4200/AB XXI.GP
Eingelangt am: 11.09.2002
Bundesministeriurn
für
Bildung,
Wissenschaft
und
Kultur
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
4230/J-NR/2002 betreffend Bericht der
Bundesregierung zur Durchforstung der
österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich
behindertenbenachteiligter Bestimmungen (III-178 der Beilagen, XX. Gesetzgebungsperiode),
die
die Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen am 11. Juli 2002
an mich
richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad 1. bis 3.:
Zum
Bereich öffentlich zugängliche Baulichkeiten ist zu bemerken, dass
mit der im Jahr 2001 neu
erschienen ÖNORM B1602 Maßnahmen bestimmt wurden, die einen
barrierefreien Zugang und
eine barrierefreie Benutzung speziell der Bildungsbauten gewährleisten
sollen. Diese ÖNORM
kommt, wie die schon bisher auf Bauten allgemein abgestimmte ÖNORM B1600
bei Planung und
Ausführung von Neubauten und Generalsanierungen für die vom Bund
erhaltenen Schulen sowie
den Universitäten als Einrichtungen des Bundes verbindlich zur Anwendung.
Maßnahmen in
bestehenden Bauten werden sich ebenfalls an den umfangreichen Regelungen dieser
Norm
orientieren.
Im Zuge laufender oder noch bevorstehender Neubau-,
Erweiterungs- oder
General
Sanierungsvorhaben werden die in der ÖNORM B1602 festgelegten
Maßnahmen umgesetzt
werden. Der Zeitpunkt der
Umsetzung dieser Maßnahmen hängt von den jeweiligen
Bauterminplänen laufender Vorhaben bzw. der Realisierbarkeit notwendiger
künftiger Projekte ab.
Verbesserungen im Bestand werden laufend, je nach örtlichen Gegebenheiten
und Verfügbarkeit
der notwendigen Mittel, durchgeführt
In allen Bundesmuseen wurden umfassende Maßnahmen
gesetzt, um behinderten Menschen den
problemlosen Zugang zu den Schau- und Ausstellungsräumen zu
gewährleisten. Im Zuge des
Umbaus und der Renovierung von Museumsgebäuden (insbesondere MAK -
Österreichisches
Museum für angewandte Kunst,
Österreichisches Theatermuseum, Technisches Museum,
Belvedereschlösser und Atelier im Augarten, Kunst- und Naturhistorisches
Museum sowie Museum
moderner Kunst Stiftung Ludwig) wurde auf die behindertengerechte
Ausstattung besonderes
Augenmerk gelegt, u.a. verfugen die Museen
über folgende Einrichtungen:
- behindertengerechte Toilettenanlagen
- bewegliche Rampen zur Überwindung von Stiegen für Rollstuhlfahrer
- für Rollstühle geeignete Aufzüge zu den einzelnen Museumsbereichen
- bei Museen mit eigenen Parkarealen Reservierung von
mindestens einem Parkplatz für
Behindertenfahrzeuge
- Rollstühle, die bei Bedarf kostenlos zur Verfügung gestellt werden
Die Bundesmuseen haben weiters spezielle Programme für
behinderte Besucher entwickelt Sie
bieten im Bedarfsfall Sonderführungen an und gewähren behinderten
Menschen ermäßigte
Eintrittspreise. Für bestimmte Behindertengruppen (wie z.B.
Schwerkriegsbeschädigte) bzw.
Besucherinnen im Verband spezieller
Organisationen kann auch freier Eintritt gewährt werden.
Zusätzlich zu den bereits umgesetzten Maßnahmen
wurden entsprechende weitere Adaptierungen
im Bereich des Museumsquartiers (wie der Einbau automatischer Tore, ein
Blindenleitsystem im
Haupthof und ein zusätzlicher Lift im
Eingangsbereich Breitegasse) in Auftrag gegeben und werden
bis zum Jahr 2003 abgeschlossen sein. Nach Beendigung der umfassenden
Erweiterungs- und
Renovierungsarbeiten wird ab März 2003
auch die Albertina behindertengerecht erschlossen und in
allen Bereichen für behinderte
Menschen zugänglich sein.
