642/AB XXI.GP
der Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulli Sima
und Genossinnen betreffend dringend notwendige
Maßnahmen im Lebensmittelbereich
(Nr. 6351J)
Zur vorliegenden Anfrage führe ich Folgendes aus:
Zur Frage 1:
Das Lebensmittelgesetz 1975 sieht in seinen Strafbestimmungen sowohl durch die
Gerichte als auch durch die Verwaltungsstrafbehörden zu ahndende Straftatbestän -
de vor. Die Verhängung von Verwaltungsstrafen erfolgt bei falschen Bezeichnungen
von Lebensmitteln oder Verzehrprodukten durch die Bezirksverwaltungsbehörde.
Soferne ein durchschnittliches Strafausmaß bei Verwaltungsstrafen von S 140,-- zu -
trifft, werden meinerseits die Verwaltungsstrafbehörden auf das Missverhältnis zwi -
schen möglicher Höchststrafe und verhängter Strafe hingewiesen werden. Im Übri -
gen habe ich eine Erhebung der Zahl der Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht
gentechnischveränderter Produkte veranlasst.
Eine direkte Anweisung zur Verhängung höherer Strafen an die Bezirksverwaltungs-
behörde durch das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen ist
auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit nicht möglich, da die Höhe von Verwaltungs -
strafen entsprechend der Maßgabe des Verschuldens nach freiem Ermessen der
Verwaltungsbehörden festzulegen ist.
Zur Frage 2:
Nein
Zur Frage 3:
Das Lebensmittelgesetz 1975 hatte in seinen Verwaltungsstrafbestimmungen eine
Obergrenze von S 50.000,-- vorgesehen. Durch die letztmalige Novellierung des Ge -
setzes im Jahre 1998 wurde der Strafrahmen für die Obergrenze der Verwaltungs -
übertretungen auf S 100;000,-- hinaufgesetzt. Soferne tatsächlich das durchschnittli -
che Strafausmaß bei Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz S 140,-- beträgt, hat
sich erwiesen, dass eine Erhöhung des Strafrahmens für sich allein kein geeignetes
Instrumentarium der Durchsetzung der
Kennzeichnungspflicht darstellt.
Zur Frage 4 bis 7:
Eine Veröffentlichung von Firmen und Produktnamen nach Beanstandung würde
dem Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen.
Die österreichische Rechtsordnung sieht nur für die Verhandlung vor den Strafge-
richten die Teilnahme der Öffentlichkeit vor; diese Öffentlichkeit ist daher auch bei
gerichtlich strafbaren Verstössen gegen das Lebensmittelgesetz gegeben.
Hingegen ist bei Verwaltungsstrafverfahren die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Künftige Änderungen hinsichtlich Öffentlichkeit müssten generell für alle in Frage
kommenden Rechtsbereiche diskutiert werden. Sonderregelungen für einen einziger
Rechtsbereich nämlich den hier angesprochenen Bereich des Lebensmittelgeset -
zes (der Gentechnik - Kennzeichnung) - sind vor dem Hintergrund des Gleichheits -
grundsatzes rechtspolitisch sehr problematisch.
Zu den Fragen 8 bis 9:
Es ist vorgesehen, neuerlich eine bundesweite Schwerpunktaktion zur Kontrolle der
Einhaltung der Gentechnik-Kennzeichnungsbestimmungen durchzuführen, sodass
Kennzeichnungssünden schärfer verfolgt werden können.
