4160/AB XXI.GP
Eingelangt am: 09.09.2002
Bundesministerium
für Verkehr,
Innovation und Technologie
Die schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr. 4152/J-NR/2002 betreffend Feuerwehren und
Tunnelsicherheit bei Straßen- und Eisenbahntunnel, die die Abgeordneten
Binder und Genossinnen
am 9. Juli 2002 an mich gerichtet haben,
beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zum Motiventeil:
In der
parlamentarischen Anfrage Nr. 3752/J-N R/2002 wurde die Frage 5 mit der
Feststellung ein-
geleitet:
“Angelegenheiten der Feuerwehr sind in Österreich Landessache."
Auch die Eisenbahn-
behörde ging bislang von dieser Prämisse aus und es kam bisher im
Rahmen von eisenbahnrecht-
lichen Genehmigungsverfahren zu keinen Problemen. Erst als dem
Bundesministerium für Ver-
kehr, Innovation und Technologie ein Gutachten des Verfassungsdienstes des
Landes Nieder-
österreich übermittelt wurde, das zum Ergebnis kam, dass dem Land
eine Kompetenz für die Zu-
ständigkeit zur Rettung von Personen, der Brandbekämpfung und die
Leitung der Katastrophen-
hilfe nach Zwischenfällen auf Eisenbahnen nicht zukäme, wurde das
Bestehen eines Auffas-
sungsunterschiedes erkannt.
Zur Klärung von allgemeinen
Rechtsfragen im Zusammenhang mit verfassungsrechtlichen Fragen
sind im Bereich des Bundes beim Bundeskanzleramt sowie in den Ämtern der
Landesregierungen
eigene Organisationseinheiten
eingerichtet die auf derartige Rechtsfragen spezialisiert sind. Es ist
nicht erkennbar, welcher Nachteil darin
liegen soll, dass eine Rechtsfrage unter Hinzuziehung der
hiezu berufenen Experten geklärt werden soll. In der Anfrage selbst werden
Nachteile angeführt,
die aus einer unklaren Rechtslage resultieren.
Soweit die
Kompetenzfrage mit der Zuständigkeitsfrage bzw. mit der Frage vermengt
wird, ob es
sich bei einer Anlage um eine Eisenbahnanlage handelt, ist auf die jüngste
Judikatur des Verfas-
sungsgerichtshofes zu verweisen (VfGH vom 25. Juni 1999, G 256/98, VfSIg.
15.552). Die aufge-
worfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Kompetenz für die
Zuständigkeit zur Rettung
von Personen, der
Brandbekämpfung und die Leitung der Katastrophenhilfe nach
Zwischenfällen
auf Eisenbahnen betreffen im Übrigen nicht die in § 11
Eisenbahngesetz 1957 angesprochenen
Vorfragen.
Gerade
die der Eisenbahnbehörde auferlegte Verantwortung gebietet es, die mit
Tunnelsicherheit
im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen rasch, in allgemein nachvollziehbarer
Weise und mit
der gebotenen Rechtssicherheit zu
lösen.
Frage 1:
Wie
hoch sind die Kosten, die den Ö6B durch den monatelangen Stillstand im
Siebergtunnel auf-
grund der Bescheidvorschreibungen entstanden sind?
Antwort:
Zunächst wird bemerkt dass die monatelange
Beschränkung des Verkehrs auf den Güterverkehr
nicht, wie in der Anfrage behauptet, auf eine Bescheidvorschreibung
zurückzuführen war. Vielmehr
konnte die Inbetriebnahme des Tunnels durch die österreichischen Bundesbahnen
- wie bereits in
der Beantwortung 3747/AB dargestellt -
nicht wie vorgesehen erfolgen, weil die von der Antrag-
stellerin vorgesehenen organisatorischen Maßnahmen, die dem
Baugenehmigungs- und Betriebs-
bewilligungsbescheid zugrunde lagen (Übereinkommen mit den
Feuerwehren), nicht zeitgerecht
umgesetzt und somit die Bedingungen für die rechtskräftig erteilte
Betriebsbewilligung nicht erfüllt
werden konnten. Wenn eine Antragstellerin im Rahmen einer Ortsverhandlung
(aufgrund von
Forderungen der beigezogenen Feuerwehren) von
sich aus erklärt, es werde ein Vertrag mit den
Feuerwehren geschlossen, so handelt es sich auch dann um keine von der
Behörde verfügte Vor-
schreibung, wenn diese
Zusage im Genehmigungsbescheid vermerkt wird.
