456/AB XXI.GP
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sophie Bauer, Gradwohl, Dobnigg und
Kollegen vom 2. März 2000, Nr. 451/J, betreffend Sicherstellung einer erfolgreichen Zu -
kunft für das Bundesgestüt Piber und die Spanische Hofreitschule, beehre ich mich Fol -
gendes mitzuteilen:
Zu den Fragen 1, 2.4.5 und 7:
Die Frage der Ausgliederung des Bundesgestüts Piber und der Spanischen Reitschule,
die jedenfalls auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen ist, wird seit geraumer Zeit dis -
kutiert. Was die Frage einer Rechtsform betrifft gibt es mehrere Diskussionsvarianten
(z.B. Kapitalgesellschaft, Körperschaft öffentlichen Rechts, etc.). Es soll eine für die Er -
füllung der Aufgaben dieser beiden Institutionen in Verbindung mit der Wahrung der kul -
turellen und geistigen Traditionen bestmögliche Rechtsform gefunden werden. Eine Ent -
scheidung hierüber ist noch nicht gefallen. Selbstverständlich ist im Zuge einer solchen
Ausgliederungsmaßnahme auch auf vorhandene Synergieeffekte bedacht zu nehmen
und der Personaleinsatz entsprechend zu optimieren. Dasselbe gilt auch in Bezug auf
eine bestmögliche Nutzung der vorhandenen
Gebäude und Räumlichkeiten.
Zu den Fragen 3 und 6:
Hinsichtlich der Folgen einer allfälligen Ausgliederung für die Bediensteten ist zu bemer -
ken, dass diese im Ausgliederungsgesetz zu regeln sind und von der gewählten
Rechtsform abhängen. Die zum Ausgliederungszeitpunkt bestehenden Rechte dienst -
und besoldungsrechtlicher Art sind in jedem Fall zu wahren. Es steht außer Frage, dass
die Dienstnehmervertretungen bei allfälligen Entscheidungen miteingebunden werden.
Zu den Fragen 8 und 9:
Das Bundesgestüt Piber und die Spanische Reitschule sind im Bundesvoranschlag zu
einem gemeinsamen Paragraphen zusammengefasst (6094 „Bundesgestüt Piber .- Spa -
nische Reitschule“). Gemäß Durchführungsbestimmungen zum Bundesfinanzgesetz er -
folgt bei einem gemeinsamen finanzgesetzlichen Paragraphen keine interne kosten - und
Leistungsverrechnung.
Zu Frage 10:
Im Hinblick auf die Zielsetzungen der Verwaltungsreform wurde vom Bundesministerium
für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ein entsprechendes Projekt
für das Bundesgestüt Piber und die Spanische Reitschule entwickelt. Die besondere
Herausforderung dieses Projektes liegt im Spannungsbogen von Tradition und Kultur zu
modernem Verwaltungs - und Vermarktungsmanagement.
Das Projekt Lipizzaner 2000 wird als erster Schritt in diese Richtung gesehen und wurde
unter folgender Prämisse entwickelt:
- Die Lipizzaner sind für Österreich ein Kulturgut von nationaler und internationaler Be -
deutung.
- Das Zuchtziel des Bundesgestütes Piber ist beizubehalten und lautet: Die besten
Hengste für die Spanische Reitschule zu züchten.
- Der genetischen Sicherung der Lipizzanerrasse ist besondere Aufmerksamkeit zu
widmen. Dieser Punkt erweitert
das Zuchtziel.
- Die Erhaltung der Kulturgüter Lipizzanerrasse und Spanische Reitschule liegt im öf -
fentlichen Interesse.
Dementsprechend ist das Projektziel ausgerichtet und beinhaltet:
- Entwicklung geeigneter Reorganisationsmaßnahmen zur Gewährleistung eines Ge -
stütsbetriebes nach internationalen fachlichen Maßstäben und den Erkenntnissen
moderner Führungsstrukturen.
- Die Weiterentwicklung des Weltrufes der Spanischen Reitschule als moderne Institu -
tion mit Exklusivität unter Wahrung ihrer Kultur und Tradition.