Zu den Fragen 10 bis 11:
Im Jahr 1999 wurden folgende Schwerpunktaktionen durchgeführt:
1. Nationales Überwachungsprogramm 1999
(Pestizidrückstände in Obst und Gemüse) 336 Proben
2. Hygiene in Sushi - Bars, Sushi - Restaurants,
Sushi - Verkaufsstände 131 Proben
3. Weichmacher in bestimmtem Spielzeug aus
Kunststoff für Kinder unter 36 Monaten (Phthalate) 98 Proben
4. Untersuchung ausländischer Käse auf Listerien 254 Proben
5. Ochratoxin in Kaffee (EU - Aktion) 250 Proben
6. Tee und teeähnliche Erzeugnisse, Verunreichungen 305 Proben
7. Überprüfung von pasteurisierter Vollmilch im Detailhandel 183 Proben
8. Abgefüllte Wässer ohne Zusatz von Kohlenstoffdioxid 58 Proben
9. Hygiene bei Rohmilch im Rahmen der Direktvermarktung
(inkl. EHEC und Campylobacter) 190 Proben
Einhaltung der Nickelverordnung 82 Proben
10. Billighonig 11 Proben
11. Sojaprodukte (gentechnische
Veränderungen/
Kennzeichnung) 73 Proben
12. Untersuchung aufgeschnittener, unverpackter
und verpackter Wurstwaren 333 Proben
13. Biogene Amine in Räucherfisch 98 Proben
14. Apothekenkosmetika 154 Proben
Lichtschutzmittel 239 Proben
15. Kosmetika, die in Reformhäusern, auf Messen und
Jahrmärkten feilgehalten werden 102 Proben
Für das Jahr 2000 sind folgende Schwerpunktaktionen vorgesehen:
1. Prüfung von Bitterspirituosen und aromatisiertem Wodka auf Einhaltung der Be -
stimmungen des § 7 Abs. 1 Aromenverordnung, BGBl. Nr. 42/1998
2. Nationales Überwachungsprogramm 2000 (Pestizidrückstände in Obst und Ge -
müse)
3. Verzehrprodukte
4. Biogene Amine in Sardellen und Thunfisch in Pizzerias
5. Schwermetalle in Keramikprodukten
6. Hygiene bei „Kalter Küche“ aus Gaststätten
7. verpacktes Obst und Gemüse in Selbstbedienung
8. Grillfleisch, Spieße etc. gewürzt und ungewürzt, verpackt
9. Temperatur von tiefgekühlten Lebensmitteln
10. portionierter, verpackter Käse in Selbstbedienung
11. Walnüsse, Haselnüsse und Mohn (Verdorbenheit)
12. Maroni und Edelkastanien
13. verpackte, frische Fische
14. Mundwässer
15. Babypflegemittel
16. Haarfärbemittel
Weiters sind folgende EU - weite Aktionen vorgesehen:
1. HACCP
2. Beförderung von Lebensmitteln als Massengut
3. Nährwertkennzeichnungsverordnung
Zu den Fragen 12 bis 13:
Das Lebensmittelgesetz 1975 bindet im § 15 Abs. 2 lit. c die Verabreichung von
Stoffen mit spezifischer Wirkung, die dazu bestimmt sind, den Ertrag zu steigern,
Krankheiten vorzubeugen oder zu behandeln oder die Beschaffenheit der von den
Tieren stammenden Lebensmittel zu beeinflussen, insbesondere Antibiotika, Che -
motherapeutika, andere arzneilich oder pharmakologisch wirkende Stoffe oder Fer -
mentpräparate an eine Zulassung.
Die Zulassung von Futterzusatzstoffen und damit auch deren Aufhebung liegt im
Kompetenzbereich des Landwirtschaftsministers.
Demnach ist es meiner Meinung nach im Sinne des Vorsorgegedankens angezeigt,
die Antibiotikaverabreichung in der Tiernahrung weiter zu reduzieren. Ich unterstütze
daher die Bestrebungen des Herrn Landwirtschaftsministers Mag. Molterer, dieses
Ziel innerhalb der EU durchzusetzen.
Zu Frage 14:
Der vorliegende Entwurf einer Novelle zum Lebensmittelgesetz enthält die Möglich -
keit eines Diversionsverfahrens (§ 35a neu Lebensmittelgesetz). Diese Neuregelung
sieht vor, dass der Landeshauptmann sofern das Verschulden des Beschuldigten
unbedeutend und die Folgen der Übertretung geringfügig sind -, von der Weiterlei -
tung der Anzeige an die Verwaltungsbehörde bzw. an das Gericht absehen kann,
wenn der Betriebsinhaber dem Landeshauptmann nachweist, dass er geeignete
Maßnahmen getroffen hat, um künftig in seinem Bereich lebensmittelrechtliche
Übertretungen dieser Art hintan zu halten.
Als „Schlupfloch‘ kann diese Diversion daher nicht gesehen werden Diese Regelung
soll vielmehr dem Landeshauptmann mit seinen Verwaltungsorganen den effiziente -
ren Vollzug des Lebensmittelgesetzes ermöglichen.