4348/AB XXI.GP

Eingelangt am: 19.11.2002

Bundesministerium

für Verkehr,

Innovation und Technologie

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4384/J-NR/2002 betreffend Umsetzung der
Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung behinderter Menschen, die die Abgeordneten Haidlmayr,
Freundinnen und Freunde am 19. September 2002 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt
zu beantworten:

Zum Motiventeil:

Der Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Rechtsordnung
hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen wurde seitens der Bundesregierung in
der Sitzung vom 9. März 1999 zur Kenntnis genommen und dem Nationalrat zur geschäfts-
ordnungsmäßigen Behandlung übermittelt.

Der Bericht wurde am 1. Juli 1999 im Verfassungsausschuss behandelt (vgl. AB 2033 BlgNR 20.
GP) und am 13. Juli 1999 im Plenum zur Kenntnis genommen. Aus Anlass der Behandlung des
Gesamtberichtes im Verfassungsausschuss wurde - basierend auf dem Initiativantrag 1173/A der
Abgeordneten Kostelka, Khol und Genossen - der Antrag auf Zustimmung zu einen Bundesgesetz,
mit dem in einigen Gesetzen behindertendiskriminierende Bestimmungen beseitigt werden sollten,
gestellt (AB 2034 BlgNR 20. GP). Dieser Antrag wurde vom Plenum des Nationalrates in seiner
Sitzung vom 13. Juli 1999 einstimmig angenommen, das Gesetz wurde mit BGBI. l Nr. 164/1999
kundgemacht. Wie sich den Erläuternden Bemerkungen zum Ausschussbericht (AB 2034 BlgNR.
20. GP) entnehmen lässt, lag dem Antrag der seitens der Bundesregierung vorgelegte Gesamt-
bericht zugrunde. Ziel des Gesetzesvorschlags war die Änderung eines Teils der in diesem Bericht
aufgelisteten Bestimmungen. Es wäre dem Nationalrat freigestanden, die Abänderung weiterer im
Gesamtbericht aufgeführter Bestimmungen in das Gesetzesvorhaben mit einzubeziehen.

Ungeachtet dessen wurden auch seitens der einzelnen Bundesministerien Maßnahmen zur
Behebung verschiedener im Gesamtbericht aufgeführter Benachteiligungen gesetzt.

Zu Ihren Fragen

Welche Punkte des Gesamtberichtes der "Arbeitsgruppe zur Durchforstung der Rechtsordnung
hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen" fallen in Ihren Zuständigkeitsbereich?
(detaillierte Aufzählung der betroffenen Gesetzesteile)

Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um diese Benachteiligungen von behinderten Menschen
in Ihrem Bereich zu reduzieren bzw. zu beseitigen?
(detaillierte Aufzählung der geänderten Gesetzesteile)


Gibt es in Ihrem Bereich noch immer Gesetzesteile, die im Gesamtbericht der Arbeitsgruppe

enthalten sind, und die bis jetzt nicht abgeändert wurden?

Wenn ja, um welche Gesetzesteile handelt es sich konkret und warum wurden diese bis jetzt nicht

abgeändert?

verweise ich vorweg auf meine Anfragebeantwortung vom 9. September 2002 zur schriftlichen
parlamentarischen Anfrage Nr. 4231/J-NR/2002.

Fragen zum gleichen Thema wurden darin eingehend erörtert, ich darf jedoch in Ergänzung
folgendes mitteilen:

Für den Rechtsbereich Eisenbahnen hat die Unterarbeitsgruppe Mobilität-Verkehr die Auffassung
vertreten, im Bundesgesetz vom 10. März 1988 über die Beförderung von Personen, Reisegepäck
und Gütern mit der Eisenbahn (Eisenbahnbeförderungsgesetz-EBG), BGBI.Nr. 180/1988 idF BGBI.
l Nr. 32/2002, sei in dessen Bestimmung im § 3 Abs. 1 ein Diskriminierungspotential behinderter
Menschen enthalten. Die Bestimmung lautet:

Beförderungspflicht

§ 3. (1) Die Eisenbahn hat Personen, Reisegepäck und als Wagenladung aufgegebene Güter zu
befördern, sofern

a) der Bahnbenützer die für die Beförderung maßgebenden Vorschriften enthält,

b) die Beförderung mit den Personen und den normalen Beförderungsmitteln, die den
regelmäßigen Bedürfnissen des Verkehrs genügen, möglich ist und

c) die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, welche die Eisenbahn nicht
abzuwenden und denen sie auch nicht abzuhelfen vermag.

Falls die Ansicht vertreten wird, dass die klassische Ausgestaltung der Beförderungspflichten von
Eisenbahnen beseitigt werden sollte zugunsten einer generellen uneingeschränkten Beförderungs-
pflicht, wonach dann die Beförderungsbedingungen und die Ausstattung der einzelnen Eisenbahn-
unternehmen entsprechend angepasst werden müssten, so ist anzumerken, dass dies ein rein
innerstaatlicher Regulierungsweg wäre, vor dessen Umsetzung die Machbarkeit und Finanzierung
der Auswirkungen geklärt werden muss; dies betrifft nicht nur die Eisenbahnen.

