650/AB XXI.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Johannes Jarolim und GenossInnen haben am

27. April unter der Zl. 702/J - NR/2000 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage

betreffend missbräuchliche Erteilung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen durch die

österreichische Botschaft in Kiew gerichtet.

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

 

Zu Fragen 1 und 2:

 

Aufgrund des gestiegenen Tourismus aus den Staaten des ehemaligen Ostblocks jr‘ die

Länder der Europäischen Union besteht eine gewisse Gefahr mißbräuchlicher Antrag -

Stellung an allen Vertretungsbehörden der EU - Staaten.

 

Für die mit Visaangelegenheiten befaßten Mitarbeiter der Vertretungsbehörden werden,

neben erforderlichenfalls notwendigen Schulungen vor Ort, regelmäßig stattfindende Se -

minare im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten abgehalten, bei welchen

diese Problemstellung immer wieder thematisiert wird. Die eingesetzte EDV wurde so ge -

staltet, daß die einzelnen Arbeitsschritte nachvollzogen und damit ein allfälliger Mißbrauch

festgestellt werden kann.

An der Österreichischen Botschaft Kiew wurde eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um

zwischen berechtigten und mißbräuchlichen Visaanträgen unterscheiden zu können (z.B.

Erfordernis der persönlichen Vorsprache der Visawerber, die Vorlage von Einladungs -

schreiben bzw. Verpflichtungserklärungen, von Bestätigungen über das Einkommen bzw.

Vermögen und Dienstgeberbestätigungen, von Nachweisen über den Abschluß von Kran -

ken- und Unfallversicherungen sowie über die vollständige Vorauszahlung der Hotelko -

sten).

 

Zu Frage 3:

 

Im erwähnten Zeitraum gab es an der ÖB Kiew aufgrund des großen Arbeitsanfalls meh -

rere Visasachbearbeiter. Die Visumadministration kann generell von all jenen Bedienste -

ten durchgeführt werden, die in Visumangelegenheiten zeichnungsberechtigt sind. Grund -

sätzlich sind das pragmatisierte Beamte (A1 und A2). In begründeten Fällen kann auch

pragmatisierten A3 - Beamten und nicht pragmatisierten entsandten Bediensteten die Un -

terschriftsbefugnis für bestimmte Visakategorien erteilt werden. Diese Erteilung erfolgt

ausschließlich nach eingehender Überprüfung durch die Zentrale.

 

Zu Frage 4:

 

Grundsätzlich wurden die Vorschriften eingehalten. Lediglich im Bereich der Administrati -

on von Visaanträgen, die im Wege von Reisebüros eingebracht worden waren, wurden

Unregelmäßigkeiten durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland rele -

viert, worauf seitens des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten umgehend

reagiert wurde. Diesbezüglich wird auf die Beantwortung der Fragen 9 bis 11 verwiesen.

 

Zu Frage 5:

 

In den Jahren 1998 und 1999 wurden an der ÖB Kiew 98.422 Visa erteilt, davon 1.935

lediglich zur Durchreise. Eine statistische Unterscheidung nach Personengruppen erfolgt

generell nicht.

Zu Frage 6:

 

Im Rahmen des § 19 Fremdengesetz (FrG)1997, BGBl. Nr. 75/1997 i.d.g.F. kommt den

Österreichischen Vertretungsbehörden keine meritorische Zuständigkeit zu.

 

Dabei handelt es sich ausschließlich um Niederlassungsbewilligungen, die im Zuständig -

keitsbereich der inländischen Behörden gem. § 89 FrG erteilt werden.

 

Gemäß § 90 Abs. 3 FrG sind die Vertretungsbehörden im Rahmen des Verfahrens zur

Erteilung von Niederlassungsbewilligungen lediglich ermächtigt, Anträge entgegen zu

nehmen, sie auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen und diese an die zuständige In -

landsbehörde weiterzuleiten. Die Entscheidungen der Inlandsbehörden werden im Wege

der Amtshilfe durch die Vertretungsbehörden den Antragstellern zugestellt.