Die Österreichischen Bundesbahnen
haben mitgeteilt, dass der Verkehr bereits durch den
Siebergtunnel abgewickelt werde. Die seinerzeitige Situation hätte sich
primär in nicht lukrierten
Fahrzeitreserven ausgewirkt, wobei die damit
zusammenhängenden Betriebserschwerniskosten
nicht ermittelt werden konnten.
Frage 2:
Auf
welche rechtliche Grundlage stützt sich der Wunsch des BMVIT, die ÖBB
mögen alle Abstim-
mungen mit den Gebietskörperschaften abstimmen?
Antwort:
Nach § 34 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957 ist den
Dienststellen des Bundes, der Länder und
Gemeinden, deren örtlicher und sachlicher Wirkungsbereich durch die
geplante Eisenbahn berührt
wird, Gelegenheit zu
geben, zu dem Bauentwurf Stellung zu nehmen.
Die eisenbahnrechtliche
Baugenehmigung ist überdies keine allumfassende Genehmigung. Nach
der Rechtsordnung können zusätzliche
Genehmigungen (sowohl nach Bundes- als auch nach
Landesrecht) erforderlich sein.
Es sollte jedenfalls vermieden werden, ein
Bau- und Betriebsprogramm nach dem Eisenbahnge-
setz zu genehmigen oder auch nur zu behandeln, wenn dieses in der vom
Eisenbahnuntemehmen
im Rahmen des Antrags festgelegten Form wegen anderer Bestimmungen gar nicht
umgesetzt
werden kann. Es wird als unzweckmäßig und verwaltungsökonomisch
nachteilig angesehen, wenn
allfällige Mängel des Bauentwurfs erst im Rahmen des
Baugenehmigungsverfahrens (also nach
Abschluss der Planung und Beiziehung von betroffenen Bürgern und
Sachverständigen) hervor-
kommen, nur weil eine vorherige Befassung der betroffenen
Gebietskörperschaften unterlassen
wurde. Durch eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Betroffenen schon in
der Planungsphase
lassen sich verlorene Aufwände leicht
vermeiden. Insbesondere die in der parlamentarischen An-
frage Nr. 3752/J-NR/2002 angeführten Verzögerungen lassen sich nur
durch eine vorausschauen-
de Planung vermeiden.
Frage 3:
Die Beantwortung enthält nur
Maßnahmen bzw. Regelwerke, die nicht vom BMVIT stammen. Ob-
wohl das BMVIT zuständige Behörde ist, beschränkt sich das
Ministerium auf eine rein passive
Rolle, eine Beobachterrolle. Weshalb möchte das BMVIT die Entscheidungen
abschieben?
Antwort:
Wie bei allen Bauvorhaben ist es Aufgabe des Bauwerbers,
die Planungen abzuschließen und
einen Bauentwurf zu erstellen. Aufgabe der Behörde ist es, ein
Ermittlungsverfahren durchzu-
führen,
um feststellen zu können, ob die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen.
Die
Genehmigungsvoraussetzungen beschränken sich dabei nicht nur auf
technische Fragen des
Eisenbahnwesens. Die Behörde hat gemäß § 35 Abs. 2
Eisenbahngesetz 1957 vielmehr im Rah-
men der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung über alle gegen das
Bauvorhaben erhobenen
Einwendungen sowie über
alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden. Aus
eben diesem Grunde ist auch den Dienstellen des Bundes, der Länder und
Gemeinden, deren
örtlicher Wirkungsbereich durch die geplante Eisenbahn berührt wird,
Gelegenheit zu geben, zu
dem Bauentwurf Stellung zu nehmen. Bei der Beurteilung der öffentlichen
Interessen sind von der
Behörde daher auch Vorbringen zu berücksichtigen, die sich auf
Regelungen stützen, die nicht
vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie stammen (zB
neben Brandschutz
auch Umweltschutz).
Wie bereits in der Anfragebeantwortung der
parlamentarischen Anfrage Nr. 3752/J-NR/2002 und
zur
Frage 1 dargestellt, bestand zwischen der Antragstellerin, den
österreichischen Bundesbah-
nen, und der Stellungnahme der Einsatzorganisationen beim Verfahren betreffend
den Sieberg-
tunnel im Rahmen der Ortsverhandlung kein Konflikt. Es wäre der
Behörde verwehrt gewesen, im
Rahmen einer Genehmigung zu entscheiden, die Antragstellerin dürfe keinen
Vertrag mit den
Feuerwehren
abschließen.
Aber
selbst wenn in einem Verfahren einander zwei oder mehrere Parteien miteinander
wider-
sprechenden Ansprüchen gegenüber stehen, so ist gemäß
§ 43 Abs. 5 des Allgemeinen Verwal-
tungsverfahrensgesetzes der Verhandlungsleiter verpflichtet, auf das
Zustandekommen eines
Ausgleiches dieser
Ansprüche mit den öffentlichen und den von den anderen Beteiligten
geltend
gemachten Interessen hinzuwirken. Durch die Aufforderung, einen Ausgleich
herzustellen, kommt
die Behörde sohin ihren gesetzlichen Pflichten nach.