Statt eines generellen gesetzlichen Zwanges mit all seinen Umsetzungsproblemen ist einerseits
auf die zahlreichen erfolgten und in Umsetzung befindlichen - und schon berichteten - Maßnahmen
der Eisenbahnen hinzuweisen.

Das Kraftfahrliniengesetz ist als Aufsichtsrecht konzipiert, das beim Vollzug wenig verkehrs-
politischen Spielraum lässt. Im Rahmen dieses Bundesgesetzes sowie hiezu ergangener
Verordnungen werden auch keine Budgetmittel verwaltet.

Derartige legistische Maßnahmen würden den Einsatz beträchtlicher Finanzmittel erfordern, da sie
unter Berücksichtigung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten
bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des
Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs idF der Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 zu
sehen wären:


Verkehrsunternehmen können gemäß Art. 4 Abs. 1 dieser Bestimmung die völlige oder teilweise
Aufhebung einer Verpflichtung des öffentlichen Dienstes (= Betriebs-, Beförderungs- und
Tarifpflicht) beantragen, wenn ihnen aus dieser Verpflichtung wirtschaftliche Nachteile erwachsen.
Die Mitgliedstaaten haben sodann diese Verpflichtungen aufzuheben.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 erwachsen aus der Beförderungspflicht wirtschaftliche Nachteile, wenn die
Verringerung der Belastungen, die durch die völlige oder teilweise Aufhebung dieser Verpflichtung
zu einer Leistung erreicht werden kann, stärker ist als der Rückgang der sich aus dieser
Aufhebung ergebenden Einnahmen.

Für die Anwendung von Beförderungsbedingungen im Personenverkehr, die im Interesse
bestimmter Bevölkerungsgruppen (z.B. behinderter Personen) auferlegt worden sind, sieht der
Abschnitt
III dieser Verordnung sodann Ausgleichsregelungen und -Zahlungen vor. Dies bedeutet,
dass vor Inkraftsetzen solcher legistischer Maßnahmen deren finanzielle Bedeckung im gesamten
Umfang gesichert sein muss.

Mit 1. Jänner 2000 trat jedoch das Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah-
und Regionalverkehrs (ÖPNRV-G 1999), BGBI. l Nr. 204/99, in Kraft, in dem u.a. diese Belange
sowie deren Finanzierung berücksichtigt werden. In § 31 leg.cit. ist vorgesehen, dass bei der
Bereitstellung von Bundesmitteln die Einhaltung von Qualitätskriterien (u.a. "Berücksichtigung der
Bedürfnisse von in ihrer Mobilität physisch beeinträchtigten Personen") vorausgesetzt wird.

Die Behindertengerechtigkeit über die gezielte Steuerung beim Einsatz von Bundesmitteln
anzupeilen, wird auch regelungstechnisch als angemessener Weg zur Erreichung des Zieles
gesehen.

Zum Bereich Luftfahrt darf ich anmerken, dass diese ein internationaler grenzüberschreitender
Verkehrsträger ist, daher kann dieses Thema auf nationaler Ebene nicht zufriedenstellend gelöst
werden. Es findet jedoch auf der Ebene der internationalen Luftfahrtorganisationen eine
permanente Diskussion dieses Themas statt, welche das Ziel verfolgt, international einheitliche für
alle beteiligten Länder verbindliche Regelungen zu schaffen. Eine international abgestimmte
einheitliche Vorgangsweise ist schon allein aus technischen Gründen wegen der einheitlichen
Ausrüstung der Luftfahrzeuge und der damit verbundenen hohen Kosten notwendig.

Zum Thema der geplanten Gebührenpflicht für Telefonauskunft darf ich festhalten, dass dies kein
Problem der Rechtsordnung, sondern eines der Tarifgestaltung durch ein privates Unternehmen
darstellt. Zur Realisierung dieses Projektes haben bereits Gespräche mit den in Betracht
kommenden Ministerien (BMAGS, BKA-Konsumentenschutz, BMF) stattgefunden. Aufgrund der
Ergebnisse dieser Gespräche wird nunmehr ein konkretes Modell erarbeitet und im kommenden
Frühjahr zur Diskussion gestellt werden.

In bezug auf die Einrichtung eines Dienstes, der bei Gesprächen zwischen Hörenden und
Gehörlosen vermittelt, wird mitgeteilt, dass - sofern ein solcher Dienst von Telefongesellschaften
nicht freiwillig angeboten wird - ein solcher als "besondere Versorgungsaufgabe" gemäß § 27
Telekommunikationsgesetz (TKG) vorgeschrieben werden könne. Voraussetzung dafür ist
allerdings, dass die Finanzierung dieses Dienstes gesichert ist.