629/AB XXI.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Sima und Genossinnen haben am 13.4.2000 an

mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 633/J betreffend „Umsetzung des Kyoto -

Zieles“ gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu beantworten:

 

ad) 1 - 15

 

Klimastrategie:

 

Das Regierungsprogramm sieht die Erarbeitung einer nationalen Klimastrategie zur

Erreichung des Kyoto - Zieles gemeinsam mit den anderen Gebietskörperschaften

vor. Nicht zuletzt auf Grund der zunehmenden Dynamik in den internationalen Ver -

handlungen hinsichtlich der Forderung nach einem baldigen Inkrafttreten des Kyoto -

Protokolls strebe ich an, dass noch vor der 6. Vertragsstaatenkonferenz im Novem -

ber in Den Haag eine Klimastrategie zwischen Bund, Ländern und Gemeinden

vereinbart werden soll.

 

Finanzierung:

 

Derzeit wird diese Strategie in Bund/Länder - Arbeitsgruppen vorbereitet. In der Frage

der Finanzierungsaufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist es zum

gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich, konkrete Angaben zu machen, zumal

die Frage nicht losgelöst von den laufenden Finanzausgleichsverhandlungen

behandelt werden kann.

Studie der Kommunalkredit Austria AG:

 

Die Studie der Kommunalkredit Austria AG geht im Wesentlichen von einer Optimie -

rung bestehender Förderungsinstrumente aus. So ist z. B. der gesamte Themen -

komplex „Raumwärme“ bereits bisher durch die Wohnbauförderung abgedeckt. Die

Vorschläge der Kommunalkredit Austria AG beziehen sich daher nicht auf neu auf -

zubringende Mittel oder neu zu schaffende Förderungsinstrumente, sondern auf

einen sinnvollen Einsatz bestehender Förderungsmittel. Im Bereich der Wohn -

bauförderung wäre z. B. der gesamte Komplex der Althaussanierung zu Lasten der

Neubauförderung zu forcieren. Diese Mittel werden seitens des Bundes den Ländern

zur Verfügung gestellt und von diesen verwaltet. Eine Umschichtung dieser Mittel zu

Gunsten klimaschutzrelevanter Maßnahmen wurde in einigen Ländern bereits ein -

geleitet.

 

Auch im Bereich der erneuerbaren Energieträger bzw. der Einsparungstechnologien

gibt es bereits adäquate Förderungsinstrumente. Das größte Bundesinstrument in

diesem Bereich ist die Umweltförderung im Inland, die bereits seit Jahren konse -

quent eine Schwerpunktsetzung zu Gunsten klimarelevanter Maßnahmen vornahm.

Innerhalb eines Zusagerahmens von 500 Mio. ATS, der damit jenem der Vorjahre

entspricht, wird diese Schwerpunktsetzung auch im Jahr 2000 verstärkt werden.

 

Gleichzeitig prüft mein Ressort auch weitere Möglichkeiten zur Umschichtung bzw.

stärkeren Dotation der klimarelevanten Maßnahmen. Die Vorschläge werden in der

Folge mit den Ländern diskutiert und in die nationale Klimastrategie einfließen. Eine

weitere Steigerung der Förderungen für klimarelevante Maßnahmen ist daher ab

dem Jahr 2001 zu erwarten.

 

Laufende Massnahmen:

 

In den vergangenen Jahren wurden in Österreich bereits kontinuierlich Maßnahmen

zum Klimaschutz umgesetzt.

• Im Bereich Verkehr wurden etwa Geschwindigkeitsbegrenzer für LKW und Omni -

   busse (LKW ab 12 Tonnen, Omnibusse ab 10 Tonnen) eingeführt und die schie -

   nengebundene Infrastruktur verbessert.

• Als fiskalische Maßnahmen wäre auf die Einbeziehung von Strom und Gas in eine

   Energiebesteuerung seit 1996 hinzuweisen.

• Als Erfolg ist auch die Ausweitung des biologischen Landbaus und das

   Österreichische Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft zu verbuchen.

