726/AB XXI.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Keppelmüller und Genossen haben am
27.4.2000 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 717/J betreffend „die Sanie -
rung der Berger - Deponie“ gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu beantworten:
ad 1 bis 3
Nach Miffeilung des Amtes der Wiener Landesregierung (Magistratsabteilung 58) als
Genehmigungsbehörde, wurde die Deponie „Langes Feld“ mit Bescheid des Lan -
deshauptmannes von Wien vom 11.2.1991, MA 58 - 2881/90, und vom 24.6.1996,
MA 58 - 2575/93, bewilligt.
Sofern die Verwendung der (vererdeten) Abfälle zur Zwischenabdeckung und Rekul -
tivierung der Deponie im Einklang mit den gültigen Bescheiden erfolgt bzw, keine
Überschreitung derselben darstellt, stellt sich die Frage hinsichtlich einer Verwertung
im Sinne gesetzmäßiger Vorgaben nur im Zusammenhang mit einer Beitragspflicht
nach dem Altlastensanierungsgesetz. Bei den Materialien aus der Berger - Deponie
handelt es sich allerdings um Abfälle, die im Zuge der Sanierung einer Altlast ange -
fallen sind und daher gemäß §3 Abs. 2 AISAG von der Beitragspflicht ausgenommen
sind.
Folgende Maßnahmen wurden nach Mitteilung der MA 58 vor der Ablagerung des
Altlastenmaterials durchgeführt:
• Berger - Deponie:
Vorbeprobung des Aushubes, Grobsortierung, chemische Ausgangskontrolle und
Ausgangswiegung;
• Deponie „Langes Feld“:
Eingangswiegung, Eingangskontrolle mit Analyse, Siebung bzw. Sortierung und
Ausscheidung ungeeigneter Materialien, Rezepturherstellung, Qualitäts- und Pro-
zesskontrollen einschließlich der Endzertifikats- und Seuchenhygieneunter-
such ungen.
Für die Vererdung wurden folgende Kriterien herangezogen, deren Einhaltung durch
Herrn Univ. - Prof. Dipl. - Ing. Dr. Husz überprüft wurde:
Für das aufzubringende Material besteht zunächst die Anforderung, in den Merkma -
len der Bodenstruktur, des Nährstoffgehaltes sowie des Wasserhaushaltes den
standortspezifischen Gegebenheiten zu entsprechen. Dazu wurden folgende Schritte
gesetzt:
• Eignungsprüfung der angelieferten Abfälle;
• Fraktionierte Analyse zur Feststellung der Tauglichkeit der Einzelkomponenten;
• Erstellung der für den weiteren Verlauf maßgebenden Rezepturen;
• Überprüfung des Prozessverlaufes während der Hitzerotte bzw. während der Sta -
bilisierungsphase;
• Endzertifikations - sowie Seuchenhygieneuntersuchungen an jeweils 10.000 m³
hergestelltem Material und Vergleich zwischen vorgegebenen Qualitätsanfor -
derungen und dem tatsächlich erzielten Güteniveau.
Als maßgebende Überprüfungsschritte wurden von der MA 58 die Feststellung des
Gehaltes an organischen Substanzen, an
Nährstoffen, an austauschbaren Ionen, an
Spuren - und Schwermetallen sowie die Ermittlung von physikalischen und boden -
kundlichen Kennwerten sowie von hygienischen Parametern genannt.
Von der MA 58 wurde weiters mitgeteilt, dass nach Ansicht der Amtssachverständi -
gen sowie des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes keine zum Schutze der Ge-
wässer einschließlich des Grundwassers notwendigen Maßnahmen für das Verer -
dungsverfahren vorzuschreiben sind. Weiters wurde auch vom BMwA festgehalten,
dass keine gewerberechtliche Bewilligung notwendig ist.
Nach Angaben der MA 58 wurde das von der „Berger - Deponie“ stammende Material
unter den Stoffströmen
• „Vererdung“ mit einer Masse von 362.633 t,
• „keine Vererdung“ mit einer Masse von 151433 t und
• „externe Entsorgung“ mit einer Masse von 42.762 t
erfasst bzw. registriert (Stichtag: 31.12.1999).
Weiters wird auf der Deponie „Langes Feld“ eine Masse von 47.933 t für eine künftig
vorzunehmende Verwendung noch gesondert gelagert. Darüber hinaus liegen nach
Angabe der MA 58 keine zahlenmäßigen Angaben zu den sortierten Teilfraktionen
vor.
ad 4
Da die Verpflichtete dem Räumungsauftrag betreffend die Altlast N9 ‚,Mülldeponie
Helene Berger“ nicht nachgekommen ist, werden von der BH Wr. Neustadt nach
umfassenden Vorarbeiten seit Oktober 1996 Räumungsmaßnahmen gemäß
Verwaltungsvollstreckungsgesetz (Ersatzvornahme) durchgeführt.
