745/AB XXI.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 746/J - NR/2000 betreffend Gutachten des

Bundesdenkmalamtes über den statischen Zustand des Bürohauses "Kaipalast", 1010 Wien, Franz -

Josefs - Kai 47, die die Abgeordneten Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde am 10. Mai 2000 an

mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Ad1.:

Seitens der Eigentümer wurde Dipl.Ing. Peter Kramer mit einer statischen Untersuchung beauftragt.

Eine erste gutachtliche Stellungnahme ist mit 21. April 1999 datiert. Die endgültige gutachtliche

Stellungnahme mit entsprechender Dokumentation ist mit 1. Dezember 1999 datiert. Dieses bezieht

sich auf Untersuchungen der Bautechnischen Prüf - und Versuchsanstalt vom 15. Mai 1998,

28. Mai 1998, 23 August 1998, 26. Juli 1999 und 29. November 1999.

 

Vom Bundesdenkmalamt wurde Em. O.Univ.Prof. Dr. Alfred Pauser um eine gutachtliche Stellung

nahme gebeten, die am 19. Dezember 1999 erstellt und am 10. März 2000 mit Erläuterungen

ergänzt wurde.

 

Da sich das Objekt in einer Schutzzone (nach der Wiener Bauordnung) befindet und eine

Abbruchgenehmigung hier nur bei Vorliegen technischer bzw. wirtschaftlicher Abbruchreife erteilt

wird, leitete der Magistrat die entsprechenden Untersuchungen durch die MA 25 sowie die MA35 - S

(Statik) ein. Ob darüber hinaus ein Fremdgutachten beauftragt wurde, ist nicht bekannt. Eine

Stellungnahme der Stadt Wien mit Äußerung zu den vorliegenden Gutachten wird erwartet

Ad 2.

Em. O. Univ. Prof. Dr. Alfred Pauser ist nicht nur eine österreichweit und international anerkannte

Kapazität als Statiker, sowohl in seiner praktischen Arbeit wie auch als Universitätsprofessor,

sondern er hat sich darüber hinaus durch sein Standardwerk „Eisenbeton 1850 bis 1950, Idee -

Versuch - Bemessung - Realisierung", erschienen in Wien 1994, als besonderer Fachmann für

historische Eisenbetonkonstruktionen ausgewiesen. Seit vielen Jahren ist Prof.  Pauser Mitglied des

Denkmalbeirates des Bundesdenkmalamtes. Er hat bei einschlägigen Fragen seine fachliche

Souveränität oftmals bewiesen und sich um die Rettung bedrohter Denkmäler bemüht.

 

Ad 3.:

Em. O. Univ. Prof. Dr. Alfred Pauser wurde nach mündlicher Anfrage, ob er grundsätzlich bereit und

zeitlich in der Lage sei ein Gutachten zu erstellen, mit Schreiben des Bundesdenkmalamtes vom

30. September 1999 um gutachtliche Stellungnahme gebeten. Das Gutachten ist mit

19. Dezember 1999 datiert und wurde am 10. März 2000 mit Erläuterungen ergänzt.

 

Ad4.:

Das Gutachten des von der Zürich Kosmos Versicherungen AG beauftragten Dipl. - Ing. Peter

Kramer war Em. O. Univ. Prof. Dr. Alfred Pauser selbstverständlich bekannt, weil seine Stellung -

nahme auch die Überprüfung des Eigentümer - Gutachtens beinhalten sollte. Er hat keine darin ent -

haltenen Feststellungen übernommen, sondern diese kritisch durchleuchtet.

 

Ad 5.:

Das Gutachten kann der Öffentlichkeit nicht weitergegeben werden, da es sich dabei um

Entscheidungsgrundlagen in einem schwebenden Verfahren handelt und damit unter den Begriff

der Akteneinsicht fällt.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass Em. O. Univ. Prof. Dr. Alfred Pauser hinsichtlich des Zustandes des

Objektes in seiner gutachtlichen Stellungnahme abschließend festhält, dass der Zustand des

Objektes im Zuge von Sanierungsmaßnahmen noch vertretbaren Ausmaßes keinen im heutigen

Sinn konsensfähigen Bauzustand sicherstellen würde.

Ad 6.

 

Die Gutachten wurden erst erstellt, nachdem vom Bundesdenkmalamt das Unterschutzstellungsver -

fahren eingeleitet war. Als wesentliches Kriterium und konstituierendes Element für die Bedeutung

des Bauwerks wird im Gutachten über die Bedeutung des Objektes als Denkmal die

Eisenbetonskelettbauweise angeführt. Bei der Entscheidung, ob der Vorankündigung eine bescheid -

mäßige Unterschutzstellung des Kai - Palastes folgen könnte, was aber erst nach Vorliegen der

Stellungnahme der Stadt Wien möglich sein wird, ist insbesondere § 1 Abs. 10 DMSG zu beachten,

welcher lautet:

„Die Erhaltung kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, wenn sich das Denkmal im

Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substanziellen

(physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist

oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner

Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichen -

dem Maß zugesprochen werden könnte."

 

Es wird daher darauf hingewiesen, dass das Bundesdenkmalamt mit einer endgültigen Entscheidung

über die Frage der Unterschutzstellung noch bis zum Abschluss der Untersuchungen durch den

Magistrat der Stadt Wien zuwartet.

 

Ad 7:

 

Das Gutachten von Dipl. Ing Kramer weist in seiner Zusammenfassung auf Seite 8 für das Objekt

die technische Abbruchreife in nachfolgender Weise aus:

 

„Aufgrund der Befundaufnahme, der statischen Nachrechnung und den Ergebnissen der Probe -

belastung und Bruchbelastung muss festgestellt werden, dass 100 % der Geschoßdecken für eine

Büronutzung untauglich sind. 20 % der lastabtragenden vertikalen Elemente weisen eine unter dem

Normwert liegende Sicherheit auf und sind daher für eine Büronutzung im angetroffenen Zustand

untauglich Konstruktionsbedingt ist die Fassade, im Falle einer unerlässlichen Sanierung der

Fassadenträger, mindestens zu 50 % abzutragen und nach erfolgter Sanierung wiederherzustellen

Die Fundierung ist unter Berücksichtigung der bestehenden Deckenaufkonstruktion und der norm -

gemäßen Nutzlast für Bürobauten Lind des angetroffenen Baugrundes zu schwach ausgelegt. Über

die Tragkonstruktion des gesamten Objektes muss daher die Feststellung getroffen werden, dass

etwa 70 % dem Stand der Technik und den normgemäßen Sicherheiten nicht entspricht. Als

Schlussfolgerung dieser Tatsache erscheint die technische Abbruchreife des gegenständlichen

Objektes als gegeben."

Eine darüber hinausgehende Untersuchung der Sanierung erfolgte nicht.

 

Em. O. Univ. Prof. Dr. Alfred Pauser äußert sich differenzierter. Er stellt eine Sanierbarkeit nicht

grundsätzlich in Abrede, weist jedoch darauf hin, dass diese nur mit massiven Eingriffen und

substanziellen Auswechslungen möglich erscheint. „Eine Entkernung ist wegen der gegebenen

Skelettbauweise ohne vollkommene Verfälschung der historischen Struktur nicht möglich."

 

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Frage der Sanierbarkeit in den vorliegenden

Gutachten nur als Randfrage behandelt erscheint. Keines der beiden vorerwähnten Gutachten hatte

die Frage der Sanierbarkeit dezidiert als Aufgabestellung erhalten. Diese Frage muss derzeit als

noch offen angesehen werden.