4129/AB XXI.GP

Eingelangt am: 06.09.2002

 

BM für soziale Sicherheit und Generationen

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
4130/J der Abgeordneten Lichtenberger, Grünewald, Brosz, Freundinnen und
Freunde, wie folgt:

Fragen 1, 2 und 5:

Wie in dem - auf Basis fachlicher und wissenschaftlicher Standards erarbeiteten -
Erlass “Orale Substitutionsbehandlung von Suchtkranken", GZ. 21.551/6-
VIII/B/12/98, meines Ressorts festgehalten, ist bei Substitutionspatienten davon
auszugehen, dass, wie bei anderen Patienten, die eine Dauermedikation mit
anderen Arzneimitteln erhalten, nur im individuellen Einzelfall beurteilt werden kann,
ob eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens zu erwarten ist.

In diesem Zusammenhang darf ich insbesondere auf eine aktuelle Studie des
Instituts für Suchtforschung, Zürich (Jürgen Rehm/Ambros Uchtenhangen,
Metaanalyse schweizerischer Arbeiten zur Verwendung von Methadon als
Substitutionsmittel bei der Behandlung von Opioidabhängigkeit, 2001, mwN)
verweisen, derzufolge die Fähigkeit von Substitutionspatienten zur Teilnahme am
Straßenverkehr ganz wesentlich von der Persönlichkeitsstruktur, aber auch von der
Höhe eines allfälligen Beikonsums (Heroin, Kokain, Alkohol, Medikamente) abhängt.
Die Methadondosis ist lediglich in jenem Zeitraum von Einfluss, in der der Patient
eine subjektive Methadonwirkung spürt, da in diesem Zeitraum die Reaktion
verlangsamt ist, wie auch Beikonsum zu einer Verlängerung der Reaktionszeiten
führt. U.a. wird auch auf eine weitere Studie von Ladewig et al. verwiesen, wonach
die kognitiv-psychomotorische Funktionstüchtigkeit von Methadonprobanden sich im
Gegensatz zu Heroinprobanden über alle Messzeitpunkte hinweg nicht von einer
Kontrollgruppe ohne Opiatkonsum unterschied.


Die Beurteilung der Fahrtauglichkeit im Einzelfall obliegt jedoch nicht meinem
Ressort, sondern den für die Vollziehung der einschlägigen kraftfahrrechtlichen
Bestimmungen (Führerscheingesetz, Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung)
zuständigen Verkehrsbehörden. Ich darf daher auf die diesbezügliche Zuständigkeit
des BMVIT verweisen.

Frage 3:

Änderungen des o.a. Erlasses obliegen grundsätzlich meinem Ressort. Eine
Aktualisierung ist seit seiner Publikation im Jahr 1998 nicht mehr erfolgt. Der erste
Erlass zur Thematik erging seitens des Gesundheitsressorts im Jahr 1987,
Aktualisierungen wurden bislang 1990 sowie, wie erwähnt, 1998 vorgenommen.

Frage 4:

Mein Ressort hat im Juni d.J. im Rahmen einer Anfrage des Amtes der
Steiermärkischen Landesregierung dahingehend, inwieweit es verpflichtend oder
überhaupt zulässig sei, dass der in die Substitutionsbehandlung eingebundene
Amtsarzt eine personenbezogene Meldung über die Substitutionsbehandlung an die
Führerscheinbehörde erstattet, wegen der Grundsätzlichkeit der Frage das
Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst befasst. Es liegt dazu bislang lediglich eine
erst vor kurzem eingelangte Zwischenerledigung des BKA vor, da aus Sicht des BKA
als Voraussetzung für die endgültige datenschutzrechtliche Beurteilung vorerst
fachliche und materienrechtliche Vorfragen abzuklären sind.

Ich darf mir aber erlauben schon jetzt anzumerken, dass es sich auch aus meiner
Sicht - und dies wird auch durch die Zwischenerledigung des BKA bestätigt - bei
personenbezogenen Informationen über das Vorliegen von Krankheiten, und das gilt
auch für die Suchterkrankung, grundsätzlich um besonders sensible Daten handelt,
mit denen daher besonders bedachtsam und jedenfalls rechtskonform umzugehen
ist.

Mein Ressort beabsichtigt daher, zur endgültigen Klärung der vom Amt der
Steiermärkischen Landesregierung aufgeworfenen Frage zu einem interministeriellen
Fachgespräch zwischen den relevanten Ressorts (BKA, BMVIT und BMSG)
einzuladen, da auf diesem Wege eine umfassende und ehestmögliche Klärung aller
offenen Aspekte aus meiner Sicht am effizientesten erfolgen kann.

Ich ersuche um Verständnis, dass auch die gegenständliche Frage daher vorerst
unbeantwortet bleibt, da sie offensichtlich ähnlich gelagert ist wie die in Prüfung
stehende. Ich werde aber veranlassen, dass sie unter einem bei obengenannter
Vorgangsweise mitberücksichtigt wird und Ihnen das Ergebnis nach Vorliegen
unmittelbar zur Kenntnis bringen.


Frage 6:

Die soziale und berufliche Wiedereingliederung ist ein wesentliches Ziel der
Substitutionsbehandlung, der Lenkberechtigung kommt dabei in vielen Fällen große
Bedeutung zu.

Auch in Fällen, in denen vorerst eine Lenkberechtigung nicht in Betracht kommt, ist
eine gesundheitliche und soziale Stabilisierung der Behandlung möglich. Ich gehe
daher davon aus, dass in diesen Fällen eine neuerliche Überprüfung der
Fahrtauglichkeit sinnvoll sein und insbesondere auch im Interesse des Patienten
liegen kann.

Ich darf aber, wie schon zu Frage 1, auch an dieser Stelle nochmals auf die
Zuständigkeit des BMVIT verweisen.

Frage 7:

Die Beantwortung dieser kraftfahrrechtlichen Frage fällt in den Zuständigkeitsbereich
des BMVIT.

Fragen 8 und 9:

Da die datenschutzrechtliche Frage der Weitergabe von Substitutionsdaten derzeit
Gegenstand einer ho. Prüfung ist (siehe Antwort zu Frage 4), kann auch die
gegenständliche Frage erst nach Vorliegen des Ergebnisses dieser Prüfung
beantwortet werden.

Unabhängig davon kann aber die Einhaltung von Rechtsvorschriften ganz generell
im vorhinein nicht sichergestellt werden. Ich werde aber nach Vorliegen des
Prüfungsergebnisses für eine entsprechende Bekanntmachung der Rechtslage - mit
dem Ziel einer rechtskonformen Vorgansweise - Sorge tragen.