4180/AB XXI.GP

Eingelangt am: 10.09.2002

BM für Verkehr, Innovation und Technologie:

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4183/J-NR/2002 betreffend "Erfolg" der Ver-
waltungsreform bzw. Verländerung im Eisenbahnbereich, der Abgeordneten Lichtenberger,
Freundinnen und Freunde am 10. Juli 2002 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu
beantworten:

Frage 1:

Welche konkreten, nachweislichen Einsparungen waren mit der Verländerung von Teilen der
Zuständigkeit im Schienennetz (“Nebenbahnen") im BMVIT verbunden?

Antwort:

Das Deregulierungsgesetz 2001 wurde als selbständiger Antrag des Verkehrsausschusses im
Parlament eingebracht und mit geringfügigen Änderungen vom Nationalrat beschlossen. Es
handelte sich somit nicht um eine Regierungsvorlage, die im Hinblick auf die Änderung des
Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) eine vom Verkehrsressort erarbeitete Darstellung finanzieller
Auswirkungen enthalten hätte sollen. Eine Berechnung des Verkehrsressorts über die mit In-Kraft-
Treten des Deregulierungsgesetzes 2001 am 1.4.2002 durch Kompetenzverschiebungen im
Eisenbahnbereich erzielten Einsparungseffekte ist vor Kenntnis des letztgültigen Inhaltes einer zu
erlassenden Hauptbahnerklärungs-Verordnung nicht sinnvoll.

Auf Grund der Übergangsbestimmung des § 111 Abs. 5 EisbG sind auch noch Verwaltungs-
verfahren für Nebenbahnen, U-Bahnen und bestimmte Anschlussbahnen, die vor dem 1.4.2002
beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie anhängig geworden sind, nach
der vor dem Deregulierungsgesetz 2001 geltenden Rechtslage weiterzuführen, sodass auch
wegen dieses Aspektes eine Aussage über Einsparungseffekte durch das In-Kraft-Treten des
Deregulierungsgesetzes 2001 verfrüht wäre.

Frage 2:

Welche Informationen liegen Ihnen über durch ausgelöste Mehraufwände bei Ländern und BHs vor?

Antwort:

Das Land Kärnten hat im Zuge der allgemeinen Begutachtung des Entwurfes einer
Hauptbahnerklärungs-Verordnung für die ab In-Kraft-Treten des Deregulierungsgesetzes 2001
zugeteilte Kompetenz für Nebenbahnen einen finanziellen Mehraufwand mitgeteilt. Die übrigen
Länder haben bisher noch keine Kostenersatzansprüche im Sinne des Art. 5 der Vereinbarung
zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus


und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBI. l Nr. 35/1999, bekannt bzw.
geltend gemacht.

Es wurde auch bisher die Durchführung eines überwiegenden Teiles der Verwaltungsverfahren
betreffend Nebenbahnen, U-Bahnen und Anschlussbahnen vom Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie an die Landeshauptmänner gemäß § 12 EisbG delegiert und von
diesen durchgeführt. Nunmehr sind die Landeshauptmänner selbst Behörde l. Instanz für
Nebenbahnen und U-Bahnen, was für die Antragsteller den Vorteil mit sich bringt, dass nunmehr
ausschließlich der jeweils zuständige Landeshauptmann im Verwaltungsverfahren ihr
Ansprechpartner ist und somit dem Gedanken des one-stop-shop - Prinzipes in diesem
Teilbereich entsprochen wird. Mit der Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden für
Anschlussbahnen, die in engem Zusammenhang mit gewerblichen Betriebsanlagen stehen, ist für
die Anschlussbahnunternehmen die Bezirksverwaltungsbehörde in den überwiegenden Fällen der
“one-stop-shop".

Frage 3:

Was ist mit den im Vorblatt zum Entwurf der Hauptbahnerklärungs-Verordnung angeführten “dabei
zu erwartenden gewissen Auswirkungen bei der Arbeitsbelastung der jeweiligen
Eisenbahnbehörden" konkret gemeint?

Antwort:

Die im Vorblatt zum Entwurf einer Hauptbahnerklärungs-Verordnung zu den finanziellen
Auswirkungen aufscheinende Formulierung “...dabei zu erwartenden gewissen Auswirkungen bei
der Arbeitsbelastung der jeweiligen Eisenbahnbehörden..." ist im Kontext mit diesem
Verordnungsentwurf dahingehend konkret zu verstehen, dass nunmehr in mittelbarer
Bundesverwaltung - bis auf einige Ausnahmen - sämtliche Verwaltungsverfahren für
Nebenbahnen durchführt werden müssen und dies zu einer geringen zusätzlichen
Arbeitsbelastung der damit betrauten Landesbehörden führt. Beim Bund würde das entsprechende
Äquivalent verringert.

