4108/AB XXI.GP
Eingelangt am: 04.09.2002
BUNDESMINISTER FÜR JUSTIZ
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier,
Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “Alimente und
Zivildienst"
gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass es
sich sowohl bei der Festsetzung
eines Unterhaltsanspruchs im Einzelfall als auch bei der Beurteilung der Frage,
ob
eigene Einkünfte des Kindes, wie etwa die Vergütung für
Zivildienstleistende, eine
Selbsterhaltungsfähigkeit
des Kindes bewirken, um Angelegenheiten der
unabhängigen Rechtsprechung handelt; dabei sind die verschiedenen für
die
Entscheidung konkret
maßgeblichen Umstände auf Seiten des
Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen.
Zu 1 bis 3 und 5:
Grundsätzlich endet die elterliche Unterhaltspflicht mit dem Erreichen der
Selbsterhaltungsfähigkeit
des Kindes. Der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit
hängt allerdings nicht vom Erreichen eines bestimmten Alters -
insbesondere auch
nicht vom Erreichen der Volljährigkeit - ab, sondern richtet sich nach den
Lebensverhältnissen des Kindes und der Eltern. Nach ständiger
Rechtsprechung tritt
die Selbsterhaltungsfähigkeit ein, wenn das Kind die bei
selbständiger
Haushaltsführung für eine Deckung des angemessenen Lebensbedarfes
erforderlichen
Mittel entweder aus Vermögenserträgnissen besitzt, selbst erwirbt
oder auf Grund zumutbarer Beschäftigung zu erwerben im Stande ist.
Die Frage, ob die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung
während des Zivildienstes des
Unterhaltsberechtigten entfällt, kann sohin nicht eindeutig mit ja oder
nein
beantwortet werden. Vielmehr hängt es von den Umständen des konkreten
Einzelfalles - insbesondere von den Lebensverhältnissen des Kindes und der
Eltern - ab, ob die Einkünfte eines Zivildienstleistenden dessen
Selbsterhaltungsfähigkeit
herzustellen vermögen.
Gemäß § 140 Abs. 3 ABGB mindern eigene
Einkünfte des Unterhaltsberechtigten,
worunter unstrittig auch die im Leistungskatalog der §§ 25 ff
Zivildienstgesetz (ZDG)
genannten Vergütungen fallen, den Bedarf des Unterhaltspflichtigen. Diese
Bedarfsminderung muss nach ständiger Rechtsprechung beiden Eltemteilen
zugute
kommen, sowohl dem geldunterhaltspflichtigen als auch dem betreuenden Elternteil.
Dem zur Geldalimentation verpflichteten Elternteil darf daher nur ein Teil des
Kindeseinkommens
angerechnet werden.
Die
Rechtsprechung hat für diese Teilanrechung des Kindeseinkommens auf den
Geldunterhaltsanspruch zwei Fallgruppen (für "einfache" und
"überdurchschnittliche"
Lebensverhältnisse) herausgebildet. Ohne auf die Berechnungsformel im
Detail
einzugehen, kann diese Methode bei einfachen ("bescheidenen")
Lebensverhältnissen
beider Teile (des Unterhaltsberechtigten und des
Geldunterhaltsverpflichteten) dazu führen, dass die dem
Zivildienstleistenden nach
§§ 25 ff ZDG zustehenden Ansprüche auf Geld- und Sachleistungen
für den Eintritt
der Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten ausreichend sind
(so
zuletzt OGH vom 7.12.2001, 7 Ob 279/01 g). Wie bereits erwähnt, sind bei
einer
solchen Entscheidung die jeweils konkreten Lebensverhältnisse sowohl auf
Seiten
des Unterhaltsberechtigten als auch auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten zu
berücksichtigen.
Zu 4:
Die Entscheidung, ob eigene Einkünfte eines Kindes zum Eintritt dessen
Selbsterhaltungsfähigkeit führen oder ob und in
welchem Ausmaß sich eigene
Einkünfte auf die beiderseitigen Unterhaltsverpflichtungen auswirken, ist
- wie oben
ausgeführt - eine im Einzelfall zu treffende Entscheidung der
unabhängigen
Gerichte. "Ausnahmeregelungen"
kann es auf Grund der Einzelfallbezogenheit somit
nicht
geben.