Die Teilziele und Projektinhalte sind demnach gegliedert in:
- Ziel - und Leitbilderstellung,
- Einführung von Qualitätsmanagement,
- Einführung von Controlling als Steuerinstrument,
- Erstellung einer Zuchtbuchordnung für das Bundesgestüt Piber, unter dem Gesichts -
punkt der Führung des Ursprungszuchtbuches,
- Voraussetzungen für ein internationales Zentralregister für Lipizzaner entwickeln.
Zu Frage 11:
Das Honorar eines externen Beraters für die Grundlagenerstellung zur Leitbildentwick -
lung im Bundesgestüt Piber und der Spanischen Reitschule betrug bisher
ATS 86.000,-- +20 % MWSt.
Zu Frage 12:
Es wird als unumgänglich erachtet, dass Österreich seine Kompetenz auf dem Gebiet der
Pferdezucht der ältesten Kulturpferderasse Europas und der Pflege der Reitkunst der
klassischen Hohen Schule in der Spanischen Reitschule weiterhin wahrnimmt und aus -
baut. Das enge Zusammenspiel von Zuchtstätte und Reitinstitution auf höchstem Niveau
ist einmalig in der Welt.
Deshalb wurde vom Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Was -
serwirtschaft die Initiative gesetzt, ein modernes Management in diesen exklusiven Tradi -
tionsbetrieben aufzubauen, welches auch auf
die historisch gewachsenen und kulturell
bedeutsamen Aspekte dieser Institutionen Rücksicht nimmt. Leitbildentwicklung, Zielde -
finition, Qualitätsmanagement, Festlegung von Qualitätsparametern, Kosten - Leistungs -
rechnung, Controlling, sowie Ziele der Personalentwicklung wurden entsprechend dazu
konzipiert.
Im ersten Schritt wurden Grundlagenarbeiten hinsichtlich Aufgabe und Funktion eines
Leitbildes, Qualitätsmanagement und Qualitätsparameter durchgeführt und die Notwen -
digkeit einer gemeinsamen Strategie zur weiteren Verbesserung einer Darstellung der
Aufgaben der Lipizzanerzucht einerseits und des kulturellen Auftrages und Wertes der
Spanischen Reitschule andererseits definiert. Das Gesamtkonzept soll nach seiner Ges -
taltung stufenweise implementiert werden.
Zu Frage 13:
Der Zeitplan des Projektes sieht auf Basis der Grundlagenarbeit eine konzeptionelle
Phase bis zum Ende des 2. Quartals 2000 vor. Der Beginn der Umsetzung ist im
3. Quartal geplant.
Die Messung der Erfolge nach Implementierung wird unter anderem durch die einge -
führte kosten - Leistungsrechnung dokumentiert werden.
Zu Frage 14:
Hofrat Dr. Jaromir Oulehla wurde am 12. September 1983 zum Direktor des Bundesge -
stüts Piber bestellt. Nach der Pensionierung des vormaligen Leiters der Spanischen Reit -
schule, Brigadier Albrecht wurde entschieden, das Bundesgestüt Piber und die Spani -
sche Reitschule unter eine gemeinsame Leitung zu stellen. Am 1. Juli 1985 wurde HR
Dr. Oulehla auch zum Leiter der Spanischen Reitschule bestellt.
Im Zusammenhang mit den zahlreichen Problemstellungen, die sich vor allem nach Aus -
bruch einer Herpesvirusseuche im Bundesgestüt Piber im Jahre 1983 ergaben, wurde in
weiterer Folge eine gemeinsame Leitung des Bundesgestüts Piber und der Spanischen
Reitschule für die zweckmäßigste Lösung erachtet. Mit dieser Maßnahme sollten auch
Konflikte zwischen den beiden Dienststellen ausgeschaltet werden, die sich in der Ver -
gangenheit immer wieder ergeben hatten und sich auf die Arbeit in diesen Institutionen
mitunter negativ auswirkten (z.B. wiederholte Meinungsverschiedenheiten über den Ein -
satz von Hengsten sowohl im Bundesgestüt
Piber als auch in der Spanischen Reitschu -
le). Die für das Bundesgestüt Piber und für die Spanische Reitschule gültige Geschäft -
ordnung wurde auf die speziellen Gegebenheiten der gemeinsamen Leitung dieser bei -
den Dienststellen hin ausgerichtet. Es liegt in der Verantwortung des Dienststellenleiters,
die ihm übertragenen Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen.
Zu Frage 15:
Einsparungen ergaben sich im wesentlichen durch die Nichtbesetzung eines Dienststel -
lenleiters der Dienstklasse VIII.
