4149/AB XXI.GP

Eingelangt am: 09.09.2002

Bundeskanzler:

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Cap und Genossinnen haben am 8. Juli 2002
unter der Nr. 4107/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
Praxis der Vergabe von Beratungs- und PR-Dienstleistungen gerichtet.

Diese Anfrage beantworte Ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 4:

Bei Dienstleistungsaufträgen ab einem geschätzten Vergabewert von derzeit
€ 162.293,- exkl. USt. (Schwellenwert) ist generell nach den Bestimmungen des
Bundesvergabegesetzes vorzugehen. Das Bundesvergabegesetz ist so detailliert
geregelt, dass es hierzu keiner näheren Richtlinien bedarf.

Dies gilt jedoch nicht für Dienstleistungen gemäß Anhang IV des
Bundesvergabegesetzes, da für derartige Dienstleistungen gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit.
im Wesentlichen nur die Bekanntmachungs- und Rechtsschutzregelungen des
Bundesvergabegesetzes gelten. Mangels darüber hinaus gehender Regelungen sind
daher für die Durchführung von Vergabeverfahren in Bezug auf derartige
Dienstleistungen weiterhin die vor dem Inkrafttreten des Bundesvergabegesetzes im
Bund geltenden Vergabevorschriften anzuwenden. Auf Dienstleistungen gemäß
Anhang
IV zum Bundesvergabegesetz findet daher die ÖNORM A 2050 vom
30.3.1957 nach Maßgabe der hierzu von der Bundesregierung am 26.9.1978
beschlossenen und am 3.3.1981 und am 16.10.1990 ergänzten sowie am 1.7.1986
geänderten Richtlinien Anwendung (abgedruckt im Bundeshaushaltsrecht,
Dr. Friedrich RODLER, Manz-Verlag, Seite 394 ff.). Nach diesen Richtlinien ist bei
Arbeiten und Leistungen immaterieller Art die ÖNORM nur dann anzuwenden, wenn
deren Wert ATS 10 Mio. (= € 726.728,34) übersteigt (siehe Kommentar Seite 398).
Unterhalb dieser Betragsgrenze kann daher bei Beauftragung von immateriellen
Leistungen, die dem Anhang
IV des Bundesvergabegesetzes zuzuordnen sind, frei
vorgegangen werden, wobei aber das EU-rechtliche Diskriminierungsverbot zu
beachten ist.


Für Dienstleistungen gemäß Anhang III zum Bundesvergabegesetz findet unterhalb
des Schwellenwertes gemäß § 13 Abs. 1 Bundesvergabegesetz die ÖNORM A 2050
vom 1.1.1993 Anwendung. Nach Punkt 1.4.2.2.dieser ÖNORM ist für die Vergabe
von immateriellen Leistungen grundsätzlich das Verhandlungsverfahren (entspricht
der freihändigen Vergabe nach der ÖNORM A 2050 vom 30.3.1957) anzuwenden.
Gemäß Punkt 1.6.1. der ÖNORM A 2050 vom 1.1.1993 ist vor einem
Verhandlungsverfahren der Kreis der möglichen Bewerber öffentlich zu erkunden,
sofern keine ausreichende Marktübersicht besteht. Nach Punkt 1.5.3.2. ÖNORM A
2050 sind zu Vergleichszwecken entsprechend der Höhe des geschätzten
Auftragswertes mehrere, in der Regel mindestens 3, verbindliche Angebote
einzuholen.

Beratungs- und PR-Dienstleistungen sind stets als Immaterielle Leistungen
anzusehen.

Die ÖNORM A 2050 vom 1.1.1993 ist diesbezüglich so detailliert geregelt, dass es
hierzu grundsätzlich keiner näheren Richtlinien bedarf.

Zu Frage 5:

Seit dem 1.1.2002 ist im Bundeskanzleramt die Standardsoftware SAP/R3 im
Haushaltsrecht und Rechnungswesen im Einsatz. Die Innenrevision hat über diese
Software Zugriff zu allen im Zusammenhang mit den Beschaffungen durchgeführten
haushaltsrechtlichen Bindungen und Zahlungen. Eine ausdrücklich angeordnete
Vorkontrolle findet nicht mehr statt. Dafür wird die Revisionsabteilung in einem
verstärktem Ausmaß nachprüfend tätig sein.

Zu Frage 6:

Vorauszuschicken ist, dass der Begriff “Beratungs- und PR-Dienstleistungen" nicht
eindeutig definiert ist. Beratungsverträge des Ressorts seit 4.2.2000 waren
Gegenstand der parlamentarischen Anfrage 3394/J vom 13.2.2002. Im Lichte dieser
Fakten und vor dem Hintergrund der vorliegenden Anfrage gehe ich davon aus, dass
sich diese Frage nur auf solche Beratungs- und PR-Dienstleistungen bezieht, die für
mich, den Staatssekretär im Bundeskanzleramt oder für eines der beiden Kabinette
erbracht worden wären.

Dazu teile ich mit, daß derartige Leistungen nicht erfolgt sind.