810/AB XXI.GP

 

Die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Posch und Genossen an den

Bundesminister für Inneres vom 12.5.2000, Nr. 775/J, betreffend "Altersfeststellung

bei Fremden“ beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1, 2 und 5 bis 7:

 

Die Behörden sind nach den Vorschriften des AVG zur Erforschung der materiellen

Wahrheit verhalten. Als Beweismittel kommt demnach alles in Betracht, was zur

Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des

einzelnen Falles zweckdienlich ist (§ 46 AVG).

 

In diesem Sinne wurden die Behörden angewiesen, in jenen Fällen, in denen die

Feststellung der Minderjährigkeit nicht zuverlässig möglich ist, durch unverzügliche

Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Jugendamt zu versuchen, das Alter des

Fremden zu klären. Es kann auch ein Sachverständiger, insbesondere ein Amtsarzt,

beigezogen und um gutachtliche Äußerung ersucht werden.

 

Für den Asylbereich ist auf Art. 4 Abs. 3 lit. a der Entschließung des Rates der

Europäischen Union vom 26. Juni1997 betreffend unbegleitete minderjährige

Staatsangehörige dritter Länder hinzuweisen, wonach unbegleitete Asylwerber, die

behaupten, minderjährig zu sein, grundsätzlich ihr Alter nachweisen müssen, womit

auch im Kontext des österreichischen Asylverfahrens eine Glaubhaftmachung des

Alters erforderlich ist.

 

Von der Asylbehörde 1. Instanz (Bundesasylamt) wurden und werden keine

medizinischen Altersfeststellungen durchgeführt oder in Auftrag gegeben. Die

Mitarbeiter des Bundesasylamtes sind angewiesen, im Zweifel von der behaupteten

Minderjährigkeit eines Antragstellers auszugehen und die hieraus sich ergebenden

verfahrensrechtlichen Konsequenzen zu beachten.

Da einerseits die Anhaltung von Minderjährigen in Schubhaft stets nur das letzte

Mittel zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Fremdenpolizeibehörden sein soll,

andererseits aber auch tatsachenwidrige Berufung auf Minderjährigkeit unterbunden

werden muß, werden derzeit, nicht zuletzt im Lichte der UN - Kinderrechtskonvention,

auf verschiedenen Ebenen Überlegungen angestellt, wie eine zuverlässige

Altersfeststellung möglich ist.

 

Unter anderem wurden in diesem Zusammenhang auf Initiative des Präsidenten des

Jugendgerichtshofes eine Konsensuskonferenz einberufen und im Rahmen des

Menschenrechtsbeirates eine Arbeitsgruppe zum Thema „Minderjährige in

Schubhaft“ eingerichtet. Auf der Basis dieser Überlegung wird unter Einbeziehung

internationaler Erfahrung ein Konsens anzustreben sein.

 

Zu den Fragen 3 und 4:

 

Es obliegt nicht mir, als dem für den Fremden - und Asylbereich zuständigen obersten

Organ, die von Sachverständigen angewandten Methoden zur Altersfeststellung zu

beurteilen. Ich bin daran interessiert, dass die Altersfeststellung mit Mitteln erfolgt, für

die ein breiter wissenschaftlicher Konsens besteht. Univ. Prof. Dr. Johann

SZILVASSY scheint in der vom Präsidenten des Landesgerichtes für

Zivilrechtssachen Wien geführten Sachverständigenliste nicht auf und kann daher als

gerichtlich beeideter Sachverständiger nicht herangezogen werden.

 

Zu Frage 8:

 

Minderjährige Asylwerber werden grundsätzlich in die Bundesbetreuung

aufgenommen. Sollten jedoch in Einzelfällen an sich die Voraussetzungen für die

Verhängung der Schubhaft vorliegen, sind die Behörden angewiesen, gemäß § 66

FrG primär das gelindere Mittel anzuwenden; andernfalls ist im Schubhaftbescheid

zu begründen, warum im konkreten Fall der Zweck der Schubhaft durch Anwendung

des gelinderen Mittels nicht erreicht werden kann.