• Gemäß der Zielbestimmung des EIWOG wird bis 2005 ein Anteil von 3% der ge -

   samten Elektrizitätsaufbringung aus „neuen“ erneuerbaren Energieträgern zu

   decken sein. In einigen Bundesländern werden diesbezüglich durch entsprechend

   ambitionierte Einspeisetarife bereits große Fortschritte gemacht.

• Der Anteil der Umweltförderungsmittel für klimawirksame Maßnahmen ist in den

   vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen. Aus Umwelt -  und Landwirt -

   schaftsförderung gemeinsam wurden 1999 etwa 450 Mio ATS allein für erneuer -

   bare Energieträger aus Bundesmitteln aufgebracht.

.  Die Methanemissionen aus der Abfallwirtschaft sind seit 1990 kontinuierlich ge -

   sunken, in der Deponieverordnung (1996) wurden Maßnahmen zur Verstärkung

   dieses Trends verankert (Reduzierung des Gesamtdeponievolumens, getrennte

   Deponierung verschiedener Abfallarten und verpflichtende Deponiegasfassung

   und  - verwertung).

• Die Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom

   Dezember 1999 (Änderung der Kraftstoffverordnung 1999) macht die Beimi -

   schung von bis zu 3 Volumsprozent Fettsäuremethylester (pflanzlichen

   Ursprungs) zu Dieselkraftstoff möglich und wird positive Auswirkungen im Sinne

   der Reduktion des C02 - Ausstoßes aus fossilen Treibstoffen nach sich ziehen.

 

Thermische Gebäudesanierung in Bundesgebäuden:

 

Vorweg ist zu dieser Frage festzuhalten, dass die Energiebereitstellung für Bundes -

gebäude in den Kompetenzbereich der Sektion V Bundeshochbau des Bundesmini -

steriums für Wirtschaft und Arbeit fällt. Eine autorisierte Antwort auf diese Frage

kann also nur von Seiten des BMWA gegeben werden.

 

Die Klima - Strategie meines Hauses enthält den Vorschlag einer Contracting - Initiative

für öffentliche Gebäude. Die Nutzung des Instrumentes Contracting ist aber nicht

gleichzusetzen mit einer generellen Privatisierung des Energiemanagements für

Bundesgebäude. Vielmehr ist damit ein Initiative für ein ,,public - privat - partnership"

zum gegenseitigen Nutzen gemeint.

 

Contractingmodelle kommen vor allem für jene Maßnahmen in Frage, die sich in

Zeiträumen von unter zehn Jahren amortisieren. Für alle Fälle mit längerer Amortisa -

tionszeiten, dies trifft meist auf Maßnahmen zur Gebäudehüllendämmung zu, wird

der Bund weiterhin eigenes Kapital, sei es direkt oder indirekt über Förderungen, zur

Verfügung stellen müssen. Wesentlich wird in der Zusammenarbeit mit dem BMWA

jedenfalls die Tatsache sein, auch im Bereich der Bundesgebäude einen

wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Kyotozieles zu leisten.

 

Klimabeirat:

 

Die zweite Funktionsperiode des Klimabeirats ist mit Ende Jänner 2000 ausgelaufen.

Der Beirat hat in der nationalen Klimaschutzpolitik stets wertvolle Dienste geleistet

und wird auch in Zukunft wichtige Aufgaben zu erfüllen haben.

Mitarbeiter meines Hauses führen bereits seit einigen Wochen intensive Gespräche

mit den einzelnen Beiratsmitgliedern, um die Vorstellungen und Anregungen aller

Beteiligten im Mandat für eine dritte Funktionsperiode (in Anpassung an neue Ent -

wicklungen in der nationalen und internationalen Klimaforschung und Klimaschutz -

politik) bestmöglich berücksichtigen können. Die Tätigkeit des Beirats wäre dann im

Sinne dieser Gespräche fortzusetzen.

 

Optionen - Analyse:

 

Die Optionen - Analyse der Kommunalkredit stellt eine wichtige Grundlage für die Kli -

mastrategie dar, zumal sie in einem Moderationsprozess unter Einbindung aller

maßgeblichen Akteure erstellt wurde, und damit bereits einen gewissen Konsens -

charakter aufweist. Dies bedeutet aber keineswegs, dass Bund, Länder und Ge -

meinden bei der Akkordierung der nationalen Strategie an alle Einzelmaßnahmen

der Kommunalkredit - Analyse gebunden wären.

