81/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 48/J - NR/1999 betreffend Akzeptanz von
Bakkalaureats - Studien an Österreichs Universitäten, die die Abgeordneten Mag. Dr. GROL -
LITSCH und Kollegen am 18. November 1999 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie
folgt zu beantworten:
Zu Frage 1:
Es ist zutreffend, dass mit Wirkung vom 1. Oktober 1999 noch kein Bakkalaureatsstudium
eingeführt wurde. Eine Betrachtung des Gesetzgebungsverfahrens zur Schaffung der recht -
lichen Grundlage für die Umwandlung der Diplomstudien in Bakkalaureats- und Magister -
studien einerseits und der am 1. September 1999 in Kraft getretenen gesetzlichen Grundlagen
andererseits ergibt, dass die Einrichtung des ersten Bakkalaureatsstudiums am 1. Oktober
1999 weder beabsichtigt noch objektiv möglich war. Dies erhellt aus folgenden Gründen:
a. Das UniStG lässt bewusst offen, in welchen Studienrichtungen die Umwandlung tatsäch -
lich erfolgen soll. Wie den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1997 der
Beilagen XX. GP) zu entnehmen ist, sollte die „Einführung... nicht sofort und nicht
zwanghaft für alle Studienrichtungen erfolgen, sondern behutsam nach Maßgabe der
Rahmenbedingungen und der spezifischen Erfordernisse“ (S.10). Daher werden die ein -
zelnen Studienrichtungen erst im Einvernehmen mit den betreffenden Universitäten aus -
zuwählen sein.
b. Vor der Umwandlung sind die Kriterien des § 11 Abs. 3 UniStG zu erheben, insbesonde -
re ist ein Gutachten des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen zur Arbeitsmarktrele -
vanz anzufordern.
c. Nach Erhebung aller Kriterien ist der Entwurf der Verordnung des Bundesministers für
Wissenschaft und Verkehr zur Umwandlung des Diplomstudiums in Bakkalaureats - und
Magisterstudium einer öffentlichen Begutachtung zu unterziehen.
d. Nach der Umwandlung des bisherigen Diplomstudiums hat die Studienkommission nach
den Bestimmungen der §§ 12 bis 14 UniStG Qualifikationsprofil und Studienplan für
Bakkalaureats- und Magisterstudium zu entwickeln und öffentlich zur Diskussion zu
stellen.
e. Schließlich hat die Studienkommission die finanziellen Auswirkungen des neuen Stu -
dienplanes darzulegen und den Studienplan dem Bundesministerium für Wissenschaft
und Verkehr zur aufsichtsbehördlichen Prüfung vorzulegen.
Auf Grund der dargestellten Verfahrensschritte ergibt sich, dass deren seriöse Abwicklung
zwischen dem 1. September 1999 und dem 1. Oktober 1999 weder anzustreben noch objektiv
möglich war.
Zu Frage 2:
Derzeit liegt der Antrag auf Umwandlung der Studienkommission für die Studienrichtung
Biologie an der Universität Salzburg vor. Darüber hinaus ist ein intensiver Diskussionspro -
zess aus Protokollen und öffentlichen Erklärungen erschließbar, in dem die Frage der Um -
wandlung sehr offensiv behandelt wird. Dies betrifft die sozial - und wirtschaftswissenschaftli -
chen Studienrichtungen in gleicher Weise wie die ingenieurwissenschaftlichen, naturwissen -
schaftlichen, aber auch geistes - und kulturwissenschaftlichen Studienrichtungen. Die Wirt -
schaftsuniversität Wien beabsichtigt die Einführung von zwei Studienrichtungen (Angewand -
te Betriebswirtschaft, Wirtschaftsinformatik) in Form von Bakkalaureats - und Magister -
studium.
Zu Frage 3:
Die Einschätzungen, die der Frage zu Grunde liegen, sind nicht zutreffend. Wie ich in den
Antworten zu den Fragen 1 und 2 ausgeführt habe, ist das Interesse keineswegs „mäßig". Die
Einführung erfolgte auch nicht „hastig“ nach „zu kurzer Begutachtungsfrist". Ausgehend von
der Sorbonne - Deklaration im Mai 1998 und der Einführung der Bakkalaureatsstudien im
deutschen Hochschulrahmengesetz im Spätsommer 1998 wurde in Österreich im Herbst 1998
die Diskussion zur Einführung des Bakkalaureats (wieder) aufgenommen. Der Gesetzesent -
wurf zur Einführung wurde am 26. März 1999 zur Begutachtung versandt, die Begutachtungs -
frist endete am 10. Mai 1999. Nach dieser Diskussionsphase, in deren Rahmen auch eine
Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr tagte, erfolgte die Be -
schlussfassung im Nationalrat am 14. Juli 1999.
Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass die Einführung des ersten Bakkalaureatsstudiums
an einer österreichischen Universität im Herbst 2000 möglich sein wird. Dies erschien not -
wendig, um den Studienkommissionen, die derzeit neue Studienpläne gemäß UniStG erarbei -
ten, die Einführung des Bakkalaureats als zusätzliche Option zur neuen Gestaltung der Stu -
dien anzubieten. Jede spätere parlamentarische Behandlung dieser Thematik hätte die tatsäch -
liche Einführung um 1 bis 2 Jahre verzögert.
Zu Frage 4:
Das in der Bologna - Erklärung von den Bildungsministern von mehr als 30 europäischen
Staaten festgelegte Konzept ist als Empfehlung an die Unterzeichnerstaaten und als politische
Willenserklärung zu verstehen.
Zu Frage 5:
Unter dem österreichischen EU - Ratsvorsitz im Oktober 1998 wurde eine Arbeitsgruppe der
Generaldirektoren für Hochschulbildung bestehend aus der TROIKA (Österreich, Deutsch -
länd, Finnland), der
Unterzeichnerländer der Sorbonne - Erklärung (Frankreich, Italien,
Ver -
einigtes Königreich), der Europäischen Kommission, der Confederation of European Union
Rectors‘ Conferences und der Association of European Universities eingerichtet. Diese Ar -
beitsgruppe unter österreichischem Vorsitz unterstützte die italienischen Gastgeber bei der
Vorbereitung der Bologna - Konferenz und begleitete die von der Europäischen Kommission
beauftragten Studien zu Trends in der europäischen Hochschulbildung.
Österreich unternahm freiwillig die weitgehende Umsetzung der in der Bologna - Erklärung
ausgesprochenen Empfehlung (Aufnahme in das UniStG), d.h. Einführung eines
Bakkalaureats - und Magisterstudiums sowie flankierende Maßnahmen zur Internationalisie -
rung (z.B. ECTS, Diploma Suppiement, Urkunden zusätzlich in englischer Sprache).
Zu Frage 6:
Das Bakkalaureat soll im Sinne der EU - Richtlinie 89/48/EWG den mindestens dreijährigen
berufsqualifizierenden akademischen Erstabschluss in einem dreigliedrigen Gesamtaufbau der
Studien darstellen.
Zu Frage 7:
Die schrittweise Umsetzung der Bologna - Erklärung durch die Unterzeichnerstaaten soll unter
Wahrung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten mittelfristig eine leichtere Vergleichbarkeit
der europäischen Studiensysteme ermöglichen. Eine Garantie im Sinne einer automatischen
Anerkennung ist durch die Umstrukturierung für sich alleine nicht gegeben, wohl aber liegt
der Vorteil in einer besseren Überschaubarkeit und verstärkt strukturierten Information der für
die Anerkennung zuständigen Stellen. Dabei ist aber genau zwischen beruflicher und akade -
mischer Anerkennung zu unterscheiden. Nur für erstere gibt die Richtlinie 89/48/EWG eine
grundsätzliche Automatik der Anerkennung.
Zu Frage 8:
Mit der Einführung des Bakkalaureats wurden die Universitätsaufgaben nicht verändert, son -
dern lediglich ergänzt. Es ist - anders als in den Fachhochschul-Studiengängen - Aufgabe der
Universitäten wissenschaftliche Berufsvorbildung zu vermitteln. Daher handelt es sich uni
keine Ausbildung für bestimmte Berufe, sondern um die Vermittlung jener wissenschaftlichen
Kenntnisse und Methoden, die erforderlich sind, um auf dem AkademikerInnenarbeitsmarkt
akzeptiert zu werden. Dies wird jeweils vor der Umwandlung des Diplomstudiums in
Bakkalaureats- und Magisterstudium (auch) auf Grund eines Gutachtens des Beirats für
Wirtschafts - und Sozialfragen zu beurteilen sein.