4185/AB XXI.GP
Eingelangt am: 10.09.2002
BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft:
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Maier,
Kolleginnen und Kollegen vom
11. Juli 2002, Nr. 4224/J, betreffend Raps-, Sonnenblumen-, Kürbiskern-
und Olivenölen
(aus dem Handel) mit Rückständen von Trifluralin,
Chlorkohlenwasserstoffen (OCP und
PCBs) und Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) - Weitere
Maßnah-
men, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen.
Einleitend
ist klarzustellen, dass die Festsetzung von Rückstandsgrenzwerten von
Schäd-
lingsbekämpfungsmitteln bei Lebensmitteln pflanzlichen oder tierischen
Ursprungs nach dem
Lebensmittelgesetz 1975 und der
Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung in
die Zuständigkeit des Bundesministers für soziale Sicherheit und
Generationen fällt.
Zu den Fragen 1 und 2:
Die Auffassung, dass die genannten Untersuchungen ein
insgesamt zufriedenstellendes Bild
ergeben, wird geteilt.
Zu Frage 3:
Es darf auf die nachfolgenden Ausführungen zu den
einzelnen Wirkstoffen verwiesen wer-
den.
Zu Frage 4:
Die Verwendung im Sonnenblumenanbau ist von den
zugelassenen Indikationen her für
mittlere bis schwere Böden abgedeckt. In 2/15 Proben wurden
Rückstände mit 0,005 und
0,017 mg/kg gefunden. In der
Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung ist als
Grenzwert für “Sonstige" mit 0,1 mg/kg angeführt. Dies
gilt für das Ernteprodukt, d.h. für die
Sonnenblumenkerne. Gemäß § 6 Abs. 1 der
Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerte-
verordnung ist für verarbeitete Lebensmittel der Produktionsprozess mit zu
berücksichtigen,
um sicherzustellen, dass aus verkehrsfähigen Ausgangs- oder Ernteprodukten
verkehrsfähi-
ge verarbeitete Lebensmittel entstehen.
Der Ölgehalt von Sonnenblumenkernen beträgt etwas
mehr als 40 %, sodass eine errech-
nete Toleranz für
Trifluralin bei rund 0,2 mg/kg zu liegen käme. Das heißt, dass beim
höchsten gefundenen Wert nicht einmal 10 % der Toleranz erreicht worden
sind.
Trifluralin
darf und kann nicht im Kürbisanbau verwendet werden. Grundsätzlich
kann hier
die Belastung sowie bei Bioprodukten über Verfrachtung und Abtrift (siehe
die Beantwortung
der Frage 5) auch durch Aufnahme von Restmengen des Wirkstoffes über den
Boden (Vor-
kulturen, zB Raps oder Sonnenblumen) herrühren. In 5/13 Proben wurden
Rückstände von
Trifluralin (maximal 0,023 mg/kg) gefunden. Unter Berücksichtigung des
Ölgehaltes von Kür-
biskernen ergibt sich auch hier, dass in keinem Fall 10 % der für das
Kürbiskernöl errechen-
baren Toleranz erreicht worden sind.
Betrachtet man die Gesamtheit der untersuchten Öle, so
ist festzustellen, dass bei einer
konservativen Abschätzung der Verzehrsmengen der ADI-Wert
(“acceptable daily intake",
d.h. jene Menge, die ein Leben lang bei ausreichendem Sicherheitsfaktor
täglich aufgenom-
men werden darf, ohne dass irgendwelche negativen Folgen zu gewärtigen
sind) von 0,0075
mg/kg Körpergewicht zu weniger als 1 % erreicht wird.
Zu den Fragen 5 und 6:
Trifluralin wurde und wird nicht in der biologischen
Produktion verwendet. Der Wirkstoff ist
sehr flüchtig, insbesondere in Gegenwart von Wasser. Daher erfolgt im Zuge
der Applikation
ein sofortiges Einarbeiten in den Boden. Es gibt Studien, die belegen, dass bei
nur ober-
flächlichem Auftrag auf feuchtem Boden 50 % bis 90 % der applizierten
Menge binnen Stun-
den bis weniger Tage abdunsten. Der Wirkstoff Trifluralin ist ferner bekannt
für “long range
transport" Phänomene. Spuren von Trifluralin mit vermuteter Herkunft
aus China wurden z.B.
in der Kanadischen Arktis gefunden. In den fraglichen “beprobten"
Gebieten ist es daher
grundsätzlich nicht auszuschließen, dass es über die
Luftverfrachtung zu geringfügigen Be-
lastungen auch nicht unmittelbar angrenzender biologisch bewirtschafteter
Flächen kommen
kann.
