625/AB XXI.GP
An den
Herrn Präsidenten des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 623/J - NR/2000
Die Abgeordneten zum Nationalrat Anton Heinzl, Dr. Johannes Jarolim und Genos -
sen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Schand - und Terrorurteile
des Dollfuß - Regimes gegen sozialdemokratische Patrioten“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Dem Gesetz vom 3. Juli 1945 über die Aufhebung von Strafurteilen und die Einstel -
lung von Strafverfahren (BGBI. Nr.48/1945) zufolge haben die in § 1 des zitierten
Gesetzes genannten Verurteilungen von österreichischen Staatsangehörigen durch
sogenannte NS - Unrechtsurteile als aufgehoben zu gelten. Die Aufhebung anderer
Urteile ist auf Grund dieses Gesetzes nicht möglich.
Eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten des Verurteilten wäre zwar
auch nach dessen Tod und ohne zeitliche Beschränkung zulässig; dies jedoch nur
unter den engen Voraussetzungen des § 353 StPO, welche sich nicht auf eine Auf -
hebung oder Nichtigerklärung von sogenannten Unrechtsurteilen per se sondern auf
eine andere Beurteilung der Tatfrage auf Grund neuer Beweise beziehen.
In den parlamentarischen Diskussionen des Nationalrats am 22. April 1999 sowie
6. Juli 1999 und in den diesen vorangehenden Erörterungen, die zur Entschließung
des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend Rehabilitation der Deserteure der
Wehrmacht (E 209) führten, wurde die „Aufarbeitung“ von sogenannten NS - Un -
rechtsurteilen auf
Grundlage des Aufhebungs - und Einstellungsgesetzes behandelt.
Eine darüber hinausgehende Aufhebung oder Nichtigerklärung von Urteilen ist Frage
eines parlamentarischen Willensbildungsprozesses in dessen Rahmen das juristi -
sche Expertenwissen des Bundesministeriums für Justiz zur Verfügung steht.