749/AB XXI.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde haben

am 10. Mai 2000 unter der Nr. 734/J an mich eine schriftliche parlamentarische An -

frage betreffend nationalsozialistische Bestimmungen in österreichischen Gesetzen

und Entfernung dieser Gesetzesstellen aus dem Rechtsinformationssystem im Laufe

des 19. April 2000 gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Vorweg ist auf Folgendes hinzuweisen:

Die maßgebliche Rechtsüberleitung wurde 1945 auf Verfassungsebene durch § 1

Abs. 1 Rechts - Überleitungsgesetz in der Weise durchgeführt, daß die dem § 1

Rechts - Überleitungsgesetz widersprechenden Rechtsvorschriften bzw. Textstellen in

diesen Rechtsvorschriften bereits im Zusammenhang mit dieser Rechtsüberleitung

1945 nicht mehr in den Bestand des geltenden Bundesrechtes übernommen wur -

den. Diese durch § 1 Rechts - Überleitungsgesetz aufgehobenen früheren Rechtsvor -

schriften sind somit nicht mehr Inhalt der ansonsten übergeleiteten Rechtsvorschrif -

ten und können daher auch nicht mehr Bestandteil des geltenden österreichischen

Rechtes sein. Die Kundmachungen des § 1 Abs. 2 Rechts - Überleitungsgesetz stell -

ten im Interesse der Rechtssicherheit die aufgehobenen Rechtsvorschriften verbind -

lich fest, schränkten jedoch die Aufhebungswirkung des § 1 Abs. 1 Rechts - Überlei -

tungsgesetz nicht ein.

 

Das Rechtsinformationssystem ist kein authentisches Publikationsorgan und es

enthält auch keine authentisch konsolidierten Textfassungen, vielmehr handelt es

sich um unverbindliche Textausgaben, die das geltende österreichische Recht

dokumentalistisch abbilden sollen. Etwaige Textkorrekturen des Rechtsinformations -

systems stellen daher einen dokumentalistischen Vorgang dar und betreffen in kei -

ner Weise den Rechtsbestand selbst.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, daß das Rechtsinformationssystem zwar in

technischer Hinsicht vom Bundeskanzleramt geführt wird, aber für den Inhalt der

Rechtsnormen die jeweils in ihrem Wirkungsbereich berührten Bundesministerien

zuständig sind.

 

Zu den Fragen 1 und 4:

Ich habe Kenntnis davon, daß Textkorrekturen im Rechtsinformationssystem solche

Stellen betroffen haben.

 

Zu den Fragen 2 und 3:

Als ein Verzeichnis gesamter Rechtsvorschriften erfaßt der Index nach Art eines

Inhaltsverzeichnisses nicht den Inhalt der Rechtsvorschriften, insbesondere keine

Untergliederungen (Paragraphen). Das gegenständliche Problem stellt sich daher

beim Index nicht. Jene Rechtsvorschriften, welche insgesamt dem § 1 Rechts - Über -

leitungsgesetz widersprochen haben, wurden nicht in das Bundesrecht übergeleitet

und werden somit auch nicht im Index aufgezählt.

 

Zu den Fragen 5 und 6:

Der angesprochenen Problematik wurde bereits durch § 1 Rechts - Überleitungsge -

setz Rechnung getragen. Was den Inhalt der Normen angeht, war bei der Rechts -

bereinigung davon auszugehen, daß typisch nationalsozialistische Inhalte im Sinn

des § 1 Rechts - Überleitungsgesetz nicht mehr in den geltenden Normen enthalten

waren. Da in den nunmehr in Rede stehenden Vorschriften, aber auch andere, für

die Vollziehung wichtigen Vorschriften, wie etwa Organisationsvorschriften enthalten

waren, wurden sie von den betroffenen Bundesministerien nicht als für die Rechtsbe -

reinigung geeignet angegeben.

 

Zu den Fragen 7 und 8:

Die Datenbankkorrektur wurde von der für das Rechtsinformationssystem zuständi -

gen Abteilung des Bundeskanzleramtes angeordnet und durchgeführt. Dabei handelt

es sich um eine dokumentalistische Textkorrektur und nicht um eine Derogation oder

Löschung von Rechtsnormen. Es entspricht dem Standard von Datenbanken, anläß -

lich des Erkennens von Dokumentationsfehlern unverzüglich die entsprechenden

Korrekturen zu veranlassen. Da diesen Textstellen bereits seit mehr als 50 Jahren

keine geltende Rechtsnorm mehr entsprochen hat, wurden die fehlerhaften Daten -

bankdokumente der geltenden Rechtslage angepasst.

Zu Frage 9:

Für die Textkorrekturen war § 1 Rechts - Überleitungsgesetz maßgeblich. Das in der

Anfrage erwähnte Wort gehört ohne Zweifel einer nicht mehr in unsere Zeit passen -

den Ausdrucksweise an, fällt jedoch nicht unter § 1 Rechts - Überleitungsgesetz. Die

Anpassung der Rechtssprache an eine zeitgemäße Semantik ist nicht Aufgabe der

Rechtsdokumentation, welche das Recht bloß zu beschreiben, nicht jedoch neu zu

gestalten hat.

 

Zu Frage 10:

Es wurden bereits Gespräche mit dem für das Gesundheitsrecht zuständigen Bun -

desministerium für soziale Sicherheit und Generationen aufgenommen, mit dem Ziel,

den Altbestand nicht mehr zeitgemäßer Rechtsvorschriften im Zuge einer Neurege -

lung an die modernen Gegebenheiten anzupassen.