4074/AB XXI.GP
Eingelangt am: 29.08.2002
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier,
Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “Kosten der Justiz
(Eigen-
deckungsgrad) - Erledigung der Geschäftsfälle II" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Die Ausgaben des Justizressorts im Jahr 2001 betrugen
insgesamt 859,5 Millionen
Euro, die Einnahmen 620,3 Millionen Euro. Daraus errechnet sich eine Deckung
der
Ausgaben durch Einnahmen im Ausmaß von 72 %.
Hiezu ist anzumerken, dass bis zum Jahr 2000 der weitaus
überwiegende Teil der
Raumkosten (Errichtung, Instandhaltung, Betriebskosten) in dem entsprechenden
Ausgabenbetrag nicht enthalten war, weil die Ausgaben für bundeseigene
Gebäude
aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit getragen und
bei Kapi-
tel 64: Bauten und Technik verrechnet wurden. Durch die mit dem am
1.Jänner
2001 in Kraft getretenen BIG-Gesetz verbundenen Änderungen in der
Verrechnung
dieser Raumkosten haben sich die Ausgaben des Justizressorts dementsprechend
erhöht.
Zu 2:
Die
Kosten und Erträge einzelner "Geschäftssparten" werden in
der Haushaltsver-
rechnung nicht ausgewiesen; ihre laufende Erfassung wird erst nach
Einführung ei-
ner Kosten- und Leistungsrechnung, die im Aufbau begriffen ist, möglich
sein.
Zu 3:
Die Amtstage der Gerichte sind bundesweit (grundsätzlich und zumindest) jeden
Dienstag abzuhalten. Durch einen Ministerratsbeschluss ist
sichergestellt, dass
grundsätzlich bei allen Bundesdienststellen jedenfalls der Dienstag
vormittag als
Amtstag zur Verfügung steht.
Informationen
über die konkrete Zahl der Anfragen bzw. Vorsprachen im Jahr 2001
liegen nicht vor, doch sind über die Inanspruchnahme der Amts- und
Gerichtstage im
Rahmen des - unter Heranziehung eines Schweizer Management-Beratungs-
unternehmens durchgeführten - Projektes
"Personalanforderungsrechnung" genaue
Erhebungen durchgeführt worden. Dabei erfolgten Auswertungen darüber,
inwieweit
die Amts- und Gerichtstage in laufenden Gerichtsverfahren sowie außerhalb
von an-
hängigen Verfahren in Anspruch genommen wurden. Dabei hat sich gezeigt,
dass
durch die Amtstagstätigkeit außerhalb von anhängigen
Gerichtsverfahren jährlich
folgende Arbeitskapazitäten in Anspruch genommen werden:
|
|
Richter/innen
|
Rechtspfleger/innen
|
|
|
Landesgerichte
|
Amtstage
|
1,71
|
2,29
|
|
Bezirksgerichte
|
Amtstage
|
28,02
|
22,14
|
Alle Angaben beziehen sich auf Vollzeitkräfte. Die
Gerichtstage werden ausschließ-
lich von Richtern bzw. Richterinnen wahrgenommen. Die Inanspruchnahmen bei Ge-
richtstagen enthalten auch die Reisezeiten.
Zu 4. 5 und 6:
Das von mir seinerzeit in Auftrag gegebene, von der unter
anderem für Angelegen-
heiten der Verwaltungsreform zuständigen Präsidialsektion ausgearbeitete
Konzept
zur Neuordnung der österreichischen Gerichtsorganisation wurde unter dem
Aspekt
einer ausgewogenen, qualitativ hochstehenden Rechtsversorgung und einer optima-
len, leistungsstarken mittleren Gerichtsgröße erstellt. Dieses
Konzept hat insbeson-
dere vorgesehen, dass die derzeit bestehenden vier Organisationsebenen auf drei
vermindert werden. Dabei sollten die 192 Bezirksgerichte und die 21
Landesgerichte
zu 64 Regionalgerichten zusammengefasst werden. Die Regionalgerichte sollten
für
sämtliche erstinstanzliche Aufgaben der Gericht zuständig sein. Dies
hätte eine De-
zentralisierung erstinstanzlicher Zuständigkeiten der Landesgerichte
bedeutet. Ins-
besondere wären damit sämtliche Zivilsachen
unabhängig vom Streitwert und sämt-
liche Arbeits- und Sozialrechtssachen bei diesen Regionalgerichten im
örtlichen
Nahbereich der rechtschutzsuchenden Bevölkerung und nicht mehr zentral in
größe-
ren Städten angesiedelt gewesen.
