4346/AB XXI.GP

Eingelangt am: 19.11.2002

Bundesministerium

für Verkehr,


Innovation und Technologie

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4329/J-NR/2002 betreffend Sparpaket für die ÖBB, die
die Abgeordneten Dietachmayr und Genossinnen am 19. September 2002 an mich gerichtet haben,
beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Bevor ich auf die Fragen im einzelnen näher eingehe, stelle ich eine allgemeine Bemerkung voran,
welche die grundsätzliche Finanzierungsproblematik der Finanzierung des Infrastrukturbereiches
der ÖBB deutlich zeigt.

Nach der Umgründung der ÖBB neu in eine selbständige Kapitalgesellschaft, betrug der Bundes-
zuschuss für die Infrastruktur noch € 839,37 Mio. Dieser wurde trotz des gegebenen Bedarfes
laufend gekürzt, sodass dieser im Jahre 2000 nur mehr € 679,49 Mio betrug. Dafür wurde die
ÖBB ermächtigt, sich auf Rechnung und im Namen des Bundes zu verschulden, sodass der
Schuldenstand des Infrastrukturbereiches von ursprünglich € 319,76 Mio (1994) auf nunmehr
€ 3,88 Mrd. (2001) stieg. Erst im Jahre 2001 konnte der Schuldenstand durch eine ausreichende
Budgetierung gleich gehalten werden, detto 2002.

Fragen 1, 7 und 8:

Ist es richtig, dass die Investitionen gemäß dem Generalverkehrsplan der Bundesregierung einen
Finanzierungbedarf von 2,5 bis 3 Milliarden Euro jährlich erfordern?

Auf welche Aus- und Neubauvorhaben und sonstige Projekte muss aufgrund der Finanzierungslücke
verzichtet werden?

Was werden Sie unternehmen, damit der Ausbau der Westbahn, der Ausbau der Koralmbahn und
etliche Projekte des Generalverkehrsplanes nicht eingestellt werden müssen?

Antwort:

In dem im Jänner 2002 durch die damalige Verkehrsministerin Dipl.-lng. Dr. Monika Forstinger
präsentierten Generalverkehrsplan Österreich (GVP-Ö) sind Schieneninfrastrukturprojekte mit
einem Investitionsvolumen von insgesamt € 29,9 Mrd enthalten. Diese gliedern sich in bereits
übertragene bzw. in Bau befindliche Projekte (Paket 0) mit einem ausstehenden Investitionsvolu-
men ab 2002 von € 5,3 Mrd , in das Paket 1a (Projekte mit Baubeginn ab 2002 bis 2006) mit einem


Investitionsvolumen von € 5,6 Mrd, in das Paket 1b (Projekte mit Baubeginn ab 2007 bis 2011) mit
einem Investitionsvolumen von 6,8 Mrd und in das Paket 2 (Projekte mit Baubeginn ab 2012
bzw. 2021) mit einem Investitionsvolumen von 12,4 Mrd.

Für die Realisierung der Schieneninfrastrukturprojekte gemäß dem GVP-Ö sind in den Jahren
2002 bis 2011 jährliche Investitionen in der Höhe von € 1,2 Mrd bis € 1,9 Mrd vorgesehen, was
einer durchschnittlichen jährlichen Investitionshöhe von rd. € 1,6 Mrd entspricht.

Die Finanzierung des Paketes 0 war durch den ursprünglich vorhandenen SCHIG-Finanzierungs-
rahmen gegeben. Durch die Aufstockung des SCHIG-Rahmens, welche mit Ministerratsbeschluss
vom 8. März 2002 erfolgte, wurde auch die Finanzierung des Paketes 1a sichergestellt. Dadurch
ist die Realisierung wichtiger Großprojekte am Donaukorridor (z.B. Neubaustrecke Wien
St. Polten), an der Pontebbanaachse (z.B. zweigleisiger Ausbau der Pottendorferlinie, Bestands-
sanierung Semmering, weitere Bauabschnitte der Koralmbahn), an der Tauemachse (z.B. zwei-
gleisiger Ausbau Steinbach - Schlossbachgraben und Kolbnitz - Pusarnitz), an der Pyhrn/
Schoberachse (z.B. Ausbauvorhaben auf den Strecken Wels - Passau und Linz - Selzthal, Schleife
Selzthal, zweigleisige Ausbauabschnitte im Abschnitt Graz - Spielfeld-Strass) und im Raum Wien
(z.B. Schweizergartenschleife) möglich. Darüber hinaus sind im Paket 1a Investitionen in Bahn-
höfe, in den Nahverkehr und in die Tunnelsicherheit sowie die bis zum Jahr 2006 erforderlichen
Basisinvestitionen zur Erhaltung und Verbesserung des bestehenden Grundnetzes enthalten.

Die Finanzierung der Pakete 1b und 2 des GVP-Ö, die neben vielen Großprojekten auch die ab
dem Jahr 2007 erforderlichen Basisinvestitionen in das Grundnetz enthalten, ist (derzeit) nicht ge-
sichert. Eine Zurückstellung bzw. Verringerung der Basisinvestitionen hätte sukzessive einen dra-
matischen Anstieg des Erhaltungsaufwandes zur Folge.

