717/AB XXI.GP

 

Die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Hannes Jarolim und Genossinnen an

den Bundesminister für Inneres vom 27. April 2000, Zahl 701/J - NR/2000, betreffend

,,missbräuchliche Erteilung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen durch die öster -

reichische Botschaft in Kiew“, welche gleichlautend auch an die Bundesministerin für

auswärtige Angelegenheiten und an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

erging, beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass Staatsangehörige von Polen, der Slowakei, der

Tschechischen Republik, von Ungarn, Slowenien und Kroatien auf Grund von Sicht -

vermerksabkommen zur visumfreien Einreise und zu einem kurzfristigen1 nicht Er -

werbszwecken dienenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind. Für die Ange -

hörigen der übrigen Staaten des ehemaligen Ostblocks besteht Visumpflicht.

 

Die Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines solchen Einreisetitels erfolgt

auf Grund der Bestimmungen des Fremdengesetzes und der Fremdengesetz -

Durchführungsverordnung sowie der einschlägigen Schengen - Regelungen.

 

Im Visumverfahren sind die österreichischen Vertretungsbehörden angehalten, unter

Heranziehung der nationalen österreichischen und der im Schengen  - Verbund zur

Verfügung stehenden Unterlagen sowie im Rahmen der konsularischen Zusammen -

arbeit vor Ort mit den übrigen EU - Mitgliedstaaten die Erteilungsvoraussetzungen zu

überprüfen und missbräuchliche Antragstellungen hintanzuhalten.

 

In den Nachfolgestaaten der UdSSR sind jedoch größtenteils keine österreichischen

Vertretungsbehörden eingerichtet. Auf der Grundlage von generellen Vereinbarun -

gen im Rahmen des Schengener Vertragswerkes wird Österreich in Weißrussland,

Armenien, Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Kyrgigistan und Tadschikistan

durch Deutschland sowie in Aserbaidschan und Georgien durch Frankreich vertre-

ten.

 

Abgesehen davon, dass in diesen Staaten Visaerteilungen für Reisen mit Hauptziel

Österreich ohne österreichische Einflussnahme erfolgen, ist es auch für österreichi -

sche Vertretungsbehörden in Visaverfahren oft nicht möglich, falsche Angaben zur

missbräuchlichen Erlangung von Visa als solche zu durchschauen. Naturgemäß

können solche Vorgehensweisen erst im Nachhinein erkannt werden, weshalb in

diesen Fällen nicht von missbräuchlicher Genehmigung gesprochen werden kann.

 

Zur Situation in der Ukraine selbst ist festzustellen, dass im Jahr 1998 das Visaauf -

kommen an der Österreichischen Botschaft Kiew im Vergleich zum Vorjahr von

26.700 auf 51.881 erteilte Visa angestiegen ist.

 

Gleichzeitig stiegen in den Schengenstaaten aber auch die Aufgriffe von ukraini -

schen Staatsbürgern, die offenbar durch unrichtige Angaben Visa der Österreichi -

schen Botschaft Kiew erhielten, bzw. die Zahl jener, die mit bis zu einem Jahr abge -

laufenen Visa den Schengenraum wieder verlassen wollten.

 

Österreich selbst ist Eintritts - und Durchzugsland, nicht jedoch Zielland. Die Visa

werden zentral durch entsprechende „Reisebüros" in der Ukraine beschafft, Der

Transport in die Zielländer und zurück in die Ukraine ist ebenfalls straff organisiert.

Die Routen werden abhängig von den jeweiligen fremden - und kriminalpolizeilichen

Schwerpunktaktionen der einzelnen Schengenstaaten laufend verändert.

 

Zur Hintanhaltung von Missbrauch werden durch das Bundesministerium für Inneres

in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten re -

gelmäßig Schulungen der im Konsularbereich tätigen Bediensteten durchgeführt.

Schulungen erfolgen auch anlassbezogen z.B. vor Ort an den Vertretungsbehörden

selbst.

 

Ergänzend werden die Vertretungsbehörde laufend über die gewonnenen Erkennt -

nisse von Grenzbehörden und anderen Schengenstaaten informiert, um so eine

Sensibilisierung zu erreichen. Ist auf konkrete Tendenzen zu reagieren, werden ge -

nerelle Richtlinien vorgegeben. Zuletzt wurden Richtlinien zur Handhabungen von

Visaanträgen im Wege von Reisebüros erlassen.

 

Zu den Fragen 3. 8. 11. 12 sowie 14 und 15:

 

Ich verweise auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 702/J durch die Frau Bundesmi -

nisterin für auswärtige Angelegenheiten.

 

Zu Frage 4:

 

Das Bundesministerium für Inneres hat in Wahrnehmung seiner Fachaufsicht wegen

des angestiegenen Visaaufkommens Mitte 1998 einen Bericht der Österreichischen

Botschaft Kiew angefordert.

 

Die Botschaft begründete die Steigerung mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des

Landes und dem daraus resultierenden steigenden Tourismus und verwies darauf,

dass die Visaerteilungen in der Ukraine auch bei den anderen Schengenstaaten ge -

stiegen sei.

Der Vollständigkeit halber muss angemerkt werden, dass das Schengener Vertrags -

werk für Österreich am 1. Dezember 1997 und für Italien am 26. Oktober 1997 in

Kraft gesetzt wurde.

Da jedoch die Italienische Botschaft in Kiew bis etwa Juni 1998 nur räumlich be -

schränkte Visa erteilen konnte, kam es notgedrungen zu einer „Verlagerung“ der

Reiseziele. Auch dieser Umstand hat maßgeblich zu einer Steigerung der Visaanträ -

ge geführt.

