815/AB XXI.GP
Die unter Zl. 801 /J - NR/2000 (XXI. GP) gestellte Anfrage der Abgeordneten Mag Dr Udo
Grollitsch und Kollegen vom 17. Mai 2000 betreffend Verweigerung von Auskünften
nach dem Bezügebegrenzungsgesetz beehre ich mich, wie folgt zu beantworten:
Zu1)
„Wie viele Rechtsträger, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, sind gemäß
§ 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsgesetzes verpflichtet, dem Rechnungshof die Bezüge oder
Ruhebezüge mitzuteilen?“
Eine zahlenmäßig völlig exakte Angabe der Anzahl der Rechtsträger ist zwar - insbeson -
dere wegen permanenter Veränderungen im Bereich der Unternehmungen (Privatisie -
rungen, Unternehmungszusammenlegungen und - gründungen) - nicht möglich, doch ist
von einer Anzahl in der
Größenordnung von 7000 bis 8000 Rechtsträgern auszugehen.
Zu 2)
„Wie viele Personen sind nach ihrer Einschätzung durch § 8 Abs. 1 betroffen und in den
laut § 8 Abs. 3 zu erstellenden Bericht aufzunehmen?"
Auf der Grundlage von Schätzungen erachtet der Rechnungshof derzeit etwa 320 000
Personen von der Mitteilungspflicht gemäß Art 1 § 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsge -
setzes für betroffen.
Allerdings geht der Rechnungshof davon aus, dass weit weniger Mitteilungspflichtige
über Bezüge verfügen, die jährlich höher sind als 14 mal 80 % des gesetzlich festgelegten
monatlichen Ausgangsbetrages (100 000 S; sohin für 1998 1 120 000 S und für 1999
1 127 486 S). Es ist deshalb zu erwarten, dass die Berichterstattung des Rechnungshofes
gemäß Art 1 § 8 Abs. 3 des Bezügebegrenzungsgesetzes über einen wesentlich kleineren
Personenkreis - etwa in der Größenordnung zwischen 8000 und 12000 - zu erfolgen
haben wird.
Zu 3)
„Welche Rechtsträger haben diese Verpflichtung
a) innerhalb der gesetzlichen Frist erfüllt?
b) nach Ablauf der gesetzlichen Frist erfüllt?
c) bis jetzt nicht erfüllt?
Zufolge der Textierung des Art 1 § 8 Abs. 3 des Bezügebegrenzungsgesetzes hat der Inhalt
des Berichtes lediglich aus den Namen der von der Berichterstattung betroffenen
Personen sowie deren Bezügen und Ruhebezügen, nicht jedoch aus weiteren Daten, daher
auch nicht aus der namentlichen Bezeichnung der Rechtsträger, von denen die Bezüge
und Ruhebezüge bezogen wurden, zu bestehen. Ich darf daher um Verständnis ersuchen,
dass ich mich im Hinblick auf diese gesetzliche Vorgabe rechtlich nicht in der Lage sehe,
die Namen von Rechtsträgern - da sie nicht einmal im Bericht anzuführen sind - in
Beantwortung dieser Anfrage anzugeben.
In Ansehung der Erfüllung der den Rechtsträgern obliegenden Mitteilungspflicht ergibt
sich folgendes zahlenmäßiges Verhältnis:
a) ca 1 300 Rechtsträger haben ihre Pflicht innerhalb der gesetzlichen Frist erfüllt;
b) ca 4 500 Rechtsträger haben ihre Pflicht nach Ablauf der gesetzlichen Frist erfüllt:
c) die restlichen Rechtsträger sind ihrer Verpflichtung bis jetzt nicht oder nur unvoll -
ständig (z.B. Übermittlung anonymisierter Daten) nachgekommen.
Zu 4)
"Mit welcher Begründung haben die Rechtsträger die Erfüllung ihrer gesetzliehen Ver -
pflichtung verweigert?"