Seit 1.7.1998 sind die Vertretungsbehörden nur in wenigen bestimmten Fällen gemäß

§ 90 Abs. 4 FrG zur Ausstellung von Aufenthaltstiteln (Aufenthaltserlaubnisse mit einer

Gültigkeitsdauer bis zu 6 Monaten für Saisonarbeiter, Betriebsentsandte, Künstler und

vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommene selbständig Erwerbstätige) auch

selbst meritorisch zuständig. Die Österreichische Botschaft in Kiew hat im Jahre 1999 384

und im Zeitraum 1.1.- 30.4.2000 231 solche Aufenthaltstitel ( gem. § 90 Abs. 4 FrG) aus -

gestellt.

 

Zu Frage 7:

 

Diese Frage 7 fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für auswärtige

Angelegenheiten.

 

Zu Frage 8:

 

Bei der Österreichischen Botschaft Kiew sind hinsichtlich der von ihr ausgestellten Visa an

Anfragen aus anderen Schengenstaaten eingegangen:

 

 

1998:       230 Anfragen, d.s. 0,45 % bei insgesamt 50.364 ausgestellten Visa.

1999:       403 Anfragen, d.s. 0,88 % bei insgesamt 45.348 ausgestellten Visa.

1.1.- 30.4.2000: 74 Anfragen, d.s. 1,26 % bei insgesamt 5.853 ausgestellten Visa.

In der Mehrzahl der Fälle wurden die betreffenden Personen wegen abgelaufener oder

verfälschter Visa aufgegriffen.

 

Zu Frage 9:

 

Die Dienstreise von Beamten des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten

und des Bundesministeriums für Inneres im August 1999 an die Österreichische Botschaft

Kiew war keine „kommissionelle Überprüfung“, sondern eine Schulung vor Ort, wie sie

auch an anderen Dienstorten stattfindet. Dabei wurden Schwachstellen hinsichtlich der

Administration aufgezeigt, welche mit den Mitarbeitern der Vertretungsbehörde erörtert

und durch entsprechende Anleitungen behoben wurden.

 

Die Dienstreise im Jänner 2000 erfolgte hingegen auf Grund eines dem Bundesministeri -

um für auswärtige Angelegenheiten vom Bundesministerium für Inneres übermittelten Be -

richts der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland, der den Verdacht zuließ,

daß die Objektivität eines Beamten der Österreichischen Botschaft Kiew bei der Entschei -

dung in Visaverfahren durch sein Nahverhältnis zu einem ukrainischen Reiseveranstalter

gefährdet erschien. Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten hat auf der

Grundlage der Ergebnisse dieser Überprüfung am 29. März 2000 eine ausführliche Sach -

verhaltsdarstellung nach § 84 StPO an die Staatsanwaltschaft Wien abgefertigt, zu der

bislang keine Reaktion bekanntgeworden ist.

 

Zu Fragen 10 und 11:

 

Im Lichte der Ergebnisse der vorerwähnten Überprüfung wurde per Mitte April 2000 der

unmittelbar mit der Aufsicht über die Bearbeitung der Sichtvermerksangelegenheiten an

der Österreichischen Botschaft in Kiew betraut gewesene Bedienstete in das Bundesmini -

stenum für auswärtige Angelegenheiten versetzt, wo er keine konsularischen Aufgaben

wahrzunehmen hat.

 

Weiters wurde per Mitte März 2000 einer der entsandten und im Visaverkehr eingesetzten

Bediensteten der Österreichischen Botschaft in Kiew vorübergehend einberufen und in

der Folge einer anderen Auslandsvertretung aushilfsweise zugeteilt.

 

Bis zum Eintreffen der jeweils als Funktionsnachfolger dieser Bediensteten vorgesehenen

entsandten Mitarbeiter in Kiew ist der dortigen Österreichischen Botschaft per 26. April

2000 vorübergehend ein erfahrener Beamter des gehobenen Dienstes aus dem Perso -

nalstand des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten in Wien zugeteilt wor -

den.

