4265/AB XXI.GP
Eingelangt am: 07.11.2002
BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft:
Auf
die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen
vom 20. September 2002, Nr. 4416/J, betreffend Umsetzung der
Temelin-Beschlüsse,
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu den Fragen 1 bis 12:
Eingangs halte ich fest, dass die Tschechische Regierung
sich weiterhin klar zum “Melker
Prozess und zum Abkommen von Brüssel" bekennt. Dies haben sowohl der
Minister-
präsident der Tschechischen Republik, V. SPIDLA, in einem Schreiben an den
Herrn
Bundeskanzler als auch der tschechische Außenminister, C. SVOBODA, bei
einem jüngst
stattgefundenen Treffen mir gegenüber bestätigt. Es ist daher davon
auszugehen, dass
diese Vereinbarungen umgesetzt werden.
Im
Zusammenhang mit der Bedeutung der “Vereinbarung von Brüssel"
im Rahmen der Bei-
trittsverhandlungen verweise ich auf die primäre Zuständigkeit des
Bundesministeriums für
auswärtige Angelegenheiten. Unbeschadet dessen versichere ich, dass alle
befassten Mit-
glieder der Bundesregierung größte Anstrengungen unternehmen, die
anderen Mitglied-
staaten davon zu überzeugen, dass eine Aufnahme der bilateralen
Verpflichtungen aus der
“Vereinbarung von Brüssel" in ein Protokoll zur Beitrittsakte
unabdingbar ist und dass diese
Absicht auch vom tschechischen Außenminister bestätigt wurde.
Die
“Road-Map" definiert ein Termingerüst betreffend Umsetzung der
“Vereinbarung von
Brüssel". Ich halte fest, dass bislang alle vereinbarten Schritte zur
Umsetzung der “Road
Map" erfolgt sind. So hat die Arbeitsgruppe zum Vergleich der
radiologischen Folgen von
BDBA (Auslegungsüberschreitende Störfälle) und zur
Harmonisierung der Notfallvorsorge
bereits zweimal getagt und ein umfangreiches Arbeitsprogramm in Angriff genommen.
Hinsichtlich
des von den Medien missverständlich wiedergegebenen Presseinterviews mit
der Vorsitzenden der tschechischen Atomaufsichtsbehörde (SÚJB), D.
DRABOVA, habe ich
mich am 19. September 2002 schriftlich an den tschechischen Außenminister
gewandt und
dabei abermals die Bedeutung der präzisen Umsetzung der Vereinbarung von
Brüssel
betreffend das KKW Temelin unterstrichen. Zwischenzeitlich ist
diesbezüglich eine
Klarstellung erfolgt.
Ich
halte an dieser Stelle ganz klar fest, dass die “Road Map" keine
konkrete Lösung wie
zum Beispiel die Errichtung einer Trennwand für die hochenergetischen
Rohrleitungen auf
der 28,8 m Bühne vorschreibt. Es ist
Sache des Betreibers bzw. der Aufsichtsbehörde, eine
entsprechende Lösung zu präsentieren. In der “Road Map"
wird als Ziel ein “Sicherheits-
nachweis, der einen adäquaten Schutz
gegen den Bruch hochenergetischer Leitungen und
daraus resultierender Versagen der Dampf- und Speisewasserleitungen zeigt, den
An-
forderungen und der Praxis, wie sie innerhalb der EU breit angewendet werden,
entspricht
und aus einer adäquaten Kombination von Maßnahmen besteht",
gefordert. Am 7. und 8.
November 2002 findet das nächste thematische Expertentreffen statt, bei
dem die von der
Tschechischen Republik angekündigten Maßnahmen betreffend die 28,8 m
Bühne
präsentiert, diskutiert und gemeinsam
geprüft werden.