Frage 4:

Ist es zutreffend, dass mangels einschlägiger Kenntnisse und Erfahrungen und mangels
ausreichender Zeithorizonte bei den nunmehr zur “Obersten Eisenbahnbehörde" für etwa
40 Prozent des Schienennetzes gewordenen Ländern weiterhin zumindest der Großteil der
bisherigen Arbeit in ihrem Haus zu erledigen ist und somit nur auf dem Papier eine Einsparung
erzielt wurde?

Antwort:

Dies trifft nicht zu.

Die ohnehin äußerst knappen personellen Ressourcen in der Obersten Eisenbahnbehörde im
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie lassen es auf keinen Fall zu, dass die
Oberste Eisenbahnbehörde die nunmehr in mittelbarer Bundesverwaltung durchzuführenden
Arbeiten auf dem Nebenbahnensektor für die damit betrauten Landesbehörden zusätzlich zu ihren
verbleibenden Aufgaben teilweise miterledigt.


Frage 5:

Welche Abgrenzungskriterien im einzelnen liegen der mit der Hauptbahnerklärungs-Verordnung
beabsichtigten Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenbahnen zugrunde?

Antwort:

Die Bundesregierung hat bereits mit vier Verordnungen den größten Teil der österreichischen
Schienenbahnen, denen eine besondere Bedeutung für einen leistungsfähigen Verkehr mit
internationalen Verbindungen oder für den Nahverkehr zukommt, zu Hochleistungsstrecken erklärt.
Zu Hochleistungsstrecken erklärte Schienenbahnen gelten gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 EisbG als
Hauptbahnen.

In Ergänzung zu den bereits zu Hochleistungsstrecken erklärten Schienenbahnen kann der
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie noch andere Schienenbahnen größerer
Verkehrsbedeutung zu Hauptbahnen erklären, die von Nebenbahnen dadurch abzugrenzen sind,
dass ihnen eine besondere Bedeutung für einen leistungsfähigen Verkehr - insbesondere mit
internationalen Verbindungen oder im regionalen Verkehr - zukommt oder sie hiefür ausgebaut
werden sollen, die aber nicht dem Regelungsregime des Hochleistungsstreckengesetzes
unterliegen sollen. Angesichts der Tatsache, dass bereits ein Großteil der wichtigsten
Schienenbahnen Österreichs zu Hauptbahnen erklärt ist, können nurmehr einzelne
Schienenbahnen mit qualifizierter Verkehrsbedeutung durch Verordnung des Bundesministers für
Verkehr, Innovation und Technologie zu Hauptbahnen erklärt werden.

Eine zu großzügige Handhabung bei der Erklärung von Schienenbahnen zu Hauptbahnen durch
Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie würde dazu führen,
dass die Absicht des Bundesgesetzgebers, die Zuständigkeit für Nebenbahnen im Wesentlichen
den Landeshauptmännern zuzuordnen, eben durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie aufgeweicht werden würde.

Frage 6:

Heißt die Nichterklärung zur Hauptbahn im Umkehrschluss, dass allen anderen Strecken “keine
besondere Bedeutung für einen leistungsfähigen Verkehr - insbesondere mit internationalen
Verbindungen oder im Regionalverkehr - zukommt" bzw. dass diese nicht “hiefür ausgebaut
werden sollen" (vgl. Vorblatt zum Verordnungsentwurf)?

Antwort:

Dies trifft nur unter der Prämisse zu, dass der Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 EisbG zwingend verpflichtet wäre, sämtliche Schienenbahnen
mit größerer Verkehrsbedeutung durch Verordnung zu Hauptbahnen zu erklären, weil ihnen eine
besondere Bedeutung für einen leistungsfähigen Verkehr - insbesondere mit internationalen
Verbindungen oder im regionalen Verkehr - zukommt oder sie hiefür ausgebaut werden sollen. Auf
die Antwort zu Frage 5 darf verwiesen werden.

