4300/AB XXI.GP

Eingelangt am: 15.11.2002

BUNDESKANZLER

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier und Genossinnen haben am
16. September 2002 unter der Nr. 4295/J an mich eine schriftliche parlamen-
tarische Anfrage betreffend “Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive und Bewa-
chungsgewerbe - gesetzliche Regelungen) gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 6, 8, 9, 11, 14, 17 bis 20:

Diese Fragen betreffen keine Angelegenheiten, die in den Vollzugsbereich des

Bundeskanzleramtes fallen.

Zu Frage 7:

Nach der Rechtsprechung des VfGH ist die Beleihung eines privatrechtsförmigen
Rechtsträgers mit öffentlichen Aufgaben, die unter Einsatz von Imperium zu besor-
gen sind, nicht schlechthin unzulässig. Allerdings muß eine solche Beleihung - wie
jeder Akt der Gesetzgebung - den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, wie
dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot oder dem ver-
fassungsrechtlichen Effizienzgebot entsprechen (VfSIg. 14.473/1996).

Der Gerichtshof hat in seiner Judikatur aber auch weitere Grenzen markiert, die das
B-VG der Betreuung von juristischen Personen mit hoheitlichen Aufgaben durch
den einfachen Gesetzgeber setzt: So ergibt sich zum einen aus dieser Rechtspre-
chung, daß die verfassungsrechtliche Ermächtigung zu derartigen Beleihungen nur
für "vereinzelte Aufgaben" besteht (VfSIg. 3685/1960, 10213/1984). Zum anderen
hat der VfGH (ebenfalls in VfSIg. 3685/1960) erkannt, daß diese Ermächtigung nur
so weit gegeben sei, "als sich nicht aus dem durch den Wesensgehalt der Bundes-
verfassung allgemein bestimmten Aufbau der staatlichen Verwaltung oder aus ein-
zelnen besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung eine Einschränkung er-
gibt". Eine solche sah der Gerichtshof in VfSIg. 3096/1956 (bestätigend VfSIg.
4117/1966) in der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der Unterstellung unter ein


oberstes Organ, das gemäß Art. 76 Abs. 1 B-VG (bzw. gemäß Art. 105 Abs. 2
B-VG) und Art. 142 B-VG verantwortlich ist.

Im gegebenen Zusammenhang erscheint insbesondere relevant, daß der VfGH
davon ausgeht, daß die Vorsorge für die Sicherheit im Inneren und nach außen und
die Ausübung der (Verwaltungs-)Strafgewalt zu den Kernbereichen der staatlichen
Verwaltung zählen, die einer solchen Ausgliederung nicht zugänglich sind (sog.
Kernbereiche staatlicher Aufgaben, die nicht ausgliederbar sind; VfSIg.
14.473/1996).

Zu Frage 10:

Für Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz durch Private gilt zunächst das in
§ 1 Abs. 2 DSG 2000 verankerte Prinzip, wonach Beschränkungen des Anspruchs
auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines
anderen zulässig sind. Auch im Falle einer Bejahung des Vorliegens überwiegender
berechtigter Interessen ist freilich zu beachten, dass ein Eingriff in das Grundrecht
jeweils nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden darf
(§ 1 Abs. 2 letzter Satz DSG).

Welche technischen Hilfsmittel Berufsdetektive bzw. Bewachungsgewerbetreibende
heranziehen dürfen, kann nicht generell-abstrakt beantwortet werden. Vielmehr ist
an Hand jedes konkreten Ausforschungs-, Beobachtungs- und Kontroll- oder Be-
wachungsauftrages zu fragen, welche technischen Mitteln für die Erreichung des
Zwecks tatsächlich geeignet sind und zugleich darauf zu achten, daß ein Eingriff in
die Privatsphäre observierter Personen oder unbeteiligter Dritter nicht unverhältnis-
mäßig ausfällt.

Im Übrigen ergeben sich eindeutige gesetzliche Schranken für den Einsatz tech-
nischer Mittel durch das Sicherheitsgewerbe bereits aus den §§ 118 f StGB. Der
Einsatz technischer Mittel, um den Inhalt verschlossener Briefsendungen zu ermit-
teln, das Abhören von Telekommunikationsanlagen, das Abfangen von Daten aus
Computersystemen, die Verwendung von Tonaufnahmegeräten oder Abhörgeräten
oder Richtmikrofonen, um Kenntnis von nicht öffentlichen oder nicht zur Kenntnis-
nahme durch den Abhörenden bestimmter Äußerungen zu erlangen, ist Privaten
jedenfalls untersagt (vgl §§ 119, 119a und 120 StGB). Aus einschlägigen Bestim-
mungen des SPG kann weiters erschlossen werden, daß es Privaten ohne Zu-
stimmung der Betroffenen weiters untersagt ist, Körperspuren von Menschen einer
DMA-Untersuchung zuzuführen (vgl § 67 SPG).

Zu den Fragen 12 und 13:

Aus der spezifischen Aufgabenstellung des Sicherheitsgewerbes, wie sie sich in
den §§129f GewO widerspiegeln, folgt, daß Fälle denkbar sind, in denen etn
Sicherheitsgewerbetreibender die Beantwortung eines Auskunftsbegehrens nach
§ 26 DSG zu recht unter Verweis auf überwiegende berechtigte Interessen des
Auftraggebers wird verweigern können (vgl. § 25 Abs. 2 DSG). Die Bejahung oder
Verneinung eines Auskunftsanspruchs Betroffener kann wiederum nur an Hand des
Einzelfalls beantwortet werden.


Zu Fragen 15 und 16:

Als im gegebenen Kontext interessierende Anwendungen kommen in der Praxis
primär nur solche für die Zwecke "Einholung von Meldeauskünften", “Berichter-
stattungsdatei" oder “Datei der Auftragsinformation" in Betracht.

Das Datenverarbeitungsregister hat anhand der Suchkriterien “Detektiv" (inkl. “Wirt-
schaftsdetektiv") bzw “Detektei" (Berufsbezeichnung) 6 derartige Anwendungen
ausfindig machen können, welche registriert wurden, davon 1 in Vorarlberg, 2 in
Salzburg, 2 in Niederösterreich und 1 in Graz.

Neben dem Kernbereich der spezifisch “sicherheitsgewerblichen" Anwendungen
haben in der Vergangenheit insgesamt 13 Detektivunternehmen Meldungen für
Anwendungen erstattet, welche sich jedoch primär auf nunmehr nicht mehr der
Meldepflicht unterliegende Kundendateien, Personalverwaltungen oder Anwen-
dungen für Rechnungswesen, Bilanzierung, Buchhaltung oä. bezogen.