4077/AB XXI. GP
Eingelangt am 29.08.2002
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert.
Abweichungen vom Original sind möglich.
Am 07.02.2014 erfolgte eine vertaulichkeits-/datenschutzkonforme Adaptierung.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „2002: Jahr der Neugründungen - Jahr der Neugründungskonkurse?“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Vorbemerkung:
Vorerst möchte ich darauf hinweisen, dass sich aus den Statistiken des Justizressorts die Fragen nach der Anzahl der Konkurseröffnungsanträge von Unternehmern und der Anzahl der Konkurseröffnungen nicht beantworten lassen, weil in den Justizstatistiken nur die zu einem bestimmten "Gattungszeichen” geführten Verfahren gezählt werden. Unter dem Gattungszeichen "S" werden jedoch - unabhängig von einer Konkurseröffnung - alle Konkursanträge des Schuldners sowie jene Konkurse, die aufgrund eines Gläubigerantrags eröffnet wurden, erfasst.
Die Anfragebeantwortung basiert daher auf Insolvenzstatistiken des Kreditschutz- verbands von 1870.
Zu 1:
Vom Kreditschutzverband von 1870 konnte die Anzahl der Eigenanträge von Schuldnern bei Konkurseröffnungen und Konkursabweisungen mangels kostendeckenden Vermögens erhoben werden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass daneben auch andere Erledigungen von Eigenanträgen des Schuldners in Betracht kommen, die in diesen Daten nicht enthalten sind, etwa die Zurückweisung eines Konkursantrags.
Konkurseröffnungen über Schuldnerantrag:
Jahr Konkurseröffnungen über Schuldnerantrag in %
gesamt
1997 2.230 1.452 65,1
1998 2.791 1.604 57,5
1999 2.715 1.619 59,6
2000 2.515 1.576 62,7
2001 2.832 1.677 59,2
Konkursabweisungen mangels kostendeckenden Vermögens über Schuldnerantrag:
Jahr Konkursabweisungen über Schuldnerantrag in %
mangels kostendeckenden
Vermögens gesamt
1997 2.711 413 15,2
1998 1.929 363 18,8
1999 3.070 343 11,2
2000 2.773 292 10,5
2001 2.239 311 13,9
Zu 2, 3, 7, 9 a)-e), 10 a)-e), 11 a)-e), 12 a)-e) und 13 a)-e):
Zu diesen Fragen sind dem Bundesministerium für Justiz keine Statistiken bekannt.
Zu 8, 9 f), 10 f), 11 f), 12 f) und 13 f):
Dem Bundesministerium für Justiz liegen auf der Grundlage einer automationsunterstützten Auswertung der Register der Strafgerichte sowie der von der Statistik Austria jährlich veröffentlichten "Gerichtlichen Kriminalstatistik" (bis einschließlich des Jahres 2000) vollständige statistische Daten lediglich mit Bezug auf die im ersten Halbjahr 2002 wegen des Tatbestandes der fahrlässigen Krida gemäß § 159 StGB bundesweit insgesamt angefallenen gerichtlichen Strafverfahren sowie die in den Jahren 1997 bis 2000 bundesweit insgesamt zu diesem Tatbestand erfolgten Verurteilungen vor. Hienach befanden sich im ersten Halbjahr 2002 insgesamt 604 Fälle im Stadium des strafgerichtlichen Vor- bzw. des Hauptverfahrens. Weiters ergingen im Jahr 1997 insgesamt 1578, im Jahr 1998 insgesamt 1690, im Jahr 1999 insgesamt 1723 und im Jahr 2000 insgesamt 1053 strafgerichtliche Verurteilungen.
Eine darüber hinausgehende Erhebung der Anfallsdaten für die Jahre 1997 bis 2001 und der Verurteilungsdaten für die Jahre 2001 und 2002 sowie eine Differenzierung dieser sowie der bereits genannten Daten dahingehend, ob von gerichtlichen Strafverfahren "Neugründer", "Jungunternehmer" oder "Betriebsnachfolger" betroffen waren, kann mit einem vertretbaren Aufwand nicht durchgeführt werden. Zur Gewinnung dieser Informationen müssten nämlich sämtliche den Tatbestand des § 159 StGB betreffenden Gerichtsakten aus den Jahren 1997 bis 2002 einzeln aufgearbeitet werden. Für eine derartige statistische Auswertung stehen dem Justizressort die erforderlichen Ressourcen nicht zur Verfügung.