Zu Frage 7:
PCB's konnten in keiner der untersuchten Ölproben
nachgewiesen werden. PCB's waren
und sind keine Pflanzenschutzmittelwirkstoffe.
Bei den OCP's ist zu unterscheiden zwischen Verbindungen,
die einmal Pflanzenschutzmit-
tel- oder Schädlingsbekämpfungsmittelwirkstoffe waren und nur aus
dieser Applikation in die
Umwelt gelangt sind (DDT, Endrin, Methoxychlor u.a.m.) und solchen, für
die es auch andere
Quellen gibt oder geben kann (HCB, alle Hexachlorcyclohexane).
Ein
nennenswerter Einsatz von OCP's als Pflanzenschutzmittel liegt in der Regel in
Öster-
reich etwa 30 Jahre zurück (Anmerkung: Endosulfan wird nur analytisch zu
den OCP's ge-
zählt, nicht aber in Bezug auf seine sonstigen Eigenschaften). Die
Halbwertszeiten der be-
troffenen Verbindungen liegen typischerweise aber im Bereich mehrerer Jahre und
die Sub-
stanzen haben auf Grund ihrer Lipophilie einen hohen BCF
(Biokonzentrationsfaktor), der zur
Anreicherung in der Nahrungskette und insbesondere in den Fett- oder
Ölzellen führt.
Bemerkenswert - aber auch im Einklang mit vielen bereits sonst vorliegenden
Untersu-
chungsergebnissen - ist, dass aus der großen Gruppe der OCP's nur einige
wenige als be-
lastungsbildend in den untersuchten Ölen auftreten. Gänzlich
unauffällig waren Raps-, Son-
nenblumen-, Maiskeim- und Olivenöle. Es ist bekannt, dass Kürbiskerne
Sammler von HCB
(für HCB sind vielerlei Quellen möglich) sind. Begründet liegt
dies vor allem in dem Transport
über die Gasphase (bodenaufliegend, kleinklimatische Bedingungen unter dem
Blätterdach).
Es erfolgt hier eine Anreicherung, so dass aus HCB-Belastungen des Bodens, die
analytisch
nicht nachweisbar sind, nachweisbare Rückstände in den
Kürbiskernen und ihrem Öl resul-
tieren
können.
Durch Setzen eines Höchstwertes, der auf diese nicht
in zeitlichem oder örtlichem Zusam-
menhang mit einer Applikation
stehende und daher unvermeidbare Belastung Rücksicht
nimmt, wurde der speziellen Situation bei Kürbiskernen und
Kürbiskernöl Rechnung getra-
gen. Der Höchstwert für HCB bei Kürbiskernen von 0,25 mg/kg ist
hier ausnahmsweise auf
den Fettgehalt bezogen und daher 1:1 auch für das Kürbiskernöl
zu übernehmen. In der ge-
genständlichen Studie liegen mit einer Ausnahme alle 10
HCB-Rückstandswerte bei 10 %
dieser Toleranz oder darunter. Anders beim Dieldrin: Hier ist die Toleranz von
0,01 mg/kg
auf Grund des Fettgehaltes der Kürbiskerne für das Öl etwa mit
dem Faktor 2,5 zu multipli-
zieren, sodass eine ölbezogene Toleranz von ca. 0,025 resultiert. Die
gefundenen Werte
sind:
0,005, 0,013, 0,015, 0,020, 0,024, 0,028, 0,037 mg/kg mit dem Median von 0,020.
Seitens des damaligen Bundesamtes und Forschungszentrums
für Landwirtschaft wurde auf
Betreiben und im Einvernehmen mit der Landwirtschaftskammer für Land- und
Forstwirt-
schaft Steiermark mit gutachterlicher Stellungnahme ein nationaler
Höchstwert für Dieldrin in
Kürbiskernen von 0,02 mg/kg beantragt. Dieser Wert wird voraussichtlich
auch in der
nächsten Novelle zur
Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung Eingang
finden.
