768/AB XXI.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Gisela Wurm, Dr. Einem, Mag. Christine
Muttonen und Genossinnen haben am 12.5.2000 unter der Nr. 778/J eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend „Tod eines nigerianischen Häftlings“ an mich
gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Der Bericht über den Ablauf der Amtshandlung lautet wie folgt:
„Am 29.4.2000, um 12.30 Uhr, wurden zwei männliche Personen in Wien 16,
Albrechtkreithgasse auf offener Straße wegen Verdachtes des gewerbsmäßigen
Suchtgifthandels nach den Bestimmungen der StPO von Kriminalbeamten des
Sicherheitsbüros aus eigener Macht festgenommen.“
Die beiden Festgenommenen führten die Kriminalbeamten nach Wien 17,
Redtenbachergasse 84, wo Suchtgift versteckt sein sollte. Bei Stiege 2, 2. Stock, Tür 2
wurde zunächst versucht, mit einem Schlüssel zu öffnen, was jedoch nicht gelang, da von
innen ein Schlüssel steckte. Aus der Wohnung waren Stimmengeräusche und Radiomusik
zu hören. Die Beamten gaben sich daraufhin durch die geschlossene Tür lautstark in
deutscher und englischer Sprache als Polizeibeamte zu erkennen. Der Aufforderung zur
Türöffnung wurde jedoch nicht sofort entsprochen, vielmehr wurde die Wasserleitung
betätigt, wodurch der Verdacht entstand, von den in der Wohnung befindlichen Personen
werde Suchtgift vernichtet. Ein Aufdrücken der Eingangstür wegen Gefahr im Verzuge -
Vernichtung von Beweismitteln - durch Körperkraft mißlang. Erst etwa 1 Minute später
wurde die Tür von Harry O. geöffnet. In der Wohnung befand sich auch IBEKWE Peter
Arinze alias WEAH Peter Richard. Als IBEKWE von den Kriminalbeamten angetroffen
wurde, stand er gerade beim Waschbecken und
hantierte bei laufender Wasserleitung.
Im Bereich der Eingangstür wurden drei Suchtmittelkugeln vorgefunden. Beide in der
Wohnung befindlichen Personen bestritten, damit etwas zu tun zu haben. Am 29.4.2000,
um 13.05 Uhr, wurde IBEKWE im Anschluß an die Hausdurchsuchung gemeinsam mit
H.O. wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels von den
Kriminalbeamten des Sicherheitsbüros festgenommen.
Im Zuge der Hausdurchsuchung waren in einem von IBEKWE benützten Kasten 25
Suchtmittelkugeln in einem Sportsocken vorgefunden worden, in einem zweiten Socken
wurden S 14.600,- Bargeld gefunden. Während sich IBEKWE als Eigentümer des
Bargeldes deklarierte, bezeichnete er H.O. als Eigentümer der Suchtmittel, was dieser
jedoch bestritt. Die beiden Festgenommenen begannen daraufhin zu streiten und sich zu
beschimpfen, sodaß sie von den Beamten voneinander getrennt werden mußten.
Beide Festgenommenen wurden in der Folge mit Handfesseln geschlossen, mit
Dienstfahrzeugen zum Sicherheitsbüro überstellt und in weiterer Folge um 14.15 Uhr in
das Polizeigefangenenhaus eingeliefert.
Bei der Festnahme des IBEKWE mußte keinerlei Körperkraft angewendet werden, da er
sich seiner Festnahme nicht widersetzte. Im Streit zwischen IBEKWE und O. wurde O.
kurzfristig am Boden fixiert. IBEKWE war von dieser Maßnahme aber nicht betroffen.
Für die einschreitenden Beamten gab es keinen konkreten Hinweis, daß IBEKWE
verpackte Suchtmittel verschluckt hätte. Aufgrund allgemeiner Erfahrungswerte und der
oben geschilderten Umstände, die der Hausdurchsuchung vorangingen bzw. diese
begleiteten, konnte solches aber auch nicht ausgeschlossen werden. Die Unterbringung
des IBEKWE erfolgte daher im Polizeigefangenenhaus in der sogenannten
"Schluckerzelle“ 222 in Einzelhaft.
