4191/AB XXI.GP
Eingelangt am: 11.09.2002
Bundeskanzler
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Glawischnig,
Freundinnen und Freunde haben
am 11. Juli 2002 unter der Nr. 4195/J an mich eine schriftliche
parlamentarische An-
frage betreffend Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen
Mißbrauch
von Umweltrichtlinien durch die Bundesländer gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 6:
Der
Stand der Umsetzung von EG-Richtlinien im Bereich der Umweltangelegenhei-
ten wird - wie auch der Stand der Umsetzung aller anderen EG-Richtlinien - vom
Bundeskanzleramt und vom Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten
evident gehalten. Die jeweils betroffenen Bundesministerien sowie auch die
Länder
werden über die sie treffenden Umsetzungsverpflichtungen informiert, und
es wird
auch in regelmäßigen Abständen in der Form von Berichten an den
Ministerrat auf
bestehende Umsetzungsdefizite hingewiesen. Im Gefolge einer solchen Befassung
des Ministerrates werden insbesondere auch die Länder auf die in ihrem
Bereich
bestehenden Umsetzungsdefizite schriftlich hingewiesen. Zuletzt ist dies mit
Schrei-
ben vom Juni 2002 geschehen. Meiner Ansicht nach besteht also ein hinreichendes
innerstaatliches Monitoring zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht. Im
übrigen kann
ich darauf hinweisen, daß das Parlament über die Einleitung von
Vertragsverlet-
zungsverfahren gegen die Republik Österreich regelmäßig
informiert wird.
Zu Frage 2:
Im Rahmen der Begutachtung von Gesetzes- und
Verordnungsentwürfen der Länder
durch die zuständigen Bundesministerien werden vom jeweils
zuständigen Bundes-
ministerium auch Fragen der Übereinstimmung mit dem Recht der
Europäischen Uni-
on
wahrgenommen.
Zu Frage 3:
Art.
98 Abs. 2 B-VG statuiert die Gefährdung von Bundesinteressen als
Einspruchs-
grund, wobei dieser freilich nur geltend gemacht werden kann, wenn die
bestehen-
den Bedenken nicht bereits
vor Einleitung der Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen
einer Stellungnahme zum zugrunde liegenden Entwurf releviert werden konnten.
Ist
zuvor Gelegenheit zu einer solchen Stellungnahme gegeben worden, so darf sich
der
Einspruch nur auf einen behaupteten Eingriff in die Zuständigkeit des
Bundes grün-
den. Hiedurch wird die Möglichkeit einer Einspruchserhebung weitgehend
reduziert.
Ob die Bundesregierung von ihrem Einspruchsrecht Gebrauch
macht, die Zustim-
mung zur vorzeitigen
Kundmachung des Gesetzesbeschlusses erteilt oder die acht-
wöchige Einspruchsfrist ungenützt verstreichen läßt, ist
eine Frage des der Bundes-
regierung zustehenden gänzlich freien, und In diesem Sinne auch
politischen, Er-
messens. Die Bundesregierung ist unter keinen Voraussetzungen verpflichtet,
einen
Einspruch zu erheben oder auch die Zustimmung zur vorzeitigen Kundmachung des
Gesetzesbeschlusses
zu erteilen.
Die Bundesregierung übt das ihr gemäß Art.
98 Abs. 2 B-VG zustehende Ein-
spruchsrecht mit großer Zurückhaltung aus. Vom Jahr 1995 bis heute
wurden nur
sechs Einsprüche erhoben. Keiner davon wurde auf die Gefährdung von
Bundes-
interessen durch Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht gestützt.
Es wird jedoch bei einer im Verfahren nach Art. 98 B-VG
erkannten Belastung eines
Gesetzesbeschlusses mit Gemeinschaftsrechtswidrigkeit dem Landeshauptmann
des betreffenden Bundeslandes hievon Mitteilung gemacht, um die unverzügliche
Behebung dieses Mangels im Wege eines weiteren Gesetzgebungsaktes zu
ermög-
lichen.
Diese Beschlußpraxis dient mir bei der Vorbereitung
der den Beschlüssen der Bun-
desregierung zugrunde liegenden Ministerratsvorträge als Leitlinie. Welche
Motive
die Bundesregierung bzw. deren einzelne Mitglieder bei jeder dieser
Beschlußfas-
sungen leiteten, entzieht sich einer Auskunftserteilung durch den
Bundeskanzler.
Zu den Fragen 4 und 5:
Nach § 2 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBI.
45, tragen der Bund und die
übrigen Gebietskörperschaften, sofern die zuständige
Gesetzgebung nichts anderes
bestimmt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt. §
3
Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes 2001, BGBI. l Nr. 3/2001, führt
näher aus, daß
die
jeweils betroffenen Länder zur Tragung jener Kosten verpflichtet sind, die
der Re-
publik Österreich Im Zusammenhang mit Verfahren vor dem Gerichtshof der
Europä-
ischen Gemeinschaften wegen
eines EG-rechtswidrigen Verhaltens der Länder er-
wachsen.
Hat
somit ein Land gegen seine Verpflichtung nach Art. 23d Abs. 5 B-VG
verstoßen
und jene Maßnahmen nicht getroffen, die in seinem selbständigen
Wirkungsbereich
zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der europäischen
Integration erfor-
derlich gewesen wären, so kann der Bund bei jenem Land gemäß
den genannten
Bestimmungen Regreß nehmen. Die geltende Rechtslage entspricht daher
bereits
der den ggst. Fragen zugrunde liegenden Intention.
Zu den Fragen 7 und 8:
In der laufenden Legislaturperiode wurden von der
Europäischen Kommission an die
Republik Österreich bisher die folgenden Mahnschreiben In
Umweltangelegenheiten
(im Sinne der Z 16 bis 19 des Abschnitts H des Teils 2 zu § 2 BMG)
gerichtet:
Über diese Mahnschreiben hinausgehend (wobei die ihnen
zugrunde liegenden Ver-
tragsverletzungsverfahren teilweise bereits wieder eingestellt wurden) sind
derzeit
noch die folgenden Vertragsverletzungsverfahren (gegliedert nach dem
Verfahrens-
stand “Begründete Stellungnahme" sowie “Anhängige
Klage beim Europäischen
Gerichtshof) in Umweltangelegenheiten gegen die Republik Österreich
anhängig;
2. Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens - begründete Stellungnahme der EK:
3. Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens - Klage vor dem EuGH: