4320/AB XXI.GP
Eingelangt am: 18.11.2002
Auf
die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Kolleginnen und
Kollegen vom
19. September 2002, Nr.
4387/J, betreffend Kormoranproblematik in Österreich, beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:
Allgemeine Bemerkungen:
Der Kormoran (Phalacrocorax carbo) fällt als
europäische wildlebende Vogelart unter die
Regelungen der Richtlinie 79/409 über die Erhaltung der wildlebenden
Vogelarten (Vogel-
schutzRL).
Nachdem
der Kormoran nicht in Anhang II der
VogelschutzRL, in dem alle jagdbaren Arten
aufgelistet sind, angeführt ist, darf diese Art gemäß den
Bestimmungen der Artikel 5, 6, 7
und 8 der VogelschutzRL u.a. nicht bejagt oder getötet, gefangen oder
absichtlich gestört
werden.
Gemäß
Artikel 9 der Richtlinie sind Ausnahmen von den Verboten der Artikel 5, 6, 7
und 8
nur dann von den Behörden der Mitgliedstaaten zu gestatten, wenn keine
andere
zufriedenstellende
Lösung vorhanden ist, und nur aus folgenden Gründen:
a) - im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit,
- im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt,
- zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen,
Viehbeständen, Wäldern, Fischerei-
gebieten und Gewässern,
- zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt;
b) zu
Forschungs- und Unterrichtszwecken, zur Aufstockung der Bestände, zur
Wieder-
ansiedlung und zur Aufzucht im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen;
c) um unter
streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede
andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu
ermöglichen.
Die Verfolgung des Kormorans ist nach den Bestimmungen der
RL 79/409 nur unter
Heranziehung des Artikels 9 Abs. 1 lit. a, dritter bzw. vierter Anstrich (zur
Abwendung
erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern,
Fischereigebieten und
Gewässern, bzw. zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt) möglich.
Für die Anwendung des Artikel 9 ist jeder Einzelfall
gesondert von der zuständigen Behörde
zu überprüfen. Diese hat festzustellen, ob und in welchem Umfang eine
Gefährdung des
Fischbestandes durch den Kormoran vorliegt, also die Voraussetzungen des
Artikels 9 Abs.
1 lit. a, dritter Anstrich,
zu überprüfen. Gleichzeitig muss die Behörde prüfen, ob es
keine
andere zufriedenstellende Lösung gibt.
Zu Frage 1:
Die
Berichte über die beiden angeführten Konferenzen sind mir bekannt.
Die Ansätze, wie
zum Beispiel die Empfehlung der Intergruppe “Jagd, Fischerei und
Umwelt" des
Europäischen Parlaments und insbesondere die europaweite Herangehensweise
an diese
Problematik kann ich durchaus befürworten. Ein pan-europäisches
Management erscheint
auch aus meiner Sicht erforderlich.
Es sollten aber die Ergebnisse und Empfehlungen eines
europaweiten Forschungsprojektes
(siehe Antwort zu Frage 2) abgewartet und die Umsetzung eines Managements
sollte den
spezifischen Bedingungen in Österreich angepasst werden (siehe Antwort zu
Frage 3).
Zu Frage 2:
Auf europäischer Ebene sind bereits Strukturen
vorhanden, die sich mit einer nachhaltigen
Lösung betreffend Kormoranpopulationen auseinandersetzen. Zahlreiche
ausgezeichnete
Wissenschafter, sowohl Ornithologen, als auch Fisch- und
Gewässerökologen sowie
Fischerei- bzw. Anglervertreter arbeiten derzeit unter österreichischer
Beteiligung im pan-
europäischen Forschungsprojekt (REDCAFE) an der Evaluierung der
Problematik und an
Managementlösungen. Der erste Teil des Projektes soll noch bis Ende 2002
abgeschlossen
werden. Auch ein Folgeprojekt, das sich mehr mit der Implementierung eines
Managements
befassen wird, erscheint im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms
wahrscheinlich.
Zur Erfassung und Behandlung der Problematik und schließlich zur Umsetzung
eines
Managements auf pan-europäischer Ebene erscheint die vorhandene Struktur
derzeit
ausreichend.
Zu Frage 3:
Die Winterbestände des Kormorans in Österreich
sind in den letzten Jahren stabil. Es ist mir
bekannt, dass Kormorane lokal sehr wohl starke fischökologische
Beeinträchtigungen und
starke Bestandsrückgänge verursachen können und unter
Umständen bestandsgefährdend
sein können. Neuere fischökologische Studien reihen den Kormoran aber
deutlich hinter
anderen bestandsbedrohenden Faktoren, wie teilweise noch immer vorhandene
Gewässerverschmutzung, Flussverbauungen, Migrationsbarrieren oder Besatz
mit nicht
autochthonem Material, ein. Solche anthropogen bedingte Faktoren sind bei
Schätzungen
über Bestandsrückgänge, wie in der Einleitung zur Anfrage geäußert,
unbedingt zu
berücksichtigen. Bei einem mittleren Durchzugsbestand von etwa 2500
Kormoranen pro
Winterhalbjahr (1997-2001) im gesamten Donauraum in Österreich und im
Vergleich dazu
einem Mittelwert von etwa 7200 überwinternder Kormoranen in Bayern
(1993-2001), kann
zumindest in Österreich nicht von einer dramatischen Situation gesprochen
werden. Den
lokal verursachten Schäden wird aber seitens des Ressorts große
Aufmerksamkeit
geschenkt. Österreichweite Maßnahmen können aber aufgrund der
verfassungsmäßigen
Kompetenzaufteilung nur von den Ländern direkt
vorgenommen werden. Mein Ressort wird
dabei selbstverständlich seine verantwortungsvolle Vermittlungsrolle
ausüben. Vor der
Umsetzung von Maßnahmen in Österreich sollten im Sinne der
Nachhaltigkeit die
Ergebnisse der in Antwort zu Frage 2 erwähnten Forschungsprojekte
abgewartet werden.
Zu Frage 4:
Im Österreichischen Fischereibeirat (ÖFB), der
als Koordinierungs- und
Informationsplattform dient, wurde die Kormoranproblematik mehrmals diskutiert,
wobei
seitens meines Ressorts die Bewältigung von Spannungsfeldern in den
Mittelpunkt gestellt
wurde.
Im Zusammenhang mit bundeseinheitlichen Regelungen in der
Fischereigesetzgebung
wurden auch länderübergreifende Lösungsansätze zur Kormoranproblematik
diskutiert.
Gegen Initiativen für bundeseinheitliche Regelungen gab und gibt es aber
überwiegend
massiven Widerstand der Länder, die auf die unterschiedlichen regionalen
Gegebenheiten
zurückzuführen sind. Bundesweit einheitliche Lösungsansätze
wären daher nur auf Initiative
der Länder möglich. Der ÖFB wird selbstverständlich auch in
dieser Frage seine
Koordinierungs- und Informationsfunktion ausüben.
Zu Frage 5:
Angler- und Fischereivereine sind durch die Einbindung der
“European Anglers Alliance"
(EAA) in das oben erwähnte Forschungsprojekt (REDCAFE) bereits in die
Diskussionen
betreffend Kormoranproblematik miteingebunden. Österreich ist durch zwei
Fischerei-
Dachverbände in der EAA vertreten. Eine direkte Einbindung
österreichischer
Interessensgruppen ist nur über die Projektleitung möglich. Derzeit
existiert kein EU-rechtlich
verankertes bzw. eingesetztes Gremium betreffend die Kormoranproblematik auf
europäischer Ebene.