Fragen 2,3,4,5, und 6:

Wie stehen Sie zum Vorschlag Ihres Parteikollegen - Finanzminister Mag. Grasser- den
Staatszuschuss an die Bahn bei 1,3 Milliarden Euro einzufrieren bzw. noch weiter abzusenken?

Wie hoch ist tatsächlich die bestehende Finanzierungslücke?

Ist es richtig, dass künftig die Bahn-Investitionen aus eigener Kraft der ÖBB zu finanzieren sind?
Falls ja, wie kann die ÖBB so hohe Geldsummen aus eigener Kraft auftreiben?

Befürworten sie angesichts der bereits hohen Verbindlichkeiten eine noch stärkere Verschuldung der
ÖBB?

Antwort:

Das Einfrieren des Bundeszuschusses auf einer Höhe von € 1,3 Mrd. hat nichts mit einem Investi-
tionsstopp zu tun, sondern soll helfen, im Aufwandsbereich der ÖBB Rationalisierungssignale zu
setzen. Für Investitionszwecke steht der SCHIG-Rahmen ungekürzt zur Verfügung. Verbunden mit
der Eigenkapitalausstattung der ÖBB gibt es daher keine Finanzierungslücke im Jahr 2002.

Es ist richtig, dass der Absatzbereich der ÖBB sich aus eigener Kraft zu finanzieren hat das
musste er auch bereits in der Vergangenheit. Überlegenswert ist ein Anteil des Absatzbereiches
an Infrastrukturfinanzierungen, um auch in diesem (Monopol Bereich) Anreize für Rationalisie-
rungen zu setzen.


Fragen 9,10,11,12,13,14 und 15:

Wird es zu einer Neustrukturierung der Bahn samt Eingliederung der staatlichen Bahn-Finanzierungs-
gesellschaften, wie etwa derSchiG (Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft) mit Verbindlich-
keiten in Höhe von 4,1 Milliarden Euro kommen?

Unterstützen Sie den ÖBB-Vorstand der die, aus der Übernahme der SchiG-Schulden resultierenden
Zinslast von jährlich rund 250 Millionen Euro aus dem Budget verlangt?

Falls nein, warum nicht?

Was werden Sie unternehmen, damit die Staatszuschüsse an die Bahn nicht reduziert werden?

Werden Sie sich gegen einen weiteren Personalabbau bei der ÖBB einsetzen?

Falls nein, warum nicht?

Auf welche Art und Weise soll in den nächsten Jahren wie viel Personal tatsächlich abgebaut
werden?

Antwort:

Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Infrastrukturpaket der EU umzusetzen, die von einer völligen
Teilung der ÖBB bis zu einer strategischen Holding reichen. An eine Zerschlagung der ÖBB war
und ist jedoch nicht gedacht.

Die SCHIG-Verbindlichkeiten werden auch bei Eingliederung in die ÖBB aus dem Benutzungsent-
gelt des Absatzbereiches refinanziert, so sieht es das SCHIG-Modell seit 1997 vor.

Die auf die SCHIG-Schulden entfallende Zinslast wurde schon immer durch einen Bundeszu-
schuss aus Kap. 65 finanziert Die Frage nach dem Personalabbau bei den ÖBB stellt sich nicht
für den Eigentümer, sondern für den Vorstand und den Aufsichtsrat im Rahmen der operativen
Geschäftsplanung.

Gemäß § 12 BB-G 1992 habe ich auf diese Geschäftstätigkeit keinerlei Einfluss.

Das Unternehmen ÖBB wurde mit dem Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993 hinsichtlich
seines Absatzbereiches, also des Personen- und Güterverkehres, in die wirtschaftliche Unabhän-
gigkeit entlassen. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 1 BBG 92 obliegt
daher die Tarifgestaltung im Personen- und Güterverkehr sowie die Führung oder Nicht-Führung
von Zügen der ausschließlichen Entscheidung des Managements der ÖBB (kaufmännischer Be-
reich).

Einflussnahmen durch den Verkehrsminister sind daher nicht möglich. Das ehemals weit gefasste
Weisungsrecht des Bundesministers ist gemäß § 12 BBG 92 auf allgemeine verkehrspolitische
Grundsatzweisungen und auf Anweisungen im Katastrophenfall eingeschränkt worden.

Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien Entscheidung
des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die Grenzen der Geschäftsordnung des
Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte Tätigkeiten und Maßnahmen von der Zustimmung des
Aufsichtsrates abhängig machen kann. Ausnahmen sind - wie oben erwähnt - nur in den sehr ein-


geschränkten Fällen des § 12 BBG (Verkehrspolitische Weisung und Weisung im Falle von Natur-
katastrophen) möglich. Solche Weisungen sind jedoch auch durch den Weisungsgeber (= Bund) in
jedem Einzelfall anzuordnen und auch gesondert an die ÖBB zu bezahlen.

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