 

So kann ich mir etwa durchaus ambitioniertere Schritte in Richtung einer Ökologisie -

rung des Steuersystems sowie eines nationalen Emissionshandel - Systems

vorstellen (Details unter ,,Emissionshandel“).

 

Spätestens im Jahr 2005 muss nach einer derartigen Erfolgsbewertung über den

Einsatz weiterer Maßnahmen entschieden werden.

 

Entbürokratisierung:

 

Ein entsprechender Initiativantrag für eine Novelle des Umweltverträglichkeitsprü -

fungsgesetzes (UVP - G) wurde im Mai dieses Jahres eingebracht. Darin ist enthalten,

dass im vereinfachten Verfahren kein Gesamtgutachten mehr zu erstellen ist; das

Vorverfahren soll fakultativ werden. Zudem sind nur noch die Antragsunterlagen und

die Umweltverträglichkeitserklärung öffentlich aufzulegen.

 

Ein Großteil der Abfallbehandlungsanlagen des § 29 Abs. 1 AWG unterliegt dem

UVP - G, daher kommen für diese Anlagen die erwähnten Erleichterungen zu Anwen -

dung.

 

Öko - Steuern:

 

Die weitere Ökologisierung des Steuersystems stellt aus meiner Sicht sicherlich ein

ganz wesentliches Instrument der Umweltpolitik dar. Wie zahlreiche Studien im

Auftrag meines Ressorts belegen, ist dieses umweltökonomische Instrument bei

sorgsamer Ausgestaltung sowohl ökologisch effektiv als auch wirtschaftlich effizient.

Insbesondere sind bei entsprechender Ausgestaltung positive Effekte auf BIP

Wachstum und Beschäftigung zu erzielen (vgl. WIFO 1995).

 

Im Rahmen der Ökologisierung soll eine Verlagerung der steuerlichen Belastung hin

zu den Ressourcen und weg vom Faktor Arbeit erfolgen. Hiedurch wird eine

Veränderung des langfristigen Preissystemes bzw. der relativen Preisverhältnisse zu

Gunsten erneuerbarer Energieträger bewirkt.

 

Als Diskussionsgrundlage können auch die Energiesteuervorschläge der

Steuerreformkommission aus dem Jahr 1998 herangezogen werden.

 

Um Energieeinsparungen und den Einsatz erneuerbarer Energieträger zusätzlich zu

unterstützen, sollten insbesondere die folgenden steuerrechtlich relevanten

Maßnahmen in Erwägung gezogen werden:

 

• verbesserte Möglichkeiten der einkommensteuerlichen Absetzbarkeit von be -

   stimmten privaten Energiespar - Investitionen, insbesondere für Mieter (derzeit

   durch "Sonderausgabentopf" stark eingeschränkt);

• beschleunigte Abschreibung und/oder erhöhter Investitionsfreibetrag für be -

   stimmte betriebliche Investitionen in den Bereichen Energiesparen und erneuer -

   bare Energien;

 

Lkw - Roadpricing:

 

Zur Erreichung des Kyoto - Ziels ist die Einführung des Verursacherprinzips am Ver -

kehrsmarkt von großer Bedeutung, um Marktverzerrungen zu vermeiden und um

Kunden und Unternehmen ökonomische Anreize für eine umweltfreundliche Ver -

kehrsmittelwahl zu bieten. Geeignet dazu sind Maßnahmen, mit deren Hilfe die

Kosten des Verkehrs einerseits stärker variabilisiert, d.h. auf die Fahrleistung bezo -

gen werden, und andererseits auch die externen Kosten berücksichtigt werden kön -

nen.

 

Flexible Mechanismen - Nutzung durch Österreich:

 

Die Regeln für die flexiblen Mechanismen, die im Kyoto Protokoll großteils offen ge -

lassen werden, sind seit 1997 Gegenstand der internationalen Verhandlungen. Bei

der 6. Vertragsparteienkonferenz der Klimarahmenkonvention im November 2000 in

Den Haag sollen diese Regeln zumindest in den Prinzipien und Eckpunkten be -

schlossen werden.