Zu Frage 8:
PCB's
konnten in keinen Ölen nachgewiesen werden. Wie oben ausgeführt,
können beim
Ölkürbis, selbst bei in Bezug auf HCB und Dieldrin negativen Bodenwerten,
messbare Rück-
stände im Kürbiskernöl resultieren. Dies gilt auch für die
biologische Produktion.
Zu Frage 9;
Beim
beinahe schon ubiquitären Vorkommen bestimmter persistenter Schadstoffe
ist selbst
bei höchster Sorgfalt nicht auszuschließen, dass gelegentlich
messbare Rückstände auftre-
ten. Die seitens des Landes Steiermark bzw. der Erzeugerorganisation
getroffenen Maß-
nahmen zum Ziel der Qualität und Rückstandsfreiheit steirischen
Kürbiskernöls sind jedoch
beispielgebend.
Zu den Fragen 10 bis 13:
Die
Hauptbelastung durch PAK's beim Menschen erfolgt durch Rauch aus
niedertemperatu-
riger, unvollständiger Verbrennung oder Verschwelung, durch Abgase von
nicht optimal ein-
gestellten Verbrennungsmotoren sowie über Lebensmittel, besonders Fleisch
und Fisch.
Toasten, Grillen und Räuchern sind hier als PAK-vermehrende
Zubereitungsarten bedeu-
tend. Eine weitere der Größe nach schwer abschätzbare Quelle
für PAK's stellt der laufende
Eintrag von interstellaren Staubpartikeln dar, die als Fracht vielerlei
organische Grundbau-
stoffe, die wie im Fall der PAK's Precurser von Steroidstrukturen sind,
mitführen.
Die
Festsetzung von Grenzwerten bei Schädlingsbekämpfungsmitteln obliegt
dem Bundes-
minister für Soziale Sicherheit und Generationen im Rahmen der
Schädlingsbekämpfungs-
mittel-Höchstwerteverordnung.
Ergänzend darf auf obige, allgemeine Ausführungen
verwiesen werden.
Zu Frage 14:
Kürbiskernöl
ohne Herkunftsangabe kann aus Kernen beliebiger Provenienz gepresst wer-
den. Regulierende Maßnahmen sind hier über die
Verkehrsfähigkeit nach dem Lebensmittel-
gesetz möglich. Es ist richtig, dass Ungarn und China als Produzenten von
Kürbiskernen
bedeutsam sind, wobei chinesische Kürbiskerne (die häufig einen
geringeren Chlorophyllge-
halt aufweisen, kleiner sind und neutral schmecken) gerne für Backwaren
verwendet werden.
Seit
1998 hat “Steirisches Kürbiskernöl" gemäß
Artikel 5 der Verordnung (EWG) 2081/92
einen Gebietsschutz (ggA = geschützte geografische Angabe). Nur
Kürbiskerne aus vielen
Gebieten der Steiermark, einige aus dem Burgenland (Jennersdorf, Güssing,
Oberwart) und
einige aus Niederösterreich (wie zB Hollabrunn, Horn, Mistelbach, Melk
u.a.) dürfen zu “Stei-
rischem Kürbiskernöl" verarbeitet werden. Diese Vorgaben werden
über die Produktionsflä-
chen, Erntemengenkontrollen, Mengenbescheinigungen bei den Ölmühlen
und Vergabe von
Kontrollnummern durch die Agrarmarkt Austria kontrolliert. Die Akkreditierung
(EN ISO
17025) des gesamten Kontrollsystems beim Qualitätsinstitut für
Steirisches Kürbiskernöl in
Silberberg/Leibnitz durch das BMWA steht unmittelbar bevor. Damit gehört
das Steirische
Kürbiskernöl zu den am besten kontrollierten Spezialitäten in
Europa.
Zusätzlich ist es in der Steiermark bereits
geübte Praxis, dass Flächen, auf denen mit
Dieldrin oder HCB belastete Kerne geerntet worden sind, aus der Produktion
genommen
werden. Weiters werden alle Verkäufer - abhängig von der produzierten
Menge - verpflich-
tet, ihr Öl in regelmäßigen Abständen auf
Pestizidbelastungen untersuchen zu lassen.