Soweit sich Rechtsträger weigern, ihrer Mitteilungspflicht nachzukommen, begründen
sie dies (zB auch durch Abgabe anonymer Meldungen, denen die betroffenen Personen
und ihre Bezüge oder Ruhebezüge nicht zu entnehmen sind) überwiegend damit, dass die
Abgabe einer die Bezüge oder Ruhebezüge namentlich zuordnenden - also nicht anony -
misierten - Meldung der EG - Datenschutz - Richtlinie bzw. dem Art 8 der Europäischen
Menschenrechtskonvention widerspräche.
Des Weiteren bestreiten Rechtsträger die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes oder
aber (zB Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern), der Mitteilungspflicht nach
Art 1 § 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsgesetzes zu unterliegen.
Zu 5)
„Wie beurteilen Sie die Angelegenheit vor dem Hintergrund des Datenschutzes?“
Mit der im anfragegegenständlichen Zusammenhang zum Ausdruck gekommenen daten -
schutzrechtlichen Problematik haben sich bereits erstellte Verfassungsgutachten be -
fasst, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Während Univ - Prof Dr Theo
Öhlinger in seinem Gutachten die EU -
Konformität der Regelung des Art 1 § 8 des Bezüge -
begrenzungsgesetzes sowie ihre Übereinstimmung mit Art 8 der Europäischen Men -
schenrechtskonvention bezweifelt, gelangte der Verfassungsdienst des Bundeskanzler -
amtes, an den der Rechnungshof die aus dem Blickwinkel des Europarechts gegebene
datenschutzrechtliche Problematik zur Prüfung herangetragen hat, zur gegenteiligen
Auffassung: derzufolge falle Art 1 § 8 Abs. 1 bis 3 des Bezügebegrenzungsgesetzes nicht in
den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, weshalb ein Widerspruch zwischen
den erwähnten Bestimmungen des Bezügebegrenzungsgesetzes und der EG - Datenschutz -
Richtlinie oder den Gemeinschaftsgrundrechten von Vornherein ausgeschlossen und ein
Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts nicht gegeben sei.
Nach Auffassung des Rechnungshofes kommt der Klärung der Rechtsfrage des Daten -
schutzproblems besonders hohe Bedeutung für die - aus supranationalem und nationa -
lem Blickwinkel - einwandfreie Vollziehung des Art 1 § 8 des Bezügebegrenzungsgesetzes
zu. Diese offene Rechtsfrage wird vom Verfassungsgerichtshof zu beantworten sein, den
der Rechnungshof anlässlich von Verweigerungen von Einschauen im Sinne des
Art 1 § 8 Abs. 1 letzter Satz des Bezügebegrenzungsgesetzes durch die betroffenen Rechts -
träger bereits gemäß Art 126 a des Bundes - Verfassungsgesetzes angerufen hat. Nach An -
sicht des Rechnungshofes ist nicht auszuschließen, dass der Verfassungsgerichtshof im
Gegenstand eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes anfordert.
Zu 6)
„Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise mancher Rechtsträger, die die Daten dem Rech -
nungshof nur in anonymisierter Form übermittelt haben bzw übermitteln, und welche
Rechtsträger sind auf diese Weise vorgegangen?“
Die Abgabe anonymisierter Meldungen ist nach Ansicht des Rechnungshofes im Ergeb -
nis einer Verweigerung der Mitteilungspflicht gleichzuhalten, weil dadurch die Verwirk -
lichung der aus Art 1 § 8 Abs. 1 bis 3 des Bezügebegrenzungsgesetzes zum Ausdruck
kommenden Zielsetzung der Berichterstattung des Rechnungshofes beeinträchtigt wird.
Bezüglich der Frageteile, welche Rechtsträger anonymisierte Meldungen abgegeben
haben, darf ich auf meine Ausführungen zu
Frage 3 verweisen. Ergänzend ist anzumer -
ken, dass einige wenige Rechtsträger nur für ihre „Spitzenfunktionäre“ vollständige
Meldungen abgegeben, hinsichtlich der übrigen Bezugsempfänger jedoch anonyme Be -
zugsdaten mitgeteilt haben.