Zu Frage 16:
Nachdem Italien zunächst ebenfalls die Führung des Ursprungszuchtbuches Lipizzaner
für sich reklamiert hatte, wurde in bilateralen Verhandlungen vereinbart, dass das Bun -
desgestüt Piber jene Zuchtorganisation ist, die mit der Führung des Zuchtbuches über
den Ursprung der Rasse Lipizzaner betraut ist. Der Europäischen Kommission wurden
daher die Grundsätze und Regeln für Lipizzanerzuchtorganisationen gemäß Entschei -
dung der Kommission Nr. 92/353/EWG sowie das Bundesgestüt Piber als die entspre -
chende Zuchtorganisation am 8. Februar 1999 notifiziert. Seitens der Europäischen
Kommission ist kein spezielles Anerkennungsverfahren im Sinne der vorzitierten Ent -
scheidung vorgesehen.
Zu Frage 17:
Die bisherige Zuchtarbeit im Bundesgestüt Piber entsprach einerseits einer traditionellen
Gestütsführung mit dem definierten Zuchtziel und hat andererseits die Anforderungen
des steirischen Landestierzuchtgesetzes zu erfüllen.
Der Leiter des Bundesgestüts Piber wurde vom Bundesministerium für Land - und Forst -
wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unmittelbar nach der Notifizierung angewiesen
eine neue Zuchtbuchordnung für das Bundesgestüt, unter Berücksichtigung der Führung
des Ursprungszuchtbuches für Lipizzaner und den damit verbundenen richtungsweisen -
den Qualitätskriterien, des Zusammenspieles Bundesgestüt Piber - Spanische Reitschu -
le, sowie der Wahrung der
österreichischen Kompetenzen in dieser Thematik, zu erstel -
len. Diese Zuchtbuchordnung wird derzeit von der zuständigen Fachabteilung im Bun -
desministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bearbeitet.
Zu Frage 18:
Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Republik Österreich ihres hervorragenden
Rufes als Kulturnation bewusst ist und die bereits wiederholt zum Ausdruck gebrachte
Kompetenz zu wahren weiß. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich die Republik Ös -
terreich des Wissensschatzes betreffend Lipizzanerzucht und Reitkultur bewusst ist. Die -
ser ist durch geeignete Maßnahmen zu festigen und weiter auszubauen. Sohin ist der
ökonomische Wert der Zuerkennung der Führung des Ursprungszuchtbuches für Lipiz -
zaner ein vielfältiger, der unter anderem in der indirekten Wertschöpfung des hohen
Imagegrades Österreichs in Kulturfragen zu finden ist. Der sogenannte Imagetransfer,
z.B. hohe Qualität in Kulturangelegenheiten verbunden mit hoher Qualität und Verläss -
lichkeit in wirtschaftlichen Angelegenheiten, wurde von Wirtschaftsexperten mehrfach
beschrieben.
Zu Frage 19:
Die Führung des Zuchtbuches über den Ursprung der Rasse Lipizzaner verpflichtet alle
daran Beteiligten zur Einhaltung höchster Qualitätsnormen.
Gemäß der bereits erwähnten Entscheidung der Europäischen Kommission steht die
Organisation, welche mit der Führung des Zuchtbuches über den Ursprung einer Tierras -
se betraut ist für Anfragen von Tierzuchtbehörden, zur Überprüfung von Zuchtbüchern
auf Antrag einer Behörde sowie für fachliche Auskünfte zur Verfügung.
Die Zuchtbuchführung im Bundesgestüt Piber wird so organisiert, dass sowohl Effizienz -
steigerung der laufenden Datenerfassung aus dem Zuchtbetrieb als auch die Erfüllung
neuer Anforderungen unter dem Blickwinkel höchster Qualitätsanforderung gegeben sein
wird.
Darunter fallen auch Maßnahmen der Personalentwicklung wie ständige Weiterbildung
und Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Das Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
verfolgt unabhängig von der Ursprungszuchtfrage das Ziel, das Bundesgestüt Piber in
allen Bereichen als das ,,Know How - Zentrum der Lipizzanerzucht“ mit zeitgemäßen Füh -
rungsstrukturen und zukunftsweisendem Management weiter auszubauen und zu prä -
sentieren.