Frage 7:

Welche der nötigen, über die geplante Hauptbahnerklärungs-Verordnung, die mehrere Monate
nach Inkrafttreten wenigstens einige Abgrenzungsfragen aufgreift, hinausgehenden weiteren
Klärungen und Koordinationsschritte im nunmehr zuständigkeitsmäßig zersplitterten
Eisenbahnbehördenbereich werden sie in welcher Weise bis wann setzen?


Antwort:

Es wurden bereits Informationsveranstaltungen zwischen Experten des Bundesministeriums für
Verkehr, Innovation und Technologie/Obersten Eisenbahnbehörde und Eisenbahnexperten der
Ämter der Landesregierungen durchgeführt. Eine weitere solche Informationsveranstaltung ist für
Herbst dieses Jahres in Aussicht genommen.

Frage 8:

Wann und wie werden Sie die zahlreichen nach dem Vorblatt zum Entwurf der
Hauptbahnerklärungs-Verordnung davon nicht umfassten und damit offenbleibenden Fragen in
anderen Regelungsbereichen bis hin zum ÖPNRV-G lösen?

Antwort:

Im Vorblatt zum Entwurf einer Hauptbahnerklärung-Verordnung wurde unter der Überschrift
“Finanzielle Auswirkungen" lediglich klargestellt, dass sich die Unterscheidung der
österreichischen Schienenbahnen in Haupt- und Nebenbahnen finanziell nicht auf andere
gesetzliche Regelungsbereiche, wie etwa das ÖPNRV-G oder das Privatbahngesetz auswirkt.
Durch die Erlassung einer Hauptbahnerklärungs-Verordnung ergeben sich für diese
Regelungsbereiche keine offenen Fragen.

Frage 9:

Wie ist beispielsweise im Fall der Aspangbahn, die mit ihren Anschlussstrecken drei Bundes-
länder betrifft und (Oberwart-Szombathely) auch vor ihrer neuerlichen internationalen Einbindung
steht, a) die landesgrenzüberschreitende Koordination gesichert und b) die Nichtaufnahme in das
Hauptbahnnetz begründet?

Antwort:

Die Aspangbahn wurde im Lichte ihrer gegenwärtigen Verkehrsbedeutung nicht in den Entwurf
einer Hauptbahnerklärungs-Verordnung aufgenommen. Sollten sich im Zusammenhang mit dem
Ausbau des “Systems Südbahn" neue Aspekte ergeben, könnte ihre Erklärung zur Hauptbahn
mittels Verordnung des Bundesminsters für Verkehr, Innovation und Technologie geprüft werden.
Die landesgrenzenüberschreitende Koordination bei Verwaltungsverfahren für die Aspangbahn
liegt im Verantwortungsbereich der jeweils zuständigen Landeshauptmänner. Hinzuweisen ist auf
§ 4 AVG, der in diesem Falle vorsieht, dass die zuständigen Landeshauptmänner einvernehmlich
vorzugehen haben.

Frage 10:

Werden Sie insbesondere Schritte setzen wie die von Ihnen über die Medien angekündigten
Vertragsabschlüsse zu den ehemaligen Bundesstraßen mit den Bundesländern, die offenbar die
mit der überhasteten Verwaltungsreform und Verländerung verbundenen Abstimmungsprobleme,
Koordinationsmängel und Mehraufwände wenigstens in diesem Teilbereich regeln sollen, und
wenn ja, bis wann wird dies auch im Schienenbereich erfolgen und mit welchen konkreten
Inhalten?

Antwort:

An derartige Vertragsabschlüsse ist nicht gedacht, da mit dem Deregulierungsgesetz 2001
Behördenzuständigkeiten geändert wurden, die nicht durch Vertrag abänderbar sind, und es sich
bei den im Eisenbahngesetz 1957 normierten Aufgaben der Eisenbahnbehörden um Tätigkeiten
im Rahmen der Hoheitsverwaltung und nicht um solche der Privatwirtschaftsverwaltung handelt.


Frage 11:

Ist an eine "Verländerung" von Bahninfrastrukturen analog zur Abgrenzung nach der im Entwurf
vorliegenden Verordnung gedacht?

Antwort:

Wenn unter “Verländerung" von Bahninfrastrukturen die vollständige Übertragung von
Finanzierungsverantwortlichkeiten für sämtliche nicht von dem gegenständlichen VO-Entwurf
erfassten vom Bund auf die Länder gemeint ist, ist diese Frage aus heutiger Sicht zu verneinen.