 

Grundsätzlich ist es jeder Vertragspartei gemäß Kyoto Protokoll selbst überlassen,

ob und in welchem Ausmaß sie sich der Mechanismen zur Erreichung ihres Reduk -

tionsziels bedient. Seitens der Bundesregierung wurde noch keine endgültige Ent -

scheidung getroffen, ob Österreich einzelne oder alle Mechanismen verwenden wird.

Eine solche Entscheidung kann auch erst dann getroffen werden, wenn alle Informa -

tionen als Grundlage dazu vorhanden sind, d.h. frühestens nach der COP6.

 

Projektbezogene Mechanismen:

 

Insbesonders die so genannten projektbezogenen Mechanismen „Joint Implementa -

tion" und ,,Clean Development Mechanism“ können der österreichischen Wirtschaft

gute Chancen bieten, ihr Know how auf dem Gebiet umweltfreundlicher Technolo -

gien auch im Ausland zu nutzen. Die Rahmenbedingungen und damit auch die

Finanzierungsmöglichkeiten für derartige Projekte werden noch Gegenstand von

Verhandlungen unter den beteiligten Kreisen in Österreich sein.

 

Emissionshandel:

 

Ich stehe einem nationalen Emissionshandel - System, dem sich etwa größere Indu -

striebetriebe und Energieversorger anschließen könnten, durchaus offen gegenüber,

wenn auf diese Weise inländische Emissionsreduktionen kosteneffizienter erzielt

werden können. Ziel der Tätigkeit in den Arbeitsgruppen ist es, sich auf ein möglichst

effizientes Maßnahmenpaket zu einigen, das auch „Reserveinstrumente“ vorsieht,

falls sich bei der Evaluierung der Maßnahmenumsetzung herausstellt, dass in dem

einen oder anderen Bereich Treibhausgasreduktionen nicht in ausreichendem Maß

erzielt werden konnten.

 

Der Emissionshandel bietet sicherlich die Möglichkeit, Ziele - seien es auf Ebene des

Staates oder der Unternehmen - kostengünstiger zu erreichen. Allerdings müssen

auch mögliche negative Effekte auf die Volkswirtschaft in Betracht gezogen werden,

wie der Verlust bzw. die Nichtschaffung von Arbeitsplätzen, Steuerverluste für den

Staat etc. Zudem steht ein Teil der österreichischen Wirtschaft der Allokation von

Emissionslizenzen als Voraussetzung für ein Handelssystem auf Unternehmens -

ebene nicht positiv gegenüber. Gerade diese Emissionsobergrenzen bieten aber

dem Staat als Verantwortlichem für die Zielerreichung eine Garantie, dass Reduk -

tionen in den einbezogenen Sektoren auch tatsächlich erzielt werden. In Bezug auf

diesen Mechanismus herrscht sicher noch Diskussions -  und Klärungsbedarf, um den

Bedürfnissen des Staates und der Wirtschaft gerecht zu werden. Daher ist

gegenwärtig weder das Potenzial noch der Finanzbedarf abschätzbar

 

Obergrenze für die flexiblen Mechanismen:

 

Die EU hält nach wie vor an ihrem Vorschlag für eine Definition der Höchstgrenze für

den Einsatz der flexiblen Mechanismen fest, den sie in den Schlussfolgerungen des

Rates vom Mai 1999 vorgelegt hat. Bisher war es nicht möglich, in eine Diskussion

darüber mit den anderen Vertragsparteien einzutreten. Diese Diskussion wird aller -

dings in den Monaten vor und auch während der COP6 stattfinden müssen, da die

EU eine Begrenzung für den Einsatz der flexiblen Mechanismen als ein wesentliches

Element der Umweltintegrität des Protokolls ansieht.

 

Österreich hat immer die Ansicht vertreten, dass mindestens die Hälfte der erforder -

lichen Reduktionen durch nationale Politiken und Maßnahmen erreicht werden muss,

wie dies auch in dem Vorschlag der EU reflektiert ist. An dieser Position halte ich

selbstverständlich fest und betrachte die Festlegung einer Begrenzung für den Ein -

satz der Mechanismen als ein essenzielles Element der Beschlüsse bei der COP6.