Bei meinen Bemühungen zur Herstellung einer zeitgemäßen
Gerichtsorganisation
auf Bezirksgerichtsebene konnten mittlerweile bereits weitreichende Erfolge und
Ei-
nigungen erzielt werden. Für die Bundesländer Niederösterreich
und Steiermark
(BGBI. II Nr. 81 und 82/2002 idF BGBI. II Nr. 190/2002), Tirol (BGBI. II Nr. 240/2002)
und Salzburg (BGBI. II
Nr. 287/2002) wurden bereits
mit Zustimmung der jeweiligen
Landesregierung entsprechende Verordnungen der Bundesregierung erlassen. Die
Zusammenlegungen in den Bundesländern Niederösterreich, Steiermark
und Tirol
wurden - mit Ausnahme von zwei Bezirksgerichten, für die ein späteres
Inkrafttreten
vorgesehen ist - mit 1. Juli 2002 bereits friktionsfrei umgesetzt.
Diesen Einigungen liegt das Grundkonzept zu Grunde, dass
Bezirksgerichte nach
der Reform - allenfalls nach Aufnahme eines anderen Bezirksgerichtes -
zumindest
zwei Richter mit Rechtsprechungsaufgaben auslasten sollen.
Zu 7:
Der
erzielbare Veräußerungswert der einzelnen für
Gerichtsgebäude genutzten Lie-
genschaften ist dem Bundesministerium für Justiz nicht bekannt und
für eine Beurtei-
lung der budgetären Auswirkungen der Auflassung von Standorten auch nicht
erfor-
derlich, da seit dem Jahr 2001 das Justizressort bei allen in Betracht
kommenden
Liegenschaften Mieter ist. Die Einsparungen liegen in einem Entfall der an die
Bun-
desimmobiliengesellschaft oder an Dritte zu entrichtenden Miete.
Zu 8:
Bislang wurde die Auflassung von 35 Standorten mit den
zuständigen Landesregie-
rungen vereinbart. Wir gehen davon aus, dass in Hinkunft ein Sparpotenzial von
rund 80.000 Euro pro aufgelassenem Standort realisierbar ist. Die
endgültige Anzahl
der verbleibenden Bezirksgerichte hängt vom weiteren Verlauf der
Verhandlungen
mit den Landesregierungen ab.
Zu 9:
Das Betriebliche Informationssystem der Justiz (BlS-Justiz)
ist seit mehr als 25 Jah-
ren auf allen Gerichtsebenen verwirklicht. Durch die Einführung eines
neuen ADV-
Systems zur Bearbeitung der Akten liegen derzeit noch nicht für alle
Geschäftsgat-
tungen jahresbezogene Anfallszahlen im neuen System vor. Daher erfolgte vor
kur-
zem die Herausgabe eines provisorischen BlS-Justiz für das Jahr 2001.
Zu 10:
Durch die flächendeckende Erfassung aller Ebenen der
Gerichtsbarkeit durch das
Betriebliche Informationssystem steht in Verbindung mit den anderen
IT-gestützten
Informationssystemen (Personalinformationssystem, Personalanforderungsrech-
nung) ein modernes und leistungsfähiges System zur Information leitender
Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter zur Verfügung. Von den zahlreichen Vorteilen gegenüber
einem "händischen" Berichtssystem sind die bundesweite
Einheitlichkeit der Daten-
struktur, die Transparenz der Daten und die Integration in die bestehenden IT-
Strukturen der Justiz herauszugreifen. Ein eingehender Kostenvergleich zwischen
einem herkömmlichen und einem IT-gestützen Informationssystem
wäre zu aufwän-
dig, doch sprechen die früheren Erfahrungen mit verwaltungsaufwändig
zu erstellen-
den Geschäftsausweisen und Aufzeichnungen für die höhere
Effektivität und den
höheren Nutzen der jetzt bestehenden IT-Lösung.
Zu 11:
Auf
Grund des (provisorischen) BlS-Justiz 2001 ergibt sich hinsichtlich der Erledi-
gungen der Gerichte folgendes Bild:
|
|
Erledigungen mit
Justizverwaltungs-
|
Erledigungen ohne Justizverwal-
|
|
BG
|
3,415.270
|
3,226.907
|
|
LG*)
|
316.866
|
219.905
|
|
OLG
|
99.830
|
19.151
|
|
OGH
|
9.742
|
3.630
|
*) ohne Erledigungen in Firmenbuchsachen; der Anfall in diesem Bereich betrug 201.307.
