4308/AB XXI.GP

Eingelangt am: 15.11.2002

BUNDESMINISTERIUM für
WIRTSCHAFT und ARBEIT

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4385/J betreffend
Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Men-
schen, welche die Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen am
19. September 2002 an mich richteten, möchte ich auf die einleitende Bemerkungen
der Anfragebeantwortung zu 4374/J des Herrn Bundeskanzlers hinweisen. Zu den
einzelnen Fragen nehme ich wie folgt Stellung:


Antwort zu den Punkten 1 bis 3 der Anfrage:

Arbeiterkammergesetz 1992

Im Rahmen einer Sammelnovelle (BGBI. Nr. 164/1999), mit der behindertenbe-
nachteiligende Bestimmungen in österreichischen Bundesgesetzen beseitigt wurden,
wurde in § 19 Abs. 1 Arbeiterkammergesetz 1992 in Anpassung an die Terminologie
der geänderten Nationalrats-Wahlordnung (BGBI. Nr. 161/1998), die auf Wunsch von
Behindertenvertretern erfolgt ist, die Wortfolge “blinde, schwer sehbehinderte und
gebrechliche Wähler" durch die Wendung “körper- oder sinnesbehinderte Wäh-ler"
ersetzt.


Arbeitnehmerinnenschutzgesetz (ASchG). BGBI. Nr. 450/1994 IdF. BGBI. l
Nr. 38/1999

§ 21 Abs. 5 ASchG wurde mit 1. Jänner 1999 in Kraft gesetzt.

§ 31 ASchG enthält ausschließlich Regelungen für den Verkehrsbereich, deren Voll-
ziehung gem. § 132 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 ASchG dem Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie obliegt.

§ 32 Abs. 1 Z 1 ASchG ist mit 1. Jänner 1999 durch die Arbeitsstättenverordnung
(AStV), BGBI. II Nr. 368/1998, in Kraft getreten.

Konkrete Schutzbestimmungen für behinderte Arbeitnehmer/innen enthalten § 15
Abs. 1 (Adaption von Arbeitsstätten), § 15 Abs. 2 (Ausgänge), § 15 Abs. 3 (Toiletten
und Waschplätze), § 15 Abs. 4 (Duschen), § 15 Abs. 5 (Aufzüge), §15 Abs. 6 (bei
Gebäuden, die nach Inkrafttreten der Arbeitsstättenverordnung geplant und errichtet
wurden bzw. werden und in denen Arbeitsstätten eingerichtet werden sollen, in
denen die Beschäftigung von bewegungsbehinderten Arbeitnehmerinnen oder
Arbeitnehmern nicht aus produktionstechnischen Gründen ausgeschlossen ist, ist
bereits bei der Planung darauf Bedacht zu nehmen, dass behindertengerechte Ein-
richtungen vorgesehen werden oder eine nachträgliche Adaptierung ohne unverhält-
nismäßigen Kostenaufwand leicht erfolgen kann) sowie § 16 Abs. 2 (Sicherung der
Flucht).

§ 106 Abs. 1 und 2 ASchG wurden durch die allgemeinen Übergangsbestimmungen
für Arbeitsstätten durch die Arbeitsstättenverordnung mit 1. Jänner 1999 obsolet.

Nicht geändert wurden §§ 21 Abs. 5 und 31 Abs. 2 und 5 ASchG, dies aus folgenden
Gründen:

Im Arbeitnehmerschutzrecht können aus systematischen und rechtsdogmatischen
Gründen nur Regelungen für bereits in Beschäftigung oder Ausbildung stehende Ar-
beitnehmer/innen erlassen werden, nicht aber allgemein Regelungen über die barrie-
refreie Zugänglichkeit von Gebäuden. Dies folgt aus dem Wort "Arbeitnehmerschutz"
ebenso wie aus Rechtsprechung und Lehre zu diesem Begriff. Auch im intematio-


nalen Bereich erfasst das Arbeitnehmerschutzrecht nur Schutzvorschriften für bereits
in Beschäftigung stehende Personen (vgl. z.B. RL 89/391/EWG).
Die Regelung der wichtigen und wünschenswerten barrierefreien Gestaltung von Ge-
bäuden allgemein obliegt nach der Kompetenzlage den Ländern im Rahmen der
Bauordnungen.

Eine Änderung der §§ 21 Abs. 5 und 31 Abs. 2 und 5 ASchG dahingehend, dass
Arbeitsstätten nicht nur gegebenenfalls, sondern ausnahmslos behindertengerecht
ausgestattet werden, ist daher rechtlich nicht möglich. Auch stehen diese Regelun-
gen im Einklang mit der Verfassungsbestimmung des Art. 7 Abs. 1 B-VG, weil sie die
Gleichbehandlung behinderter und nichtbehinderter Menschen im Arbeitsverhältnis
durch die Arbeitgeber/innen
gewährleisten, sowie mit dem Recht der Europäischen
Union (Richtlinie 89/654/EWG).

Entscheidende Verbesserungen gegenüber der dem Gesamtbericht (III-178 d.B.
XX. GP) zugrunde liegenden Rechtslage stellen - wie bereits ausgeführt - die be-
hinderte Menschen betreffenden Regelungen der zwischenzeitlich in Kraft getrete-
nen Arbeitsstättenverordnung dar. Weitergehende Verpflichtungen der Arbeitge-
ber/innen in Richtung auf behindertengerechte Ausstattung ihrer Arbeitsstätten für
zukünftig beschäftigte behinderte Menschen, wie sie § 15 Abs. 6 AStV vorsieht, wä-
ren aufgrund der gegebenen Kompetenzlage nicht möglich.

Berufsausbildung

Im § 8 b Berufsausbildungsgesetz (BAG), BGBI. l Nr. 100/1998 wurde durch die “so-
genannte Vorlehre" eine Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Ju-
gendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen vorgenommen.
Im Bericht selbst wird festgehalten, dass es im Bereich der beruflichen Ausbildung
von Behinderten im Rahmen der Lehre - und somit auch bei der Durchführung von
Lehrabschlussprüfungen - grundsätzlich kein Problem gibt.


Gewerbeordnung

Wie im Bericht angeführt, wurde eine Streichung des § 20 Abs. 1 letzter Satz im
Zuge der Novellierung der Gewerbeordnung (BGBI. l Nr. 88/2000) vorgenommen.

Allgemeine Bergpolizeiverordnung

Die nicht mehr zeitgemäßen Ausdrücke “Gebrechen" und “behaftet" im § 327 Abs. 1
wurden mit BGBI. l Nr. 164/1999 durch die Begriffe “körperliche Schwächen" und
“Behinderungen" ersetzt.

Handelskammergesetz 1946

Wie im Bericht bereits angeführt, wurde der nicht mehr zeitgemäße Ausdruck “Brest-
hafte" durch “gebrechliche" ersetzt (§ 95 Abs. 2) Wirtschaftskammergesetz 1998
(BGBI. l Nr. 103/1998).