"Welche Veranlassungen haben Sie getroffen bzw. werden Sie treffen, um die säumigen
Rechtsträger zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu verhalten?“
Um die von Art 1 § 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsgesetzes betroffenen Rechtsträger zur
Erfüllung ihrer verfassungsrechtlich verankerten Mitteilungspflicht zu veranlassen,
hat der Rechnungshof durch vorangegangene Informationen und öffentliche Be -
kanntmachungen in Print - Medien, durch Einrichtung eines telefonischen Auskunfts -
dienstes sowie durch die Verfügbarmachung einer Internet - Homepage
(www.bezbeg.rechnungshof.gv.at) für die Eingabe der zu meidenden Personen durch die
Rechtsträger entsprechende Maßnahmen getroffen.
Da zum Ende der gesetzlichen Meldefrist (Ende März 2000) dem Rechnungshof erst etwa
1 300 Meldungen gemäß Art 1 § 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsgesetzes zugegangen
waren, hat der Rechnungshof in der Folge mehrere Tausend Rechtsträger schriftlich ge -
mahnt, ihrer Mitteilungspflicht nachzukommen.
Insoweit die betroffenen Rechtsträger - nach Verstreichen einer angemessenen Nach -
frist - dieser Verpflichtung nicht entsprochen haben, hat der Rechnungshof bisher
gemäß Art 1 § 8 Abs. 1 letzter Satz des Bezügebegrenzungsgesetzes nach Maßgabe des
jeweiligen Rechtsträgertypus (z.B. Bundesland, Unternehmung, Gemeinde mit weniger als
20 000 Einwohnern usw.) in mehreren Fällen von seinem Einschaurecht in die be -
treffenden Unterlagen an Ort und Stelle Gebrauch gemacht.
In den Fällen, in denen dem Rechnungshof die Einschau durch die Rechtsträger verwei -
gert wird, ist der Verfassungsgerichtshof anzurufen, der gemäß Art 126 a des Bundes - Ver -
fassungsgesetzes zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von
gesetzlichen Bestimmungen die die
Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln, berufen
ist. Mit Ende Juni 2000 sind bereits zwei diesbezügliche Verfahren beim Verfassungsge -
richtshof anhängig.
Zu 8)
„Wie beurteilen Sie die mit der Vollziehung des § 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsgesetzes
verbundenen Belastungen des Rechnungshofes und welche organisatorischen bzw. per -
sonellen Maßnahmen werden Sie diesbezüglich treffen?“
Die mit der Vollziehung des Art 1 § 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsgesetzes verbundenen
Belastungen des Rechnungshofes waren und sind angesichts der Einbindung eines Groß -
teils der Prüfungsabteilungen des Rechnungshofes beträchtlich.
Mit Ende Juni 2000 war mit der Vollziehung der genannten gesetzlichen Bestimmung ein
insgesamter Ressourcenverbrauch im Wert von etwa 17,2 Mill. S verbunden. Auf die Per -
sonalkosten entfielen hievon etwa 13,8 Mill. S; der Sachaufwand (einschließlich vor -
gängiger Informationsmaßnahmen) betrug etwa 3,4 Mill. S.
Die erforderlichen weiteren organisatorischen bzw. personellen Maßnahmen für die
künftige Vollziehung des Art 1 § 8 Abs. 1 des Bezügebegrenzungsgesetzes werden nach
Maßgabe der - derzeit ausständigen - Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über
die im Zusammenhang mit der Vollziehung der fragegegenständlichen Gesetzesbestim -
mung aufgetretenen offenen Rechtsfragen zu treffen sein.
Zu 9)
„Wann ist mit der Vorlage des Berichtes gemäß § 8 Abs. 3 des Bezügebegrenzungsgesetzes
zu rechnen?“
In Anbetracht der derzeit strittigen rechtlichen Ausgangslage im Zusammenhang mit
der Vollziehung des Art 1 § 8 des Bezügebegrenzungsgesetzes beabsichtigt der Rechnungs -
hof, im Interesse der Rechtssicherheit die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes
abzuwarten. Ohne der - mit all ihren rechtlich
denkbaren Facetten möglicherweise ge -
genwärtig noch gar nicht voll absehbaren - Entwicklung vorgreifen zu wollen, ist derzeit
die Angabe eines Vorlagezeitpunkts für den Bericht gemäß Art 1 § 8 Abs. 3 des Be -
zügebegrenzungsgesetzes nicht möglich.