Der staatsanwaltschaftlichen Bereich weist für das
Jahr 2001 folgende Erledigungen
auf:
|
Akten gegen
|
im landesgerichtlichen Bereich |
im bezirksgerichtlichen Bereich |
|
bekannte Täter
|
68.907
|
158.876
|
|
unbekannte Täter
|
102.190
|
228.359
|
Zu 12 bis 18:
Bei den Bezirksgerichten fielen im Jahr 2001 3,443.971
Geschäftsfälle (mit Justiz-
verwaltungssachen) an; dies bedeutet einen Anteil von 88,92% am Gesamtarbeits-
anfall der Gerichte. Darin sind nicht enthalten die Grundbuchsauszüge
(370.274).
An Zivilsachen (Gattungszeichen C und Hc) fielen im Jahr 2001 761.141 Akten an.
In Strafsachen (Gattungszeichen U, Hs und Ns) betrug der
Anfall im Jahr 2001
80.141.
Der Anfall in
Exekutionssachen belief sich im Jahre 2001 auf 1,182.166.
Der Anfall in den anderen Geschäftssparten betrug im Jahr 2001 1,420.523.
Von den Bezirksgerichten wurden im Jahre 2001 insgesamt
3,415.270 Verfahren
(inklusive Justizverwaltungssachen) erledigt. Am 31.12.2001 verblieben 528.813
Verfahren anhängig; dies entspricht einem Anhängigkeitsstand von
15,4%.
Die Gesamtanzahl der Vergleiche wird im Betrieblichen Informationssystem nicht
ausgewiesen.
Zu 19. 24. 29 und 32:
Die bei den Bezirksgerichten, den Landesgerichten (Gerichtshöfen erster Instanz)
und
den Oberlandesgerichten - jeweils mit staatsanwaltschaftlichen Behörden -
so-
wie dem Obersten Gerichtshof und der Generalprokuratur verrechneten Ausgaben
und Einnahmen sind der nachstehenden Übersicht zu entnehmen. Bei der
Erstellung
dieser Übersicht wurden die im Zentralkredit verrechneten, aus dem
Rechnungswe-
sen nicht unmittelbar zuordenbaren Ausgaben und Einnahmen entsprechend umge-
legt. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Ausgaben für
Richteramtsanwärter und
Rechtspraktikanten bei den Oberlandesgerichten, die Einnahmen aus Pauschalge-
bühren für Rechtsmittel bei den Erstgerichten und die über die
Einbringungsstellen
hereingebrachten Beträge bei den Oberlandesgerichten verrechnet werden.
Weiters
wird darauf hingewiesen, dass für sämtliche vom Justizressort von der
BIG angemie-
teten Objekte Pauschalmieten von 43,7 Mio Euro (inklusive Betriebskosten)
entrich-
tet wurden, die zentral beim Bundesministerium für
Justiz zu verrechnen waren und
daher in der nachstehenden Übersicht nicht enthalten sind.
|
|
Ausgaben
|
Einnahmen
|
|
|
in Mio Euro
|
|
|
Bezirksgerichte
|
229,2
|
398,2
|
|
Gerichtshöfe 1. Instanz
|
198,8
|
117,0
|
|
Oberlandesgerichte
|
84,2
|
71,0
|
|
Oberster Gerichtshof und
|
10,0 |
0,1 |
Zu 20 bis 23:
Der Geschäftsanfall bei den Landesgerichten im Jahr
2001 betrug 319.743 (inklusive
Justizverwaltungssachen aber ohne Firmenbuchanfall [201.307]) und macht somit
einen Anteil von 8,25% am Gesamtanfall der Gerichte aus.
Der
Geschäftsanfall bei den Landesgerichten inklusive Justizverwaltungs- und
Fir-
menbuchsachen im Jahre 2001 verteilt sich wie folgt auf die
Geschäftssparten:
|
|
Anzahl
|
Anteil
|
|
Zivilsachen
|
89.743 |
17,22% |
|
Außerstreitsachen
|
17.801 |
3,42% |
|
Firmenbuch
|
201.307 |
38,63% |
|
Insolvenzsachen
|
11.460 |
2,2% |
|
Rechtsmittel in Zivilsachen
|
27.905 |
5,36% |
|
Strafsachen
|
72.565 |
13,93% |
|
Rechtsmittel in Strafsachen
|
2.727 |
0,52% |
|
Justizverwaltungssachen
|
97.542 |
18,72% |
Im Jahre 2001 wurden durch die Landesgerichte 316.866
(inklusive Justizverwal-
tungssachen aber ohne Firmenbuchsachen) erledigt. Anhängig verblieben am
31.12.2001 82.781 Verfahren; dies entspricht einem Anhängigkeitsstand von
25,9%.
