760/AB XXI.GP

 

Beantwortung

der Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und GenossInnen

betreffend massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das

FPÖVP - Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung

(Nr. 780/J)

 

Zur vorliegenden Anfrage führe ich Folgendes aus:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Die Erhöhung der Rezeptgebühr ist eine der Maßnahmen zur Eindämmung der

überproportionalen Zuwächse bei den Heilmittelausgaben. Sie ist als Teil jener Maß -

nahmen zu sehen, die im Arzneimittelbereich in erster Linie durch eine nachhaltige

Veränderung der Verschreibepraxis Kosteneinsparungen für die sozialen Kranken -

versicherungen bewirken sollen. In diesem Zusammenhang sind etwa die Therapie

ohne Medikamente, die vermehrte Verschreibung von Generika oder das Ökono -

miemodul (Arzneimittelverzeichnis mit Preisvergleich) zu nennen.

 

Eine Rezeptgebühr kann weiters dazu beitragen, dass mit Arzneimitteln sorgfältiger

umgegangen wird. Apotheker berichten immer wieder, dass hinsichtlich der Ablauf -

zeit nicht mehr verwendbare, aber sonst oft noch nicht einmal angebrochene Pak -

kungen von Arzneimittelspezialitäten von Patienten zur Entsorgung gebracht werden.

 

Die Vergangenheit hat wiederholt gezeigt, dass jede überdurchschnittliche Erhöhung

der Rezeptgebühr zumindest kurzfristig eine Senkung der Heilmittelverschreibungen

mit sich bringt.

 

Zu den Fragen 3 und 4:

 

Sicher werden rezeptpflichtige Arzneimittel von Ärztinnen/Ärzten verordnet. Diese

berücksichtigen dabei aber etwa oft nicht, welche - hinsichtlich Ablaufzeit noch ver -

wendbaren - Arzneimittel die Patientinnen/Patienten ohnedies noch zu Hause vorrä -

tig haben.

 

Es erscheint mir daher außerordentlich wichtig, auch die Ärztinnen und Ärzte in die

ökonomische Verantwortung für das Gesundheitswesen einzubinden, was aber der -

zeit schon geschieht; so ist die Ärzteschaft durch Vertragsregelungen verpflichtet, bei

der Medikamentenverordnung die vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger

erlassenen Richtlinien über eine ökonomische Verschreibweise einzuhalten.

Die maßgebliche sozialversicherungsrechtliche Rechtslage stellt sich im Einzelnen

wie folgt dar: Gemäß § 133 Abs. 2 ASVG (bzw. den Parallelbestimmungen der ande -

ren Sozialversicherungsgesetze) muss die Krankenbehandlung, die nach § 133

Abs. 1 ASVG ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe umfasst, ausreichend und

zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dieser

Ökonomiegrundsatz wird gegenüber den Vertragspartnern der Krankenversiche -

rungsträger, die auf Rechnung der Krankenversicherung Leistungen erbringen, durch

verschiedene Instrumente und Rechtsquellen konkretisiert. Für den Bereich der

Heilmittel sind hier insbesondere die Chefarztpflicht und die bereits erwähnten Richt -

linien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen

gemäß § 31 Abs. 5 Z 13 ASVG zu erwähnen. Schließlich ergibt sich auch aus den

zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und

den jeweiligen (Landes)Ärztekammern abgeschlossenen Gesamtverträgen, die

gleichzeitig Inhalt der zwischen den Krankenversicherungsträgern und Ärzten abzu -

schließenden Einzelverträge sind, die Verpflichtung zu einer wirtschaftlichen Lei -

stungserbringung.

 

Zusammenfassend möchte ich auf meine bereits in Beantwortung der Fragen 9 bis

11 der parlamentarischen Anfrage Nr. 543/J gemachten Aussagen verweisen:

Demnach ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Ärzte Arzneimittel nach dem

Therapiebedarf der Patientinnen/Patienten verschreiben. Für legistische Maßnah -

men besteht daher in diesem Zusammenhang keine Veranlassung. Allerdings sehe

ich in einer verstärkten Beachtung des Ökonomiegebotes in der Verschreibepraxis

der Ärzte noch Einsparungspotenziale und werde daher diesbezügliche Bemühun -

gen der Krankenversicherungsträger und des Hauptverbandes der österreichischen

Sozialversicherungsträger unterstützen.