 

Zu Frage 12:

 

Die Visapraxis der Österreichischen Botschaft Kiew ist gegenfiber Unternehmen nicht ri -

gid. Die Botschaft ist jedoch in Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen des österrei -

chischen Fremdengesetzes sowie des seit 1. Dezember 1997 für Österreich in Krafl ge -

setzten Schengener Durchführungsübereinkommens verpflichtet, bei der Prüfung jedes

Visumantrages den Zweck des beabsichtigten Aufenthaltes des Sichtvermerkswerbers

sowie seine persönlichen Verhältnisse genau zu prüfen und ihrer Entscheidung zugrunde

zu legen. Die Botschaft ist bestrebt, ein mißbräuchliches Vortäuschen von angeblich ge -

schäftlichen Interessen zu erkennen und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen

zu treffen.

 

Ukrainische Wirtschaftstreibende erhalten bei Vorliegen der allgemeinen, vom Fremden -

gesetz geforderten Voraussetzungen und dem Nachweis ihrer geschäftlichen Tätigkeit in

Österreich (z.B. Einladungsschreiben der österreichischen Firma, Handelsregisterauszug)

zeitgerecht die beantragten Visa.

Zu Fragen 13 und 14:

 

Dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten wurde im April 1999 das „Projekt

zur Förderung initiativer Menschen in der Ukraine und Intensivierung der Kontakte in wirt -

schaftlicher, kultureller, sportlicher und touristischer Hinsicht“ vorgestellt.

Die Aktivitäten des Vereins „Eine Welt - OÖ. Landlerhilfe“, die sich ursprünglich auf die

Unterstützung der deutschsprachigen Minderheit in Siebenbürgen beschränkten, wurden

in der Folge auch auf das Theresiental in der Ukraine ausgedehnt und umfassen

 

• Einladung von Kindern zu Ferienaufenthalten

 

• Jugendaustausch auf Einladung OÖ. Jugendorganisationen

 

• Unterstützung „initiativer Kräfte in der Ukraine“, wozu Unternehmer mittlerer und kleiner

   Betriebe sowie führende Mitarbeiter derartiger Unternehmen zählen.

 

Der Verein ist gegenüber der Österreichischen Botschaft Kiew nur durch die Aus - und Be -

reitstellung von Einladungsschreiben an ukrainische SV - Werber, die durch ukrainische

Projektpartner vermittelt wurden, in Erscheinung getreten.

 

Zu Frage 15:

 

Obwohl es sich dem Verein zufolge bei den Eingeladenen um Personen handelt, die fi -

nanziell in der Lage sind, Reise - u. Aufenthaltskosten selbst zu tragen, und denen der

Verein durch seine Einladungen nur den Zugang zu einem Schengenvisurn erleichtern

möchte, führte die vermehrte Vorlage gefälschter Unterlagen (Buchungsbestätigungen,

Arbeitsbestätigungen etc.) sowie die wachsende Anzahl von Einladungsschreiben (1998:

777, 1999 1841) im März 1999 zu einer vorübergehenden Einstellung der Visaerteilung an

diesen Personenkreis, die erst nach Zusicherung einer ordnungsgemäßen Abwicklung

wieder aufgenommen wurde. Allerdings zeigte sich bei stichprobenartigen Überprüfungen

in der Folge neuerlich, daß Visaantragsteller nicht über genügend finanzielle Eigenmittel

verfügten, gefälschte Unterlagen vorlegten, an der angegebenen österreichischen Adres -

se ihrer Unterkunft nicht erschienen usw.. Auch wurden Zurückweisungen solcher Perso -

nen an österreichischen und anderen EU - Grenzübergängen sowie Aufgriffe wegen ille -

galer Arbeitsaufnahme und Asylansuchen in anderen Schengenstaaten festgestellt. Die

Österreichische Botschaft in Kiew wurde daher angewiesen, für alle Visaantragsteiler, die

auf Einladung des Vereins „Eine Welt“ nach Österreich reisen möchten, ausnahmslos die

persönliche Vorsprache vorzusehen, um eine mißbräuchliche Verwendung der Hilfestel -

lung des Vereins nach Möglichkeit auszuschließen.