Überdies wird die Beiziehung der
Feuerwehren, die in einem Katastrophenfall die Rettung von
Personen unter Einsatz des eigenen Lebens und der Gesundheit durchführen,
nicht als “Abschie-
ben der Entscheidung" angesehen. Die Beiziehung der mit dem Einsatz
betrauten und mit ent-
sprechendem Fachwissen ausgestatteten Einsatzorganisationen ist auch unter dem
Gesichtspunkt
der Sicherstellung erforderlich, ob unter Berücksichtigung der
vorgesehenen baulichen Maßnah-
men ein Rettungseinsatz erfolgreich durchführbar erscheint.
Frage 4:
Welche Funktion hätte das BMVIT nach erfolgter Abschiebung dieser Kompetenz überhaupt noch?
Antwort:
Soweit mit dieser Frage die Kompetenz für die
Zuständigkeit zur Rettung von Personen, der
Brandbekämpfung und die Leitung der Katastrophenhilfe nach
Zwischenfällen auf Eisenbahnen
gemeint ist, wäre zunächst
festzuhalten, dass es nicht um die “Abschiebung" der Kompetenz, son-
dern, wie bereits ausgeführt, um die Feststellung geht, ob diese
Kompetenz tatsächlich dem Bund
oder den Ländern zukommt.
Frage 5:
Wann wird das BMVIT selbst tätig werden, und sich
nicht mehr überwiegend auf die von dritter
Seite zur Verfügung gestellten Unterlagen verlassen?
Antwort:
Es trifft nicht zu, dass sich das bmvit “überwiegend
auf die von dritter Seite zur Verfügung gestell-
ten Unterlagen" verlässt. Soweit Unterlagen nicht ohnehin unter der
Federführung oder zumindest
der Einbindung von fachkundigen Vertretern des Bundesministeriums für
Verkehr, Innovation und
Technologie erstellt werden (vgl. etwa die Richtlinie des Österreichischen
Bundes-Feuerwehr-
verbandes ÖBFV-RL A-12 betreffend “Bau und Betrieb von neuen
Eisenbahntunneln bei Haupt-
und Nebenbahnen - Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes" vom
28. Februar
2000), werden Unterlagen vor der Heranziehung
als Beurteilungsgrundlage in Genehmigungsver-
fahren stets darauf überprüft, ob
und gegebenenfalls welche Widersprüche zum Stand der techni-
schen Entwicklung bestehen.
Frage 6:
Stimmt es, dass das zweitgrößte
Eisenbahnuntemehmen Österreichs, zu einem Zeitpunkt, als es
noch in Ihrer Zuständigkeit war, die
Anregung des 'Tunnelsicherheitschecks" in dem Sinne beant-
wortet hat, dem BMVIT seien ohnehin alle Unterlagen aus den
Genehmigungsverfahren bekannt?
Antwort:
Im November 2000 wurde an alle zu diesem Zeitpunkt in die
Zuständigkeit des Bundesministers
für Verkehr, Innovation und Technologie fallende Eisenbahnen ein
standardisierter umfangreicher
Fragenkatalog übermittelt, der neben der sicherheitstechnischen
Überprüfung unter besonderer
Berücksichtigung des Brandschutzes auch auf die Erfassung der bestehenden
Tunnel mit mehr als
1000 m Länge in Österreich abzielte. Hauptaugenmerk wurde dabei
insbesondere auf Vollständig-
keit, Anwendbarkeit und Eignung der vorhandenen Konzepte und Pläne in der
Praxis sowie auf
eventuell erforderliche Ergänzungen und alternative Lösungen gelegt.
Hiebei war zu berücksichti-
gen, dass die Eisenbahnuntemehmen gemäß § 19 Abs. 1
Eisenbahngesetz 1957 auch dazu ver-
pflichtet sind, die Eisenbahn unter Berücksichtigung der Sicherheit der
Ordnung und der Erforder-
nisse der Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs
zu bauen, zu
erhalten und zu
ergänzen.
Vom zweitgrößten Eisenbahnuntemehmen
Österreichs wurde eine ausführliche Antwort auf die
gestellten konkreten Fragen der Eisenbahnbehörde übermittelt.
Lediglich zur Frage, nach der Lage
und Länge der Tunnel wurde im Hinblick auf die besondere Situation bei
U-Bahnen einvemehmlich
auf eine gesonderte Darstellung verzichtet.