 

Zu Frage 5:

 

Solche Studien sind mir nicht bekannt.

 

Zu Frage 6:

 

Ich ersuche die anfragenden Abgeordneten um Übermittlung dieser Publikation.

Ich werde diese gerne studieren und auch meinen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern zur

Stellungnahme vorlegen. Schon jetzt möchte ich aber darauf hinweisen, dass auch

von vielen Vertragsärztinnen/Vertragsärzten der Krankenkassen die einseitige auf

Medikamentenverschreibungen gerichtete Erwartungshaltung vieler Patientinnen/

Patienten bedauert wird.

 

Zu den Fragen 7 und 8:

 

Eine Ausweitung der Selbstmedikation wird ausschließlich nach wissenschaftlich -

medizinischen Kriterien, die durch entsprechende Sachverständige fachlich zu beur -

teilen sind, gemäß den Vorgaben des Rezeptpflichtgesetzes und im Einklang mit den

Richtlinien der Europäischen Union vorgenommen werden. Von einem Nachgeben

gegenüber der Pharmaindustrie kann daher nicht die Rede sein.

Weiters habe ich bereits in Beantwortung der Frage 2 der parlamentarischen Anfra -

ge Nr. 543/J festgehalten, dass die Frage der Rezeptpflicht eines Medikamentes für

die Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung irrelevant ist. Es

können auch rezeptfreie Medikamente auf Kosten des Krankenversicherungsträgers

verschrieben werden, wenn sie zur Behandlung einer Krankheit erforderlich sind und

dem Ökonomiegebot des § 133 Abs. 2 ASVG entsprechen. Eine Ausweitung der

ohne Rezeptpflicht erhältlichen Medikamente hat daher keine unmittelbare Auswir -

kung auf die Kostenübernahme durch die Krankenversicherungsträger.

 

Zu Frage 9:

 

Bei einem Privatkauf kommt ein Kassenrabatt per definitionem nicht in Betracht.

 

Zu Frage 10 und 11:

 

Wie zu den Fragen 7 und 8 ausgeführt, kann eine Ausweitung der Selbstmedikation

nur nach fachlicher Beurteilung durch entsprechende Sachverständige erfolgen. Da

eine solche Meinungsbildung noch nicht vorliegt, können weder der Umfang der zu -

künftigen Ausnahmen von der Rezeptpflicht noch deren wirtschaftliche Auswirkun -

gen abgeschätzt werden.

 

Ich erwarte durch eine vermehrte Möglichkeit zur Selbstmedikation keine Mehrbela -

stung für die Patientinnen/Patienten, da auch rezeptfreie Arzneimittel bei entspre -

chender Indikation durch die Krankenkassen ersetzt werden können.

 

Zu Frage 12:

 

Nierenschädigungen werden vor allem durch den chronischen Missbrauch von Anal -

getika verursacht. Die entsprechenden Analgetika sind schon derzeit rezeptfrei er -

hältlich. Diese Nierenschädigungen sind ein Beispiel dafür, dass eine vertretbare

Selbstmedikation gut informierte Patientinnen und Patienten zur Voraussetzung hat.

 

Die Selbstmedikation ist daher ausschließlich jenen Arzneimitteln vorzubehalten,

deren Nebenwirkungspotenzial eine ärztliche Überwachung nicht erforderlich macht

und die aus diesem Grund nach exakter Beurteilung durch Sachverständige re -

zepttrei gestellt werden können. Bei dieser Beurteilung spielt natürlich auch das

Missbrauchspotenzial des Arzneimittels und die beobachtete Missbrauchshäufigkeit

eine bedeutende Rolle. Im Zuge eines allgemeinen Trends zu mehr Selbstmedikati -

on wird es jedenfalls erforderlich sein, neu erkanntes Missbrauchspotenzial bei be -

stimmten Arzneimitteln durch konkrete Maßnahmen nach dem Rezeptpflichtgesetz

hintanzuhalten.