Betreffend die
“Nullvariante" sei daran erinnert, dass die sogenannte
“Null-Option" ein von
Österreich mit Nachdruck eingebrachter Bestandteil des “Melker
Prozesses" war. Zu be-
achten ist aber, dass Entscheidungen über
die nationale Energiepolitik weitestgehend der
nationalen Souveränität unterliegen. Österreich selbst hat sich
die schriftliche Verankerung
dieses Grundsatzes in Form einer gemeinsamen Erklärung in seinem
Beitrittsvertrag zur EU
ausbedungen. Ausstiegsszenarien können somit nur gemeinsam mit dem
betroffenen Staat -
dessen Regierung und dessen Unternehmen - entwickelt werden. Diesbezüglich
hat der da-
malige tschechische Ministerpräsident im Herbst 2001 unter Verweis auf die
nationale
Souveränität hinsichtlich energiepolitischer Entscheidungen eine auch
vom Europäischen
Parlament
angeregte “Ausstiegskonferenz" abgelehnt. Unbeschadet dessen hat
sich der
Bundeskanzler der Republik Österreich nur wenige Tage nach der
Entschließung des
Nationalrates am 22. Juli 2002 in einem Schreiben an den
Ministerpräsidenten der
Tschechischen Republik, V. SPIDLA, gewandt und darin abermals bilaterale
Gespräche über
Alternativen zur kommerziellen Nutzung des KKW Temelin vorgeschlagen. In seinem
Antwortschreiben hat Ministerpräsident V. SPIDLA mitgeteilt, dass die
Tschechische
Republik Alternativen zur kommerziellen Nutzung des KKW Temelin nicht in
Erwägung
ziehe, jedoch die Bereitschaft bestehe, sich mit den österreichischen
Ansichten zu diesem
Thema auseinanderzusetzen. Hingegen gibt es keinerlei Hinweise, dass die
Tschechische
Republik in irgendeiner Weise bereit wäre, sich mit konkreten
Ausstiegsangeboten zu
beschäftigen.
Beim
kürzlich stattgefundenen Arbeitstreffen mit dem tschechischen
Außenminister am
12. Oktober 2002 in Vranov habe ich abermals die österreichische Ansicht,
dass die Nicht-
Inbetriebnahme des KKW Temelin, die sowohl aus ökologischer als auch aus
ökonomischer
Sicht die zu bevorzugende Option wäre, erläutert. Bei diesem Treffen
wurde die Einsetzung
einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe mit dem Titel “Nachhaltige
Energiepolitik in Europa"
vereinbart. Diese Gruppe, bestehend aus österreichischen und tschechischen
Experten, wird
sich sowohl mit der ökologischen und ökonomischen Bewertung der
Energieversorgung als
auch mit Sicherheitsaspekten der Energieversorgung auseinandersetzen.
Hinsichtlich
der Energiepartnerschaft mit der Tschechischen Republik wird Österreich
weiterhin eine effiziente Abwicklung fördern. Ich verweise darauf, dass
neue Projekte wie
zum Beispiel das KWK-Informationszentrum Prag (Kraft-Wärme-Kopplung) und
die modell-
hafte thermische Sanierung eines Plattenbaus in Brunn kürzlich gestartet
wurden.
Am 4. April
2002 habe ich ein Memorandum betreffend Zusammenarbeit mit der
Tschechischen Republik im Klimaschutz unterzeichnet (“Memorandum of
Understanding
regarding bilateral cooperation for the reduction of greenhouse gas
emissions"). Die
vereinbarte Zusammenarbeit zielt in erster Linie auf die Anwendung gemeinsamer
Klimaschutzmaßnahmen (“joint implementation") ab, wie sie im
Kyoto-Abkommen festgelegt
sind. Schwerpunkte der Zusammenarbeit werden unter anderem die Forcierung
erneuerbarer Energieträger und die Verbesserung der Energieeffizienz sein.
Was die Frage von Initiativen auf parlamentarischer Ebene
betrifft, obliegt die Entscheidung
darüber den jeweiligen Parlamenten.