569/AB XXI.GP
B e a n t w o r t u n g
der Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann,
Annemarie Reitsamer, Lackner, Heidrun Silhavy und Ge -
nossinnen über die Verunsicherung der Bevölkerung
durch die unsozialen Anschläge auf die Geldbörsen
kranker Menschen im FPÖVP Belastungspaket
(Nr. 543/J)
Zur gegenständlichen Anfrage führe ich Folgendes aus:
Zu Frage 1:
Unter Selbstmedikation verstehe ich die Entscheidung des Patienten/der Patientin,
ein rezeptfreies Arzneimittel ohne ärztliche Beratung und Verschreibung zu besorgen
und anzuwenden.
Zu den Fragen 2:
Selbstmedikation ist jenen Arzneimitteln vorbehalten, die nach exakter Beurteilung
durch Sachverständige rezeptfrei gestellt werden können, da deren Anwendung eine
ärztliche Überwachung nicht erforderlich macht. Alleine diese Überlegung ist die
Grundlage für die Beurteilung des Rezeptpflichtstatus.
Aus der Sicht des Leistungsrechtes, d.h. für die Leistungsverpflichtung der gesetzli -
chen Krankenversicherung ist jedoch die Frage der Rezeptpflicht eines Medikamen -
tes irrelevant. Für den Versicherungsfall der Krankheit besteht ein Anspruch auf
Krankenbehandlung, der nach § 133 Abs. 1 ASVG (sowie den entsprechenden
Parallelbestimmungen der anderen Sozialversicherungsgesetze) ärztliche Hilfe,
Heilmittel und Heilbehelfe umfasst; die Krankenbehandlung muss nach § 133 Abs.2
ASVG ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen
nicht überschreiten.
Auch nicht rezeptpflichtige Medikamente können somit von hiezu befugten ÄrztInnen
(also in erster Linie VertragsärztInnen) auf Kosten des Krankenversicherungsträgers
verschrieben werden, wenn sie zur Behandlung einer Krankheit erforderlich sind und
dem Ökonomiegebot des § 133 Abs. 2
ASVG entsprechen. Eine Ausweitung der
ohne Rezeptpflicht erhältlichen Medikamente hat daher keine unmittelbare Auswir -
kung auf die Kostenübernahme durch die Krankenversicherungsträger.
Zu Frage 3:
Eine vergleichende Kostenaufstellung könnte erst nach fachlicher Abklärung, welche
Arzneimittel in die Rezeptfreiheit entlassen werden können, sinnvoll sein.
Zu Frage 4:
Es ist Teil der zu Frage 2 erwähnten sachverständigen Beurteilung, die Frage zu klä -
ren, ob im Hinblick auf ein bestimmtes Arzneimittel diese Entscheidung dem Patien -
ten/der Patientin überlassen werden kann.
Zu den Fragen 5 bis 7:
Unter Folgekosten verstehen Sie offensichtlich Kosten, die auf Grund von Gesund -
heitsschäden entstehen, die durch unsachgemäße Selbstmedikation bedingt sind.
Auf Grund der zu Frage 2 dargestellten rein fachlichen Entscheidungskriterien ist mit
derartigen Folgekosten nicht zu rechnen. Sie wurden daher weder erhoben noch ge -
schätzt.
Zu Frage 8:
Eine ÖBIG - Studie enthielt einen Ländervergleich (Kennzahlen 1996), der zu dem
Ergebnis kam, dass in den Mitgliedstaaten der EU und der Schweiz ca. drei Viertel
der zugelassenen Arzneispezialitäten rezeptpflichtig sind. Laut dieser Studie waren
61,4 % der in Österreich zugelassenen Arzneispezialitäten (zur Anwendung am
Menschen) rezeptpflichtig. Nach Angaben der AESGP (Europäischer Fachverband
der Arzneimittelhersteller) befand sich aber Österreich im Jahre 1996 mit 8,9 % an
drittletzter Stelle (vor Italien und Schweden), was den Anteil der Selbstmedikation am
Arzneimittelgesamtmarkt betraf.
Zu den Fragen 9 und 11:
Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass Ärzte Arzneimittel nach dem Therapiebedarf
der PatientInnen verschreiben. Für legistische Maßnahmen besteht daher in diesem
Zusammenhang keine Veranlassung. Allerdings sehe ich in einer verstärkten Beach -
tung des Ökonomiegebotes in der Verschreibepraxis der Ärzte noch Einsparungspo -
tenziale und werde daher diesbezügliche Bemühungen der Krankenversicherungs -
träger bzw. des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger
unterstützen.
Zu Frage 10:
Diese Frage wäre an den Herrn Bundesminister für Justiz zu richten.
Zu Frage 12:
In erster Linie ist es eine Frage des Vertrauens zwischen behandelndem Arzt und
Patienten, ob die verschriebene Therapie akzeptiert wird. Auch dem Apotheker und
der Erzeugerfirma, die eine
patientenfreundliche Gebrauchsinformation zur Verfü -
gung zu stellen hat, kommt in diesem Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu.
Gesetzgeberische bzw. behördliche Maßnahmen können in diesem Bereich nur un -
terstützend wirken. Ich könnte mir als ein Beispiel vorstellen, dass etwa die verpflich -
tende Preisangabe auf Arzneimittelpackungen zu einem erhöhten Kostenbewusst -
sein der Patientinnen führen und damit einen Beitrag zur Hintanhaltung der Verwei -
gerung einer notwendigen Therapie leisten könnte.