist der Anteil deutlich höher, in Deutschland, Italien, Großbritannien hinge-
gen geringer (Abbildung 2).



 



 


Abbildung 3:       Anteil des Individuolverbrauchs an den öffentlichen Konsumausgaben in Österreich

Ein Vergleich für Österreich zeigt, dass vor allem die Länder (einschließlich Wien) einen hohen
Anteil des Individualverbrauchs aufweisen (er liegt bei etwas mehr als 60% ihres gesamten öffentli-
chen Konsums), beim Bund betrögt er rund 40% (Abbildung 3). Langfristig blieben die Anteile recht
konstant, 1997 hat allerdings die Ausgliederung von (kommunalen) Dienstleistungen bei Wien und
den übrigen Gemeinden den Anteil sinken lassen.

1l.4     Abschätzung des Potentials für Kostenersätze

Für die Schätzung des Potentials von Kostenersätzen stehen zwei Vergleichsgrößen zur Verfügung.

Erstens, internationale Vergleiche, die sich meist an der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ori-
entieren, die Kostenersätze für marktwirtschaftliche Entgelte enthält.

Zweitens, für Osterreich die Gebarungsübersichten der Statistik Österreich, die eine detailliertere
Darstellung ermöglichen. Der Deckungsgrad von 50% wird dabei - wie erwähnt - als eine wichtige
Zielgröße unterstellt und kann als entsprechender Anknüpfungspunkt dienen.

Ein Vergleich der bisherigen Deckungsgrade lässt Hinweise auf mögliche Potentiale erkennen. Es
geht hier nur um grobe Anhaltspunkte.

Internationale Vergleiche sind spärlich, weil zwar ausreichend Daten über den öffentlichen Kon-
sum,' nicht aber über die marktwirtschaftlichen Entgelte verfügbar sind. Das dürfte mit der Umstel-
lung auf das ESVG 1995 zusammenhängen. Mitte der neunziger Jahre war die Quote der markt-
wirtschaftlichen Entgelte, gemessen am nominellen Bruttoinlandsprodukt, in Österreich mit 3,1%
deutlich geringer als in Deutschland (3,6%) oder in Frankreich (3,7%) (WIFO, 1998). Zu einem
ähnlichen Ergebnis kommt auch Kramer (l 999). Diese rudimentären internationalen Vergleiche
lassen jedoch bereits erkennen, dass in Österreich im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich
ein gewisser Spielraum bestünde. Er lässt sich mit etwa 0,5% des Bruttoinlandsprodukts bemessen.

Die im vorangegangenen Abschnitt beschriebene Aufteilung in Kollektivkonsum und Individualkon-
sum gibt ebenfalls gewisse Anhaltspunkte. Angenommen, es könnte für zwei Drittel des Individual-
verbrauchs eine Kostendeckung von (mindestens) 50% erzielt werden, ergäbe dies ein Potential für
Kostenersätze von 4% des BIP1). Das dürfte jedoch eine Untergrenze sein, weil hier keine Kostener-
sätze für den Kollektivverbrauch unterstellt sind. Gegenwärtig liegt die Quote bei knapp 3,2% des
BIP, Das würde ein Potential von etwa 0,9% des BIP oder rund 25 Mrd. S für den Gesamtstaat be-
deuten.

Einen detaillierteren Einblick bieten die Gebarungsübersichten, die von der Statistik Österreich er-
stellt werden, weil sie eine Aufgliederung nach Aufgabenbereichen und einen Vergleich zwischen

') Dieses Potential errechnet sich aus zwei Drittel von 12,3% des BIP = etwas mehr ols 8% und davon die Hälfte.



 


Bund, Ländern und Wien ermöglichen. Für die Gemeinden (ohne Wien) sind allerdings nur globale
Daten verfügbar (keine Aufgliederung nach Aufgabenbereichen).

Die Deckungsgrade weichen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nicht unerheblich vonein-
ander ab. Sie sind beim Bund geringer als bei den Ländern und Gemeinden. Das hängt aber
großteils mit den unterschiedlichen Aufgaben dieser Gebietskörperschaften zusammen.