 

Zu Beginn des Jahres 1999 wurde der gleichbleibend steigende Trend durch die sta -

tistische Auswertung der Visadaten des Vorjahres bestätigt und parallel dazu stieg

die Zahl der Aufgriffe von nicht rechtmäßig aufhältigen Ukrainern im Schengener

Gebiet weiter.

 

Bei der Auswertung dieser Aufgriffe verdichteten sich die Hinweise, dass offenbar

durch Vortäuschung von „Österreichurlauben“ Visa an der Österreichischen Bot -

schaff Kiew erschlichen werden, um durch Österreich als Eintrittsland in andere

Schengenländer zu gelangen und dort illegal erwerbstätig zu sein. Eine im August

1999 durchgeführte Schulung vor Ort wurde zum Anlass genommen, die Visasach -

bearbeiter für diese Problematik zu sensibilisieren.

 

Darüber hinaus wird auf die Beantwortung zu Frage 9 verwiesen.

 

 

Zu Frage 5:

 

Es liegen keine Statistiken über eine Unterscheidung nach Personengruppen vor.

 

Zu Frage 6:

 

Österreichischen Vertretungsbehörden kommt im Rahmen des § 19 FrG keine Be -

hördenzuständigkeit zu. Dabei handelt es sich ausschließlich um Niederlassungsbe -

willigungen, die im Zuständigkeitsbereich der inländischen Behörden gemäß § 89

FrG erteilt werden.

 

Die Vertretungsbehörden sind außer in den Fällen des § 90 Abs. 4 FrG, in denen sie

selbständig kurzfristige Aufenthaltserlaubnisse z.B. für Saisonarbeitskräfte oder

kurzfristig Betriebsentsandte erteilten können, im Rahmen des Verfahrens zur Ertei -

lung von Niederlassungsbewilligungen lediglich ermächtigt, Anträge entgegen zu

nehmen, sie auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen und diese an die zuständige

Inlandsbehörde weiterzuleiten. Die Entscheidungen der Inlandsbehörden werden im

Wege der Amthilfe durch die Vertretungsbehörden den Antragstellern zugestellt.

 

Über die Anzahl der im Wege der Österreichischen Botschaft Kiew eingebrachten

Anträge liegen keine Aufzeichnungen vor.

 

Mit Stand April 2000 waren im Fremdeninformationssystem 1359 aufrechte Aufent -

haltstitel (Niederlassungsbewilligung und Aufenthaltserlaubnis) von Staatsangehöri -

gen der Ukraine gespeichert.

 

Zu Frage 7:

 

Zahlenmaterial über Aufgriffe von Prostituierten in Österreich und in anderen Schen -

genstaaten ist nicht verfügbar.

In den Jahren 1997 bis 1999 wurde in Österreich insgesamt über folgende Anzahl

von Fremden Aufenthaltsverbote oder Ausweisungen wegen Prostitution verhängt.

 

Jahr

 Aufenthaltsverbote

 Ausweisungen

1997

 15

 6

1998

 18

 8

1999

 15

 3

 

Nach Staatsangehörigkeit detaillierte Statistiken liegen nicht vor.

 

Zu Frage 9:

 

Die Dienstreise vom August 1999 war keine „kommissionelle Überprüfung“, sondern

eine Schulung vor Ort, wie sie immer wieder an sensiblen Dienstorten stattfindet. Im

Zuge dieser Schulung wurden fachliche Fehler in der Administration festgestellt, wel -

che im Rahmen der Schulung erörtert wurden.

 

Die Dienstreise im Jänner 2000 erfolgte, da der Verdacht bestand, dass ein Beamter

der Österreichischen Botschaft Kiew ein seine Objektivität gefährdendes Nahver -

hältnis zu ukrainischen Reiseveranstaltern habe. Dieser Verdacht bestätigte sich bei

den Ermittlungen in Kiew.

 

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten hat auf der Grundlage der

Ergebnisse der Ende Jänner 2000 erfolgten Überprüfung am 29. März 2000 eine

ausführliche Sachverhaltsdarstellung nach § 84 StPO an die Staatsanwaltschaft

Wien abgefertigt, zu der bislang keine Reaktion bekanntgeworden ist.

 

Zu Frage 10:

 

Gemeinsam mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten wurde die

Schulung sowie der Informationsaustausch über die aktuellen Vorfälle und bekannt -

gewordenen Aufgriffe intensiviert.

 

Darüber hinaus wurde, wie zu Frage 2 ausgeführt, die Administration von Reise -

gruppen neu geregelt.

 

Zu Frage 13:

 

Gemäß den Satzungen des Vereins „Eine Welt - OÖ. Landlerhilfe“ hat der Verein

die Aufgabe, materielle und ideelle Entwicklungshilfe sowohl in der dritten Welt als

auch in den Oststaaten und insbesondere für die deutschsprachige Minderheit der

Landler in Rumänien zu leisten. Dazu zählt auch die Herstellung und Förderung von

Kontakten zwischen Kindern, Jugendlichen, Familien, sonstigen Einzelpersonen,

Institutionen und Firmen in diesen Ländern und Österreich sowie den übrigen Län -

dern der Europäischen Union, beispielsweise durch die Bereitstellung von Einladun -

gen. Insbesondere soll auch das Kennenlernen der Lebens - und Arbeitsweisen in

Österreich sowie den übrigen Ländern der Europäischen Union ermöglicht werden.