Der Räumungsbescheid enthält folgende Aufgaben:
• Entfernung sämtlicher Abfälle;
• Entfernung des durch die Abfälle
kontaminierten Bodenkörpers;
• Auffüllung des durch die Abbauarbeiten vertieften Grubenareals mit unbedenkli-
chem Schottermaterial bis 2 m über den höchsten Grundwasserspiegel.
Die Räumung der Abfälle konnte schon im Herbst 1998 abgeschlossen werden, die
planmäßige Entfernung des kontaminierten Bodenkörpers hingegen wurde entspre -
chend der ungünstigen Grundwasserverhältnisse erst mit April 2000 in Angriff ge -
nommen. Die im Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen sind demzufolge noch
nicht abgeschlossen.
Detaillierte Untersuchungen nach Beendigung der Abfallräumung haben die Erwar -
tungen der Experten bestätigt, dass unterhalb der Deponiesohle (Schüttungs -
unterkante) der Untergrund in Abhängigkeit der Sorptionsfähigkeit des Sediments
kontaminiert ist. Die Kontamination konzentriert sich dabei auf einen lehmigen
„Zwischenstauer“, der in unterschiedlicher Mächtigkeit ansteht und größtenteils der
Eluatklasse III zuzuordnen ist. Dieser kontaminierte Stauhorizont wird von einer im
Wesentlichen unbelasteten (ausgewaschenen) Kiesschicht überlagert. Das konkrete
Ausmaß der Kontamination wurde durch umfangreiche Voruntersuchungen 1999
nachgewiesen und die Notwendigkeit der Räumung bestätigt.
Die Auskofferung des mit Schadstoffen angereicherten Feinsediments erfolgt ab -
schnittsweise mittels Nassbaggerung, daher wird das gelöste Material im Zwischen -
lager gravimetrisch entwässert und erst anschließend auf geeignete Deponien ver -
bracht. Die kontaminierten Wässer werden gefasst, vorgereinigt und in den Kanal
eingeleitet. Die Abtragung der überlagernden Kiesschicht (EK 1) passiert Zug um Zug
vor der gezielten Auskofferung des Stauers. Das unbelastete Schottermaterial wird
zwischengelagert und nach entsprechender Untersuchung und Qualitätskontrolle
wieder zur lateralen Verfüllung in der
Grube (Abflachung der Böschung) und als
Schüttmaterial über dem höchsten Grundwasserspiegel verwendet. Die ausgekof -
ferten Abschnitte mit freier Grundwasserfläche werden daraufhin mit inertem Aus -
tauschmaterial aus einem Abbau unmittelbar außerhalb der Altlast bis zur HGW -
Marke wiederverfüllt.
Soferne nicht extreme Grundwasserverhältnisse eine nochmalige Unterbrechung
erfordern, kann die Räumung des kontaminierten Bodenkörpers im Herbst 2000 fina -
lisiert werden. Der Abschluss der folgenden Rekultivierung (Humusierung und Besä -
mung bzw. Aufforstung von Teilbereichen) ist bis Jahresende geplant, bei ungünsti -
gen Witterungsbedingungen bis spätestens 30. Juni 2001.
ad 5
Allgemein kann zu Altlastensanierungsmaßnahmen und insbesondere Räumungen
festgehalten werden, dass im Gegensatz zu herkömmlichen Baumaßnahmen die
Planbarkeit von zahlreichen Randbedingungen beeinflusst wird und demzufolge bei
der Realisierung derartiger Vorhaben trotz sorgfältiger Voruntersuchungen zahlrei -
che zeitliche, verfahrens - und ablauftechnische Anpassungen, zum Teil auch ver -
bunden mit Mehrkosten, notwendig werden.
Im gegenständlichen Fall stellt neben dem zeitlich stark schwankenden Grundwas -
serspiegel auch die Abfallzusammensetzung des Deponiekörpers eine wesentliche
Einflussgröße auf Ablauf und Kostenplanung der Sanierungsmaßnahmen dar. Erst
auf Grund aufwändiger Vorerkundungsmaßnahmen bzw. mit Fortschritt der Räu -
mung ergeben sich die tatsächlich zu räumenden Mengen und das konkrete Ausmaß
der Kontamination, sodass Kosten und Finanzmittelpläne dem jeweiligen Ermitt -
lungsstand anzupassen sind.
Vor Beginn der Räumung wurde die Gesamtmasse des kontaminierten Untergrun -
des mit ca. 150.000t angenommen. Die aktuellen
Räumungsergebnisse von insge -
samt ca. 70.000t (Ende Mai) bestätigen diese Schätzung. Angesichts des derzeit
noch günstigen Grundwasserspiegels wurde die Räumung intensiviert, sodass nun -
mehr ca. 3.000t/d auf Deponien verbracht werden können.
