644/AB XXI.GP

 

zur Zahl 641/J - NR/2000

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und Genossen haben an

mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Entschließung XX. GP zur Änderung des

Fortpflanzungsmedizingesetzes“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Vorausgeschickt sei, dass das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) nach einer

länger dauernden und sorgfältig geführten fachlichen und rechtspolitischen Diskus -

sion vom seinerzeitigen Gesetzgeber bewusst restriktiv gefasst wurde. Seit dem In -

krafttreten des Gesetzes sind an die beteiligten Ressorts vereinzelt Anregungen zu

einer Änderung - meist im Hinblick auf eine Liberalisierung - des FMedG herange -

tragen worden, deren rechtspolitische Grundlagen bereits Gegenstand der parla -

mentarischen Willensbildung waren. Diese rechtspolitischen Entscheidungen sind

im Wesentlichen auch vom Verfassungsgerichtshof geprüft worden.

 

Gegenüber dem seinerzeitigen Diskussionsprozess im Vorfeld der Gesetzwerdung

neu sind die Anregungen, die auf eine Änderung des FMedG zur Ermöglichung der

Aufbewahrung von Gameten für eine künftige Fortpflanzung krebskranker Patienten

hinauslaufen.

 

Darüber hinaus halte ich es im Hinblick darauf, dass das Fortpflanzungsmedizinge -

setz bereits nahezu ein Jahrzehnt in Geltung steht, für angebracht, erneut in geeig -

neter Weise auch grundsätzliche Fragen der Fortpflanzungsmedizin auf breiter Ba -

sis öffentlich zu diskutieren und werde diesbezüglich Aktivitäten setzen.

Zu 1 bis 3:

 

Ich teile die Auffassung, wie sie in der in der Anfrage genannten Entschließung zum

Ausdruck kommt, dass die bloß einjährige Aufbewahrungsfrist, aber auch die engen

Voraussetzungen für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung grundsätzlich nicht

der besonderen Lebenssituation vor allem junger krebskranker Patienten entspre -

chen.

 

Im Bundesministerium für Justiz wurden auch bereits vorbereitende Gespräche mit

Experten und Vertretern des mitbeteiligten Gesundheitsressorts geführt. Ich werde

daher - nach Abklärung eines allfälligen weiteren Reformbedarfs - legislative Vor -

schläge im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 17. Juni 1999, E 189,

ausarbeiten lassen, diese im Rahmen eines allgemeinen Begutachtungsverfahrens

zur Diskussion stellen und gegebenenfalls eine Regierungsvorlage vorbereiten.

 

Zu 4 bis 7 und 9:

 

Die Aufbewahrung von Samen oder Eizellen begegnet in der rechtspolitischen Dis -

kussion keinen ethischen Gegenargumenten, soweit sie nicht zur Zeugung eines

Kindes nach dem Tod der biologischen Eltern führt. Fraglich ist allerdings, ob es er -

laubt werden soll, Samen und Eizellen ohne Rücksicht auf das Alter der betreffen -

den Personen aufzubewahren, weil durch solche Möglichkeiten der bedeutsame

Gesichtspunkt der Subsidiarität der Fortpflanzungsmedizin gegenüber der natürli -

chen Methode der Fortpflanzung stark verkürzt würde. In diesem Zusammenhang

könnte zur Erwägung gestellt werden, dass sich das Fortpflanzungsmedizingesetz

an den im § 4 Abs. 1 Z 1 IVF- Fonds - Gesetz (BGBl. Nr. 180/1999) vorgesehenen Al -

tersgrenzen orientiert.

 

Anders als die Aufbewahrung von Samen und Eizellen wirft die längerfristige Aufbe -

wahrung von befruchteten Eizellen - wie die Diskussion im Vorfeld der Gesetzwer -

dung des Fortpflanzungsmedizingesetzes gezeigt hat - nicht nur eine Reihe rechts -

politischer Fragen auf, sondern stößt auf tiefgreifende ethische Bedenken.

 

Im Übrigen liegt der Unterschied zwischen dem aktuellen Wunsch eines Paares auf

Fortpflanzung und dem Wunsch eines krebskranken Patienten auf Aufbewahrung

seiner Gameten darin, dass der Krebspatient seine Fortpflanzung nicht zum aktuel -

len Zeitpunkt, sondern zu einem ungewissen, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt

wünscht. Häufig steht in solchen Fällen der Partner, mit dem der Kinderwunsch ent -

steht, noch gar nicht fest. Es ist fraglich, ob die Schaffung einer Möglichkeit, auch

Embryonen längerfristig aufzubewahren - abgesehen von den ethischen Problemen

- der in der Entschließung E 189 angesprochenen Interessenlage überhaupt gerecht

wird.

 

Zu 8:

 

In der rechtspolitischen Diskussion hat der Umstand eine gewisse Bedeutung er -

langt, dass die Verwendung des Samens von Spendern dazu führen könnte, dass

eine allfällige Blutsverwandtschaft weniger als bisher bekannt ist und es ungewollt

zur Fortpflanzung zwischen nahen Angehörigen kommen könnte. Die Rechtsord -

nungen der verschiedenen Staaten versuchen daher, die Entstehung von Kindern

ein und desselben Samenspenders zu beschränken. Meines Erachtens ist der vom

österreichischen Gesetzgeber gewählte Weg der Verwendung des Samens ein und

desselben Spenders in höchstens drei Ehen oder Lebensgemeinschaften zielfüh -

render und überdies den Kinderwünschen der betroffenen Paare entsprechender als

eine absolute Obergrenze an Geburten.

 

Zu 10:

 

Vorbehaltlich der noch zu führenden rechtspolitischen Diskussion stehe ich einer

Verwendung von Gameten eines Wunschelternteils nach dem Tod dieser Person

skeptisch gegenüber. Die Verwendung von Gameten, die von einer dritten Person

(Spender) stammen, nach deren Tod erscheint mir hingegen - entsprechend kurze

Aufbewahrungszeiten vorausgesetzt - weniger problematisch.

 

Zu 11 und 12:

 

Im Rahmen des Leitungskomitees des Europarates für Bioethik werden derzeit in -

ternationale Regelungen, auch zu Fragen der Fortpflanzungsmedizin, ausgearbeitet.

An den Arbeiten beteiligen sich nicht nur die Mitgliedstaaten des Europarats, son -

dern auch die Europäische Union, Australien, Kanada, der Heilige Stuhl, Japan und

die Vereinigien Staaten von Amerika. Im Hinblick darauf, dass die Interessenlage

schon innerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats uneinheitlich ist, wird eher ein

internationales Instrument, das einen Mindestschutzstandard regelt, als ein die

Rechtslage darüber hinaus harmonisierendes Instrument zu erwarten sein.