Zum Thema “Aufnahme als ordentlicher
Schüler", “körperliche Eignung", “Aufnahme- und
EignungsprüfungsVO" sowie
“§ 121 SchOG" ist festzuhalten, dass durch die Novelle zum
Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 766/1996, die gesetzlichen
Grundlagen für die Betreuung von
körper- und sinnesbehinderten Kindern im gesamten Bereich der allgemein
bildenden und
berufsbildenden Schulen geschaffen wurden:
Gemäß §§ 16 Abs. 5, 29 Abs. 2, 39 Abs. 3, 55a Abs.
2
und 68a Abs. 2 hat die Schulbehörde erster Instanz unter
Bedachtnahme auf die Behinderung und
die Förderungsmöglichkeiten sowie die grundsätzliche Aufgabe der
jeweiligen Schulart
Abweichungen vom Lehrplan festzulegen.
Im Bereich der Akademien nach Akademien-Studiengesetz 1999
(BGBl, 1 Nr. 94/1999) können
die Studienkommissionen im Rahmen ihrer durch das AStG erhaltenen Autonomie
Studienpläne
erlassen, die auf Behinderungen Bedacht nehmen (vgl. dazu §§ 6 bzw. 7
AStG). Damit ist das
Aufnahmserfordernis der körperlichen Eignung im Hinblick auf die dennoch
mögliche Erfüllung
der Bildungsziele der entsprechenden
Ausbildung relativiert zu sehen.
Zum Themenbereich
“Bildungsangebot für behinderte Kinder nach der Schulpflicht"
ist
festzuhalten, dass in einer
beabsichtigten Novelle zum Berufsschullehrplan - Stadium vor
Kundmachung - ebenfalls die
Möglichkeit geschaffen werden soll, für körper- und
sinnesbehinderte
Schüler Lehrplanabweichungen zu
treffen, um ihnen auf diesem Weg den erfolgreichen Abschluss
der jeweiligen Berufsschulausbildung zu ermöglichen. Ferner darf im
Bereich der dualen
Berufsausbildung auch auf die Vorlehre (vgl. § 8b des
Berufsausbildungsgesetzes, erstmals in
BGBl, l 1998/100 idF BGBl, l 2000/83) hingewiesen werden, die eine zeitliche
Ausdehnung der
Lehrzeit für benachteiligte Jugendliche
(Jugendliche mit Lernschwierigkeiten bzw. Jugendliche, die
auf Grund ihrer
Persönlichkeitsstruktur schwer ins Berufsleben integrierbar sind)
ermöglicht.
Ergänzend zum Bericht der Bundesregierung ist
festzustellen, dass in den Verfahrensbestimmungen
des
Schulunterrichtgesetzes durch die Novelle BGBl, l Nr.78/2001 Benachteiligungen,
die sich für
Behinderte
ergeben könnten, beseitigt wurden (§ 70 Abs. 2a). Darüber hinaus
erfolgte eine Öffnung
in Hinblick auf mögliche elektronische (automatisationsunterstützte)
Einbringungsarten. Ferner darf
auf die
Schulorganisationsgesetz-Novelle BGBl l Nr. 132/1998 hingewiesen werden, die
die
Möglichkeit eröffnete, an
Sonderschulen ab dem Schuljahr 2001/02 ein Berufsvorbereitungsjahr zu
führen. Die lehrplanmäßige Umsetzung erfolgte mit BGBl. II Nr. 290/2001. Der Lehrplan des
Berufsvorbereitungsjahres an Sonderschulen
beinhaltet in Anlehnung an den Lehrplan der
Polytechnischen Schule (BGBl, II Nr. 236/1997)
berufsbezogene Aspekte, die zur Vorbereitung auf
das Arbeitsleben dienen
sollen. Im Lehrplan erfolgt eine Gliederung des Bildungsangebotes in
einen allgemein bildenden und einen berufspraktischen Bereich, um
möglichst individuell auf
unterschiedliche Begabungen reagieren zu
können. Durch die beabsichtigten Novellen zum
Schulorganisationsgesetz bzw. zum
Schulpflichtgesetz - diese Vorhaben befinden sich derzeit in
parlamentarischer Behandlung - soll
nunmehr im gesamten allgemein bildenden Pflichtschulbereich
die Integration im Regelschulwesen
ermöglicht werdet (Überführung der Schulversuche im Bereich
der Integration an Polytechnischen
Schulen).
