60/AB XXI.GP
zur Zahl 69/J - NR/1999
Die Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner und Genossen haben an
mich eine schriftliche Anfrage, betreffend „Unterhaltszahlungen und unterschiedliche
Einkommensberechnung von Kindesmüttern und Kindesvätern", gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Unterhaltsentscheidungen immer
um Einzelfallentscheidungen handelt. Bei der Feststellung der Unterhaltspflicht sind
jeweils unterschiedlichste Umstände (z.B. Leistungsfähigkeit und weitere Unterhalts -
pflichten des Unterhaltsschuldners) zu berücksichtigen, sodass beim Vergleich zwei -
er gerichtlicher Unterhaltsentscheidungen immer Vorsicht am Platz sein muss. Ein
Vergleich gerichtlicher Entscheidungen ist nur dann aussagekräftig, wenn einander
auch die faktischen Entscheidungsgrundlagen gegenübergestellt werden und wenn
die geltend gemachten Anspruchsgründe übereinstimmen. Dies hat sich einmal
mehr bei Einsicht in die Pflegschaftsakten, auf die sich die Anfrage bezieht, erge -
ben. So ist z.B. bei der Frage nach den einrechenbaren Einkommensbestandteilen
danach zu unterscheiden, ob Unterhaltsansprüche gegen den nicht betreuenden El -
ternteil oder gegen den bloß subsidär unterhaltspflichtigen Großelternteil geltend ge -
macht werden.
Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:
Zu 1:
Bei der Berechnung des Einkommens, welches einer Unterhaltsbemessung zu
Grunde zu legen ist, sind unabhängig davon, ob Unterhaltsschuldner die Kindesmut -
ter oder der Kindesvater ist, immer dieselben
Regelungen und Berechnungsmetho -
den anzuwenden. Nach der Grundregel des § 140 ABGB haben nicht selbsterhal -
tungsfähige Kinder gegen ihre Eltern Anspruch auf angemessenen Unterhalt, zu
dessen Deckung jeder Elternteil entsprechend seiner Leistungsfähigkeit anteilig bei -
zutragen hat. Betreut ein Elternteil das Kind in dem von ihm geführten Haushalt, so
erbringt er damit in der Regel seinen vollen Unterhaltsbeitrag und hat nur in be -
stimmten Ausnahmefällen (z.B. wenn der andere Elternteil ausfällt) einen zusätzli -
chen Beitrag zu leisten. Daher ist für die Festsetzung des jeweiligen Unterhaltsbei -
trages der Eltern nicht deren Geschlecht maßgebend, sondern allein deren individu -
elle Leistungsfähigkeit, die anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles beur -
teilt werden muss.
Zu 2:
Die für die Unterhaltsberechnung maßgebenden Vorschriften bieten keine Grundla -
ge, eine nach dem Geschlecht des Unterhaltsschuldners differenzierende Einkom -
mensberechnung vorzunehmen.
Zu 3:
Auf Grund des im österreichischen Unterhaltsrecht geltenden Gleichbehandlungs -
grundsatzes ist in Fällen von Unterhaltskonkurrenz allen beteiligten unterhaltsbe -
rechtigten Kindern eines Unterhaltsschuldners ein gleiches Maß an Bedürfnisbefrie -
digung zu gewähren, unabhängig davon, ob es sich um Kinder aus der ersten oder
der zweite Ehe des Unterhaltsverpflichteten handelt. Demnach sind die Unterhalts -
ansprüche sämtlicher unterhaltsberechtigter Kinder in voller Höhe zu befriedigen,
soweit sie im pfändbaren Einkommen des Unterhaltsschuldners Deckung finden.
Reicht dieses nicht aus, so ist eine gleichmäßige Aufteilung zwischen sämtlichen
Berechtigten vorzunehmen und der Fehlbetrag im Wege eines anteiligen Abzugs
angemessen zu verteilen.
Zu 4:
Der Unterhaltsanspruch eines Kindes ist nicht von einer gerichtlichen Entscheidung,
durch die dieser festgestellt wird, abhängig, sondern besteht schon auf Grund des
Gesetzes (§140 ABGB). Solange der Unterhaltverpflichtete seiner Alimentati -
onspflicht in ausreichendem Maße nachkommt, ergibt sich auch kein Bedürfnis nach
einer gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
das unterhaltsberechtigte Kind im gemeinsamen Haushalt mit dem unterhaltspflichti -
gen Elternteil wohnt und von diesem betreut
und versorgt wird.
Zu 5:
Gemäß § 90 in Verbindung mit § 91 ABGB sind Ehegatten einander zur gegenseiti -
gen Beistandsleistung verpflichtet. Zu dieser Beistandspflicht, die durch das Ehe -
rechts - Änderungs - Gesetz 1999, BGBl. I Nr. 125/19993 verdeutlicht wurde, zählt
auch die Betreuung der Angehörigen des anderen Ehegatten. Beistands - und Unter -
haltspflicht bestehen grundsätzlich unabhängig voneinander.
Zu 6:
Sozialleistungen, die einem Ehegatten gewährt werden, sind bei der Unterhaltsbe -
messung nicht dem Einkommen des anderen unterhaltspflichtigen Ehegatten hinzu -
zurechnen.
Zu 7:
Zunächst verweise ich auf meine Antwort zu Frage 5. Wie dort ausgeführt, ergibt
sich eine allfällige Verpflichtung zur Betreuung des Kindes des Ehegatten aus des -
sen früheren Ehe - je nach Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft - aus der
in den §§ 90 und 91 ABGB normierten Beistandspflicht In einer nichtehelichen Le -
bensgemeinschaft besteht eine solche rechtliche Verpflichtung nicht.
Zu 8:
Ich verweise zunächst auf meine Antwort zu Frage 1. Der in § 140 Abs. 1 ABGB
festgelegte Anspannungsgrundsatz verpflichtet den Unterhaltsschuldner alle seine
persönlichen und finanziellen Mittel und Möglichkeiten bestmöglich zur Erzielung ei -
nes Einkommens einzusetzen, um eine Erfüllung seiner Unterhaltspflicht sicherzu -
stellen. Auch hier ist im Gesetz kein Anhaltspunkt für eine nach dem Geschlecht des
Unterhaltsschuldners differenzierende Anwendung zu entnehmen, sodass eine un -
terschiedliche Unterhaltsbemessung nur auf eine - für Unterhaltsfälle typische - un -
terschiedliche faktische Ausgangslage (z.B. Erkrankung, triftige familiäre oder wirt -
schaftliche Gründe) zurückzuführen ist.
Zu Frage 9:
Auch bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Heranziehung des Vermögens des
Unterhaltspflichtigen zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht ist keine Unterscheidung
nach dem Geschlecht des Unterhaltsschuldners vorzunehmen.