Ausgangsbasis für die gesamte Kostenschätzung war die Grobkostenschätzung
1994, die von einem Aufwand von ca. ATS 1,7 bis 2,1 Mrd. ausging. Im Jahr 1996,
nach den Ausschreibungsverfahren, wurden die Gesamtkosten der Räumung in der
Größenordnung von ca. ATS 1,22 bis 1,3 Mrd. (inkl. USt.) prognostiziert. Der vor -
letzte Kostenfinanzplan aus 11/1998 weist eine Plansumme von ATS 1,29 Mrd. auf.
Nach dem letzten Kostenfinanzplan der Projektsteuerung vom März 2000 sind für die
Entfernung des kontaminierten Zwischenstauers ca. ATS 190 Mio. zusätzlich zu er -
warten. Das konkrete Ausmaß der Kontamination des im Grundwasser liegenden
Zwischenstauers sowie seine Mächtigkeit war erst nach Beendigung der Abfallräu -
mung durch umfangreiche Untersuchungen im Vorjahr feststellbar, sodass sich
nunmehr für die Gesamträumung der Berger-Deponie eine Gesamtplansumme von
ATS 1,48 Mrd. ergibt.
Entsprechend den einschlägigen Erfahrungen bei ähnlichen Deponieräumungen und
den Ergebnissen der Vorerkundungen war vor Beginn der Räumung die Kontamina -
tion des Untergrundes zweifelsfrei absehbar, wenngleich quantitativ und qualitativ
nur grob abschätzbar.
Über die Entsorgung des Schüttkörpers und des kontaminierten Untergrundes wurde
bereits 1994 eine Ausschreibung im offenen Verfahren durchgeführt und diese
Leistungen gemäß der abgeschlossenen Optionsverträge abgerufen.
Weitere Ausschreibungen sind
demgemäß nicht erfolgt.
ad 6
Nach Mitteilung der BH Wr. Neustadt wurde in der Ausschreibung keine Differenzie -
rung zwischen Material für Zwischenabdeckung bzw. für Vererdung getroffen.
ad 7
Die Ausschreibung der Entsorgungsleistungen erfolgte 1994 im Auftrag der BH
Wr. Neustadt in einem zweistufigen Verhandlungsverfahren. Nach öffentlicher Ein -
ladung zur Abgabe von Teilnahmeanträgen wurden mit 24 Interessenten Gespräche
geführt und diese zur Abgabe verbindlicher Angebote eingeladen. Die kommis -
sionelle Angebotsöffnung erfolgte am 03.11.1994. Nach Evaluierung der abgege -
benen verbindlichen Angebote wurden 17 konkrete Bewerber ermittelt. Nach um -
fangreichen Einzelverhandlungen, bei denen unter anderem die Berechtigungen
sowie die technische Leistungsfähigkeit eingehend hinterfragt wurden, wurden ins -
gesamt 11 Optionsverträge abgeschlossen.
Diese Verträge waren so abgefasst, dass der jeweilige Auftragnehmer sich zur Er -
bringung der Leistung auf Abruf durch den Auftraggeber verpflichtete, während der
Auftraggeber sich die Möglichkeit weiterer Verhandlungen (insbesondere über den
Preis) offen hielt. Teilweise waren die zur Disposition stehenden Abfallfraktionen
mehrfach durch Optionsverträge abgedeckt. Von den 11 Optionsverträgen wurden
im Zuge der Räumung 9 Verträge abgerufen. Die in den Optionsverträgen angege -
benen Entgelte stellen Maximalentgelte dar, an die der Auftragnehmer gebunden
war. Die Höhe der tatsächlichen Entgelte wurde vor Abrufen durch den Auftraggeber
im nochmaligen Verhandlungsweg zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer fest -
gelegt.
Die Kriterien für die Vergabe der Entsorgungsleistungen waren.
. das Vorliegen aller behördlicher
Bewilligungen,
• die technische Leistungsfähigkeit,
• das Einhalten des Standes der Technik und
• der Preis.
ad 8
Es ist davon auszugehen, dass die Räumung der Altlast Berger - Deponie von der BH
Wr. Neustadt als zuständige Behörde nach bestem Wissen und Gewissen durchge -
führt wurde und wird, allerdings unter den besonderen Bedingungen eines Verwal -
tungsvollstreckungsverfahrens. Dieses schreibt auf Grund der zwingenden Re -
gressierung der kosten immer die Anwendung gelindester Mittel vor, weshalb nicht
immer (meist teurere) ökologischere Verfahren zur Anwendung gelangen können.
Ungeachtet dessen haben die jeweiligen Maßnahmen den gesetzlichen Mindestan -
forderungen zu entsprechen.
Es erscheint daher wenig sinnvoll, die Umweltbundesamt GmbH aus ohnehin knap -
pen Steuermitteln mit einer umfangreichen „ökologischen“ Nachprüfung zu betrauen.
Auf Grund der meinem Ressort nunmehr übertragenen Kompetenzen wird allerdings
auch eine intensive fachliche Unterstützung der für die Räumung der Altlast Fischer -
Deponie ebenfalls zuständigen BH Wr. Neustadt erfolgen, in die sicher auch die
Umweltbundesamt GmbH eingebunden werden wird.