Die beabsichtigten Regelungen sollen
größtmögliche Flexibilität der Organisation des
Schulbesuches
für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der
Förderschule - durch die
in diesem Gesetzesvorhaben
beabsichtigte Umbenennung der “Sonderschule" in
“Förderschule"
sollen auch sprachliche Barrieren abgebaut werden - Hauptschule und
Polytechnischen Schule
schaffen. Zudem soll dadurch sichergestellt werden, dass jedes Kind am Ende der
allgemeinen
Schulpflicht in den Genuss von
berufsvorbereitenden und berufsorientierenden Inhalten gelangt und
somit optimal auf den Eintritt in das
Arbeitsleben vorbereitet wird.
Ad 4.:
Für die Zulassung zum Studium an Pädagogischen
Akademien ist gemäß § 121 des Schul-
organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962
i.d.g.F., die “körperliche Eignung für die Ausbildung an
der Pädagogischen Akademie"
als Aufnahmsvoraussetzung vorgesehen. Der Begriff “körperliche
Eignung" wird an der genannten Stelle nicht definiert, die
erforderliche Qualifikation ergibt sich
daher aus den entsprechenden
Dienstrechtsgesetzen, die in den besonderen
Ernennungserfordernissen für die
einzelnen Lehrämter unmittelbar an die entsprechenden
Ausbildungen an der
Pädagogischen Akademie anknüpfen.
Auf Basis der geltenden Rechtslage
muss daher sichergestellt werden, dass die Absolventinnen und
Absolventen
der Pädagogischen Akademien auch körperlich in der Lage sind, den
Anforderungen
des
Berufes voll zu entsprechen. Dies bedeutet jedoch, dass nur solche
Aufnahmswerberinnen und
Aufnahmsbewerber zum Studium
an Pädagogischen Akademien zugelassen werden dürfen, die
voraussichtlich in der Lage sein werden,
die Anforderungen des angestrebten Berufes zu erfüllen.
Ad 5.:
Gem.
§ 97 Abs. 1 bzw. § 105 Abs.
1 SchOG setzt die Aufnahme in eine Bildungsanstalt “die
erfolgreiche Erfüllung der ersten acht Jahre der allgemeinen Schulpflicht
und die erfolgreiche
Ablegung einer Eignungsprüfung" voraus.
In der
Aufnahms- und Eignungsprüfungsverordnung
(BGBl. Nr. 291/1975, zuletzt
geändert
BGBl. II Nr. 172/1999) ist im
§2 der “Zweck der Aufnahms- und Eignungsprüfung" definiert:
Sie “dient der
Feststellung, ob der Aufnahmsbewerber die Eignung für die betreffende
Schule
aufweist".
Diese Bestimmungen gelten für alle Bewerber/innen! Es
wir also festgestellt, ob jemand (ob
behindert oder nicht) für die Ausbildung (Erfüllung des Lehrplanes
und damit auch für den
künftigen Beruf) geeignet ist.
Ad 6. und 7.:
Im Zuge der Einführung der Vollrechtsfähigkeit
durch das Universitätsgesetz 2002 werden die Uni-
versitäten und Universitäten der Künste in juristische Personen
des öffentlichen Rechts umgewan-
delt und haben die ihnen übertragenen
Aufgaben autonom und selbstständig zu besorgen.