Für die Ermittlung der Deckungsgrade wurde die Summe aus Personalausgaben und laufenden
Sachausgaben auf die Einnahmen aus Leistungen bezogen. Die Ausgaben sind (im Hinblick auf
Kosten) unterschätzt, weil sie keine Abschreibungen und auch keine Imputationen beim Personal-
aufwand enthalten. Andererseits sind die Einnahmen vermutlich etwas zu hoch. Insgesamt dürften
die im folgenden diskutierten Deckungsgrade etwas zu hoch sein und die hier diskutierten Potenti-
ale somit eine Untergrenze darstellen.

Im folgenden werden zunächst die Deckungsgrade in der Hoheitsverwaltung im engeren Sinne
(Aufgabenbereich 43) dargestellt und dann auch für die übrigen Aufgabenbereiche kurz skizziert.

Übersicht l:         Deckung laufender Ausgaben durch Kostenersätze im Aufgabenbereich "übrige
Hoheitsverwaltung"

In der Hoheitsverwaltung (im engeren Sinn) sind die Deckungsgrade recht unterschiedlich. Der
Bund deckt rund 7,5% seiner laufenden Ausgaben für die Erstellung von Leistungen durch
Kostenersätze (Übersicht 1), wobei sich in den neunziger Jahren ein deutlicher Rückgang zeigt. Bei
den Ländern (ohne Wien) liegt diese Quote bei 14,4% und in Wien bei 16,1% (Übersicht 1), für
die Gemeinden ohne Wien liegt eine entsprechende Aufgliederung nicht vor. In diesen Gebiets-
körperschaften war in den Jahren l 990/1 998 ein Anstieg der Quote zu verzeichnen.

Wenn es gelänge, einen durchschnittlichen Deckungsgrad von 25% für die Leistungen in der Ho-
heitsverwaltung zu erreichen, ergäbe sich ein zusätzliches Potential für olle Gebietskörperschaften
von 7,8 Mrd. S, wovon etwa 5,2 Mrd. S auf den Bund entfielen.

Übersicht 2:         Deckung laufender Ausgaben durch Kostenersätze

In den übrigen Aufgabenbereichen ist der Deckungsgrad teilweise höher als in der Hoheitsverwal-
tung im engeren Sinne.

Der Vergleich für alle Sektoren des Staates (einschließlich Sozialversicherung) zeigt einen durch-
schnittlichen Deckungsgrad von 21,3% (Übersicht 2). Wenn es gelänge, diesen durchschnittlichen
Deckungsgrad auf 25% anzuheben, würde das bedeuten, dass etwa 50% der öffentlichen Leistun-
gen (wie bisher) kostenlos bereitgestellt werden und die andere Hälfte mit einem Deckungsgrad
von 50%. Das ergäbe ebenfalls ein Potential von knapp 25 Mrd. S (0,8% des BIP). Dabei ist aller-
dings zu berücksichtigen, dass in der Sozialversicherung gegenwärtig der Deckungsgrad sehr ge-
ring ist.



 



 


Insgesamt zeigen sich erhebliche Abweichungen zwischen den Rechtsträgern einerseits und den
Aufgabenbereichen andererseits. Der Bund hat aufgrund seines geringen Deckungsgrades mögli-
cherweise ein höheres Potential. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass seine Aufgabenbereiche
teilweise nicht geeignet sind, Kostenersätze einzuheben (etwa Landesverteidigung). Andererseits ist
das Potential in den einzelnen Aufgabenbereichen unterschiedlich. Das zeigen etwa die unter-
schiedlichen Deckungsgrade der Leistungen im Sozialbereich, in der Gesundheit und in der Bil-
dung.

Lässt man die Aufgabenbereiche "Bildung", "Wissenschaft", "Gesundheit" sowie die "Landesverteidi-
gung" außer Betracht, steigt der Deckungsgrad insgesamt auf 30,9%. Er blieb in den neunziger
Jahren recht konstant (Übersicht 3). Das würde bedeuten, dass in diesen Aufgabenbereichen keine
Erhöhung der Kostenersätze vorgenommen wurde. Allerdings müsste in den anderen Bereichen der
Deckungsgrad auf durchschnittlich 42% angehoben werden, wenn Mehreinnahmen von 25 Mrd. S
erzielt werden sollen. Er liegt damit aber immer noch unter der "benchmark" von 50%.