Zu 4:
Nach der Statistik des Kreditschutzverbands von 1870 ergibt sich folgendes Bild:
Eröffnete Konkurse 1997 bis 30.6.2002:
Bundesland 1997 1998 1999 2000 2001 1. Halbjahr
2002
Wien 642 850 853 714 895 414
Niederösterreich 352 405 442 426 496 246
Burgenland 65 103 55 67 81 50
Oberösterreich 333 416 385 384 424 209
Salzburg 130 149 153 123 119 73
Vorarlberg 68 109 97 89 99 36
Tirol 152 174 163 143 160 73
Steiermark 324 362 372 371 362 186
Kärnten 164 213 195 198 196 105
Gesamt: 2.230 2.791 2.715 2.515 2.832 1.392
Zu 5:
Hinsichtlich der besonders betroffenen Branchen darf auf die Aufstellungen in den angeschlossenen Konkursstatistiken des KSV verwiesen werden, die für die Jahre 1997, 1998, 1999, 2000, 2001 und das 1. Halbjahr 2002 die Anzahl der Insolvenzen (Konkurse und Ausgleiche) nach Branchen aufschlüsseln.
Zu 6:
Dem Bundesministerium für Justiz sind keine Statistiken darüber bekannt, ob Konkurseröffnungen Neugründer oder Jungunternehmer betreffen.
Die Jahresstatistiken des KSV fassen das Alter der Unternehmen für die abgefragten Zeiträume wie folgt zusammen:
Gründungsjahr der insolventen Unternehmen 1. Halbjahr 2002:
30 % von 1995 bis 1999
16 % ab 2000
Gründungsjahr der insolventen Unternehmen 2001:
35 % von 1995 bis 1999 9 % ab 2000
Gründungsjahr der insolventen Unternehmen 2000:
42 % von 1995 bis 1999 1 % ab 2000
Gründungsjahr der insolventen Unternehmen 1999:
26% von 1990 bis 1994
30% ab 1995
Gründungsjahr der insolventen Unternehmen 1998:
30% von 1990 bis 1994
23% ab 1995
Gründungsjahr der insolventen Unternehmen 1997:
33% von 1990 bis 1994 15% ab 1995
Zu 14:
Dem Handels- und Gesellschaftsrecht sind an einzelne Personen geknüpfte berufliche Qualifikationsvoraussetzungen grundsätzlich fremd. Berufliche und sonstige Qualifikationen waren in der österreichischen Rechtsordnung - und bleiben es auch weiterhin - Sache des Gewerberechts.
Das Handels- und Gesellschaftsrecht regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für Einzelunternehmer und für verschiedene Gesellschaftsformen, ohne jeweils auf die konkrete Größe oder gar auf den Unternehmensgegenstand Bedacht zu nehmen.
Dies heißt jedoch nicht, dass der Qualifikation der als Einzelkaufleute tätigen Unternehmer und der Organe von unternehmerisch tätigen Gesellschaften keine Bedeutung zukommt. Die Qualifikation spielt im Schadenersatzrecht eine wesentliche Rolle. Nach § 1299 ABGB trifft denjenigen, der sich "zu einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich bekennt" die Haftung als Sachverständiger. Unternehmer müssen also für die Kenntnisse und den Fleiß einstehen, die ihre Fachgenossen gewöhnlich haben und die somit von einem in einer bestimmten Branche tätigen Unternehmer vorausgesetzt werden können. Der hier angesprochene Sorgfaltsmaßstab ist ein objektiver und von den konkreten Kenntnissen und Fähigkeiten der jeweiligen Person unabhängig; er trifft auch Jungunternehmer.
Das Schadenersatzrecht trägt wesentlich dazu bei, dass sich Personen vor der Übernahme von Tätigkeiten auf diese vorbereiten und von Tätigkeiten, für die sie nicht qualifiziert sind, abgehalten werden
28. August 2002
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die Beilage zu dieser parlamentarischen Anfragebeantwortung steht aus Gründen der Vertraulichkeit/Datenschutzgründen elektronisch nicht zur Verfügung.
(Stand 07.02.2014)