Die Berücksichtigung der Erfordernisse von behinderten
Menschen wurde dabei als besonderes
Anliegen in den leitenden Grundsätzen für die Universitäten bei
Erfüllung ihrer Aufgaben in § 2
Z. 11 Universitätsgesetz 2002 verankert. Die Universitäten haben
somit auch geeignete Angebote
und eine geeignete Infrastruktur für behinderte Menschen durch
behindertenfreundliches Bauen
oder behindertengerechte Lehrangebote zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus wurde der
Anspruch auf eine abweichende
Prüfüngsmethode für behinderte Menschen in § 59 des
Universitätsgesetzes 2002
festgeschriebenen.
Die Festlegung und Umsetzung der notwendigen
Maßnahmen erfolgt autonom durch die Universi-
täten.
Im Rahmen der dreijährigen
Leistungsvereinbarungen können in Zukunft seitens des Bundesminis-
teriums Anreize und Auflagen
erfolgen, durch Organisation und Angebot der Universitäten die
Studiermöglichkeiten von Behinderten zu
verbessern.
Durch
die Änderungen der §§ 19 Abs. 3 und 4, 26 Abs. l, 29 sowie 68
des Studienförderungs-
gesetzes 1992 durch die Bundesgesetze BGBl, l Nr. 23/1999 und 76/2000 sowie
durch die
Verordnung der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, BGBl. II Nr. 262/1999
wurde eine entsprechende Rechtslage
geschaffen. Danach können behinderte Studierende je nach
ihrer spezifischen Behinderung um bis
zu drei Semester je Studienabschnitt länger Studienbeihilfe
beziehen und bis zu 400 € monatlich höhere Studienbeihilfen
erhalten als nicht behinderte
Studierende.
Auch die speziell für Behinderte
sinnvolle Förderung von Fernstudien ist sowohl durch Studienbei-
hilfen
als auch durch Studienunterstützungen möglich.
Die Evaluation der
Förderungsmaßnahmen und eine Analyse der Situation von behinderten
Studie-
renden wird einen Schwerpunkt
des “Berichts zur sozialen Lage von Studierenden 2002" bilden.
Dieser Bericht der auf einer
repräsentativen Erhebung des Instituts für höhere Studien im
April und
Mai 2002 aufbaut, wird voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2003
veröffentlicht und auch dem
Nationalrat übermittelt werden.
Im Universitätsgesetz 2002 ist - ebenso wie bereits im
Universitäts-Studiengesetz - vorgesehen,
dass Studierende das Recht auf eine
“abweichende Prüfungsmethode" haben, wenn die oder der
Studierende eine länger
andauernde Behinderung nachweist die ihr oder ihm die Ablegung der Prü-
fung in der vorgeschriebenen Form unmöglich macht und der Inhalt
und die Anforderungen der
Prüfung durch eine abweichende Methode
nicht beeinträchtigt werden.
An der Universität Graz wird mit Wirksamkeit vom
Wintersemester 2002/2003 im Rahmen des
Diplomstudiums Übersetzen und
Dolmetschen als zusätzliche Sprache für Gehörlose Studierende
die “Österreichische
Gebärdensprache" eingerichtet und somit institutionalisiert.
Ad 8.:
Bereits derzeit können Studierende, die ein
Fernstudium an einer österreichischen Bildungseinrich-
tung
betreiben, Studienbeihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992
erhalten. Studierende an
anerkannten
ausländischen Fernuniversitäten (z.B.. Open University London und
Fernuniversität
Hagen)
können nach Richtlinien Studienunterstützungen des Bundesministeriums
für Bildung, Wis-
senschaft
und Kultur beziehen. Dabei kann auf Bedürfnisse behinderter Studierender
bereits jetzt
spezifisch
eingegangen werden.