Übersicht 3:         Deckung laufender Ausgaben durch Kostenersätze, bereinigt

Ein Teil der Kostenersätze stammt aus der internen Leistungserbringung, die in die Kostenersätze
einbezogen werden muss, um Verzerrungen zu vermeiden. Es wird notwendig sein, jede Aufgabe,
sowohl beim Bund als auch den Ländern und Gemeinden auf ihre Deckungsgrade zu überprüfen.
Daher wäre ein Teil der zusätzlichen Kostenersätze nicht saldenwirksam.

Es wird ferner erforderlich sein, für jede einzelne Aufgabe den gegenwärtigen Deckungsgrad zu
ermitteln. Dann ist zu fragen, ob und in welchem Ausmaß eine Anhebung möglich ist, wobei die
50% Kostendeckung als Zielgröße (Untergrenze) dienen kann.

Das Potential für die Kostenersätze wird im Grunde von drei Faktoren bestimmt (abhängen).

•     Erstens, technischen Faktoren, die von der Natur der öffentlichen Leistungen bestimmt sind.
Für jene Güter, bei denen der Nutzen nicht individuell zurechenbar ist, können keine Kostener-
sätze eingehoben werden. Es wird femer zu prüfen sein, inwieweit mit der Einführung von
Kostenersätzen administrative Schwierigkeiten verknüpft sind, die von Leistung zu Leistung ver-
schieden sein können.

•     Zweitens, politische Durchsetzbarkeit. Diese ist sicherlich bei den einzelnen Leistungen recht
unterschiedlich.

•     Drittens, inwieweit positive externe Effekte durch verstärkte Kostenersätze beeinflusst (ge-
schmälert) werden. Schließlich ist noch zu überlegen, wie vermieden wird, dass einkommens-
schwächere Personen von diesen öffentlichen Leistungen ausgeschlossen werden.

Die erste Einschränkung (technische Faktoren) ist wahrscheinlich kaum zu überwinden und macht
für einzelne Leistungen die Anwendung der Kostenersätze unmöglich oder erschwert sie zumindest



 


wesentlich. Daher wurde auch für die Abschätzung des Potentials angenommen, dass zumindest
die Hälfte der öffentlichen Leistungen wie bisher kostenlos angeboten wird.

In diesen Bereich würden alle jene Leistungen fallen, bei denen es aus technischen Gründen nicht
möglich ist, Kostenersätze einzuheben. Weiters könnten darunter auch jene Bereiche fallen, bei de-
nen es wegen hoher positiver externer Effekte oder aus politischen Gründen nicht zweckmäßig ist,
Kostenersätze einzuheben (das gilt zumindest teilweise für den Bildungsbereich).

Neben den Veränderungen auf der Einnahmenseite hätten Kostenersätze auch noch den Vorteil,
dass der Druck nach effizienter Leistungserstellung steigt. Es wird aufgrund der Kostenersätze und
des zunehmenden Druckes durch die Kostenrechnungen zu einer Überprüfung aller Ausgaben für
die Leistungserstellung kommen {Personalaufwand und laufende Sachaufwände). Wenn ange-
nommen eine Einsparung von 2% gelänge, würde das auf der Ausgabenseite eine Entlastung um
etwa 11 Mrd. S bedeuten. Kostenersätze bringen daher nicht nur Veränderungen bei den Einnah-
men, sondern sie können auch erhebliche Ausgabeneinsparungen bewirken.

11.5     Soziale Abfederung der Kostenersätze

Einen wichtigen Aspekt einer verstärkten Finanzierung von öffentlichen Leistungen durch Kostener-
sätze bildet die soziale Komponente (soziale Absicherung). Sie ist aus mehreren Gründen erforder-
lich. Zunächst verstärkt eine Finanzierung durch Kostenersätze das Ausschlussprinzip. Das bedeu-
tet, durch die Einhebung von Kostenersätzen werden einkommensschwächere Personen mögli-
cherweise von der Nutzung bestimmter öffentlicher Leistungen ausgeschlossen, weil sie die entspre-
chenden Beträge nicht aufbringen können.