Die Anzahl der vergleichsweisen Enderledigung der Verfahren
bei den Landesge-
richten wird im Betrieblichen Informationssystem nicht ausgewiesen.
Zu 25 bis 28:
Im Jahre 2001 fielen bei den Oberlandesgerichten inklusive
Justizverwaltungssa-
chen 99.961 Verfahren an, dies entspricht einem Anteil von 2,58% am
Gesamtanfall
der Gerichte.
Der Anfall des Jahres 2001 bei den Oberlandesgerichten verteilt sich wie folgt:
|
|
Anfall
|
Anteil
|
|
Rechtsmittel in Zivilrechtssachen sowie
|
10.445
|
10,45%
|
|
Kartellsachen
|
537
|
0,54%
|
|
Rechtsmittel in Strafsachen sowie Frist-
|
8.056
|
8,06%
|
|
Justizverwaltungssachen und Diszipli-
|
80.923
|
80,95%
|
Die Oberlandesgerichte erledigten im Jahr 2001 99.830 Verfahren; am 31.12.2001
waren 5.173 Verfahren anhängig; dies entspricht einem Anhängigkeitsstand von
5,2%.
Die Anzahl der vergleichsweise beendeten Verfahren bei den Oberlandesgerichten
wird im Betrieblichen Informationssystem nicht ausgewiesen.
Zu 30. 31 und 33:
Beim Obersten Gerichtshof fielen im Jahre 2001 inklusive
Justizverwaltungssachen
9.653 Akten an, was einem Anteil von 0,25% am Gesamtanfall der Gerichte ent-
spricht.
Durch den Obersten Gerichtshof wurden im Jahre 2001
inklusive Justizverwaltungs-
sachen 9.742 Akten erledigt.
Beim
Obersten Gerichtshof fielen im Jahre 2001 1.929 Akten mit ordentlichen und
1.368 mit außerordentlichen Rechtsmitteln in Zivilrechtssachen an; zum
Vergleich
dazu betrug im Jahre 2000 der Anfall an ordentlichen Rechtsmitteln 1.866, jener
an
außerordentlichen 1.448. Der Anstieg an ordentlichen Rechtsmitteln ist
auf einen
gestiegenen Anfall in Sozialrechtssachen (von 296 auf 401)
zurückzuführen.
Bundesweit
fielen im Jahr 2001 629 Anträge auf Abänderung des Ausspruches
über
die Zulässigkeit einer Revision oder eines Revisionsrekurses an; in 133
Fällen wurde
dem Antrag stattgegeben, in 475 Fällen erfolgte eine Zurückweisung.
Die Verteilung
auf die Oberlandesgerichtssprengel war wie folgt:
|
Oberlandesgerichte und Landes-
|
Anträge auf
|
stattgegeben
|
zurückgewiesen
|
|
Wien
|
293
|
60
|
231
|
|
Graz
|
140
|
31
|
96
|
|
Linz
|
95
|
25
|
70
|
|
Innsbruck
|
101
|
17
|
78
|
Zu 34:
Die Einnahmen an Gebühren und Ersätzen in Rechtssachen betrugen
im Jahr 1998 420,5 Mio Euro,
im Jahr 1999 437,6 Mio Euro,
im Jahr 2000 471,5 Mio Euro und
im Jahr 2001 523,0 Mio Euro.
Eine Aufschlüsselung nach
Gerichtstypen ist aus den Daten der Haushaltsverrech-
nung nicht möglich.
Zu 35:
Die Einnahmen an Gebühren und Ersätzen in Rechtssachen werden im Jahr 2002
voraussichtlich rund 550 Mio Euro betragen.
Zu 36:
Auf die Beantwortung der Fragen 2,. 19., 24., 29. und 32. wird verwiesen.
Zu 37:
Die Festsetzung von Gerichtsgebühren
fällt in die Kompetenz des Bundesgesetzge-
bers, dessen Willensbildung ich nicht vorgreifen kann.