Während der Anhaltung suchte er zweimal die sogenannte „Schluckertoilette“ auf. Die
diesbezüglich von den Aufsichtsbeamten schriftlich festgehaltenen Kontrollen am
29.4.2000, um 19.20 Uhr, sowie am 30.4.2000, um 13.55 Uhr, waren negativ.
Am 30.4.2000 wurde IBEKWE vom Polizeigefangenenhaus zum Sicherheitsbüro zur
niederschriftlichen Einvernahme gebracht. Im Zuge seiner Einvernahme, beginnend um
17.10 Uhr, gab IBEKWE an, an Suchtmittel gewöhnt zu sein und zuletzt etwa fünf Tage
vor seiner Festnahme Suchtgift konsumiert zu haben, er sei weder verletzt noch krank,
brauche auch keine Medikamente und keinen Arzt. Auf Entzugserscheinungen befragt,
gab er an, Gelenksschmerzen zu haben und nicht schlafen zu können. Nach Ende der
Einvernahme um 18.40 Uhr - die Unterschrift verweigerte IBEKWE - wurde er in das
Polizeigefangenenhaus zurückgebracht.
IBEKWE wurde im Polizeigefangenenhaus zwei Mal amtsärztlich untersucht. Die erste
Untersuchung fand am 29.4.2000, um 19 Uhr, nach seiner Einlieferung in das
Polizeigefangenenhaus statt. Der Vermerk des Amtsarztes lautete ‚derzeit klinisch
unauffällig“.
Routinemäßig wird von den Ärzten jeder Häftling auf Verletzungs - und
Mißhandlungsspuren untersucht und gleichzeitig konkret nach eingenommenen
Medikamenten, Suchtgiftabhängigkeit und Entzugserscheinungen befragt sowie danach,
ob Verletzungen vorliegen oder Schmerzen verspürt werden. Diesbezügliche
Bestätigungen bzw. Angaben durch die Häftlinge werden gegebenenfalls vermerkt
IBEKWE hat auf Befragung keine Angaben
gemacht.
Eine zweite amtsärztliche Untersuchung erfolgte auf Verlangen von IBEKWE am 1.5.2000,
um 8.40 Uhr. IBEKWE wurde im Rahmen dieser Untersuchung neuerlich nach seinen
Beschwerden gefragt und er gab an, lediglich Kopfschmerzen zu haben, worauf ihm das
Medikament PARKEMED verabreicht wurde.
Am 1.5.2000, um 10 Uhr, wurde IBEKWE über Gerichtsauftrag dem Gefangenenhaus der
Justizanstalt Erdberg eingeliefert und somit in Gerichtsverantwortung übergeben.
Zu Frage 2:
Der Verhaftung lag der Verdacht des gewerbsmäßigen Suchtmittelhandels nach §§ 27 und
28 Suchtmittelgesetz zugrunde.
Zu Frage 3:
Zufolge des mir vorliegenden Berichtes über die Amtshandlung mußte bei der Festnahme
von IBEKWE am 29.4.2000, um 13.05 Uhr, keine Körperkraft angewendet werden. Die
Anlegung der Handfesseln erfolgte gem. § 26 Abs.2 Anhalteordnung, um einer
Fluchtgefahr vorzubeugen.
Zu Frage 4:
Die Einlieferung in das Polizeigefangenenhaus erfolgte am 29.4.2000, um 14.15 Uhr.
Zu Frage 5:
Ich verweise auf die Ausführungen zu Frage 1
Zu Frage 6:
Der Verhaftete wurde am 1.5.2000, um 10 Uhr, in die Justizanstalt Erdberg eingeliefert.
Zu Frage 7:
Der Staatsanwaltschaft wurden die in Presseaussendungen erhobenen Mißhandlungs -
vorwürfe am 5.5.2000 seitens der Bundespolizeidirektion Wien angezeigt.
Disziplinaranzeigen gegen die involvierten
Beamten wurden bisher nicht erstattet.
Zu Frage 8:
Gegen einen der in diesen Vorfall involvierten Beamten wurde im Jahr 1994 wegen
vorschriftswidriger Verwahrung seiner Dienstwaffe die Disziplinarstrafe des Verweises
ausgesprochen.
Gegen die übrigen Beamten wurde während ihrer Dienstzeit noch kein
Disziplinarverfahren eingeleitet.
Zu Frage 9:
Ja.