Dieser Ausschluss von öffentlichen Leistungen könnte jedoch zu einem erheblichen Problem führen,
nicht zuletzt auch deshalb, weil positive externe Effekte verloren gehen können, die letztlich zu
Wohlfahrseinbußen führen. Es wird daher notwendig sein, einen Ausschluss von der Nutzung öf-
fentlicher Leistungen zu vermeiden. Das erfordert jedoch, dass einkommensschwächere Personen
einen Ausgleich erhalten müssen.

Es sind im Grunde zwei Alternativen möglich.

Erstens, es werden die Leistungen für Personen mit geringem Einkommen wie bisher kostenlos be-
reitgestellt (diese Personen sind von den Kostenersätzen befreit). Solche Möglichkeiten gibt es be-
reits jetzt etwa im Bereich des Telefons oder im Rundfunk. Diese Befreiungen sind meist an einen
Einkommensnachweis gebunden und erfordern damit einen erheblichen administrativen Aufwand.

Wenn jedoch die Kostenersätze für sehr viele Leistungen eingeführt werden, erscheint diese Vari-
ante schon aus administrativen Gründen wenig zweckmäßig. Außerdem empfiehlt sich diese Maß-
nahme auch aus psychologischen Gründen nicht.


Die zweite Möglichkeit wäre, einkommensschwachen Personen eine jährliche (globale) Transfer-
zahlung zu gewähren. Diese Zahlung könnte sich an den durchschnittlichen Kostenersätzen pro
Person orientieren. Es wäre zu diskutieren, ob die (zusätzlichen) Kostenersätze zur Gänze oder nur
teilweise abgegolten werden. Es wären ferner Einschleifregelungen zu prüfen. Das heißt, dass der
Transfer nur bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe voll gewährt wird und dann einschleifend
bis zu einer gewissen Einkommenshöhe die Abgeltung sinkt. Es müsste jedoch die Einkommens-
höhe festgelegt werden, von der natürlich auch abhängt, dass die finanziellen Effekte aus den
Kostenersätzen durch solche zusätzlichen Transfers nicht wieder großteils egalisiert werden. Im gro-
ßen und ganzen sollten diese Transfers daher eher sparsam eingesetzt werden.

11.6     Zusammenfassung

Kostenersätze sollten künftig in der Finanzierung eine stärkere Rolle spielen als bisher. Das hätte für
die Budgetpolitik zwei Effekte.

•     Erstens, es entsteht ein stärkerer Druck nach mehr Effizienz in der Erstellung öffentlicher Leis-
tungen und damit nach Ausgabeneinsparungen. Das hängt damit zusammen, dass bei den
Kostenersätzen ein engerer Konnex zur Leistung (zum Konsum der Leistung) gegeben ist als bei
einer Steuerfinanzierung.

•     Zweitens können Kostenersätze Steuern substituieren. Sie erhöhen damit den Spielraum für die
Steuerpolitik. Sie können zu einer Senkung der Steuerquote beitragen. Kurzfristig könnten zu-
sätzliche Kostenersätze auch der Konsolidierung dienen.

Das Potential für Kostenersätze lässt sich nur grob abschätzen. Die Volkswirtschaftliche Gesamt-
rechnung liefert einen wichtigen Anhaltspunkt durch die Bestimmung, dass eine Aufgabe u. a. nur
dann dem marktwirtschaftlichen Bereich zugerechnet werden darf, wenn zumindest 50% der lau-
fenden Aufwendungen für diese Aufgabe durch marktwirtschaftliche Entgelte gedeckt sind (gedeckt
werden können).

Aus den bisherigen Deckungsquoten und der Annahme, dass diese Quote von 50% für die Hälfte
der Leistungen zu erreichen wäre, lässt sich ein Potential von etwa 25 Mrd. S abschätzen (für den
gesamten öffentlichen Sektor). In den Ländern und Gemeinden ist das Potential größer als beim
Bund. Dieses Potential lässt sich nur in einem mittelfristigen Prozess ausschöpfen, stellt andererseits
vielleicht aber eine Untergrenze dar.

Ein wichtiger Aspekt für die Akzeptanz einer solchen Umschichtung in der Finanzierung öffentlicher
Leistungen ist die soziale Abfederung für einkommensschwächere Personen, weil sie nicht von der
Inanspruchnahme der öffentlichen Leistungen aufgrund der (höheren) Kostenersätze ausgeschlos-
sen werden sollen.